14.2.2009
Zufälle gibt es: im letzten Eintrag in Uris Tagebuch schrieb ich über einen Krimi (übrigens kommt, vorerst in English, ein dritter Band heraus) und machte auf die Beschreibung des palästinensischen Lebens in der Westbank und die noch weit schlimmere Situation in Gaza aufmerksam. Die Krimis von Matt Rees sind Romane und man könnte, wenn so motiviert, sagen, es sei alles Fantasie. Gestern sandte mir jemand einen Vortrag mit anschliessenden Frage und Antwort des bekannten palästinensischen Journalisten Khaled Abu Toameh englischer Sprache zu, kurz darauf erhielt ich dessen deutschsprachige Version, die ich hier, mangels Link, wiedergeben will. Die deutsche Uebersetzung ist nicht gerade professionell, wer damit Mühe hat, kann problemlos auf das englische Original zurückgreifen (siehe Link).Es sind viele Seiten aber wichtig und, so denke ich, seit Jahren das wichtigste Dokument zum Thema der innerpalästinensischen Zerfleischung über die Jahrzehnte. Khaled Abu Toameh bringt Fakten, klagt nicht an und ist gerade deshalb überzeugend. Hier, bitte sehr, der vollständige Vortrag und Diskussion. Die Krimis von Matt Rees zu lesen, lohnt sich aber immer noch.
Ein Blick hinter die Kulissen des israelisch –palästinensischen Konflikts
Ein Vortrag von Khaled Abu Toameh, palästinensischer Journalist bei der ‚Jerusalem Post‘, vom 1. Februar 2009
Nachdem ich meine Mittelschule beendet hatte, stellten mich die PLO-Büros als Korrespondent an. Ich arbeitete sieben Jahre lang für eine PLO-Zeitung während ich an einer Universität in Jerusalem studierte. Nach Abschluss meines Studiums musste ich mich entscheiden: soll ich weiter für die PLO arbeiten, oder versuche ich ein richtiger Journalist zu werden? In zwei Sekunden fällte ich meinen Entscheid. Ich beschloss, mit den internationalen und den israelischen Medien zu arbeiten.
Was heisst das, wenn ich sage „mit den internationalen Medien arbeiten“? Wir haben Hunderte von ausländischen Journalisten, die in unseren Teil der Welt kommen – jedes Jahr, jeden Monat und manchmal jede Woche – um über die hiesigen Geschichten zu schreiben. Nun gibt es hier zwei Geschichten: eine, die in Israel geschieht und eine in den Palästinensergebieten.
Glücklicherweise ist Israel eine offene Nation, die den Menschen erlaubt über alles zu schreiben. Sie können den Premierminister kritisieren, den Verteidigungsminister, die israelische Armee. Man kann über all die schlimmen Dinge gegen Israel schreiben und sich immer noch im Stadtzentrum von Jerusalem frei bewegen. Aber wenn man über die Palästinensergebiete schreibt, ist das völlig anders. Man kann als ausländischer Journalist nicht einfach am Morgen aufstehen und in ein palästinensisches Dorf fahren. Man kann nicht einfach kommen und sagen „Guten Morgen, ich arbeite für die New York Times. Kann ich bitte zu Hamas sprechen.“ Es funktioniert aus verschiedenen Gründen nicht so. Sie verstehen die Sprache nicht und brauchen einen Übersetzer. Sie kennen sich nicht aus. Und das wichtigste: sie sind nicht sicher.
Deshalb sind ausländische Journalisten, die über die Ereignisse in den Palästinensergebieten schreiben auf sogenannte Fixer (=Mittelsmänner) angewiesen. Und da komme ich ins Spiel. Während den vergangenen zwanzig Jahren habe ich als Fixer, Übersetzer, Berater gearbeitet – man kann das bezeichnen wie man will – mit den meisten ausländischen Medien. Als vor acht Jahren die zweite Intifada anfing, begann ich für die Jerusalem Post über palästinensische Angelegenheiten zu schreiben. Einige Leute fragen mich: „Wann bist du Zionist geworden? Wann bist du pro-Israel geworden?“ Nun, ich bin nicht pro-irgendetwas ausser pro-Fakten und pro-Wahrheit. Als Journalist habe ich kein Problem für irgendeine Zeitung zu arbeiten, die mir die Möglichkeit dazu gibt. Es ist mir egal ob sie jüdisch, christlich, muslimisch, oder gar buddhistisch ist.
Um ehrlich zu sein finde ich es ironisch, dass ich als arabischer Muslim, der in diesem Teil der Welt lebt, für eine jüdische Zeitung oder die internationalen Medien arbeiten muss, um diese Art von wirklichem Journalismus auszuüben. Warum? Weil wir keine freien Medien haben. In den Palästinensergebieten gab es sie nicht als ich dort in den 70er und 80er Jahren arbeitete, wir bekamen sie nicht als wir Yasser Arafat holten um die Palästinenser-Autorität anzufangen, und natürlich haben wir heute keine freie Presse unter Fatah, Hamas und denn übrigen Banden, die das Sagen haben. Und das ist sehr tragisch.
Manchmal wünschte ich mir, dass das Problem mit den Medien das einzige Problem ist, das wir haben, aber wie ihr alle wisst, haben wir eine verfahrene Situation. Ich bin einer, der in den vergangenen fünfzehn Jahren behauptete, dass die Dinge in diesem Teil der Welt sich in der falschen Richtung entwickelten. Einige Monate nach Unterzeichnung von Oslo kamen wir zum Punkt, an dem viele Juden und Araber die guten alten Tage vor dem Friedensprozess vermissten.
Was meine ich damit? Oslo war nicht schlecht. Oslo basierte auf der Idee von zwei Staaten und dem Ende der militärischen Besetzung in der einen oder anderen Form. Die Idee von Oslo war also nicht schlecht. Eine Trennung von Juden und Palästinensern, die nicht zusammen leben wollen. Und in dieser Form unterstützte ich die Idee. Ich dachte sie sei gut.
Aber die Art und Weise wie Oslo umgesetzt wurde brachte für Juden und Araber eine Katastrophe. Damals war die Annahme in den US, in Israel und in vielen Orten Europas, dass, wenn man die PLO und Tausende von PLO Kämpfern in die Westbank und Gaza bringt und ihnen Millionen von Dollar und Gewehre zur Verfügung stellt, sie die Drecksarbeit der Ordnungshüter in der Westbank und Gaza tun würden. Sie würden die Besetzung ersetzen und Hamas und Islamic Jihad bekämpfen. Sie würden alle diese wunderbaren Dinge tun. Warum? Weil wir sie bezahlen.
Die internationale Gemeinschaft und Israel sammelten diese PLO Kämpfer aus der ganzen Welt, entliessen Tausende von PLO Kämpfern aus israelischen Gefängnissen, gaben ihnen Uniformen und Gewehre, und nannten sie Sicherheitskräfte. Das Resultat: Leute, die keine Grundausbildung hatten und die Schule nicht abschlossen, wurden Oberste und Generäle in Yasser Arafats Regierung. Er gründete sechzehn verschiedene Sicherheitsorganisationen mit Hilfe der Amerikaner, der Europäer und der Israelis. Und sie fingen an, diesem Regime, das sie Palästinenserautonomie nannten, Geld nachzuwerfen - Milliarden von Dollar - in der Hoffnung, Arafat würde ihre Wünsche durchsetzen.
Nun muss ich nicht noch mehr sagen. Wie ihr wisst, war Arafat ein Gauner. Das meiste Geld, das der palästinensischen Autorität geschickt wurde, versickerte oder unterstützte die Einkaufswut von Arafats Frau, die in Paris lebte. Statt für uns Spitäler zu bauen, baute Arafat in Jericho ein Casino, wie wenn die palästinensische Revolution vierzig Jahre lang darauf gewartet hätte, ein Casino zu bekommen. Und die Höhe war, dass er dieses Casino vis a vis von einem Flüchtlingslager baute. Die Palästinenser sahen keine Friedensfrüchte.
Meine Überlegung ist folgendermassen: Die Tatsache, dass Arafat ein Gauner war, erstaunte uns Palästinenser nicht. Wir waren nur erstaunt darüber, dass die internationale Gemeinschaft ihm weiterhin Geld nachwarf und sich weigerte, ihn verantwortlich zu machen, wenn er unser Geld stahl. Warum wollten sie das nicht? Sie wollten es nicht glauben.
Als ich versuchte meine ausländischen Kollegen aufzuklären..., dass es in der Palästinenserautonomie Korruption gebe, fragten mich viele, ob ich von der jüdischen Lobby bezahlt sei. Ich wollte wissen: Wo ist diese jüdische Lobby? Falls es eine gäbe, würde sie mich vielleicht sogar bezahlen. Ich sagte ihnen: „Das ist es was ich höre. Die Anzeichen sind da. Kommt und hört, was die Palästinenser sagen.“ Und sie sagten mir, sie seien an dieser Geschichte nicht interessiert. Sie erklärten mir, dass sie Antiisrael Geschichten wollten, weil das ihr Leben viel einfacher mache. Sie erklärten mir, dass sie nichts Schlechtes über die Palästinenser schreiben wollten, dass Arafat ein Mann des Friedens sei und dass man ihm eine Chance geben sollte. Ich hörte das übrigens von bekannten amerikanischen Journalisten. Führenden amerikanischen Journalisten. Ich will euch jetzt die Namen nicht nennen, aber ich war wirklich frustriert. Und wütend. Hört: Während all diesen Jahren griffen wir die Militärbesatzung an. Wie kommt es, dass ihr, wenn ich euch etwas erzähle, was Arafat macht, ihr plötzlich nicht darüber schreiben wollt, und denkt, es sei jüdische Propaganda? Die meisten dieser Journalisten wollten sich nicht einmal die Mühe nehmen.
Was tat Arafat, als er den Leuten kein Geld gab. Er radikalisierte die Palästinenser, die keine Friedensfrüchte sahen. Und das ist der erste Grund warum die palästinensische Gesellschaft radikalisiert ist. Aber es gibt noch andere Gründe.
Grund Nummer zwei. Ihr habt Yasser Arafat Gewehre gegeben, damit er Hamas und Islamic Jihad töten würde. Stattdessen brauchte er diese Gewehre gegen jeden, der Reformen und Demokratie wollte. Arafat brauchte eure Gewehre, eure Waffen, die von den USA bereitgestellt wurden, um die Führer einer neuen Führung zu unterdrücken. Lasst mich ein Beispiel geben. 1997 unterschrieben 29 palästinensische Professoren eine Petition, dass Arafat die Korruption beenden solle. Sie wurden entweder angeschossen, getötet, ins Gefängnis geworfen, oder sie flohen. Das ist keine Geschichte, die man in CNN sehen würde. Ich denke auch, dass nicht einmal die New York Times darüber berichtete. Arafat griff bei den Reformern und den Demokraten durch, und bei den Leuten, die eine integre Regierung wollten. Und den Rest der Leute schickte er in die offenen Arme der Hamas. Er unterdrückte die Reformer und weigerte sich Hamas und Islamit Jihad zu unterdrücken.
Grund Nummer drei. Ihr habt Arafat Geld gegeben, um eine TV- und Radiostation zu bauen. Und in dieser TV- und Radiostation sagte Arafat: „Jihad, Jihad, tötet die Kreuzfahrer, tötet die Juden, tötet die Ungläubigen, tötet alle ausser mich.“ Nun mögt ihr euch fragen, warum Arafat gegen seine Friedenspartner in Israel aufhetzte, warum er gegen die Amerikaner und Europäer aufhetzte, die ihn unterstützten. Es macht keinen Sinn. Nun, für uns macht es Sinn. So überleben unsere arabischen Diktatoren. Sie lasten das Elend unserer Leute ständig den Juden, dem Westen, den Kreuzfahrern, den Ungläubigen, der zionistischen Lobby und den Imperialisten an. Sie brauchen all diese Schlagwörter. Die arabischen Führer müssen immer sicher sein, dass ihre Leute jemand anderen hassen, vor allem die Juden und die Amerikaner. Sonst könnten ihre Leute ja rebellieren, und – noch schlimmer – Reformen verlangen.
Genau das tat Arafat auf Arabisch. Die internationale Gemeinschaft – ja sogar die Israelis – wollten nicht auf das hören, was Arafat auf Arabisch sagte. Nur auf das, was er auf Englisch sagte. Sie sagten, was er auf Englisch sagte, sei gut. Ich sagte: „Entschuldigt bitte, aber auf Arabisch sagt Arafat dem Volk, es solle euch töten.“ Aber sie wollten nicht auf die Hetze hören. Sie unterschätzten das. Sie sagten: „Ihr Araber seid alle korrupt und wisst nichts von Demokratie. Deshalb verdient ihr eine Diktatur.“ Diese Hetze trieb die Menschen in die offenen Arme der Hamas. Arafat sagte den Leuten wie böse die Juden seien, und die Leute erwiderten: “Hamas hat Recht. Die Juden sind Nachkommen von Affen und Schweinen. Warum sollen wir mit ihnen Frieden machen?“
Der vierte Grund, der meiner Meinung nach viel weniger wichtig ist, besteht darin, dass Israel die PLO in die Palästinensergebiete brachten, sie bewaffnete, ihr half all diese Sicherheits-Bürgerwehren, Verbrecher und Mafiosi aufzubauen, und dann sagten, dass sie sich vor ihren Friedenspartnern schützen müssten. Und wie schützten sie sich? Indem sie Behinderungen und Ausgangssperren verhängten, und die palästinensischen Ortschaften mit Strassenkontrollen umgaben. Warum? Weil sie sich vor den Bürgerwehren und Mafiosi, welche sie in die Westbank und nach Gaza brachten, schützen mussten. Auf diese Art verloren die Palästinenser den Glauben an den Friedensprozess.
All dies radikalisierte die palästinensische Gesellschaft bis zu dem Punkt an dem Hamas, als sie sich entschloss, an den freien und demokratischen Wahlen unter dem Banner von „Veränderung“ und „Reform“ teilzunehmen, siegte. Das war alles absehbar. Die Zeichen waren klar. Irgendjemand, der damals Arafat entgegentrat, hätte gewonnen. Sogar Ehud Olmert, falls er an den palästinensischen Wahlen teilgenommen hätte mit dem Versprechen von Veränderung, Reform und Demokratie. Weil es im Januar 2006 bei den Parlamentswahlen in den palästinensischen Autonomiegebieten hauptsächlich um interne Reformen in den Palästinensergebieten ging.
Hamas war bereit zu zeigen, was sie konnten. Was taten sie? Sie kamen zu den Palästinensern und sagten: “Hört mal. Ihr habt es mit diesen PLO Leuten versucht. Sie sind korrupt. Sie sind böse. Arafat war ein Dieb. Auch Abu Mazen ist ein totaler Versager. Diese Kerle haben euer Geld gestohlen. Diese Kerle sind US Agenten, sie sind Geheimdienstler. Warum versucht ihr es nicht mit uns? Wir werden euch zeigen, dass wir eine gute Regierung auf die Beine stellen können. Im Übrigen seht was wir für euch getan haben seit 1988. Wir haben ein verbreitetes Netz von Erziehungs-, Sozial-, Gesundheits-, und Wirtschaftsdiensten aufgezogen. Arafat baute ein Casino, während wir zwei Universitäten bauten. Arafat gab seiner Frau monatlich 100‘000 $, damit sie ihre Einkäufe machen kann, aber wir gaben den Armen Geld. Arafat baute in Ramallah Trinkstuben und Restaurants, während wir Waisenhäuser und Wohltätigkeitsinstitutionen bauten.“ Deshalb sagten sich die Palästinenser: “Versuchen wir's mal mit der Hamas. Wenn sie an die Macht kommen, können sie nichts mehr stehlen. Sie können nicht noch korrupter sein als die PLO.“ Das war ihr Hauptargument. Ich sage nicht, dass alle, die 2006 für Hamas stimmten, eine Proteststimme einlegten. Wir müssen da sehr vorsichtig sein. Hamas haben viele Anhänger. Ich sage nur, wenn es die Proteststimmen gegen die PLO nicht gegeben hätte, wäre Hamas nicht an die Macht gekommen. Warum? Weil ich von Christen weiss, die für Hamas stimmten. Ich weiss von gemässigten Palästinensern, die für Hamas stimmten. Ich weiss sogar von PLO- Leuten, die für Hamas stimmten, weil es damals hiess „Lasst uns die PLO bestrafen.“ Und wie macht man das? Indem man für den Hauptrivalen, die Hamas stimmt. Es klappte. Hamas kam an die Macht.
Was seither passiert ist ebenfalls sehr interessant. Die US Regierung ging mit Hilfe von einigen Europäern und einigen Israelis - nachdem Hamas die Wahlen gewonnen hatte - zu den Kerlen, welche die Wahlen verloren hatten und sagten „Leute, hier sind Waffen und einiges an Geld. Geht und entmachtet dieses demokratisch gewählte Regime.“ Was war das Resultat als die US sich in die palästinensischen Angelegenheiten einmischte? Es war ein Eigengoal. Es half der Hamas und gab ihrer Popularität Auftrieb. Was dachten die Palästinenser als sie sahen wie sich Condoleeza Rice und George W. Bush offen gegen diese demokratisch gewählte Regierung stellten? Ihre Sympathien wandten sich dieser demokratisch gewählten Regierung zu, auch wenn sie Hamas heisst. Wenn Palästinenser PLO Leute sehen - Fatah Leute - die offen mit den Amerikanern und Israelis gemeinsame Sache machen, um diese demokratisch gewählte Regierung abzusetzen, werden sie die PLO noch mehr hassen......
Sie wehrten sich. Einige sagen sie putschten. Sie warfen die Fatahleute aus Gaza. Weniger als 10‘000 Hamaskämpfer besiegten 70‘000 Fatah Polizisten, die von Amerika unterstützt wurden. Die Frage ist, wie machten sie das? Die Antwort ist ganz einfach. Sobald Hamas zu schiessen anfing, kämpften diese Leute nicht. Sie rannten davon. Sie ergaben sich der Hamas. Sie gingen einfach zu Hamas und sagten: „Nein, nein, Hamas, bitte. Wir geben euch alle Waffen. Alles. Nur lasst uns in Ruhe.“ Und sie rannten davon.
Zuerst rannten sie in Richtung Ägypten. Aber Mubarak ist nicht dumm. Er versiegelte die Grenze. Ich war dort als es geschah. Israel war das einzige Land in der Welt, das Truppen, Helikopter, Flugzeuge und Ambulanzen schickte um Muslime vor Muslimen zu schützen, die sie abschlachten wollten. Israel nahm sie und verfrachtete sie in die Westbank.
Und wo stehen wir heute? Ich erklärte ihnen bereits, dass ich einer von denen bin, die eine Zweistaatenlösung befürworten. Ich finde es eine wunderbare Lösung. Aber schlussendlich werden wir eine andere Zweistaatenlösung bekommen. Wir haben zwei separate Gebiete. Eines ist Gaza, das andere die Westbank. Gaza ist ein von Hamas regierter islamischer Staat, der von Ahmedinejad, Syrien und Hisbollah unterstützt wird. Einige sagen, auch von Al Qaida und der Moslembruderschaft. Das ist eine sehr gefährliche Situation. Als ein gemässigter Muslim ist das der letzte Ort auf der Welt, in dem ich wohnen möchte.
In der Westbank haben wir das säkulare, korrupte, machtlose Regime der PLO. Abu Mazen und all diese Abus. Die Arafat-Vertrauten, welche ihr Volk während fünfzehn Jahren betrogen. Welche die Wahlen im Januar 2006 wegen Korruption verloren. Welche aus Gaza herausgeschmissen wurden, weil sie versagten. Welche die Kontrolle über die Hälfte der Palästinenser verloren, die in diesem Teil der Welt leben. Sie sitzen in Ramallah. Diese Leute sind nur im Amt wegen der Präsenz der israelischen Armee in der Westbank. Wenn die israelische Armee morgen früh die Westbank verlassen würde, täten diese PLO Leute in fünf Minuten den Schirm zu und Hamas würde die Macht übernehmen.
Die Frage, die wir uns bei dieser Konstellation stellen sollten ist diese: gibt es wirklich einen Partner auf der palästinensischen Seite für irgendeine Abmachung, geschweige denn ein Friedensabkommen. Irgendeine Übereinkunft. Gibt es wirklich einen Partner auf der palästinensischen Seite? Die Antwort ist einfach. Nein. Hamas ist kein Partner für irgendein Friedensabkommen, weil Hamas sich nicht verändern wird. All die Leute, die glauben, dass Hamas eines Tages seine Ideologie ändern wird, dass Hamas einmal pragmatische Führer haben wird, leben unter Illusionen. Hamas wird sich nicht ändern. Man muss zugeben, dass ihre Aussagen sehr klar sind. Es sind dieselben Aussagen in Arabisch und Englisch. Sie sind sehr ehrlich. Sie sagen: Leute, wir werden Israel nie anerkennen. Wir werden uns nie verändern. Wir werden den Weg des Widerstands nicht verlassen.“ Sie reden Klartext. Nachdem sie die Wahlen gewonnen hatten, ging die internationale Gemeinschaft zu Hamas und sagte: „Hört, wir wollen mit euch verhandeln. Anerkennt Israel und dann wird alles ok sein.“ Hamas war sehr ehrlich. Sie sagten: “Nein. Wir werden dem Terrorismus nicht abschwören. Wir werden frühere Abkommen zwischen Palästinensern und Israel nicht anerkennen. Wir werden Israels Existenzrecht nicht anerkennen.“ Sie reden Klartext. Auch heute.
Zehn Tage vor dem Putsch in Gaza wurde ich von einigen US Diplomaten eingeladen, um ihnen zu sagen, was geschehen wird. Ich erklärte ihnen: “Hamas wird demnächst die PLO Leute aus Gaza vertreiben, weil ihr für die PLO seid, und das hat sie für den Durchschnittsbürger in Misskredit gebracht. Ihr bewirkt, dass sie wie Geheimdienstagenten aussehen.“ Die US Diplomaten sagten: „Du weisst nicht wovon du redest. Die PLO hat 70‘000 Leute. Wer ist schon Hamas? Sie werden Hamas vernichten. Du wirst sehen.“ Meine Voraussage war nicht 100% richtig, weil ich erwartete, dass das nach drei Wochen geschehen würde. Es geschah nach zehn Tagen. Das war vorauszusehen.“
Es gibt viele Dinge, die in diesem Teil der Welt klar sind, die aber internationale Führer, Diplomaten und all die Leute im Westen, die mit den Palästinensern zu tun haben, ignorieren und nicht sehen wollen... Hier ein kleines Beispiel. Vor den Parlamentswahlen im Januar 2006 gingen die PLO Leute zu Condoleeza Rice und sagten: “Sie machen einen riesigen Fehler, wenn sie uns zwingen, freie und demokratische Wahlen durchzuführen. Unsere Leute trauen uns nicht. Wir sind korrupt und wir werden verlieren. Hamas wird gewinnen. Bitte keine Wahlen. Es ist nicht der richtige Zeitpunkt.“ „Macht euch keine Sorgen“ sagte sie, “Lasst Hamas mitmachen. Hamas wird nicht gewinnen. Alles wird ob sein.“ Sie fragten sie, wie sie wisse, dass Hamas nicht gewinnen wird. Sie erwiderte, dass sie die Palästinenser gewarnt habe und sie bestrafen würde, wenn sie für Hamas stimmten. Diese Warnung gab übrigens der Hamas zehn Punkte mehr. Hamas nahm diese Äusserungen und machten daraus riesige Plakate: Condoleeza Rice sagt nein zu Hamas. Obwohl Rice wusste, dass Hamas eine Terrororganisation ist, stellte sie keine Vorbedingungen für die Teilnahme von Hamas an den Wahlen. Sogar in Israel führten Hamas-Kandidaten in aller Offenheit einen Wahlkampf.....
