Dienstag, 30. Juni 2009
Der tapfere Finger und der Doppelstandard
Zwar wollte ich mich nicht zu den Vorgängen in Iran äussern, doch ein Punkt drängt sich mir auf und ich muss ihn loswerden. Er ist so augenfällig, dass er beim besten Willen nicht übersehen werden kann. Wo sind und waren die Proteste gegen die Massenkillings und die Unterdrückung demokratischer Proteste nach den Parlamentswahlen durch die iranische Regierung aus den Kreisen Gutmenschen des Westens? Als Iraner gegen den religiösen Faschismus ihrer Kleriker und Ahmedinejads demonstrierten. Ich meine jene guten Menschen, die jedes noch so kleine oder gar erfundene (z.B. Al-Dura) Vorkommnis in Israel und den besetzten Gebieten der Westbank, als „Grund“ benutzen, Israel und die Juden zu verunglimpfen und schlimmster Verbrechen gegen die Menschheit anzuklagen und zu verurteilen. Ist es weil die Iraner nicht Juden sind und man sie auch auf noch so eingeübten Umwegen und Verrenkungen nicht als Zionisten bezeichnen kann? Dieses Volk der Gutmenschen beweisen einmal mehr ihre Bigotterie, ihren Judenhass und (wo angebracht) ihren jüdischen Selbsthass. Der in diesem Bild gezeigte Finger einer mutigen iranischen Frau gegenüber Ahmedinejad gilt, so denke ich, nicht weniger dem westlichen Gutmenschen und auch bedingungslos profitgierigen Geschäftsmann, der diese Art Gewalt begrüsst oder verniedlicht. Diese Haltung ist, neben der schon im Umgang mit Nazideutschland bekannten kapitalistischen Profitsucht, auf unbedingtem Hass auf Amerika (hat sich seit es Präsident Obama gibt leicht gemildert) und Israel begründet, unabhängig objektiver Tatsachen, wie Menschenrechtsverletzungen, Massenmorde, religiösem Fanatismus, dumpfem Antisemitismus und ähnlichem.
Freitag, 26. Juni 2009
Mittwoch, 24. Juni 2009
Neues aus der Westbank
24.6.2009
Mit Genugtuung las ich heute beim Frühstück in Haaretz, dass alle bis auf zehn landesinterne Strassensperren der Westbank aufgehoben worden sind. Übereinstimmend sind Premierminister Nethanyahu, Verteidigungsminister Barak, der Stabchef der Armee Ashkenasi und der Chef des Geheimdienstes Diskin zum Schluss gekommen vor allem die Grenzkontrollen zu Israel weiterzuführen. All das, als hätten sie alle meinen Tagebucheintrag vom 6.6.2009 gelesen. