Donnerstag, 17. Juli 2008

Der "Austausch"

16.7.2008

Bei jedem, mit dem ich heute spreche, fühle ich einen Zorn, eine Wut, die ich schon lange nicht mehr erlebt habe. Diese zornigen Israelis sind nicht etwa die üblichen Araberhasser vom Dienst, nationalistische Siedlertypen, Kahanisten oder andere dieser Zunft. Es sind normale, vernünftige Leute mit liberalen Ansichten über Israels Existenz im Mittleren Osten, über den Umgang mit unseren arabischen Bürgern, den Palästinensern und der arabischen Welt ganz allgemein. Die Wut richtet sich gegen Olmert und seine Regierung, die es wieder einmal zuliess, israelische Leichenteile gegen islamische Kindermörder auszutauschen. Einen Teil dieser Wut teile ich. Doch meine Wut richtet sich nicht auf Olmert, sondern auf die arabischen Terrorbanden.

In israelischen Gefängnissen sitzen, meines Wissens, etwa elftausend gefangene Araber. Darunter sind Palästinenser aus der Westbank und Gaza, Libanesen, Jordanier und andere. Die meisten sitzen dort, weil sie Terror ausgeübt haben. Vom Massen- und Kindermörder, verhinderten Selbstmordattentäter, vom politischen Strippenzieher der andere losschickt um seine üblen Ideen auszuführen. Einige sitzen aus zweifelhaften Gründen, denen die israelische Justiz noch nicht auf den Grund gekommen ist. Aber alle werden vom Roten Kreuz besucht und ihre Haft von dieser überwacht, Freunde und Familienbesuche finden statt – kurz, offiziell ist bekannt wo sie sich befinden und wie es ihnen geht.

Ganz anders steht es mit israelischen Gefangenen in arabischer Gefangenschaft, vor allem Gefangene der Hamas und der Hisbollah. Besuche sind keine gestattet, nicht einmal vom Roten Kreuz. Niemand weiss ob sie überhaupt leben und wo. Weder Hamas noch Hisbollah geben Informationen über ihren Zustand bekannt, Israels in Gefangenschaft geratenen Soldaten werden als Schachfiguren zynisch gegenüber Israel und der Welt ausgespielt, ihre Familien verhöhnt – die gesamte unmenschliche Philosophie islamistischer (ob islamisch oder islamistische spielt inzwischen keine Rolle mehr, da synonym) Menschen- und Lebensverachtung wird ausgespielt – für die ganze Welt zu sehen. Ob von dieser aber wahrgenommen, ist eine andere Frage. Diese offene Diskrepanz des menschlichen Niveaus liegt für jeden sichtbar vor.

Heute wurden die (vermutlichen) Leichenteile von Ehud Goldwasser und Eldad Regev an der UNO-Grenzstation Rosh Hanikra gegen einen der übelsten Mörder in der Geschichte des Landes, dem Drusen Samir Kuntar, ausgetauscht. Obwohl libanesischer Druse, brachte er es fertig im Namen Allahs drei Menschen umzubringen, dabei ein dreijähriges Mädchen, dem er den Kopf an einer Wand zerschlug. Das war vor dreissig Jahren. Heute kam er frei und wird im Libanon als Held gefeiert. Reue zeigt er keine, er will mit seiner Tätigkeit fortfahren, dort wo er vor dreissig Jahren aufgehört hat. Diese Demonstration menschlicher und religiöser Bösartigkeit sollte eigentlich bei jedem anständigen Menschen Brechreiz auslösen – wie weit dies geschehen wird, werden wir vielleicht in den kommenden Tagen in der Presse verfolgen können. Soll die Jüdischkeit seiner Opfer ihn zum Helden der arabischen Welt stempeln? Abu Mazen, unser Möchtegernfriedenpartner, gratulierte Kuntar ebenso, wie andere Mitglieder der PA. Es wird, so die Presse, nicht ausgeschlossen, dass in den besetzten Gebieten und Gaza ebenso gefeiert wird, wie im Libanon. Mein drusischer Freund Hani, meinte, der damals sechzehnjährige Kuntar, sei derselben Hirnwäsche unterzogen worden, wie die meisten anderen Terroristen, die vor allem auf Judenhass getrimmt, sämtliche natürlichen menschlichen Hemmung verlieren und sich als Erben nazistischen Judenhassens sehend, entsprechend aufführen. Das hat Geschichte, die noch vor der Gründung Israels begonnen hatte.

Mein Eindruck ist, dass die Mehrheit des Volkes sich gegen den Regierungsentscheid zum Gefangenenaustausch gewendet hat. Der Zorn ist tief und beruht fast ausschliesslich auf Emotionen. Emotionen allein sind billig, doch sollten sie geachtet und zur Kenntnis genommen werden. Die Witwe von Kuntars Opfern hingegen sagte öffentlich aus, dass sie nichts gegen die Auslieferung des Mörders ihrer Familie hätte. Kuntar sei nicht ihr persönlicher Gefangener und der Regierung stehe es frei, mit ihm zu tun, was dem Interesse des Landes nütze. Solche menschlichte Grösse ist auch in Israel selten zu finden, doch sie besteht. Genau so wie sie bei palästinensischen und jüdischen Familien zu finden ist, die Organe ihrer durch die Armee irrtümlich getöteten Kinder an jüdische und arabische Kranke freigaben. (Ein faszinierendes Thema, das einen separaten Artikel verdient). Diese menschliche Grösse ist zu beobachten, wenn Familienangehörige von Opfern beider Seiten, sich versöhnlich verständigen und statt Hass zu pflegen, Verständigung fördernde Aktivitäten aufnehmen.

Von nur von wenigen realisiert ist die Tatsache, dass Hisbollahs Hass gegen Israel rein ideologisch-religiöser Natur ist. Hisbollah ist eine libanesische Organisation des schiitischen Islams. Ansprüche auf Land, wie palästinensische Terrorbanden anmelden können, haben sie keine, denn aus religiöser Überzeugung töten sie Juden weil sie Juden sind und Juden nicht in dieser Region leben oder gar einen eigenen Staat haben dürfen. Das ist die Motivation Hisbollahs, gestützt durch seine Sponsoren, dem Iran der Mullahs und deren Ahmedinejad, die sie im Libanon vertreten, assistiert von Syrien.

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