Mittwoch, 4. Mai 2011

Betrachtungen



Bin Laden ist tot. Auf meinen inzwischen gelöschten Trauerbrief erhielt ich eine Menge Zuschriften, bis auf zwei alle positiv und amüsiert. In einem der anderen fand jemand ich müsse Satire als Satire bezeichnen, damit die Leser tatsächlich merken, dass es Satire ist. Sonst nehmen sie es ernst, wie eben der Schreiber jener Zeilen. Ich weigere mich diesen Tatbestand zu kommentieren - er charakterisiert sich selbst.

Damit ist diese Angelegenheit abgeschlossen, ausser vielleicht der Tatsache, dass einige Leute im Nachhinein eine Kopie des gesagten Trauerbriefes verlangten und ihn bekamen. Anfrage per Mail an mich (paul.russak@gmail.com) genügt.

Jetzt aber ernsthaft und nicht satirisch:

Die Endgültigkeit des Ausdemverkehrziehens Bin Ladens macht Freude. Freude, die ich weder beim Ende Eichmanns noch anderen Judenhassers wie Mughnia oder Scheich Yassin verspürte. In muslimischen Gesellschaften werden bei Massenmorden, z.B. 9/11 und dem Massaker an der Familie Fogel, Bonbons verteilt und gefeiert. Bei uns ist es umgekehrt, man freut sich relativ ruhig, wenn es üble Menschen nicht mehr gibt und schämt und entschuldigt sich, wenn es versehentlich Unschuldige trifft. Schurken, wie Bin Laden, müssen nur schon aus hygienischen Gründen entsorgt werden und das geht leider nur mit Gewalt. Sie bedrohen bei weitem nicht nur Israel, sondern die gesamte Welt und haben Abertausende unschuldige Opfer auf dem Gewissen.

Wir müssen uns bewusst sein, dass mit Bin Ladens Ableben islamistischer Terror noch lange nicht besiegt ist. Al-Kaida, Hamas, Hisbollah und weitere bleiben bestehen, nur ein ersetzbarer Kopf wurde chirurgisch entfernt. Terror wird weitergehen, denn wie die Reaktion der muslimischen Welt zeigt, hat der Hass auf den Westen noch immer Millionen von Anhängern, die nun einen weiteren Grund gefunden haben, diesem zu frönen. Aber die Vertreter des islamistischen Terrors haben jetzt gemerkt, dass der Westen sich wehrt und für einmal andere Saiten aufzieht, als sich nur mit zahnloser Höflichkeit in der UNO wortreich zu reagieren. Obama zeigt Zähne, überraschend vielleicht, aber erfolgreich.

Internationaler Terror, Israelkritik und Israelhass (beide moderne Synonyme für Judenhass gepaart mit Hass auf westliche Kultur) wird auch ohne Bin Laden weitergehen, bestenfalls könnte es eine kleine Pause geben, bis Aiman as-Zawahiri, der eigentliche Drahtzieher und Nummer 2 der Al-Kaida, sich arrangiert hat. Er soll, so aus entsprechender Lektüre zu lernen, noch eine Stufe blutdürstiger sein als Bin Laden.

Deprimierend finde ich eine grosse Zahl Kommentare zum Thema in der NZZ, BaZ und Tages-Anzeiger. Dasselbe gilt auch für die israelische Zeitung Haaretz, wo Amerikahasser ihren Unsinn in englischer Sprache publik machen können. Der Hass vieler Schweizer und anderer Europäer auf die USA ist so ungeheuerlich stark, dass sie sogar nach der Entsorgung Bin-Ladens Verschwörungstheorien erfinden und auf verschiedene Arten ihrem Antiamerikanismus Luft machen. Ich wiederhole mich hier, aber es sind und waren in den letzten rund hundert Jahren immer wieder die Amerikaner, die Europa aus dem Dreck zogen, aus dem diese nie selbst herausgefunden hätten. Das war so in den beiden Weltkriegen und in Jugoslawien und jetzt wieder. Nicht nur das, mit dem Marshallplan bauten sie Deutschland und damit den Rest Europas wieder auf, die Synergien davon erreichten auch die Schweiz, deren Banken und Konzerne noch heute davon zehren. Und nun haben sie wieder etwas erreicht, zu dem westliche Länder sich weigerten darauf Energie zu „verschwenden“. Überlegt bitte, dass, falls in den USA konservative Isolationspolitik überhand nehmen und sich aus der Weltpolitik zurückzieht sollte - einer Gefahr die stets besteht - das bedrohte Europa in eine noch bedenklichere Lage kommen würde, als es jetzt schon ist.

Man muss den amerikanischen Lebensstil nicht mögen, den dortigen Raubtierkapitalismus (den es inzwischen auch in Europa gibt), den Waffenwahn, die Todesstrafe, der mangelnde Sozialstaat und noch anderes. Doch gerade in Amerika funktioniert (noch) der in Europa völlig zusammengekrachte Multikulturalismus. Wozu zu sagen ist, dass er in Europa solange funktionierte, wie muslimische Einwanderer ihre Religion als Privatsache für sich behielten, statt wie heute die europäischen Eingeborenen damit zu terrorisieren. Europa, Israel und die USA sind freie offene Gesellschaften, in denen verglichen mit dem internen Terror der geschlossenen arabischen Gesellschaften paradiesische Zustände herrschen. Diese offenen Gesellschaften sind in Gefahr und müssen geschützt werden – aber nicht um den Preis der eigenen Selbstaufgabe.

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