Sonntag, 31. Juli 2011

Gastbeitrag

Roger Guth ist einer meiner besten Freunde. Gar nicht immer ist er mit meiner Sicht der Dinge einverstanden, er hat seine eigene, die er gegen jeden Einspruch verteidigt. Ich habe ihm vorgeschlagen seinen Widerspruch gegen meinen Tagebucheintrag vom 19.7.2011 „Der Poll“ in Uris Tagebuch ohne jegliche Änderung zu veröffentlichen. Hier ist er:

Gallup-Gallop

Von Roger Guth, Kfar Saba

"Der Poll" stand über einem Artikel wegen einer weisen Umfrage zum Nahost-Konflikt, der dann aber bald Sorgen wegen schwarzer Religionstraditionen beschrieb. Das führte mich zur Biographie des Dr. George Gallup. Er war es doch, der vor mehr als 75 Jahren begann die systematische Erforschung der Volksmeinung populär zu machen. Heute folgt eine Umfrage der andern und so sagte ich mir: Warum soll ich nicht auch einmal das Prinzip der Meinungs-Erforschung anwenden, wenn auch nur in virtueller Art, allerdings basierend auf Schätzungen als Folge eigener Erfahrung? Wegen des relativ rasch verfügbaren Resultats könnte man dieses System vielleicht Gallup-Gallop nennen.
Also nehmen wir einmal an, das Verhalten von Menschen aus dem grünen, braunen oder schwarzen Sektor erzeuge manchen wesentlichen Widerspruch. Schreibgewandte Mitmenschen begannen daher in Zeitungen oder auch im Internet Artikel zu publizieren, die nicht nur Unmut und Sorge manifestierten, sondern auch wegen der Hoffnung entstanden, die Politiker mögen so zu Verbesserungen veranlasst werden. In der Tat führten die Zusammenfassungen von so viel Negativem auch zu mancher Diskussion am Stammtisch, innerhalb der Familie, in Pausen von Arbeit und Sport und sonst noch da und dort. Aber das war's dann.

Sicher ist, dass einerseits die Politiker von Drucksachen, Internet – Emails und anderen Informationen derart gewaltig überschwemmt werden, dass ihnen nur noch wenig Zeit dafür übrig bleibt, um Kommentare der Medien sorgfältig zu lesen. 

Anderseits sagten sich einige Bürger ab und zu, Kritik und Darstellung von Negativem sei wohl wichtig, aber nicht ausreichend für fortschrittliches Tun. Das führte zur Idee mit positivem Handeln den negativen Erscheinungen Einhalt zu bieten und ganz allgemein zu Verbesserungen zu sorgen. So gelangten manche eben mit positiven Vorschlägen für den Fortschritt direkt an Mitglieder der zuständigen Parlamente, an Minister oder Sachbearbeiter in Ministerien, manchmal auch an führende Angehörige von Parteien.
Hier folgen nun die Resultate der virtuellen Meinungserforschung zur Frage: Wie hoch ist der Anteil von erzeugten wesentlichen Verbesserungen durch Interventionen von Bürgern? Die von mir eingesetzten Werte lauten:

Für Variante A
a.- Sichtbar gewordene Verbesserungen, erzeugt durch Publizierung negativer Ereignisse
Erfolge 20 % - Blindgänger 80 % 

b.- Sichtbar gewordene Verbesserungen, durch positive persönliche Vorschläge an Politiker
Erfolge 45 % - Blindgänger 55 %

Für Variante B
a.- Sichtbar gewordene Verbesserungen, erzeugt durch Publizierung negativer Ereignisse
Erfolge 20 % - Blindgänger 80 %. 

b.- Sichtbar gewordene Verbesserungen, durch positive persönliche Vorschläge an Politiker,
vorgetragen unter Beizug einer Gruppe von gleichgesinnten Mitbürgern oder einer schon
bestehende Organisation für Verbesserungen, z. B. auf dem Gebiete der Demokratie,
dem Gesundheitswesen, sozialer Fürsorge, der Verkehrssicherheit, dem Unfallschutz,
Naturschutz oder Beizug einer Partei, etc.
Erfolge 65 % - Blindgänger 35 %.

Das sind doch klare und eindeutige Hinweise zum optimalen Einsatz von Energie im Felde der Politik. Ich aber frage: Was wäre denn, eine teure, genaue Volksbefragung ergäbe Abweichungen von meiner Schätzung von ein paar wenigen Prozenten? Diese auf Grund persönlicher Erfahrungen festgehaltenen Werte dürften doch ein nützlicher Hinweis auf meine Beteuerung sein, positives Handeln basierend auf kritischen Betrachtungen sei erfolgreicher als fast ununterbrochene Publizierungen negativer Ereignisse.
Zur echten Demokratie gehört, dass sozusagen jedermann hilft für Verbesserungen zu sorgen, also auch mit persönlichen Interventionen. Aber für optimale Ergebnisse sollten die Bürger die Probleme aus angemessener Distanz betrachten, möglichst alle beeinflussenden Kräfte berücksichtigen, vorausschauend denken und die weltweiten Problemen nicht zu übersehen oder zu verniedlichen.

Übrigens, in diesem Sinne las man soeben von Carl Miville, dem ehemaligen Basler Ständerat und Präsidenten der Basler Gesellschaft Schweiz-Israel, anlässlich seines 90. Geburtstages:

'Im Gespräch mit der Basler Zeitung beklagt Miville die aktuelle «Zeit der Polarisierung», in der die eigenen Interessen einfach durchgesetzt werden und mehr an die Wahlen als an die Lösung von Problemen gedacht werde. «Das gefällt mir nicht.» '

Samstag, 30. Juli 2011

Zwei Kommentare


Israel streikt
Immer wieder habe ich mich darüber ausgelassen, wie der Durchschnittsisraeli sich kaum darum kümmert, wie wenig und wie fahrlässig die Regierung sich mit Sozialem abgibt. Seit Ben Gurion brachten israelische Ministerpräsidenten die Ausrede vor, sie hätten für Innenpolitisches keine Zeit, denn die Sicherheitsprobleme des Landes halte sie vierundzwanzig Stunden im Tag auf Trab. Während den ersten zwei oder drei Jahrzehnten seines Bestehens war diese Ausrede vielleicht begründet – heute ist sie es nicht. Denn noch nie war Israel vor seinen externen Feinden sicherer und noch nie war Israel intern so gefährdet wie heute.
Schuld daran sind Israels Wähler. Seit Ende der siebziger Jahre, als die Macht der Arbeitspartei (damals Mapai), ihrer sozialistischen Koalitionspartner und der israelische Wohlstandstaat der Gründergenerationen sukzessive einem bisher in Israel wenig bekannten Neoliberalismus Platz machte, verloren linke sozial denkende Parteien ihren Einfluss und sind heute fast völlig sprachlos. Links und Rechts definiert sich ausschliesslich durch den jeweiligen Grad eines rückwärtsgewandten Nationalismus. Heute hat Israel eine höchst erfolgreiche Wirtschaft, der jedoch seinen Bürgern wenig Gewinn bringt, was besonders den Mittelstand schädigt. Die Preise steigen – praktisch in allem, sei es Hüttenkäse, Benzin oder Wohnungen. Die Einkommen halten mit den Preisen nicht mit. Nun demonstrieren die Bürger, vor allem der Mittelstand, also jene die die Bürgerlasten tragen, Steuern zahlen (und damit hunderttausende gottesgläubige Parasiten aushalten, so wie ein französischer Politiker seine Mätresse), die Armeedienst leisten und den Fortschritt israelischer Wissenschaft und Technologien zu verantworten haben, um nur einige Beispiele zu nennen. Jetzt haben sie, für Israel ein Novum, entdeckt, dass Staat sie nicht als Leistungsträger von Israels wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Erfolgen anerkennt, sondern sie vor allem als Milchkuh nutzt, um seine zur Zeit völlig verquerte Politik zu finanzieren. Streiks breiten sich aus – für Wohnraum, für die Anerkennung israelischer Ärzte und vor allem für das Sanieren des völlig vernachlässigten Gesundheitswesens und gegen die unkontrollierte Teuerung. Nethanyahu schwitzt und lügt, hat aber bisher noch keine eigene Initiative demonstriert, sich für einmal den Nöten seines Volkes zu widmen, mit Ausnahme jener, die im benachbarten Ausland jenseits der grünen Linie wohnen. Viele hoffen, dass die Regierung kollabieren wird, doch habe ich mit Hinblick auf die Regierungskoalition wenig Hoffnung darauf. Neuwahlen sind die einzige Möglichkeit sozial verantwortungsbewusste Politiker ans Ruder zu bringen. Warten wir ab.

Norwegen

Der vierundneunzigfache Massenmord in Norwegen beschäftigt die Medien. Für einmal waren es nicht Islamisten, sondern ein durchgedrehter Rechtsradikaler, der Muslime und andere Fremde hasst, etwas gegen Multikulturalismus hat und das Abendland retten will. Die Opferzahl dieser grauenvollen Tat übersteigt die durchschnittliche Erfolgsrate der Terroristen islamistischer Couleur, die bestimmt vor Neid erblasst sind. Ich denke es besteht tatsächlich die Gefahr von sogenannten Copy Cat Tätern, die diese schreckliche Tat nachahmen könnten. Es versteht sich von selbst, dass diese in den Medien auf verschiedenste Weise kommentiert wird. Etwa:
  • Glenn Beck, ultrarechter Kommentator und Freund Israels aus Amerika vergleicht die ermordeten Jugendlichen mit der Hitlerjugend – denn sie gehörten der Jugendbewegung der Sozialdemokratischen Partei an. Beck hat keinerlei Ahnung was sozial oder Sozialismus bedeutet, scheint beides zu hassen und hat  eine grosse Gefolgschaft in den USA und heute leider auch in Israel. Zwar finde ich es schön, dass Beck Israel aktiv stützt, aber etwas in seiner Motivation dazu kann nicht stimmen. Sowenig wie die Motivation Israel unterstützender extremistischer Evangelikaler.
  •  
  • Auf der anderen Seite fallen „Israelkritiker“ über Realisten wie Henryk M. Broder her. Er und seinesgleichen seien schuld, weil der norwegische Mörder ihn in seinem famosen Manifest einige Male erwähnt habe – obwohl eben dieses Manifest vor impliziertem Judenhass trieft, auch wenn Breivik Israel und seine Juden als Verbündete in seinem Kampf für ein rassistisch reines Europa angibt. Welche Juden haben ihm so was zugesagt? Vielleicht der unappetitliche Dr. Norman Finkelstein, Paragon der Zunft selbsthassender Juden? Das Manifest ist eine riesige Sammlung von Artikeln vieler islamkritischer und auch anderer Autoren, Broder ist nur einer von sehr vielen. Seitenweise wird islamische Geschichte wiedergekäut, christliche Kriege gegen den Islam seit dem Mittelalter besprochen – ein Sammelsurium seitenlanger Zitate und Anleitungen, deren Höhepunkt Rezepte zur Bombenherstellung sind.
  •  
  • Der norwegische Massenmord an fast hundert Menschen ist grauenhaft. Ein Relativieren mit den Opfern islamistischer Fanatiker ist trotzdem nicht statthaft, auch wenn besonders arge Israelkritiker gerade das versuchen und über Israelsympathisanten herfallen. Mord ist Mord, eine Buchhaltung darüber zu führen ist fast so entsetzlich wie die Tat selbst. Nicht umsonst heisst es „les extrêmes se touchent“, ein Ausdruck, der sich besonders in der Motivation linker und rechter Extremisten bestätigt, die ähnlich blindem Hass frönen, einem Hass der sie verbindet und motiviert. Genau so wenig wie für den Massenmord in Norwegen darf es Ausreden, ja ein wohlwollendes Verstehen ähnlicher Taten islamistischer und palästinensischer Extremisten (die Grenzen sind fliessend) geben, wie es sogar in jüdischen Reihen vorkommt. Finkelstein oder, um in der Schweiz zu bleiben, die mehr als kuriosen „Jüdinnen und Juden für einen gerechten Frieden in Palästina“, die gerade eine Unterschriftensammlung zur Förderung von Israels Untergang eröffnet haben. Erfreulicherweise haben sich schon fast 0,5 Prozent der Schweizer Juden eingetragen. Ein ungeheurer Erfolg!

Dienstag, 19. Juli 2011

Der Poll


Dieser Artikel ist auch im "Journal21" in leicht abgeänderter Form zu finden.


Im Blog „Lisas Welt“ erschien heute früh ein Bericht mit Einzelheiten zu einer Umfrage unter den Palästinensern der besetzten Gebiete mit dem Titel „In Treue fest“. Trotz dem Link möchte ich hier die Resultate vorweg bringen (Quelle: Lisas Welt), denn sie sollten auch dem letzten Gutmenschen einen gewissen Eindruck vermitteln und ihn über seinen verquerten Einsatz zum Nachdenken bringen.

• 61 Prozent der Palästinenser lehnen eine Zweistaatenlösung, wie sie Barack Obama kürzlich angeregt hat, ab; lediglich 34 Prozent sind mit dem Vorschlag des amerikanischen Präsidenten einverstanden.

• 66 Prozent sind der Ansicht, dass es das eigentliche Ziel der Palästinenser sein müsse, mit einer Zweistaatenlösung zu beginnen, dann aber dazu überzugehen, einen einzigen, ausschließlich palästinensischen Staat zu schaffen.

• 64 Prozent begrüßen Mahmud Abbas’ Vorhaben, vor der Uno einseitig einen palästinensischen Staat auszurufen (57 Prozent sind es in der Westbank, 79 Prozent im Gazastreifen).

• 92 Prozent sprechen sich dafür aus, dass Jerusalem ausschließlich die Hauptstadt eines Staates Palästina sein soll. Ein Prozent findet, es möge nur die Kapitale Israels sein, drei Prozent sähen es gerne als Hauptstadt beider Staaten, und vier Prozent möchten, dass Jerusalem eine neutrale, internationale Stadt wird.

• 72 Prozent glauben, dass es keine mehrtausendjährige jüdische Geschichte in Jerusalem gibt.

• 62 Prozent befürworten es, israelische Soldaten zu entführen und als Geiseln zu nehmen.

• 53 Prozent halten es für eine gute Idee, palästinensischen Schülern antijüdische Hasslieder beizubringen.

• 73 Prozent stimmen mit einem auch in der Charta der Hamas zu findenden Hadith überein, in dem es heißt: „Die Zeit wird nicht anbrechen, bevor nicht die Muslime die Juden bekämpfen und sie töten; bevor sich nicht die Juden hinter Felsen und Bäumen verstecken, welche ausrufen: Oh Muslim! Da ist ein Jude, der sich hinter mir versteckt; komm und töte ihn!“

• 80 Prozent schließen sich einem weiteren Auszug aus der Charta der Hamas an, demzufolge es der Bataillone aus der arabischen und islamischen Welt bedarf, um die Juden zu besiegen.

Das Eine

Was sagt uns das? Es sagt uns, dass wir Friedensfreunde einen Einbahnzug fahren, ohne wirkliche Partner für einen gemeinsamen Frieden. Das gilt auch für all jene wie ich, die an die Zweistaatenlösung glauben, diese als fairste aller Lösungen betrachten, die Juden und Arabern Frieden bringen soll. Es erklärt aber auch, warum die palästinensische Erziehung zum Judenhass ununterbrochen fortschreitet, denn hier sehen wir das Resultat. Gerade das wäre doch ein wunderbares Thema für freundliche Gutmenschen, diesen Teil hitlerschen Erbes des Islamismus kristallklar zu erkennen. Dieses Erbe ist im Bild in Lisas Artikel von diesen durch den strammen Nazigruss bestätigt (Lisa nennt diese nette Geste ironisch „freundliches Winken“).

Ich denke, dass die im Schneckentempo, vielleicht sogar im Tempo Null, Fortschritte in den, zur Zeit überhaupt nicht stattfindenden Verhandlungen zwischen den Palästinensern und Israel, grossenteils auf dem Misstrauen der israelischen Bevölkerung gegenüber den Palästinensern und seinen Führungsmannschaften beruhen. Einem Misstrauen, das von Politikern beider Seiten gnadenlos gefördert wird. Ich verstehe nun auch besser den Hass der Westbank-Palästinenser auf unsere israelischen Araber, so wie er mir wiederholt von arabisch-israelischen Freunden berichtet wird. Einem Hass, der nicht nur auf dem Neid auf ihre israelischen demokratischen freiheitlichen Bürger- und Sozialrechte beruht, sondern inzwischen zu einer Ideologie geworden ist, die dieses jüdische Misstrauen vielen bestätigt.

Motivation

Wie bei allem ist es Motivation für eigene Entscheidungen und Taten, die ausschlaggebend ist. Man kann das Richtige tun, aber wenn die Motivation dazu nicht die dem nicht entspricht, halten solche Entscheidungen auf die Länge nicht. Dies ist für Palästinasympathisanten nicht ersichtlich oder wird willentlich übersehen, wie die dokumentierte Tatsache, dass palästinensische Politiker in Arabisch wesentlich anderes und meist gar nichts friedliches sagen, als das Versöhnliche, das sie in englischer Sprache von sich geben. Wenn der palästinensische Friedenswunsch nicht aus der entsprechenden Motivation des Wunsches zu wirklichem Frieden und freiheitlichem Nebeneinanderleben mit Israel kommt und den Judenhass hinter sich lässt, wird dieses Misstrauen der jüdischen (und auch vieler israelischen Araber, die es nur nicht wagen auszusprechen) weiterhin geben und wachsen. Auch wenn gegenwärtig die israelische Regierungsmacht in den Händen nationalistischer und ultra-orthodoxer Juden ist, deren Motivation sich auf biblische und geschichtliche Argumente stützt ohne auch nur den Versuch zu machen wirkliches israelisches Sicherheitsdenken vorzuschieben.

Das Andere

Trotzdem frage ich mich, ob es nicht auch eine andere Seite gibt. Kann es wirklich sein, dass ein ganzes Volk einem Judenhass frönt, der von einem anderen Planeten zu stammen scheint. Ein enger Freund ist gelegentlich geschäftlich in der Westbank. Seine Geschäfte sind mit palästinensischen Firmen in Hebron und Ramallah. Er erzählte, wie modern, sauber und effizient die dortigen Fabriken sind und wie ihre Produkte auch in Israel zu wettbewerbsfähigen Preisen verkauft werden. Er findet seine palästinensischen Geschäftspartner seien dieselben Menschen wie in Israel. Sie wollen ihre Firma zum Erfolg führen, die palästinensische Wirtschaft weiter entwickeln, Arbeitsplätze und Wohlstand schaffen und finden die palästinensische Politik des Alles oder Nichts gegenüber Israel bedrohe die wachsende palästinensische Wirtschaft und deren Erfolge. Vielleicht denken Wirtschaftsführer in den besetzten Gebieten anderes, als das, was die Resultate obiger Umfrage zeigt, die eher von einer landesweiten Hirnwäsche der Palästinenser zeugt. Die Scheu, offiziell anderes als die offizielle Linie einzuhalten, könnte ebenso bei diesem Poll den Ausschlag gegeben haben, die das palästinensische Business hindert, ihre Vertreter offen gegen Gewalt und für Frieden aussprechen zu lassen. Nicht nur die Angst, diese offizielle Linie nicht einzuhalten, sondern auch innerpalästinensischer Terror hat Anteil an dieser Situation.

