Dienstag, 28. September 2010

Feigling der Nation

Falls jemand je Zweifel an Bibi Nethanyahus Motivation für seine Politik gehegt haben sollte, einen Beweis hat er demonstriert: er will unter allen Umständen Premierminister sein und bleiben – koste es was es wolle. Es geht nicht nur um die Bautätigkeit in der Westbank – auch wenn jemand behaupten kann (und viele tun das sogar), dass damit tausende palästinensischer Arbeitsplätze erhalten würden, was nun halt stimmt, aber nicht ausschlaggebend sein darf. Es geht auch um den Erhalt unseres Staates als Demokratie, die allen seinen Bürgern demokratische Errungenschaft garantiert. Ultraorthodoxe unterdrücken ihre Frauen mit ihrer „saudisch“ anmutenden Sittenpolizei, sind zu tausenden äusserst Gewalttätig geworden, untergraben den israelischen Gesetzesstaat und bedienen sich frei am staatlichen Budget, verweigern sich praktisch sämtlichen Bürgerpflichten, aber nicht den Geld ausschüttenden Bürgerrechten. Um seinen persönlichen Status zu erhalten gibt Nethanyahu antidemokratischen Forderungen nach (auch von rechtsradikaler Seite), statt zum Wohl des Landes mit der moderaten Kadima eine Koalition einzugehen und sich Erpressungen aus rechtsextremer und ultrafrommer Seite zu verweigern. Er hat Angst, für die Zukunft seines Landes einzustehen, denn in politischem und religiösem Fundamentalismus liegt diese sicherlich nicht.

Doch was hat Nethanyahu damit erreicht? Weltweit kann jetzt Israel, sogar mit Berechtigung, als am Frieden nicht interessiert angesehen werden. Statt den Palästinensern den Beweis ihrer Friedensablehnung zu überlassen, wie schon wiederholt geschehen, zieht er Israels Namen in den Dreck. Unser Land, durch gekonntes palästinensisches Manipulieren der weltweiten öffentlichen Meinung (und auch Antisemitismus) bisher meist zu unrecht verleumdet, ist nun in eine Situation gebracht worden, für die es diesmal selbst verantwortlich ist.

Als einziger und wirklicher demokratischer Staat der Region, kann sich unser Land diesen Zustand nicht leisten. Ebenso wenig, wie es sich die Besetzung der Westbank leisten kann, durch die Israel zu einem Besatzungsstaat mutiert ist – einem für Juden unakzeptablen Zustand, der sobald wie möglich beendet werden muss, wenn auch ohne den mit dem Abzug aus Gaza gezeigten Leichtsinn.

Ich schreibe diese Zeilen nicht aus Sympathie für das palästinensische Volk als Ganzes. Ich schätze viele einzelne Palästinenser, die ich inzwischen kennengelernt habe, doch als soziale Einheit mit mittelalterlichen Traditionen der Religion, Unterdrückung ihrer eigenen Menschen, ihrem internen Terror (der mehr Leben kostet, als der Streit mit Israel, was aber von der internationalen Presse unter den Teppich gewischt wird), dem gezüchteten Hass gegen alles Jüdische und Westliche, der Verfolgung ihrer christlichen Mitbürger kann ich als moderner Mensch nicht sehr viel übrig haben – die Zeiten, in denen man alles auf koloniale Ausbeutung schieben kann sind schon längst vorbei. Auf der anderen Seite kann man dem ihnen von der arabischen Welt auferlegten Flüchtlingsschicksal mitfühlen, auch wenn sie daran selbst auch nicht unschuldig sind. Doch das ist eine andere Geschichte.

Wer weiss, vielleicht geschieht doch ein Wunder und Bibi Nethanyahu springt über seinen eigenen Schatten und besinnt sich auf eine wirkliche Friedenspolitik. Die Frage stellt sich heute schlicht, ob er eine solche überhaupt will. Wir werden sehen.

Samstag, 18. September 2010

Die Sache mit der Moschee in Manhattan

Aus ausgesprochen zeitlichen Gründen möchte ich hier den Link zu einer Stellungsnahme aus dem Blog „Die Achse des Guten“ vorbringen (ich empfehle auch die darin enthaltenen zusätzlichen Links). Es geht um die Moschee, die auf dem Ground Zero, wo vor zehn Jahren noch die islamistisch demontierten zwei Türme des World Trade Centers standen, gebaut werden soll. Hannes Stein stellt die Proportionen wieder her und klärt die Fakten. Was auch immer, ich bin stolz auf den jüdischen Bürgermeister New Yorks Michael Bloomberg, der sich durch die hysterische und vor allem auf Unwahrheiten, Tatsachenverdrehungen, Angst und Hass beruhenden Kampagne der Gegner dieses Projektes nicht abhalten lässt, dieses Projekt zu unterstützen. Übrigens hier ein doppeltes Beispiel der Lügen dieser Kampagne: die Moschee ist keine Moschee, sondern ein muslimischen Kultur- und Gemeinschaftszentrum (so etwa wie die ICZ and der Lavaterstrasse oder die JLG an der Hallwylstrasse, beide in Zürich), mit dazugehöriger Moschee und, zweitens der Ort an dem sie erbaut werden soll ist gar nicht der Ground Zero sondern einige Strassenblöcke davon entfernt. Dazu kommt auch, dass der Imam, der das ganze Projekt initiiert und vorantreibt, wie Hannes Stein schreibt, der Sufi Gemeinschaft angehört, die u.a. wegen ihrer Friedfertigkeit vom militanten Islam vor allem im heutigen Iran verfolgt wird. Ganz besonders gefällt mir die Beschreibung der friedlichen Demonstrationen der Moscheegegner, die gewaltfrei und fast schon harmonisch verliefen – ein augenfälliger Gegensatz zu Demonstrationen in der muslimischen Welt zu vermeintlichen „Beleidigungen“ des Islams durch den demokratischen Westen, Demos bei denen es grundsätzlich nie ohne Gewalt und Tote abgeht. Offen und zynisch gesagt ist das ein kulturelles Problem der im Mittelalter hängen geblieben arabischen Welt und deshalb zu verstehen, ja sogar zu akzeptieren. Oder etwa nicht?

Samstag, 4. September 2010

„Mir nöd, diä ja au“ (Schweizerdeutsch für: „wir doch nicht, die anderen tun es ja auch“)

Jetzt wurde in Washington wieder einmal fein diniert und Reden gehalten, voller hohler Floskeln und Plattitüden, die alles versprechen. Möglich ist ja ohne weiteres, dass Nethanyahu wirklich meint was er sagt – Politiker der Rechten sollen beim Friedenmachen erfolgreicher sein (was nicht stimmt, denn Rabin und Peres haben den Frieden mit dem jordanischen König Hussein geschlossen, nur war der ein mutiger Mann, der auf die arabische Strasse und ihre Mobs pfiff und dafür nicht einmal ermordet worden ist), aber es liegt völlig an Bibis palästinensischen Partnern für einmal Courage zu zeigen, über ihren eigenen Schatten zu springen und sogar dann einen Friedensvertrag zu unterzeichnen, wenn Israel umfassendste Zugeständnisse macht wie seinerzeit Barak und Clinton im Camp David und Taba oder Olmert später, mit denen sie auf fast alle territorialen Bedingungen der Palästinenser eingingen und nur noch auf den eigenen staatlichen Selbstmord Israels verzichteten, also die Rückkehr der palästinensischen „Flüchtlinge“ ausschlossen. Diese rote Linie besteht heute noch und ich bin überzeugt, dass sie auch diesmal als Ausrede für ein abschlägiges Verhalten der PA-Führungen herhalten wird. Denn die Alles oder Nichts Haltung (Palästina bis zum Mittelmeer oder weiterhin von der UNO, der EU, der USA und Israel als vollberufliche Pensionäre Rente beziehen) sitzt so tief in der palästinensischen Politik, dass es keiner ihrer Politiker wagt, selbstmörderisch sich mit Israel zu einigen. Gleichgesinnte der Mörder Sadats gibt es heute auch in der palästinensischen Gesellschaft Gazas und der Westbank. Dort heissen sie Hamas und Kollegen, in Ägypten war und ist es noch immer die in den zwanziger Jahren gegründete islamische Bruderschaft, die dazumal den noch heute gültigen islamistischen Judenhass ins Leben rief.

Oben Geschriebenes schliesst gar nicht aus, dass unser Ministerpräsident endlich gegen den eigenen Faschismus verschiedener politischer Elemente in Israel durchgreifen muss, angefangen bei extremistische Siedlern, grossen Teilen der hiesigen Ultraorthodoxie, vor allem der Schasspartei und ihrem xenophoben Vorsitzenden Eli Ishai sowie diversen Rabbinern aschkenasischer und orientalischer Herkunft, die den Mord an Nichtjuden (egal ob Christen oder Muslimen) mit ihren eigenen biblischen Argumenten durch die Medien und in Büchern nicht nur empfehlen sondern vorantreiben. Da für jeden rabbinischen Furz, wie jene des Rabbi Ovadia Josef, Apologeten zu finden sind und ausser einigen kurzlebigen Medienkommentaren keine wirkliche Kritik oder politische Forderung gegenüber rassistischen Aufrufen besteht, verliert Israel bei arabischen Anschlägen auf Juden (egal ob Siedler oder vernünftige Israelis) jedes Mal sein Gesicht. Denn die allgemein herrschende Meinung „mir nöd, die ja au“ (Schweizerdeutsch für: „wir doch nicht, die anderen tun es ja auch“), fliegt inzwischen jedem offenen Beobachter ins Gesicht. Oder der neuere säkulare „Im Tirzu“, ein supernationalistischer Verein, der durch Gesinnungsterror das Ausmerzen nichtpatriotischer Regungen an den Hochschulen und anderswo verfolgt und dafür keine wirklichen Reaktionen hervorruft. Da es auch Terrormorde an palästinensischen Zivilisten gab, macht fehlendes Durchgreifen von Israels Regierung, Polizei und Gerichten beim Mordmarketing aus rabbinischen und rechtsextremistischen Kreisen einen unglaubwürdigen und kraftlosen Eindruck.