Was bewog Rice, nachdem die Wahlen gewonnen waren, zu sagen, dass Hamas eine Terrororganisation sei? Waren sie dann vor den Wahlen keine Terrororganisation? Sie ist dafür verantwortlich, dass Hamas an die Macht kam. Das war ein gigantischer Fehler. Statt etwas aus ihren Fehlern zu lernen, nachdem Hamas an die Macht kam, machte sie weitere Fehler. Schaut nur das Durcheinander, in dem wir uns befinden. Ich weiss nicht wie man dieses Problem lösen kann. Heute über einen Palästinenserstaat zu sprechen ist ein Witz. Wo würde dieser Staat errichtet? Israel kontrolliert beinahe die Hälfte der Westbank. Diese PLO Leute haben zu wenig Autorität. Wenn Israel die Westbank aufgibt, muss man nach Kairo oder Amman gehen, um nach Amerika zurückzufliegen, weil die Scharfschützen auf den Hügeln über dem Ben Gurion Flugplatz sitzen.
Wenn ihr diese Politik weiterverfolgt, eine Partei gegen die andere auszuspielen, wird es noch mehr Anarchie und Gesetzlosigkeit geben und Gott weiss, was sonst noch passieren wird. Das ist ein unerfreuliches Bild. Es ist sehr düster. Ich weiss.
Frage von Anthony Cordesman vom Zentrum für strategische und internationale Studien: ...Auf Grund von dem, was sie sagten, wie wird das den Kampf in Gaza und in der Westbank beeinflussen?
Antwort: Alle sprechen davon, wie Hamas jetzt am Ende sei oder demnächst zusammenbricht oder dass es nur eine Sache der Zeit sei, bevor die Palästinenser im Gazastreifen gegen Hamas aufstehen. Ich teile leider diese Einschätzung nicht. Hamas hat vielleicht einen grösseren Schlag bekommen. Viele ihrer Institutionen sind zerstört worden. Sie wurde in mancher Hinsicht unterminiert. Aber mir macht Sorge, dass Hamas immer noch viel politische Unterstützung bekommt. Hamas ist weiterhin stark wie in Gaza. Warum? Ich habe das schon seit Jahren gesagt: Hamas kann man nur unterminieren und schlussendlich zum Aufgeben bringen, wenn man den Palästinensern eine bessere Alternative bringt. Nicht indem man ihre Hauptquartiere bombardiert oder ihre militärische Kapazität zerstört. Das ist zwar gut, aber es ist nicht genug.
Wenn ich – nachdem Hamas zur Macht kam - die Amerikaner und die Europäer wäre, wäre ich zu den PLO Leuten gegangen, welche die Wahl verloren, und statt ihnen Waffen und Geld zu geben, hätte ich ihnen gesagt: „Hört Leute, Hamas ist an der Macht wegen eurer Korruption, euer Misswirtschaft und weil ihr Diebe seid. Reformiert euch doch. Schmeisst diese korrupten Leute in der PLO oder Fatah heraus. Stellt eine Jugendpartei auf die Beine und fordert bei der nächsten Wahl die Hamas heraus.“ Das ist eine Möglichkeit.
Aber ich befürchte, dass Hamas unter den gegenwärtigen Umständen noch lange weitermacht. Viele Palästinenser werden euch heute sagen, dass Mahmoud Abbas ein Verräter ist, dass diese Leute in den Hauptquartieren der israelischen Armee waren und dem Krieg zuschauten. Hamas sagt bereits, dass Mahmoud Abbas Informationen an die Israeli weitergab über den Aufenthalt der Hamas Führer. Diese Anschuldigungen sind übrigens gravierend. Ich weiss nicht ob sie meine Geschichte in der Jerusalem Post lasen, wie Hamas in den vergangenen 48 Stunden massiv gegen die Fatah in Gaza vorging. Sie haben vielleicht 100 Fatah Leute getötet oder verwundet. Sie schleppen sie auf die Strasse und schiessen sie in die Beine. Sie haben sogar bei einigen die Augen ausgestochen. Vielleicht gehen sie jetzt dann zum Mittagessen. Deshalb will ich ihnen nicht im Detail beschreiben, was dort mit der Fatah geschieht. Aber Fatah ist wirklich unter Beschuss, und ich sehe niemand, der sie retten möchte.Ich sehe keine Massenbewegung gegen Hamas. Jedenfalls jetzt nicht. Ich habe mit vielen Leuten in Gaza gesprochen. Nicht eine Person hat Hamas für die Zerstörung seines Hauses verantwortlich gemacht. Ich höre viele Stimmen gegen Israel und gegen die arabischen Staaten. Und viele sind auf Mahmoud Abbas wütend. Dieser Krieg macht, dass die gemässigten Araber wie Toren dastehen, wie wenn sie auf der falschen Seite stünden. Wenn Al Jazeera, die populärste Fernsehstation in der arabischen Welt, Tag und Nacht gegen arabische Führer aufwiegelt und den Leuten Gelegenheit gibt zu sagen, dass unsere arabischen Führer Verräter seien, dass unsere arabischen Führer mit den Israeli unter einer Decke stecken, dass unsere arabischen Führer hoffen, in israelischen Panzern in Gaza einzumarschieren...dann weisst du, das kommt an. Die meisten Proteste in Kairo, in Khartum, in Jemen, wo immer du hingehst, sind in erster Linie gegen die arabischen Führer und Mahmoud Abbas gerichtet, und erst in zweiter Linie gegen Israel und Amerika.
Und jetzt sagen alle, man müsse Mahmoud Abbas nach Gaza bringen. Entschuldigung, aber wenn Mahmoud Abbas nach Gaza käme, würde er innerhalb weniger Minuten öffentlich hingerichtet. Man hat all diese Bürgerwehren in den Strassen. Die meisten kämpften nicht. Sie versteckten sich. Sie wurden zu „Zivilisten“ sobald die Israeli angriffen. Sie haben sich alle versteckt oder zogen sich zivil an. Wenn sie in die Spitäler gebracht wurden, hatten sie keine Waffen. Man zählte sie zu den Zivilisten. Ich weiss nicht genau, was dort drüben passiert, aber ich sehe keine Anzeichen, dass die lokalen Palästinenser oder andere Leute der Hamas offen entgegentreten….
In meinen Augen ist Khaled Abu Toameh wesentlich glaubwürdiger als jeder ausländische Kommentator, ob gerade in Israel oder nicht. Der Araber Abu Toameh sagt und schreibt, was die grosse leidende Mehrheit der Palästinenser unter ihren eigenen Verbrecherbanden und als Folge davon auch von der israelischen Armee zu leiden hat. Der einfache Palästinenser in der Westbank und in Gaza, ist so vollständig eingeschüchtert, dass er zu einem Widerstanden gegen die Gangs nicht in der Lage ist - in allen totalitär geführten Ländern - da gehören die meisten arabischen und muslimischen Staaten dazu - gibt es keine Meinungsfreiheit, schon gar nicht eine freie Presse, es wird gemordet, eingesperrt, gefoltert, Verrat gertrieben und Korruption kennt Grenzen. Dass Israel dies für seinen Nachrichtendienst ausnützt ist verständlich und kann ihm nicht zum Vorwurf gemacht werden. Aber ob diese Lage für Palästina eine Zukunft hat, wage ich, sagen wir mal, zu bezweifeln.
Samstag, 14. Februar 2009
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1 Kommentar:
Jetzt versteh ich die Konflickte zwischen Hamas und Fata besser. Das heisst ja, dass Condila Reis einiges dazu beigetragen hat.
Dieser Berich müsst Obama erfahren.
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