Mit Freude las ich im Tachles vom 15.11.2013 den geschichtlichen Abriss über den Schweizer Haschomer Hazair und dessen hundertjährigem Jubiläum. Als Ehemaliger der Fünfzigerjahre habe ich schöne und unvergessliche Erinnerungen an diese Zeit. Sie sind mitbeteiligt an meiner zehnjährigen Karriere als Kibbutzmitglied im Kibbuz Hasorea (1957 - 1966), als Mitglied eines Gar'ins, allerdings einem amerikanisch-kanadischen, dem meine Frau Lea entstammt. Übrigens, ein Gar'in (Kern) ist eine Gruppe Jugendlicher Schomrim meist aus einem bestimmten Land, die als Gruppe in einem Kibbuz der Bewegung gehen, um dort ihr Leben aufzubauen. Ehemalige Schweizer Schomrim halfen Kibbuzim wie Gvulot und Magen im Süden und Lehavot Habaschan im Norden aufzubauen. Mit einigen von ihnen habe oder hatte ich bis in diese Tage Kontakt, wie mit dem kürzlich verstorbene Fred Kahn aus Gvulot, meinem ehemaligen Madrich (Leiter).
Ich erinnere mich an unseren Rosch Ken in Zürich, Michael Grätz, der uns wiederholt versicherte, er wolle jeden Tagen einen Kapitalisten umbringen. Auf diese Art geredet und ideologisiert wurde viel, allzu ernst ging es dabei nicht zu. Meine Frau Lea aus Montreal, einer Stadt mit zwanzig Mal mehr Juden als in der ganzen Schweiz, war der inhärente Marxismus gepaart mit zionistischer Überzeugung, der Ideologie des Haschomer Hazair weit ausgeprägter. Auch in Hasorea, einem von liberaleren Jekkes 1935 gegründeten Kibbuz im Emek Yesre'el und deshalb weniger fanatisch im Anhimmeln von Papa Stalin oder Mao Tse-Dong, wurden wir fast monatlich mit Vorträgen berieselt, die allerdings nicht allzu ernst genommen wurden. Mit dem Tod Übervater Stalins starb der Personenkult langsam aus. Fidel Castro in Kuba wurde zum schwachen Ersatz für Leute, die ohne Vaterfigur nicht leben konnten.
Leider hat es Nicole Dreyfus verpasst auf die Internationalität des Haschomer Hazair wirklich einzugehen. Seine führende Rolle im Warschauer Ghettoaufstand ist nicht erwähnt, die Rolle des Palmach, der Kommandotruppe der Hagana die im Unabhängigkeitskrieg Israels ein grosse Rolle gespielt hatte, ebenso, sie vergass die Rolle der israelischen Mutterpartei Mapam des Haschomer Hazair weltweit, führend im Aufbau des neuen Staates, vor und nach dessen Gründung. Eine Bewegung, die auch heute, wenn auch in etwas anderer Art, erfolgreich weiterlebt, sollte nicht auf lokalen Patriotismus reduziert werden.
Es ist mir nicht klar, warum statt einem wirklichen Schomer, der die Ideale der Bewegung verwirklicht hat - noch leben einige von ihnen – der liebe Jochi Weil als Beispiel herbeigezogen worden ist. Denn er repräsentiert die Tnuah (Bewegung) in keiner Weise. Jochi ist eines der harmloseren Mitglieder der antiisraelischen "israelkritischen" Bewegung die heute in der Schweiz ihr Unwesen treibt und durch BDS und andere Massnahmen den jüdischen Staat zerstören will. Warum wurde nicht beispielsweise Heini Bornstein aus Lehavot Habashan interviewt, einem ehemaligen Chanich des Haschomers, der nun wirklich Wesentliches zu erzählen hat. Schade, denn Leute wie Heini sterben aus.
Dem Haschomer Hazair Schweiz, dem ich, dann meine Kinder und heute zwei meiner Enkel mit Begeisterung angehörten und angehören, wünsche ich auch für die Zukunft viel Erfolg und danke ihm für all das Wertvolle, das er auch heute unseren Kindern und Enkeln vermittelt.
(Eine gekürzte Fassung dieses Artikels erschien heute als Leserbrief in der Zeitschrift "Tachles")
(Eine gekürzte Fassung dieses Artikels erschien heute als Leserbrief in der Zeitschrift "Tachles")