Ein Zitat aus eigener Feder

Meine Sorge, die als Fussnote in all meinen E-Mails steht, gilt heute mehr als je:

„Wir wollen nicht eines Tages aufwachen und einen Staat Israel vorfinden, für den einzusetzen sich nicht mehr lohnt".

Das hat wenig mit der von arabischer Seite bestehenden Bedrohung zu tun. Bestimmt nicht kurz- und mittelfristig. Doch welcher liberale demokratische Freiheiten liebende Jude möchte in einem Land leben, in dem extremer Nationalismus und rassistischer Hass herrschen und die freiheitliche Demokratie bedrohen. Dazu kommt die ultraorthodoxe Welt, deren einzige Sorge die Durchsetzung mittelalterlicher Religionstraditionen - oder was sie dafür halten - ist, mit denen sie jedermanns tägliches Leben zu einem wesentlichen Teil bestimmen. Noch kann Israel das ändern, auch wenn sich die Welt der überfrommen Orthodoxie vermehrt, als gäbe es noch kein Fernsehen, das man als Abwechslung sehen könnte. Der Gedanke ist nicht von der Hand zu weisen, dass Fernsehen gerade in diesen Kreisen rabbinisch verboten ist, weil es die dazu notwendige Zeit zu fortpflanzenden Tätigkeiten verknappen könnte.

Die wirkliche Gefahr

Langfristig hingegen gilt: sollte sich Israel von einem säkularen in einen theokratischen, rückwärtsgewandten Staat verwandeln, in dem demokratisches Leben sukzessiv verschwindet – erste Gesetze dieser Art sind in der Knesset in diesen Wochen angenommen worden (mein Tagebucheintrag vom 13.7.2011) – wird das viele Bürger zur Auswanderung veranlassen, denn sie wollen ihre Freiheiten nicht verlieren. Dann würde die westliche Welt grosse Mengen talentierter und kreativer neuer Bürger gewinnen, deren Fehlen in Israel verheerende Folgen für das Land haben würde. Ohne Freiheit und Kreativität geht nichts in der Wirtschaft und in den Hochschulen, die Armee würde in die Hände extremistischer rechtsextremer Ideologen fallen. Der Prozentsatz nicht arbeitender Bürger (z.B. lebenslanges Jeshivastudium) würde weiter steigen. Die Weigerung der Ultraorthodoxie dem israelischen BSP und der Last nationaler Verteidigung beizutragen hat katastrophalere werdende Folgen, sind es doch eben die oben erwähnten arbeitsamen und kreativen Bürger, deren Zahl weiter abnehmen wird. 

Leider ist die Realität in Israel so, dass es einer Notsituation bedarf um staatsbewusste Bürger zu aktivieren. Jedes Mal, wenn eine solche ausbricht, z.B. im Falle eines Kriegsausbruchs wie 1967 und 1973, strömen Israelis (auch viele, die sich Ausland befinden) zu den Waffen und tun ihre Pflicht. In ruhigen Zeiten, sind sie so mit sich selbst beschäftigt, dass sie nur der wirtschaftliche Aspekt ihres Lebens interessiert. Für anderes sind sie zu müde, haben keine Zeit oder sagen (ganz wie viele Bürger der Schweiz), dass die Politiker sowieso tun, was sie wollen. Das mag sein, stimmt aber nur bis zu einem gewissen Punkt. Vor kurzen haben Bürgerproteste gezeigt, dass sich die Regierung davon beeinflussen lässt, auch wenn es in diesem Fall nur um Hüttenkäse ging. Statt Hüttenkäse sollte auch gegen den Parasitismus der Ultrareligiösen und gegen faschistische Tendenzen in der Politik öffentlich protestiert werden. Auf die Länge reicht das Oberste Gericht nicht aus, die heute noch lebendige Demokratie des Landes zu retten – seine Bürger müssen sich endlich selbst bemühen.

Samstag, 16. Juli 2011

Kosher Food!

Obenstehender Artikel von Peter Schneider erschien in der Sonntags-Zeitung vom 3.7.2011.

Mir ist nicht klar, ob ich darüber weinen oder lachen soll, doch tendiere ich eher zu letzterem. Ein gewisses Problem habe ich mit dem einleitenden Satz, in dem Peter Schneider einen Vergleich mit dem Kauf von Blutdiamanten aus Sierra Leone oder Mäntel aus toten Robbenbabies anstellt, obwohl ich mir nicht recht vorstellen kann, wer einen Mantel aus lebenden Robbenbabies kaufen würde – aber vielleicht war gerade das ironisch gemeint. Ob der „Gschtampfte Jud“ (ein uralter antisemitischer aber noch immer populärer Begriff aus dem Wörterbuch der Schweizer Armee, der mir aus meiner Schweizer Rekrutenschule in 1956 noch in
Erinnerung ist) ironisch oder antisemitisch gemeint? Wir Juden sind mit gutem Grund empfindlich für solche Wörter, unser jüdischer Humor, auf den wir stolz sind, lässt uns gelegentlich im Stich. Doch die Begriffskombinationen aus mehr oder weniger geographischen Begriffen und Fantasieprodukten sind wirklich originell. 

Ich frage mich: will Peter Schneider die im Artikel aufgelisteten Israel- und Judenhasser auf die Schippe nehmen - was nahe liegt – oder will er sie unterstützen, nach dem alten Nazimotto „kauft nicht bei Juden“, dem heute von den grünbraunen Suppenkaspern wieder erweckten Slogan. Lassen wir die Frage offen. Ich kenne Peter Schneider nicht – soll jeder aus dessen kleiner Satire herauslesen, was ihm passt!

Mittwoch, 13. Juli 2011

Albträume


Rechtsextremistische Gesetze und Gesetzesvorlagen fliegen uns Israelis um die Ohren. In unseren Nachbarländern, bisher undemokratisch bis ins Innerste, regt sich der Geist der Freiheit und Demokratie – was immer diese arabischen Völker darunter verstehen wollen, sie drücken sich momentan frei aus und opfern für dieses Recht auch ihr Leben. Unabhängig vom Erfolg dieser Bewegung nach Demokratie erkämpfen sich Syrer, Libyer, Ägypter, Bahrainer und Tunesier die Freiheit, ihre Meinung frei und gefahrlos auszudrücken.

In Israel geschieht dieser Tage das genaue Gegenteil. Angelehnt an den Titel von Thilo Sarrazins Buch, könnte man sagen „Israel schafft sich ab“, wenn auch in einem anderen Zusammenhang. Gestern wurde in der Knesset das Gesetz angenommen, das den Vorschlag eines Boykotts der besetzten Gebiete, auch innerhalb Israels, seiner Produkte, Universitäten und Kultur unter Strafe stellt. Jeder, der einen dahingehenden Vorschlag macht oder vielleicht auch laut daran denkt, soll bestraft werden. Das ist der Beginn eines Abrutschens in staatlichen Meinungsterror, einem faschistischen Gesetz, das die bisher auch von mir vertretene Überzeugung, Israel sei eine höchst demokratische Insel in einem arabischen Meer totalitären Terrors, als überholt zeigt. Israel hat sich damit auf den schlüpfrigen Weg in eine von faschistoiden Siedlern, Supernationalisten und von der Ultraorthodoxie verstärkte Minderheit gleiten lassen, die die Regierung beherrscht und ihr sagt wo es durchgeht.

Schon geht es weiter. Das nächste Gesetz in Vorbereitung ist das Recht politisch links stehende Organisationen, wie die Finanzierung von Menschenrechts- und Friedensgruppen, durch Knessetmitglieder untersuchen zu lassen. Soeben ist zu erfahren, die Idee Mitglieder des Obersten Gerichts durch Knessetkommissionen politisch zu durchleuchten, so wie es in den USA gebräuchlich ist, sei in der Knesset in Umlauf gebracht worden . Der Skandal dabei ist nicht diese Oberrichter genauer anzuschauen, was rechtens wäre, sondern der offensichtliche Zusammenhang mit der Furcht der parlamentarischen Rechten, dieses Gericht könnte das Boykottgesetz als ungesetzlich und ungültig erklären. In anderen Worten, die faschistische Rechte ist sich über die ethischen und gesetzlichen Zweifel ihres Gesetzes durchaus klar, doch will sie es unter allen Umständen durchboxen und den Obersten Gerichtshof Israels dazu entsprechend terrorisieren.

All das ist vor allem ein Resultat dessen, dass es in Israel keine Verfassung gibt. Es sind genau jene Politiker und Rabbiner, welche die oben geschilderten undemokratischen Gesetze vertreten, die eine Verfassung mit aller Kraft verhindern. Denn eine moderne Verfassung – nur um eine solche geht es – würde Meinungsfreiheit, Privatisierung und Freiheit von Religion, Frauen- und Minderheitsrechte und andere moderne Errungenschaften garantieren. Kein Wunder, dass reaktionäre, sich exponentiell vermehrende Elemente, sich einer Verfassung verweigern.

Mir sind Israelkritiker in Israel und noch mehr im Ausland keineswegs lieb. Darüber habe ich in meinem letzten Tagebucheintrag geschrieben. Doch sollen sie das Recht haben sich zu äussern. Wenn diese Israelbasher zu Taten schreiten, dann muss sich Israel tätlich wehren. Doch wenn heute ihre freie Meinungsäusserung verboten wird, wissen wir nicht wohin das führen kann. Zur Demokratie gehört auch seinen Gegnern zuzuhören. Unter Meinungsfreiheit hat jeder das Recht, sich genau so frei selbst zu äussern und ihnen zu entgegnen. Solange sie nicht in Gewalttätigkeiten ausartet ist diese Freiheit sakrosankt. Gesetze gegen diese Freiheit sind nicht gewaltlos, denn sie geben den Mächtigen der Politik die Möglichkeit legal Gewalt gegen Andersdenkende anzuwenden.

Es gibt zwei Möglichkeiten dieses Abrutschen der Demokratie in eine Diktatur der Nationalisten und Superfrommen zu stoppen: Neuwahlen, die aber zurzeit aus parlamentarischen Mehrheitsgründen nicht durchführbar sind oder ein öffentlicher Aufstand der demokratischen Kräfte im Land, der fordern würde, dass sich das Land auf seine demokratische und humanistische Tradition zurückbesinnt.

Es sind nicht nur die Knessetmitglieder der Rechten, die das gestrige Abstimmungsresultat zu verantworten haben. Bei einem verantwortungsvollen vieler Knessetmitglieder wäre das Gesetz nicht durchgekommen. Zahlreiche Parlamentarier der Kadima (Zippi Livni) und auch des Likud (z.B. Nethanyahu, der ja offiziell gegen das Gesetz war) drückten sich vor der Abstimmung. Wieder einmal zeigte sich der 18. Knesset als ein Parlament mehrheitlich verantwortungsloser Anpasser, deren Sorge vor allem ihrem eigenen Parlamentssitz gilt.

Vielleicht haben sich viele Israelis schon zu stark an die Traditionen des Mittleren Ostens assimiliert. Das könnte das heutige Demokratieverständnis einer wachsenden Zahl seiner Mitbürger beschädigt haben. Denn es ist dieses lebendige Demokratieverständnis, das den Staat der Juden seine bisherige Erfolgsstory zu verdanken hat. Es war es auch, das Israel in einer Region dunkelstem Mittelalters, zu einem leuchtenden Stern der Demokratie machte, einem Status, den es unter allen Umständen zu erhalten gilt.

Sonntag, 10. Juli 2011

„Man wird ja wohl noch Israel kritisieren dürfen…?“


Seit Wochen, ja Monaten koche ich fast über, wenn ich in der Schweizer Presse, vor allem im Internet, Berichte über den Nahen Osten, Israel, Juden, Islam, Palästinenser und andere Araber lese. Das gilt ganz besonders für Leserbriefe und Leserkommentaren, die oft in grosser Zahl wahllos dazu veröffentlicht werden. Über den Daumen gepeilt sind diese Ergüsse mehrheitlich von Judenhass in vielen Formen geprägt, vom klassischen Antisemitismus der Kirchen und dem rassistischen Rassismus der Nazizeit, die – wenigsten bei einer gesunden Zahl dieser kommentierenden Schweizer durchaus auch heute noch besteht – bis zur heutigen modernen Form als „Israelkritik“. Die Zahl dieser „Kommentare“ bringt die Vermutung nahe, es seien nicht nur einige wenige Spinner am Werk, sondern, dass die Zahl Juden hassender Schweizer beträchtlich ist.

Der getarnte Judenhass der Gegenwart

Heute modern und schamlos als Aufhänger für gröbsten Judenhass missbraucht, ist die sogenannte Israelkritik, vor allem aus der rot-grünen Politszene. Der neue Judenhass aus Kreisen, deren Gedankengut zu Teilen auf jüdischem, humanistischem und sozialistischem Gedankengut beruht - sollte man denken. Doch dieses Gedankengut ist schon sehr lange vergessen und hat einem läppischen und naiven Gutmenschentum Platz gemacht, das Tatsachen seiner Ideologie anpasst, statt die Ideologie den Tatsachen (eine Gefahr, die allen Ideologien anhaftet). Was heute geschieht ist eine völlige Umkehrung der Werte. Der Verfolgte wird zum Verfolger und das Opfer wird zum Täter hochstilisiert. Der zum unmenschlichen Islamismus verkommene Islam (einer der drei monotheistischen Hochreligionen und Hochkulturen) hat sich zum Erben des nazistischen Judenhasses ernannt, das sogar schon seit den zwanziger Jahren, als die noch wachsende Nazibewegung das Wohlwollen der damaligen Muslimbrüder weckte. Noch vor siebzig Jahren waren Juden als Feiglinge verschrien, die sich nicht wehrten und widerstandslos zu Millionen vergasen liessen. Als wäre nicht die Judenvernichtung der Nazis die böse Tat, sondern die Unmöglichkeit der europäischen Juden, sich dagegen zu wehren. Als hätte es keine Ghettoaufstände und jüdische Partisanen im damaligen Osteuropa oder keine Juden in der Resistance gegeben. Doch sogar diese Helden, am Beispiel des Warschauer Ghettoaufstandes, wurden mir persönlich schon als jüdische Mörder deutscher SS-Schergen angeklagt. Die SS-Männer hätten sich doch gegen diese Ghettojuden wehren müssen.

Heute hat das jüdische Volk einen eigenen und vor allem demokratischen und erfolgreichen Staat, der sich mit der in jeder Beziehung besten Armee der Welt seit der Gründung Israels militärisch erfolgreich gegen arabische Angriffe verteidigt. Wir Israelis werden Barbaren genannt, auch das ein auf den Kopf stellen der Realitäten der Region. Der wehrhafte Jude gehört nicht ins Konzept des Judenhassers und dieser will sich damit nicht abfinden. Selbstverständlich sind mit „Israel“ alle Juden gemeint, ob in Israel oder anderswo lebend. Das in der irrigen Annahme, jede Art von Israelkritik sei politisch korrekt, also auch der dazuhörenden Antisemitismus. Teile der Schweizer Judenheit hat das noch nicht begriffen. Sie überlässt bisher den Widerstand gegen den Judenhass ihren nichtjüdischen Freunden, von denen es, im Gegensatz zu früher, nicht wenige gibt.

Das Abgleiten der Israelkritik in den Antisemitismus

Grundsätzlich ist Israelkritik, Kritik am Verhalten der jeweiligen Regierung, sei das innen- oder aussenpolitisch. Nirgends ist diese Kritik härter als in Israel selbst, denn dort bleibt sie sachlich. Israelis sind von der Politik ihrer Regierung direkt betroffen und tragen, anders als Israelkritiker im Ausland Folgen und Verantwortung israelischer Politik, aber auch der Politik und dem Terror aus den Reihen Israels Feinde. Israelische Kritik am eigenen Staat ist daher keine akademische Uebung mit politischen Theorien.

Die Frage, warum Israel und seine Probleme so populär in der Medienlandschaft sind, wird oft damit beantwortet, man stelle an Israel, einem westlichen Staat, einen höheren ethischen Standard, als an seine Feinde. Wenn dem wirklich so ist, wäre das ein grosses Kompliment an Israel und eine zutiefst rassistische Beleidigung aller arabischen und muslimischen Völker des Mittleren Ostens, denen so unterschoben wird, kulturell und ethisch minderwertig zu sein. Israel kommt auch ohne solche zweifelhaften Komplimente aus, die im Englischen „backhanded compliments“ genannt werden.

Hier einige Argumente, die den Unterschied zwischen Israelkritik und Antisemitismus ausmachen:

·       Die Anwendung doppelter Standards, indem man von Israel ein Verhalten fordert, das von keinem anderen demokratischen Staat erwartet und verlangt wird.

·       Vergleiche der aktuellen israelischen Politik mit der Politik des Nationalsozialismus.

·       Das Bestreben, alle Juden kollektiv für Handlungen des Staates Israel verantwortlich zu machen.

·       Delegitimation des Existenz- und Selbstverteidigungsrechts Israels.

·       Aufgreifen traditioneller antisemitischer Stereotype in neuer Form.

Diese und andere Argumente werden in den gedruckten und elektronischen Medien oft angetönt – je nach dem, ob der Journalist, der Berichte zum Thema schreibt, eine politische Haltung einfliessen lässt (was sogar in der israelischen Tageszeitung „Ha’aretz“ der Fall ist), die dann von dankbaren Lesern in ihren Leserbriefen und vor allem Internet-Kommentaren ausgeschlachtet werden. Ich bin nicht der Meinung, dass Meinungsäusserungen unterdrückt werden sollen, doch fehlt es Redaktionen am Mut, gegenüber antisemitischen Beiträgen Stellung zu beziehen. Mit dem Löschen eines bestimmten Kommentars ist es nicht getan. Sie ist die Massnahme des Drückebergers.

Beispiele aus eigener Sammlung und Presse

Zitate wie folgende gibt es zuhauf, ganz besonders im Internet. Dort sind sie in ein einschlägigen Websites und mehr noch, als Leserkommentare zu finden, sei es in der Internetfassung des Tages-Anzeiger, der BaZ, der NZZ (heute weniger, da nicht mehr alle Artikel Kommentar ermöglichen) und fast allen Tages-, Wochen- und Monatsveröffentlichungen. In gedruckten Ausgaben, offenbar strenger kontrolliert werden, ist Judenhass heute weniger zu finden. Die Quellen nachstehender Zitate befinden sich am Ende dieses Abschnitts. 

1.     „Ich bin überzeugt, dass der Staat Israel aufgelöst werden muss – je eher, desto besser. Aber human! Ohne Juden zu töten, ihre Gesundheit zu beeinträchtigen oder ihnen ihre Habseligkeiten wegzunehmen. Man müsste ihnen ein Gebiet geben, das unbewohnt ist – beispielweise die Antarktis …. Oder wäre es besser, die Juden auf dem Mars anzusiedeln?“ (Fux)

2.     "Ich kenne keine Juden, darum mag ich sie wohl" Pichler

3.     „Solange Ihr Euren "Talmud" und den "Schulchan Aruch" Euren Kindern ins Hirn programmiert, wonach jeder Nicht-jüdisch-Gläubige "soviel wert wie der Esel im Stall ist" und man jeden "Goy" (eben nicht Eurem Glauben folgenden Menschen) betrügen und gar totschlagen darf (die Zitate kennst Du freilich selbst, sonst liefere ich sie Dir).“ (Rüttimann)

4.     „Es ist doch unglaublich, wie intensiv wir uns in der 7,6 Mio. Einwohner zählenden Schweiz mit den 18 000 Juden beschäftigen (müssen), die bei uns leben. Diese jüdische Präsenz lässt sehr viele Schweizer, denen es das Wort verschlagen hat, die Faust im Sack machen. Im Radio, und ich höre gerne DRS 2, wimmelt es von jüdischen Schriftstellern und Künstlern, die dort vorgestellt werden, sodass ich mich manchmal frage, ob es auch nichtjüdische gibt.“ (Stöhlker)

5.     „…., dass für die schrecklichen Ereignisse in Nazi-Deutschland die damaligen deutschen Zionisten eine Teilschuld mittragen müssen, weil sie als kleine Minderheit den Bogen überspannten ……“ (Eisenring)



Quellen:

1.      „Böses Israel“ DAS MAGAZIN 18/2008. Diese Seite wurde von der Internetredaktion des MAGAZINS gelöscht, doch ist der Kommentar im Anhang zu finden.

2.      Kopie des Briefes: siehe Anhang

3.      Erschienen in Stoehlkers Website, jedoch gelöscht. Heute: http://uristagebuchausisrael.blogspot.com/search?q=R%C3%BCttimann


5.      „Böses Israel“ DAS MAGAZIN 18/2008. Diese Seite wurde von der Internetredaktion des MAGAZINS gelöscht, doch sind die Kommentare im Anhang zu finden.

Wie sollen wir Juden reagieren?

Mag sein, dass eine öffentliche Auseinandersetzung mit Antisemiten erfolglos wäre – aber stetes Schlucken auch der schlimmsten Anwürfe ist psychohygienisch ungesund. Da ziehe ich sogar ein lautes jüdisches „Leckt mich am Arsch“ an den Judenhass und seine Vertreter vor. Ein Dampfablassen, das bestimmt einen erleichternden Einfluss auf das eigene seelische und körperliche Wohlbefinden hätte.

Das Zögern der Schweizer Judenheit (Ausnahmen bestätigen die Regel) sich energisch, eindeutig und selbstbewusst mit antisemitischen Anwürfen und Angriffen auseinanderzusetzen will ich nicht analysieren. Ein mutiger Mann, Frank Lübke, wurde aus jüdischen Kreisen angeschossen, weil er aggressiv gegen Judenhasser vorging und vor Gericht auch gewann – aber er musste die Schweiz verlassen. Gesunde Aggressivität und der Willen, sich nicht alles gefallen zu lassen, scheint in der Schweiz einen hohen Preis zu besitzen. Gegen den Strom zu schwimmen kann teuer sein.

Einzelpersonen, private oder Vertreter jüdischer Organisationen, die Opfer von Judenhassern werden, müssen die Mittel und vor allem die Unterstützung haben, gegen diese vorzugehen. Die jüdische, aber auch die allgemeine Presse, muss sich aktivieren und aggressiv antijüdischen Abschaum blossstellen. Ich könnte mir sogar Demonstrationen vorstellen, die bestimmt auch von nichtjüdischen Schweizern mitgetragen würden. Die Schweizer Presse, mitverantwortlich für das Phänomen „Israelkritik“, sollte dazu bewegt werden, statt einfach Unangenehmes und Unanständiges im Internet zu löschen (was mir beim TagiMagi passierte), dazu Stellung zu beziehen. Und vor allem sollte das Rückgrat einer grossen Zahl von Schweizer Juden gestählt werden. Sie könnten dazu ein Beispiel an Israel nehmen, das bei all seinen Problemen und Fehlern, nicht bei jedem antisemitischen Windchen gleich einknickt.

Der SIG hat 2010 zusammen mit der GRA einen sehr interessanten Bericht erstellt, der historische Hintergründe, Grafiken und im Anhang viele Beispiele judenhasserischer Vorfälle in der Schweiz präsentiert. Doch seine Vorschläge zur Bekämpfung des Schweizer Antisemitismus sind ungenügend – sie meiden die Öffentlichkeit, sie sind zu brav. Realistisch gesehen zeigen Jahrzehnte solcher Aktivitäten alles andere als Nachhaltigkeit. Von einer breiten öffentlichen Auseinandersetzung habe ich bisher nichts gemerkt. Antisemitismus wird immer weniger anonym, Briefeschreiber und Organisationen signieren mit ihrem wirklichen Namen. Ich erinnere mich an Erika Rothschild i.A., einer wundervollen mutigen Jüdin und Holocaustüberlebenden in Zürich, die vor Jahrzehnten schweizweit Schulklassen besuchte, in Radio und Fernsehen auftrat und viel erreichte. Wo finden wir heute Juden dieses Niveaus, die den eher theoretischen Aktivitäten der SIG und GRA eine persönliche, durch Persönlichkeit und Erfahrung vertiefte praktische Note aufsetzen?

Henryk W. Broder hat den Antisemitismus/Israelhass auf den Punkt gebracht – soll er das letzte Wort haben:

„Waren die Juden reich, waren sie Ausbeuter, waren sie arm, waren sie Schmarotzer. Waren sie intelligent, waren sie überheblich. Waren sie dumm, waren sie Parasiten. Das heißt, aus der Sicht des Antisemiten kann der Jude nichts richtig machen. Und aus der Sicht des Antizionisten kann Israel nichts richtig machen. Hält es Gaza besetzt, ist es besetzt. Räumt es Gaza, dann ist es nur ein Trick, um die Besetzung mit anderen Mitteln aufrecht zu erhalten. Deshalb ist der linke Antizionismus eine vollkommen verlogene Geschichte, während der klassische bürgerliche Antisemitismus à la Möllemann und Hohmann doch relativ überschaubar ist.“ (Cicero vom 2.7.2011)





Quellen:

Zitat 2 - Pichler










Zitat 1 - Das Magazin (Tagi)

Zitat 5
 

Samstag, 2. Juli 2011

Schiffstourismus



Nach einigen Wochen verregnetem Arosa und wenigen ebenso nassen Tagen in Zürich sind wir wieder zurück. Geschneit hat es auch. Doch sogar in diesem Wetter konnten wir uns erholen, auch wenn wir, da weit weg von Zürich, nur wenige Freunde sahen. Trotz Regen und Nebel erholten wir uns und ich hatte an einem Ausnahmetag sogar die Gelegenheit, mir die Nase zu verbrennen. Am Fernseher gab’s fast täglich Tatort, Nachrichten haben wir vorwiegend verschmäht.

Nach unserer Rückkehr holten uns diese ein.

Es ist schon zum Fürchten oder, je nach dem, zum Lachen was auf uns Israelis in den kommenden Monaten alles zukommt. Die Flottille, die Wahlen der Palästinenser, die Abstimmung in der UNO über Palästina etc.

Die famose Flottille westlicher Gazafans scheint sich dieser Tage von selbst aufzulösen – dass Israel natürlich daran Schuld sein soll, liegt in der Natur der Sache. Fanatisierte Araber wie die Hamas müssen naturgemäss für alles einen Sündenbock finden und ihre Adlaten, seien das rot-grüne Juden hassende Ideologen oder gutmenschliche „nützliche Idioten“, von denen, wie ich wiederholt in der Schweiz feststellte, es genügend gibt, Juden und Nichtjuden.

Lassen wir das. Mich nimmt nur wunder, wie viele dieser Schiffchen und Boote Richtung Gaza-Israel überhaupt auslaufen werden. Einige sind kaputt, andere werden von den Griechen festgehalten und von einem wurde sogar der Kapitän verhaftet. Immerhin verzichten die meisten dieser „Seeleute“ nach Gaza Hilfsgüter zu bringen. Denn inzwischen weiss jedes Kind, dass wirkliche materielle Not in Gaza nicht existiert, sondern von den dortigen Behörden für offizielle Besichtigungen künstlich gepflegt wird. Erlogen, wie die gesamte Leidenspropaganda aus palästinensischer Feder und der Feder ihrer oben erwähnten Jünger.

Gelegentlich werde ich von gutmenschlichen Gedankenwellen überrollt und denke, eigentlich sollte Israel diese Gazatouristen doch einfach zu ihrem Paradies zwischen Israel und Ägypten durchfahren lassen. Doch in einer Region, in der Souveränität eine besondere Wichtigkeit zu haben scheint, könnte das fatal werden. Zudem zeigt die Geschichte, dass jedes israelische Zugeständnis an die Palästinenser, die bisher selbst noch nie irgendwelche Konzessionen an Israel gemacht haben, solches von diesen stets als israelische Schwäche gesehen wird.

Noch ist kein Besucherschiff in Gaza oder wenigstens in den israelischen Hoheitsgewässern angekommen. Die Geschichte ist spannend, wird wenigstens für mich zum Thriller, auch wenn ich es nicht mehr fertig bringe, sie allzu ernst zu nehmen. Ich hoffe vor allem, dass es keine Opfer geben wird – alles andere ist mir ziemlich egal.

Noch eine Wahrnehmung: es scheint, dass seit der arabische Frühling ausgebrochen ist und die damit verbundene Zahl der Toten in die Tausende steigt, unter vernünftigen Weltbürgern eine ein klein wenig kritischere Wahrnehmung in der Sicht der arabischen und islamistischen Welt wächst. Zwar ist Israel innert weniger Wochen den Griechen ans Herz gewachsen und die türkische Regierung scheint sich für uns ein wenig zu erwärmen, weil sie von syrischen Flüchtlingen überflutet wird und vorgibt, erst jetzt am Beispiel Syriens zu merken, wie tödlich arabische und islamische Tyrannei ist, ob säkular wie in Syrien oder frömmelnd wie im Iran und Saudi Arabien.

In diesem Zusammenhang, mit der Schuld Israel an allem Bösen, das den Gazaners und überhaupt den Palästinensern und Arabern widerfährt möchte ich abschliessend den letzten Abschnitt aus einem Gespräch mit Henryk M. (Modest) Broder im Cicero vom 2.7.2011 zitieren:

Modest sagt:

"Kritik verhält sich immer nach dem Verhalten des Kritisierten. In dem Fall [Israel und Juden] aber hat die "Kritik" eine ganz andere Struktur. Egal was Israel macht, es macht es falsch. Das ist übrigens auch eine Analogie zum klassischen Antisemitismus. Waren die Juden reich, waren sie Ausbeuter, waren sie arm, waren sie Schmarotzer. Waren sie intelligent, waren sie überheblich. Waren sie dumm, waren sie Parasiten. Das heißt, aus der Sicht des Antisemiten kann der Jude nichts richtig machen. Und aus der Sicht des Antizionisten kann Israel nichts richtig machen. Hält es Gaza besetzt, ist es besetzt. Räumt es Gaza, dann ist es nur ein Trick, um die Besetzung mit anderen Mitteln aufrecht zu erhalten. Deshalb ist der linke Antizionismus eine vollkommen verlogene Geschichte, während der klassische bürgerliche Antisemitismus à la Möllemann und Hohmann doch relativ überschaubar ist. Da funktionieren auch die gesellschaftlichen Mechanismen komischerweise viel schneller, als beim linken Antisemitismus."