Dienstag, 14. März 2017

Der Wortbruch - Betrachtungen eines Geschichtsamateurs


Ähnlich wie der berühmte Wagnersänger, Komödiant und Hitlerablehner Leo Slezak beim Erscheinen des ersten Teils seiner Erinnerungen „Meine sämtlichen Werke“ (1922 bei Rowohlt) förmlich versprach keinerlei weitere schriftliche Ergüsse von sich zu geben, dieses Versprechen aber schon 1927 mit dem Erscheinen des „Der Wortbruch“ brach, melde ich mich zurück. Nicht dass ich mich mit Leo Slezak, dessen Schriften ich schon in meiner Jugend verschlang, vergleichen kann – nur schon beim Singen happert’s gewaltig. Warum diese Einführung?

Mein Problem mit dem Problem

Immer wieder versichere ich meinen Freunden und mir selbst, mein Tagebuch aufzugeben, nicht mehr über Israels Politik und seine Überlebensanstrengungen in einer Region des Grauens zu schreiben. Auf alles auf Israel, seiner Umgebung und den Zionismus bezogene zu ignorieren. Doch das geht einfach nicht. Ich komme davon nicht los, ich bringe es nicht fertig mich davon abzunabeln. Der mit dem Thema einhergehende emotionelle Stress lässt sich nicht lösen, abschalten geht nicht – ich bin dem Thema verfallen. In völligem Gegensatz zur vielerorts üblichen aber falschen Meinung, Israelis würden in einer künstlichen Blase leben, in der sie das um sie herum Vorgehende nicht wahrnähmen, verfolgen wir die blutigen Kriege rund um uns herum nicht nur mit Interesse, sondern auch mit Sorge. Nicht nur mit Sorge um unser Land. Während Israel versucht sich aus den Kriegswirren in Syrien, im Libanon, im ägyptischen Sinai, Jemen und noch weiter entfernt herauszuhalten, es unauffällig Tausende arabischer Kriegsverletzte in seinen Spitälern rettet und gesund pflegt.

Ich bin nach wie vor überzeugt, dass Israel, der heutige Staat der Juden, unübersehbar die grosse Erfolgsstory der zwanzigsten Jahrhunderts darstellt. Der Kontrapunkt zum Nationalsozialismus, der alles tat uns Juden zu vernichten. Der Zionismus ist älter als der Staat Israel und ist seine Grundlage, ohne die er nicht erstanden wäre, Hitler hin oder her. Und wir Juden (wenigstens die meisten unter uns) sind daran beteiligt.

Hass zur Kultur erhoben

Nur eben, nach den Jahrzehnten seit der Staatsgründung in 1948, nach dem unglaublichen Wachstum der Bevölkerung, der Wirtschaft und der sozialen Diversität sind schon seit längerer Zeit gewisse Entwicklungen des Staates zu beobachten, die mir grosse Sorge machen. Der Mittlere Osten, von dem wir ein nicht von allen geliebter Teil sind, ist stetig noch totalitärer, noch gewalttätiger und noch islamistischer geworden. Wir leben in einer von Hass geprägten Umgebung – Hass gegen Ungläubige (das sind immer die anderen, die einem anderen Aberglauben frönen), Hass gegen sich selbst und Hass gegen uns Israelis und uns Juden ganz allgemein. Die arabische Welt hat Hass als Kultur gepachtet und in neue Höhen geführt. Ihr Hass gilt all dem, mit dem sie sich nicht messen kann. Der Nahe Osten und die islamische Staaten bilden heute die gewalttätigste Region der Welt, eine nicht zu übersehende Situation. Wer schuld daran ist – darüber wird gestritten, obwohl die Quellen dieser Gewalt klar und nicht zu übersehen sind: totalitäre Religionen, Ignoranz und Bildungsresistenz, enormer sozialer und wirtschaftlicher Rückstand, Widerstand gegen Moderne und Fortschritt (natürlich mit Ausnahme im Waffenkonsum). Daran können auch die noch immer zu hörenden Beschuldigungen aus noch nicht erwachsenen Kreisen nichts ändern, die den längst verflossenen Kolonialismus dafür verantwortlich machen.

Jüdische Erfahrungen

Der politische Zionismus wurde Ende des neunzehnten Jahrhunderts von Theodor Herzl gegründet. Auslöser war der Antisemitismus rund um den Dreyfus Prozess in Frankreich. Aus der Idee wurde 1948 der Staat Israel. Der Holocaust war nicht die Begründung der zionistischen Ideologie, sondern Auslöser ihrer Verwirklichung, wohl früher als eigentlich vorgesehen. In diesem Zusammenhang möchte ich die von vielen Juden geteilte und selbst erlebte fast schon komisch anmutende Tatsache erwähnen, dass uns vor dem Entstehen des eigenen Staates nahegelegt wurde: „haut ab nach Palästina!“, das dann, nach Entstehen eben dieses Staates mit Namen Israel, nach wenigen Jahrzehnten abgeändert wurde in: „haut ab wo ihr hergekommen seid!“.

