Im Zusammenhang mit meinem letzten Tagebucheintrag hier eine interessante Buchbesprechung. Wenn ich damit helfen kann, für das Buch zu werben und einige Exemplare mehr zu verkaufen, bin ich schon zufrieden. Uri
Ein Ägypter zu Besuch in Israel
27.04.2012
Ein letzter Versuch
Robert Henzik
60.000 verkaufte
Exemplare machten seinen Bericht in Ägypten zum Bestseller – und brachten ihm
den Ausschluss aus dem ägyptischen Schriftstellerverband. Nun ist Ali Salems
Buch »Eine Reise nach Israel« auf Deutsch erschienen.
Ein wenig in die Jahre gekommen ist der ägyptische
Friedensaktivist Ali Salem (75), der so eifrig und laut für seine Sache zu
streiten pflegte. Seine Sache, das ist die Normalisierung der Beziehungen
seines Heimatlandes zu Israel. Und damit hat sich der als Humorist und
Satiriker berühmt gewordene Salem eines schwer verdaulichen Themas angenommen.
»Es ist ein Teufelskreis aus Hass und Angst, der in der
Region herrscht. Die Menschen hassen, weil sie sich voreinander fürchten. Und
das lähmt uns so sehr, dass niemand einen Schritt in Richtung Frieden wagt«,
bringt Salem das Problem auf den Punkt. Er selbst sei auch nie frei gewesen von
diesem Hass, doch schließlich wagte er den Schritt 1994 – nach Oslo – und besuchte
das dämonisierte Nachbarland.
»Damals war der Frieden greifbar und mit der Reise wollte
ich die Aufmerksamkeit in den anderen arabischen Staaten auf diesen
historischen Moment lenken in der Hoffnung, sie würden sich der Initiative von
Oslo anschließen«, begründet er sein Handeln noch heute. In der Tat sorgte sein
im Anschluss an die Reise veröffentlichter Bericht »Eine Reise nach Israel« für
Furore unter arabischen Intellektuellen. In Kontakt mit dem zionistischen Feind
zu treten – ein Tabubruch. Doch für Ali Salem war das erst der Beginn seines
anhaltenden Engagements für Versöhnung und Annäherung in der Region, das ihm im
Jahr 2001 den Ausschluss aus dem ägyptischen Schriftstellerverband bescherte.
Dabei scheint es, dass der eigentliche Skandal nicht in
der Botschaft Salems liegt, denn seine Erkenntnis ist zu einfach: »Seht her,
ich war in Israel und habe gesehen, dort leben Menschen wie du und ich.«
Unterhaltsam, spannend und tiefgründig setzt er sich mit seinen ganz
persönlichen Erfahrungen sowie den verbindenden Elementen beider Länder und
Kulturen auseinander. Allein der Umstand, als Intellektueller das
ungeschriebene Gesetz gebrochen zu haben, keinerlei offiziellen Kontakt mit
Israel aufzunehmen, wurde ihm zum Stigma.
»Jede weitere Reise hätte ihnen nur einen Vorwand geliefert, mich endgültig zu erledigen«
Sein Bericht erlangte Bestsellerstatus in Ägypten, über
60.000 verkaufte Exemplare zeugen vom herrschenden Interesse, über das kleine
Nachbarland mehr als die gängigen Vorurteile zu erfahren. Damit kam Salem
denjenigen, die an den Feindbildern festhalten, um ihre eigene Politik zu
rechtfertigen, zwangsweise in die Quere. »Ich werde beschuldigt, 3000 junge
Ägypter nach Israel gelockt zu haben. Für viele junge Menschen war das Buch wie
eine goldene Einladung«, merkt er augenzwinkernd und mit einem gewissen Stolz
an. Ergänzt durch aktuelle Beiträge ist Ali Salems »Ein Ägypter zu Besuch: Eine
Reise nach Israel« nun auf deutsch im AphorismA Verlag erschienen.
Doch die Zeiten sind andere und sie gehen auch an Ali
Salem nicht spurlos vorüber. Die meisten seiner Mitstreiter und Weggefährten
sind mittlerweile verstorben, und sowieso ist die Hoffnung auf eine Lösung des
Konflikts so gering wie nie. So mutet auch Ali Salem bei seinen Auftritten in
Deutschland an, als müsse er sich in seine Rolle als ägyptischer
Friedensapostel erst wieder einfinden. Als solcher wird er im Westen
schließlich immer noch wahrgenommen. 2008 erhielt er den Zivilcourage-Preis der
amerikanischen »Train Foundation«, im Jahr 2005 wollte ihm die Universität von
Beer Sheva die Ehrendoktorwürde verleihen. Damals hinderten ihn die ägyptischen
Behörden an der Ausreise nach Israel.
Es war sein letzter Versuch, Israel erneut zu besuchen.
»Jede weitere Reise hätte ihnen nur einen Vorwand geliefert, mich endgültig zu
erledigen«, erklärt Salem und gibt sich mit seinen wöchentlich erscheinenden
Zeitungskolumnen zufrieden, mit denen er immer noch viele junge Ägypter
erreiche.
Die Jugend ist seine Zielgruppe und vielleicht auch seine
letzte Hoffnung. Dennoch schimmert in Salems Kommentaren hin und wieder durch,
dass er nicht mit allem einverstanden ist, was auf dem Tahrir-Platz ins Rollen
gebracht wurde und wird. Und mit sorgenvollem Blick nach Syrien meint er: »Man
muss das Leben lieben, um Frieden zu schaffen. Ich sehe nur, wie Leben im Nahen
Osten vernichtet wird.«
Ein Ägypter zu Besuch: Eine Reise nach Israel
Ali Salem
Übersetzt von Ruben Schenzle
AphorismA Verlag, 2012
192 Seiten, 15 Euro
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