28.3.2008
Frauen sind lebenswichtig, sogar in meinem Alter. Sie machen uns Freude oder ärgern uns. Die Schweizerin Micheline Calmy-Rey (mein bester Freund behauptet zwar, sie hätte einen Kalmanowitsch geheiratet, dessen Namen jedoch für eine politische Karriere nicht passend und deshalb eingeschweizert worden sei) gehört zu zweiten Art. Als Aussenministerin zeichnet sie sich mit ihrem wiederholt anti-israelischen und wirklichkeitsfremden Verhalten in Wort und Tat aus. Mit ihrem letzten Streich, dem Besuch bei Freund Ahmedinejad, Israels bestem Feind, fiel sie der gesamten freien Welt in den Rücken und machte damit sich und die Schweiz für die so gepriesenen "Dienste der Schweiz" im Zusammenhang mit dem Mittleren und Nahen Osten völlig unglaubwürdig. Zwar verstehe aus dem Tachles und der NZZ, sie sei quasi von den Iranern zu diesem Besuch erpresst worden (ich zitiere hier nur den Sinn der Aussagen, wie ich sie verstehe), denn das schöne 20 Milliarden Gasgeschäft wäre sonst von diesen nicht unterschrieben worden. Man hätte auch Nein sagen können – just say no – wie im Zusammenhang mit der Drogen- und Sexsucht auf Englisch gesagt wird (damit will ich aber nicht sagen, dass Michelines antiisraelische Ansichten eine Sucht sei – siehe Text und Link weiter unten). Mit diesem Schweizer Sonderzug hat sie als linke Politikerin alt-Bundesrat Blocher rechts überholt. Nicht weniger ärgerlich ist ihr Einsatz für Jean Ziegler für den Job beim UNO-Menschenrechtsrat. Ich gebe zu, eine Anzahl von Zieglers Büchern zu besitzen (gelesen habe ich sie auch) – doch damals war ich noch jung, unbedarft und glaubte jedem, der "gegen" irgendetwas war. Das hat sich gelegt. Ziegler, in der kanadischen Presse als "Human Rights Fraud" (Menschenrechtsschwindler) bezeichnet, profitiert von seiner Freundschaft (vielleicht als Guru) zu einer Schweizer Bundesrätin, die anscheinend noch nicht erwachsen worden ist. Zu diesem Schluss führt, wenigsten mich, der Artikel von Frank A. Meyer im Sonntagsblick "Der Kniefall", in dem er das Funktionieren unserer Aussenministerin erläutert. Denn warum sonst könnte jemand auf einen Scharlatan wie Jean Ziegler hereinfallen?
Nicht nur Politik sorgt in Israel für Aufregung und Überraschungen. In unserer Galerie, sind die dort tätigen Damen erstens recht jung und zweitens modern. Kamli, die Sekretärin trägt nie einen Hijab, Ola, die grosse und hübsche Assistentin trägt hingegen einen Solchen und ist sowieso immer farbvoll und fröhlich gekleidet.
Vor kurzem waren wir zur Hochzeit zweier Männer eingeladen. Den Weg dorthin unterbrach ich für eine Stunde in der Galerie und erzählte den Mädchen, wohin wir fahren. Vielleicht werden die mich umbringen, mutmasste ich, wissend, dass Homosexualität im Islam sehr schief angesehen wird und im Iran, dem Musterbeispiel islamischer Menschenrechte, fast täglich ein paar Schwule aufgehängt werden. Ola lachte sich schief. "Vor zwei Wochen", sagte sie, "heirateten hier in Umm El-Fahm zwei lesbische Frauen. Uns kannst du mit solchen Dingen nicht aus der Fassung bringen." Man lernt nie aus. Ob diese Haltung den toleranten Einfluss der Galerie auf die Bürger von Umm El-Fahm, der reaktionärsten arabischen Stadt Israels, widerspiegelt, liegt nahe und kann sein, muss es aber nicht. Ola ist gleichzeitig traditionell und auffallend gekleidet, farbig und figurbetont, alles verdeckend und doch viel zeigend. Stets ist sie fröhlich, spricht Hebräisch und Arabisch gleich gut und weiss, wie man mit Galeriebesuchern umzugehen hat. Leider wird sie die Galerie bald verlassen, da sie Physiotherapie studieren wird, an der Universität von Jenin – der Terroristenstadt in der Westbank.
Anders ist Kamli, unsere Sekretärin. Sie kleidet sich in einem Businesskostüm mit T-Shirt. Sie ist auch die einzige im Betrieb, die sich mit Computern auskennt, Seit einem Jahr gehen keine E-Mails mehr verloren und das Fotoarchiv funktioniert tatsächlich. Kamli ist zurückhaltend freundlich, allerdings lächelt sie für mich. Sie ist die einzige, mit der ich politische Diskussionen führe, denn sie ist Mitglied der arabischen Balad Partei die ich nicht sehr mag. Deren ehemaliger Vorsitzende Knessetmitglied Azmi Bishara, ist aus Israel geflohen, da man ihm der Zusammenarbeit mit Israels Feinden überführt hatte. Die Partei steht gegen die Zweistaatenlösung zwischen Israel und den Palästinensern und ist im Gegensatz zur kommunistischen Partei Hadash, in der es auch ein gutes jüdisches Knessetmitglied gibt, kaum an sozialen Fragen oder Fragen gesamtisraelischen Interesses interessiert. Doch Israel ist der einzige demokratische Staat der Region, Kamli hat ihre Rechte, ich habe die Meinen und wir machen das Beste daraus. Trotz Politik mögen wir einander.
Saids Frau Seham Abu-Shakra führt mit ihrem Mann eine Ehe, die trotz einigen traditionell arabischen Aspekten sehr progressiv westlich und erstaunlich offen ist. Die beiden heirateten in Tel Aviv, wo sie unter Juden wohnten und so deren Mentalität und Denkweise kennen lernten. Heute ist Seham Direktorin der Primarschulen Umm El-Fahms und, wie Said, eine nationale Respektsperson, nicht als "Frau von Said" sondern aus eigener Kraft und Persönlichkeit im Erziehungssektor des Landes. Sie arbeitet rund um die Uhr und Said bestreitet den Löwenanteil des Haushaltes. Trotzdem hat sie Zeit eine fabelhafte Köchin zu sein und ihre Kubbe sind mit Abstand die Besten, die ich je gegessen habe. Seham ist eine modische Frau und meist sehr elegant angezogen. Einen Hijab trägt sie kaum, höchstens, wenn sie das Arabische ihrer Persönlichkeit repräsentieren und betonen will.
Fadya hat mit der Galerie nichts zu tun. Sie ist, wenn nötig, Leas Pflegerin und arbeitet in diesem Beruf als Angestellte einer Spitexfirma, die von der Nationalversicherung beauftragt wird. Fadya wohnt im Nachbardorf Faradis. Sie fährt ihr eigenes Auto und wohnt in einem wunderschönen und palastähnlichen Haus. Ihr Mann besitzt eine mechanische Werkstatt in Pardess Hanna und stellt, unter anderem, feinmechanische Produkte für den Export nach Deutschland her. Fadya ist noch nicht so verwestlicht, wie die oben genannten Damen und lebt recht traditionell. Sie trägt den Hijab, legt diesen aber ab, sobald sie in unserem Haus ist. Sie und ihr Mann Riad reisen gelegentlich ins Ausland, materiell geht es ihnen gut, doch beide arbeiten bis zum Umfallen – denn sie haben zwei Söhne (und eine Tochter). Töchter zu haben kommt billiger, denn ihnen müssen die Eltern, im Gegensatz zu Söhnen, zur Heirat kein Haus bauen. Shaheen, der ältere Sohn, wird im Mai heiraten, wir haben seine Braut kennen gelernt und haben keinen Eindruck über das Mädchen gewonnen – sie spricht nicht. Fadya, darauf angesprochen, meinte das sei ihr auch schon aufgefallen, doch wisse sie den Grund dazu nicht. Dafür, entschied ich, spreche Shaheen für Zwei. Das Haus des jungen Paares ist einzugbereit, steht neben dem von Fadya und Riad und ist ebenso ein Palast, wie das der Eltern. Alles ist schon möbliert, auch das Doppelbett. Sogar wenn das Land, auf dem diese Sohneshäuser stehen, meist der Familie gehört, ist der finanzielle Aufwand für jeden zu verheiratenden Sohn beträchtlich. Vor einigen Monaten besuchte ich zusammen mit Trudi Schlatter aus Schaffhausen, die Familie. Trudi war erschlagen über die Grösse, den Luxus des Hauses und die grandiose Aussicht aufs Meer. Alles sieht noch immer wie neu aus, die fabelhafte Küche ist weiterhin unbenützt – die Familie scheint in einem Museum zu leben. Fadya hat eine kleine Küche im Untergeschoss mit Ausgang zur gedeckten Terrasse, dort wird gewohnt, gekocht und gegessen – bei schönem Wetter immer unter freiem Himmel. Dort sitzen auch Lea und ich, wenn wir auf Besuch sind. Von anderen Freunden wurde bestätigt, dass der durchschnittliche Wohnraum einer arabischen Familie in Israel zwischen 400 bis 500 Quadratmetern messe.
Das war mein Beitrag über einige der Frauen, mit denen wir es direkt (die Araberinnen) oder indirekt (Madame Calmy-Rey) zu tun haben. Jeder darf raten, welche mir sympathischer ist oder sind.