Henry M. Broder schreibt in seiner Einführung „Sahm, der Saurier“ zum vor kurzem erschienenen Buch von Ulrich W. Sahm „Alltag im gelobten Land“ folgendes (von mir leicht aktualisiert): „Sie [die Korrespondenten in Israel] teilten sich in zwei Gruppen auf. Die Einheimischen, wie Sahm, und die Entsandten … Die Einheimischen wussten alles, die Entsandten wussten alles besser.“ Daran hat sich bis heute nichts geändert, der Unterschied hat sich sogar noch weiter profiliert.
Uli Sahm schreibt Persönliches, Erlebnisse und Ereignisse über Familie, über Arafat, König der Korruption, dem Sahm jedoch bescheinigt, das bis anhin nicht existente Volk der Palästinenser erfunden und weltweit etabliert zu haben. Er schreibt über die Israel vor Terror schützende Mauer der grünen Linie, über Latrinengeschichten der Essener vor zweitausend Jahren, über die Rettung äthiopischer Juden, über das Leben mit der Gasmaske und viele andere Themen, ernsthafte und weniger ernsthafte. Sahm widmet auch ein Kapitel den Gourmets unter seinen Lesern (zu denen auch ich gehöre) – sogar für Gefillten Fisch ist ein Rezept zu finden – ob gerade das eine Speise für Gourmets ist, stelle ich zur Diskussion.
Ulrich Sahms Wissensschatz und Expertise beruhen auf hohem professionellen Standard, persönlichen Erfahrungen, grundsätzlichem Wissen und, das ist mein Eindruck, dem Grundsatz sich weder von der israelischen noch der palästinensischen Seite vereinnahmen zu lassen. Seine Berichte lässt er sich nicht, wie zahlreiche „Entsandte“ der Zunft im American Colony Hotel Jerusalems von palästinensischen Machern pfannenfertig „organisieren“. Er lässt sich nicht zum Sprecher der grossen palästinensischen Lüge und israelischen „Auslassungen“ degradieren. Gerade dadurch unterscheidet er sich von „entsandten“ Korrespondenten, die sich ihre Berichte am Telefon und Internet zusammenstiefeln – unter Profis nennt das auch „mit der Schere schreiben“ – und in der Welt dafür gelobt und zitiert werden. Bei Arafat in der Mukata war er viele Male zu Gast, die beschriebenen Erlebnisse beim Raïs gehören zum allerbesten dieses Genres. Sie stehen im Gegensatz zu vielen Berichten die mir auch schon aus erster Hand erzählt worden sind und, wie die von Uri Avnery, Arafats ehemaligem Türvorleger vom Dienst, vor Ehrfurcht auf der einen und Querulantentum gegenüber Israel auf der anderen Seite nur so strotzen.
Das Buch, von Uli Sahms Ehefrau, der Fotografin Varda Polak-Sahm, illustriert, ist eine hervorragende Lektüre für jene, die sich nicht nur ihre eigenen Vorurteile bestätigen, sondern sich von einem wirklichen Kenner der Materie ideologiefrei und aus erster Hand informiert sein wollen.
Ulrich W. Sahm: „Alltag im gelobten Land“ (Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2010)
Sonntag, 4. Juli 2010
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