Anderer Massstab für die Kleinen

Ein anderer Punkt, der mir gesamthaft gesehen, Bauchschmerzen verursacht, sind die verschiedenen Massstäbe an geschichtliche Geschehnisse. Eigentlich ist es so, dass das Auslösen eines Krieges und dessen Verlust dazu führt, dass der Angreifer einen Preis zu zahlen hat. Kriege verlieren kann teuer sein. Das können immense materielle Reparationen sein, Gebietsverluste und Flüchtlingsströme. Paradebeispiele sind die Gebietsverluste Deutschlands (Ostpreussen, Elsass etc.) und der k. und k. Monarchie Österreich-Ungarn (Unabhängigkeit Ungarns, Tschechoslowakei, Südtirol ging an Italien etc.) nach dem Ersten Weltkrieg als Folge der Kapitulation dieser zwei Staaten. Es mag sein, dass die fast völlige Vernichtung der deutschen Wirtschaft und Industrie und die dem folgende wirtschaftliche Not Hitler einen Karriereschub schenkte, da durch die Folgen des verlorenen Krieges die Verbitterung des deutschen Volkes gewaltig gestiegen war. Sie führte zum Nazismus, der durch seinen Holocaust, sein Vernichtungskrieg gegen slawische Völker, seinem Überlegenheitsanspruch des Deutschtums (dem sich ironischerweise eine nicht geringe Zahl deutscher Juden bis zum Amtsantritt Hitlers ebenfalls verschrieben hatten). Deutschland wurde nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs besetzt und blieb für Jahrzehnte unter den Siegermächten aufgeteilt. Damit verhinderten die Alliierten eine Wiederholung des Revanchismus wie nach dem Ersten Weltkrieg. Es ist bis jetzt nicht ganz klar, wie weit das heutige Deutschland heute wieder ein völlig souveräner Staat ist und wie weit die Aufsicht der vier Siegermächte von 1945 noch besteht.

Mit der Situation Deutschlands komme ich zum in’s Auge stechenden Vergleich mit Israel und seinem Besetzungsproblem bei den Palästinensern der Westbank und Gazas. Es scheint, das all das oben Beschriebene für die gesamt Welt gilt – ausser für Israel. Israel wurde 1948 von arabischen Ländern und den damalig heimischen Arabern angegriffen. Das Ziel des Angriffs war den gerade entstandenen modernen Staat der Juden zu zerstören und sämtliche dort lebenden Juden zu vernichten. Der Angriff misslang, bei Kriegsende war Israel wesentlich grösser als es die UNO Resolution 181 vorsah.

Warum Israel militärisch nicht abziehen kann

Das wiederholte sich 1967. Ägypten, Syrien und Jordanien griffen mit dem selben Kriegsziel wieder an und wieder verloren sie Gebiete. Wieder gewann Israel einen Krieg aber keinen Frieden. Seither sitzt Israel im ehemaligen Westjordanland (Westbank oder gar Palästina genannt), den Gazastreifen hat es inzwischen verlassen. Ihm wird von der Welt genauestens auf die Finger gesehen. Die Welt und viele Israelis verlangen den Abzug Israels aus den besetzten Gebieten. Heute ist Gaza zum Paradebeispiel und einzig gültigem Grund geworden, dass dem heute nicht entsprochen werden kann. Das Risiko eines Abzugs Israels aus der Westbank ist noch grösser, als es der israelische Abzug aus Gaza war. Wenn man dieselben Massstäbe anlegt (andere gibt es nicht), ist es klar, dass palästinensische Gebiete in der heutigen Zeit nicht allein sich selbst überlassen werden können. Anders als seinerzeit in Deutschland, in dem die Naziideologie fast völlig zerstört wurde, lebt der von Islamismus und palästinensischem Faschismus unterstützte Juden/Israelhass und Terror, der öfters nach Israel überschwappt und schon Tausende von jüdischen und nichtjüdischen Opfer gefordert hat.  Es wäre vielleicht möglich, Siedlungen in der Westbank abzuziehen, doch die militärische Besetzung muss weiterbestehen, da sonst sofort eine identische Situation, wie sie heute in Gaza besteht entstehen würde. Wie die Alliierten es in Deutschland seit 1945 vorführen, ist es für Israels Sicherheit unumgänglich, in palästinensischen Gebiet eine militärische Präsenz weiterzuführen. Genau so wie kaum jemand verlangt, dass Russland beispielsweise die Krim an die Ukraine zurück gibt (der Vergleich hinkt, da die Krim den Russen nie den Krieg erklärt hat und keinerlei Gefahr für Russland darstellt), kann von Israel nicht erwartet werden, die Sicherheitskontrolle über die Westbank aufzugeben, da sie ein tatsächliches und enormes Risiko für Israel darstellt. Sogar wenn der Eindruck besteht arabische Welt habe sich mit der jüdischen Präsenz in der Region abgefunden, ist der Einfluss Irans und vieler arabischer Terrororganisationen so stark wie nie bevor. Russland ist riesig und mächtig, Israel ist winzig und gerade noch eine Regionalmacht in einer Gegend verrückter Völker und Religionen. Russlands Existenz ist nicht bedroht, Israels Existenz ist es seit seiner Gründung.   

Ich bin stolz Teil des zionistischen Projektes sein zu dürfen. Mit vielem der israelischen Politik bin ich nicht einverstanden, es wahr wohl ein Fehler die Westbank zu besiedeln, statt nur unter militärischer und politischer Kontrolle zu halten. Die politische Entwicklung in Israel und seinem wachsenden Hang zum Autoritarismus aus extremistischen religiösen Kreisen und dem damit verbundenen Hang zur faschistischen Ideologie des Etatismus, wie er auch von nicht religiösen Kreisen vertreten wird, gibt mir zu denken. Noch ist Israel ein leuchtender Stern in der Finsternis der mittelöstlichen Gesellschaft, die sich mit Riesenschritten in das ebenso finstere Mittelalter zurück bewegt, doch wird es das auch weiterhin bleiben? 

Sonntag, 5. März 2017

Rapping in Vancouver

Mein Enkel Dan wohnt in Vancouver an der Westküste Kanadas und besitzt dort ein gutgehendes Geschäft. Schon in Israel war er ein populärer Breakdancer, doch nun versucht er auch die Musikszene zu erobern. Hier bitte sein erster Film mit philippinisch-kanadischem Hintergrund. Ich habe einen Riesenplausch daran und muss das weitergeben. Saba kvellt.