Ich sitze auf dem Balkon und blicke auf den dichten Wald am sonnenbeschienen Nordhang des Uetlibergs. Zudem lese ich Najem Walis "Reise in das Herz des Feindes". Die Aussicht und das Buch wärmen mein Herz. Najem Walis Buch (Carl Hanser Verlag, München 2009) enthält nicht nur seine Eindrücke und Erlebnisse als irakischer Araber im "Feindesland" Israel. Eingangs erzählt er den "politischen" Hintergrund des gezüchteten arabischen Hasses auf uns Juden und unseren Staat - über die religiöse Seite davon habe ich bisher noch nichts gelesen, ausser dass Islamisten jegliche Art nicht auf Judenhass basierende Ausserung im Zusammenhang mit Juden und Israel gewalttätig ablehen. Vielleicht kommt’s noch, denn nirgends heute wird Religion für Hass und Politik in einem solch extremen Masse manipuliert, wie im Islam. Wali beschreibt seine Erlebnisse in Israel mit einer Überschwänglichkeit, die mir manchmal etwas peinlich ist, denn Israel hat nun doch gewissen "Eigenheiten", die behoben, korrigiert oder gar entsorgt werden sollten, auch wenn diese "Eigenheiten" bei weitem nicht mit dem mord- und hasserfüllten Lebensstil der arabischen Welt zu vergleichen sind. Wali bestätigt den Hass der Araber auf die Araber von 48 - jenen Arabern, die 1948 nicht aus Israel flohen, sondern in ihren Dörfern ausharrten, sich weder von Arabern noch Juden zur Flucht überreden liessen und so zu israelischen Bürgern wurden. Schon damals, hier lese ich mir schon lang bekanntes, wurden sie von den angreifenden Arabern zu Verrätern an der arabischen Sache erklärt, was diese Sache auch immer gewesen sein mag. Ein weiteres hochinteressantes Thema dieses Buches ist die Beschreibung der jüdischen Bevölkerung des Iraks (und anderen islamischer Länder), die sich als arabische Juden sahen, ihr Beitrag zur arabischen Kultur, ihre Wertschätzung als irakische Bürger, die Karrieren, die sie erreichten und auch ihre Verfolgung, Enteignung und Flucht nach Israel und anderen Ländern des Westens nach dem Zweiten Weltkrieg.
Beim Lesen dieses empfehlenswerten Buches kommt mir unweigerlich der vergleichende Gedanke an die Gutmenschen - vor allem jenen Juden darunter, die sich frech "kritische Juden" nennen und mit dieser Ausrede billig das Ende des jüdischen Staates herbeireden wollen. Ob ihre Gurus Ilan Pappe, Noam Chomsky, Norman Finkelstein, Tony Judt, Gideon Levy oder deren Fans Berlowitz, Spiegel, Levy, Melzer, Langer heissen – sie vertreten eine Position, die jedem Antisemiten die Möglichkeit verschafft zu sagen: „Seht, sogar die Juden sagen dasselbe wie wir.“ Jüdische Gutmenschen, in derer Heimat ich gerade auf Besuch bin, haben in unserer freien Gesellschaft das Recht, zu sagen was sie meinen - ob sie wirklich meinen, was sie sagen, weiss ich nicht, manchmal kommen mir sogar Zweifel. Ebenso haben ich und meine Freunde das Recht zu sagen, was wir von dieser Art Israelkritiker halten, nämlich gar nichts. Kein Land wird so stark und oft kritisiert, wie Israel. Am stärksten von seinen Bürgern, die im Gegensatz zu jüdischen Kritikern aus dem Gutmenschenmilieu der Diaspora tatsächlich wissen um was es geht, einen wirklichen “stake” in der Sache besitzen und mit sich selbst leben können, ohne sich selbst zu hassen.
Von einem besonders dämlichen Exemplar obgenannter Gattung wurde ich schriftlich angefragt ob ich Schriften Uri Avnerys, Ilan Pappes und anderen Mitgliedern der israelhassenden Zunft gelesen hätte. Zwar bin ich kein Masochist, doch als Beobachter der Materie kommt man nicht darum herum auch sie zur Kenntnis zu nehmen. In meinem Blog habe ich eine Spalte relevanter Literatur eingerichtet, in der sich auch Bücher kritischer, aber nicht die Existenz Israels ablehnender Bücher in Deutsch und Englisch aufführe. Auf jüdischen Selbsthass kann verzichtet werden – der bestehende Hass aus der islamischen Welt genügt uns. (Als kleine Bemerkung: Uri Avnery hatte sich in seinen jüngeren Jahren für den Staat Israel grosse Verdienste erworben und sollte deshalb nur bedingt in den selben Korb mit reinen Israelhassern geworfen werden, auch wenn uns seine heutigen Aussagen in den falschen Hals geraten).
Immer mehr setzt sich auch in linken Kreisen Israels, auch bei Mitglieder der Bewegung “Frieden Jetzt” (dessen Mitglied ich bin), die Erkenntnis durch, dass die palästinensische Führung an wirklichen Verhandlungen, an denen auch sie Verzichte leisten müssten, nicht interessiert sind. Das Alles oder Nichts ist weiterhin ein Grundpfeiler dieser Einstellung. Solange arabische Forderungen wie die Rückkehr palästinensischer Flüchtlingsprofis, die damit den Staat der Juden auslöschen würden, die Teilung Jerusalems wie vor 1967, statt einer Hauptstadt für zwei Staaten (warum Israel dies nicht in dieser Form vorschlägt bleibt mir ein Rätsel). Keinem wirklichen Friedensfreund ist entgangen, dass Israel in den vergangenen Jahren viel zu Gunsten der Palästinenser aufgegeben hat (völliger Abzug aus Libanon und Gaza, die aufgehobenen Strassensperren in der Westbank, die relativ erfolgreiche Übergabe innerpalästinensischer Sicherheit an die neuen palästinensischen Sicherheitskräften, der Israel grosse Teile der Verantwortung für Ordnung und Sicherheit abtrat, die Entlassung hunderter Terroristen aus israelischen Gefängnissen), während von palästinensischer Seite weiterhin gehetzt, gehasst, gebombt und geschossen wird. Diese Unausgewogenheit (ein Wort, das von Israelkritikern liebend gerne für Israels Selbstverteidigungsmassnahmen missbraucht wird) fordert die Frage, welche Zugeständnisse Israel von seinen Partnern bisher erhalten hat. Etwa ein staatlich verordnetes Verbot des staatlich verordneten Judenhasses, öffentliche Strafverfolgung nazistischer Propaganda nicht nur in englischer Sprache für die gutgläubige westliche Welt, sondern auch in Arabisch, statt in dieser Sprache, das genaueste Gegenteil dessen zu verbreiten, was in Englisch der Welt vorgelogen wird. Diese Art zweisprachiger doppelzüngiger Öffentlichkeitsarbeit ist bekannt und belegt. Sie war ein die Hauptkomponente von Yassir Arafats Politik. Das wichtigste Element für eine gemeinsame friedliche Zukunft zwischen Israel und der arabischen Welt ist die wirkliche Akzeptanz des jüdischen Staates durch die Länder seiner Region und die Aufgabe des politisch erzeugten und verewigten Flüchtlingselends der Palästinenser. Nicht dass ich hier die Anerkennung eines „jüdischen und demokratischen“ Staates meine, ein Oxymoron an sich, sondern den Staat der Juden, demokratisch für alle seine Bürger, für die jüdische Mehrheit und die nichtjüdische Minderheit. Ich halte es wie A.B. Yehoshua - wie der Staat auszusehen hat, kann in einer Demokratie nicht von oben verordnet, sondern wird durch seine Bürger entschieden werden, mittels demokratischen Prozessen und noch wichtiger, demokratischer Gesinnung.
Dienstag, 4. August 2009
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen