Die Medien sind noch immer voll mit Kommentaren über Nethanyahus Rede an der Bar Ilan Universität. Ich möchte mich eines Kommentars enthalten, die Welt wartet für einmal nicht auf meine Worte. Genau so im Hinblick auf die Wahlen im Iran, in denen die Resultate, wie es scheint, völlig unabhängig von den Wahlen errechnet und bekanntgegeben worden sind. Als würde das im Hinblick auf Israel und die iranische Atombombenaspirationen eine Rolle spielen. Über beides ist im Link zu „Lizas Welt“ Kompetentes und Geistreiches zu lesen.
Da berichte ich viel lieber über mein Treffen mit einer Klasse Studentinnen im Beit Berl Academic College, einer der ältesten akademischen Institutionen des Landes, dessen Wurzeln zurück zur Mapai der Gründerzeit reichen und dessen Grundstein schon 1946 gelegt worden ist. Heute ist das Beit Berl eine der wichtigen israelischen Colleges zur Lehrerausbildung und besitzt dazu auch ein Institut zur Ausbildung von Lehrern aus dem arabischen Sektor des Landes. Warum das so ist blieb mir unklar – ein Sprachproblem kann es nicht sein, denn arabische Studenten an israelischen Hochschulen sprechen Hebräisch oft besser, als viele der nicht in Israel geborenen jüdischen Studenten.
Ich war eingeladen an einer Konferenz der Klassen arabischer Studenten teilzunehmen, Studenten, die sich als Englischlehrer ausbilden lassen. Wie sich herausstellte waren es ausschliesslich junge Frauen – denn, wie sich meine Tochter Dvorit, selbst Lehrerin, ausdrückte, wollen Männer in Israel (Juden und Araber) nicht Lehrer sein. Im Lehramt der Volksschulen sind tatsächlich fast nur Frauen zu finden.
Es waren unterhaltsame Stunden. Die Konferenzsprache war ausschliesslich Englisch, sogar untereinander sprachen die Studentinnen in dieser Sprache. Die hohe Qualität, in der sie gesprochen wurde, zeugt von der Willenstärke dieser Mädchen, die diese Sprache hauptberuflich lehren werden, optimal zu beherrschen. Der Kurs dauert vier Jahre und schliesst mit dem Erwerb eines Bachelors (Bachelor of Education) ab. Die leitende Instruktorin, Marlene Eres (unten im Gruppenbild, in blauem Kleid) und ihre Kolleginnen, sind von ihren Studentinnen begeistert.
Die Studentinnen präsentierten pädagogische Wege und Lösungen zur Vermittlung der englischen Sprache. „Creative Writing“ in Prosa und Lyrik sowie eine Serie selbst gefilmter Monologe waren die eindrücklichsten davon. Rasha Mansour (Bild oben, Zweite von oben links) las Eigenes vor, Lyrik und Prosa. Maissa Abu Ammar (Bilden oben, Dritte von oben links), hatte ich vor einem Jahr bei der Präsentation ihrer Abschlussarbeit kennengelernt. Sie erhielt ein Fulbright Stipendium für ihren Masters und verbrachte ein Jahr an der Florida State University, wo sie neben dem Studium auch Arabisch unterrichtete. Sie wird voraussichtlich ihren Masters dort erarbeiten. Sie freute mich zu sehen und hatte viel zu erzählen. Noch immer trägt sie knallrote Kleider und sieht sexy aus, doch durfte ich ihr das nicht sagen.
Die Stellung der muslimischen Frau in ihrer Gesellschaft beschäftigt die Mädchen. Sie gehören einer wachsenden Minderheit jener Araberinnen an, die nicht nur eine Fachausbildung, sondern eine gute Allgemeinbildung erhalten. Noch gibt es ältere Semester unter den Palästinenserinnen, die als Analphabetinnen aufgewachsen sind und ihren Ehemann mit noch bis zu drei anderen Frauen teilen müssen (oder mussten) - eine solche Frau ist die Mutter eines meiner arabischen Freunde. Wie anders es heute ist, demonstrierte die Anwesenheit einiger Eltern, die strahlten und schrecklich stolz waren, dass ihre Töchter eine akademische Ausbildung bekommen – für viele der Mütter vielleicht eine symbolische Wiedergutmachung für ihr eigenes Schicksal.
Zum Abschluss des Anlasses geschah ein jüdischer faux-pas und die arabische Reaktion darauf. Eine jüdische Dozentin des Beit Berl Colleges, leistete sich ein Referat über die Stellung der Frau in der muslimischen Gesellschaft. Was sie sagte war richtig, doch sie brachte es auf eine so billige Art, dass sich die Studentinnen beleidigt fühlten. Anhand der entsetzlichen Behandlung der Frauen in Afghanistan, versuchte sie darzulegen, dass muslimischen Frauen in der gesamten arabischen und muslimischen Welt nicht viel anders behandelt würden, als eben in Afghanistan. Gewiss, es gibt viele Ehrenmorde an Frauen in Palästina (wird meist toleriert, wie in den meisten arabischen Ländern), in Israel (die Täter kommen ins Gefängnis), ja sogar in Europa sind diese barbarischen Traditionen unter muslimischen Einwanderern auch heute gang und gäbe. Ähnlich ist es mit Beschneidungen. Im Iran und anderen erleuchteten Staaten finden alle paar Tage Steinigungen statt, junge Mädchen werden gehängt, wenn sie beim Händchenhalten erwischt werden – man erinnere sich an Ateqeh Rajabi, die einem entsetzlichen Ausmass islamischer Grausamkeit zu Opfer fiel – vier Jahre ist es her, doch ich kann den Cicero-Bericht von Bruno Schirra bis heute nicht vergessen.
Was die Dozentin in schlechtem Englisch zu sagen hatte – das Englisch der Studentinnen war unvergleichlich besser – war grundsätzlich korrekt – doch die meisten der Mädchen – von denen die Hälfte ein Kopftuch trägt – fühlten sich vor den Kopf gestossen. Trotzdem argumentierten sie ihn Ruhe, ohne Geschrei und blieben cool. Was in Afghanistan und im Iran geschehe, meinten sie, heisse noch lange nicht, dass es auch in Palästina so sei. Die Dozentin merkte, dass sie vergessen hatte, vor wem sie sprach und vor allem, dass sie ihre Tatsachen nicht in einen Kontext. gesetzt hatte, verhaspelte sich erst und schwieg dann, was wohl das Beste war. Die Reaktion erinnerte mich an die Schweizer Öffentlichkeit, als sie die Affäre der von Schweizer Banken veruntreuten jüdischen Gelder trotz unschlagbaren Beweisen als persönliche Beleidigung empfand – wenn man keine Gegenargumente besitzt, dann schliesst man die Augen, streitet ab und ist beleidigt.
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