12.9.2008
Vor kurzem war ich in Jerusalem an einer Pressekonferenz um einem Vortrag des palästinensischen Ministerpräsidenten zuzuhören. Er kam nicht, sondern delegierte seinen Aussenminister, der seines Chefs Worte vorlesen sollte, was er auch tat. Davon ist nichts berichtenswert, es war das übliche palästinensische Gejammer und die ebenso übliche Ablehnung jeder Verantwortung für alles eigenes Tun und dessen Folgen. Etwas interessanter waren Antworten auf Fragen aus dem Publikum. Neben sachlichem wurden auch Fragen wie etwa „Was denkt seine Exzellenz der Herr Aussenminister über die in der arabischen Welt herrschende Gewalt, in der sich weit mehr Araber gegenseitig umbringen, als in den gesamten rund hundert Jahren des jüdisch-arabischen Konflikt Menschen umgekommen sind?“. Der Zweck der Frage war wohl, die Gewalttätigkeit der arabischen Kultur anzusprechen, die viele Juden vor einem Frieden zwischen Palästina und Israel zögern lässt. „Das hat mit der Lösung des Problems nichts zu tun“, war die kurze Antwort. Ich wollte ihn fragen, was er zum offiziellen Judenhass, der in arabischen Schulen gelehrt und in der palästinensischen und arabischen Gesellschaft lauthals vorgelebt wird, zu sagen habe. Vielleicht ahnte David Kimche, Organisator und Moderator des Anlasses, diese unbequeme Frage – ich wurde nicht aufgefordert, sie zu stellen. Dafür durfte mein Freund Roger Guth vorschlagen, den schweizerischen Föderalismus als mögliches Modell zu berücksichtigen, ein Vorschlag der höflich abgewiesen wurde.
"Er aber, sag’s ihm, er kann mich im Arsche lecken!" Diese feinen Worte hat der Goethe dem Götz von Berlichingen in den Mund gelegt – vielleicht hat dieser sie auch tatsächlich gesprochen. Das Zitat kommt mir immer dann in den Sinn, wenn ich lese oder höre, wie Aussenstehende Israel zum nationalen Selbstmord überreden wollen. Wie fast alle Israelis (Juden und Araber) wollen wir Frieden, denn ein normal denkender und funktionierender Mensch im israelischen Kulturkreis – so wie ich diesen kenne – zieht vor, seine Energien auf einen friedlichen Alltag auszurichten, seine Kinder friedlich und ohne Hassideologien zu erziehen, seinen Geschäften nachzugehen, in Nachbarsländern seine Ferien zu verbringen und dort Freunde zu haben, statt sich dauernd mit Kriegen, Terror, Hass und Gewalt aus eben diesen Nachbarländern auseinandersetzen zu müssen, um Väter und Söhne an der Front zu bangen und Kriegsopfer zu begraben, von denen es, über die vergangenen sechzig Jahre gesehen, fast so viele gab wie Verkehrsopfer. Oder wie für viele, jahrelangen Militärdienst leisten zu müssen, der die Produktivität des Staates enorm behindert, denn es sind ja gerade die besten unserer Bürger, die sich davor nicht drücken.
Leider gibt es aber auch in Israel gemeingefährliche Ideologen und Spinner, die die Zeiten biblischer Mythen, ein Grossisrael, das es nie wirklich gegeben hat, einen Halachastaat, ähnlich dem Shariastaat islamischer Jihadisten einführen wollen und denen für diese Ziele jedes Mittel recht ist. Araberhass und Gewalt bis zu Mord an unseren Minderheiten gehört zu ihrem Repertoire. Aber sie werden von der Mehrheit der Israelis und der Regierung abgelehnt und bestraft. Die Schlimmsten sitzen wegen Mordes an arabischen Bauern und Arbeitern im Zuchthaus. Auch diese Spinner haben ihre Fans, ihre Zahl hat durch den alles pervertierenden arabisch-palästinensischen Hass auf uns Juden eher zugenommen, denn er gibt ihnen einen weiteren Vorwand für ihr übles Tun. Doch noch sind sie eine Minderheit im Land.
Nicht das erste Mal schreibe ich von der fehlenden Empathie westlicher Kreise für die Lage Israels und seiner Menschen. Israels sieben Millionen Bürgern stehen heute etwa 300 Millionen Araber (in zehn Jahren werden es rund 400 Millionen sein) oder wenn wir wollen, 1,61 Milliarden Muslime gegenüber. Trotzdem wird Israel zum Goliath empor stilisiert und unsere lieben Feinde zum David. Militärisch ist Israel stark, anders wäre es schon lange weggefegt. Doch sein erfolgreiches Überleben, so denke ich, hat vor allem mit Motivation zu tun. Es ist diese Motivation, die wenn darauf ankommt, intelligente Kriegsführung erzeugt und die überragende persönliche Motivation des einzelnen israelischen Soldaten, die Kriege gewonnen hat. Sogar der nicht gerade erfolgreiche Krieg im Sommer 2006 hat letzteres wieder demonstriert – wie in früheren Kriegen, nahmen im Ausland lebende israelische Reservesoldaten den ersten Flug nach Israel, um an der Verteidigung ihres Landes teilzunehmen, motiviert durch ein tiefes Verantwortungsgefühl, das sich bis heute nicht verflüchtigt hat. Ich erlebte dieses Phänomen schon in 1967 und in 1973. Es war das Wissen, dass es keinen anderen Weg zu Überleben gibt und alles getan werden muss um zu gewinnen. Flächenmässig wenig mehr als halb so gross wie die kleine Schweiz, hinter sich das Meer, vor sich die unendliche Weite der arabischen Welt und deren Feindschaft, kann sich Israel nirgends zurückziehen. Es ist die überragende Motivation des israelischen Volkes, die der künstlichen, real nicht existierenden Motivation der arabischen Armeen entgegensteht und so überlebt. Es gibt die zweifelhafte Motivation der Jihadisten, der Hamas, Hisbollah and anderen zu töten, doch diese Motivation ist religiös, basiert ausschliesslich auf Hass, Todeskult, Rassismus und Antisemitismus und hat mit dem Überleben weder des Einzelnen oder eines ganzen Volkes nicht das Geringste zu tun. Sie sind ein starker Störfaktor des täglichen Lebens, morden aus Überzeugung nicht nur Israelis, doch grundsätzlich bilden sie für Israels Existenz keine existenzielle Gefahr. Nur, hier wieder die fehlende Empathie – wenn Israel sich wehrt, dann wird ihm dies Übel genommen, es wird sogar der „Überreaktion“ angeklagt. Vielen Israelis denken dann tief in ihrem Innern die feinfühligen Worte des Götz von Berlichingen oder ähnliches. Manche sprechen es auch aus. Dann spricht der wohlwollende Israelkritiker vom arroganten Israeli. Weil ihm eben jene Empathie fehlt, welche für die armen palästinensisch-arabischen „Widerstandkämpfer“ und Jihadisten bei jedem Terror-Versteher und Gutmenschen vorhanden ist.
Freitag, 12. September 2008
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