5.6.2009
Heute und wohl auch morgen und übermorgen werden die Mediengurus der Welt damit beschäftigt sein, Präsident Obamas Rede in Kairo in den Himmel zu loben oder zu zerreissen. Oder mindestens aufzuzählen was er alles nicht gesagt habe. Ich selbst fand die Rede sehr mutig, nicht wegen seinen Bemerkungen zum Thema Palästinenser, Irak und Afghanistan, sondern dass er es fertig brachte vor dreitausende Muslimen und darunter bestimmt auch einigen Islamisten, über Menschen- und Frauenrechte zu sprechen, wenn auch, im Vergleich zu dem anderen Themen, relativ kurz. Obama bekräftigte das enge Verhältnis zwischen Israel und den USA, verurteilte islamische und palästinensische Gewalt und sprach sich für die Zweistaatenlösung aus. Neu war daran nichts. Ausgesprochen peinlich war es den Beifall zu hören, als er die Schliessung des amerikanischen Gefangenlagers Guantanamo bekräftigte, denn was dort geschehen ist, gehört in Ländern wie Ägypten, Syrien und Iran zur traditionellen Routine und wird weder thematisiert oder hinterfragt. Der Beifall für seine Worte zu Menschen- und Frauenrechten war bescheiden, ebenso bei seiner Bekräftigung des Verhältnisses Israel-USA, aber umso grösser beim Erwähnen des Leidens der Juden und der Palästinenser. Es wird Israelis geben, die sich darüber aufregen werden, dass er die beiden auf eine Stufe stelle. Aber es wird vergessen, dass er vor einem rein arabischen und dazu noch vorwiegend muslimischen Publikum sprach und seine Verkaufargumente an dieses anpassen musste. Immerhin hat Obama den Anlass überlebt, flog weiter nach Dresden, weil er morgen das KZ Buchenwald besuchen will. Per Saldo finde ich Obamas Rede in der Al Azhar Universität hervorragend, wie gesagt, mutig und für Israel bestimmt nicht abträglich – es sei denn, man sei jüdischer Rechtsextremist. Eines missfiel mir: sein verklausuliertes Erwähnen des längst vergangenen kolonialistischen Hintergrundes als Begründung der Probleme der heutigen arabischen und muslimischen Welt. Für mich ist das keine Begründung, sondern eine Ausrede, um die in der arabischen Welt verpönte Selbstverantwortung abzuwehren und andere, wie die Juden, die Amerikaner und den Westen ganz allgemein, als Sündenböcke anklagen zu können. Auf diese Feinheit arabischer Psyche ist er nicht eingegangen.
Freitag, 5. Juni 2009
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1 Kommentar:
Lieber Uri,
ich muss Obamas Rede erst noch lesen. Liza hat in seinem neuen Beitrag die Links dazu. Auch Daniel Pipes wurde übersetzt.
Aber auch, wenn ich Obamas Rede bisher nicht gelesen habe (kommt heute Nacht noch) kann ich mich mehr und mehr eines Eindruckes nicht erwehren: Er will es allen recht machen.
So etwas geht schon im Alltag schief. Wenn aber ein amerikanischer Präsident sich so verhält ist das ein gigantischer Paradimenwechsel - und ein hochgefährlicher dazu.
Und ich kann auch wenig von Gottes Weisheit hinter seinen Formulierungen ausmachen - eher sehr viel süß schmeckende Schmeichelei.
Beste Grüße
Bernd
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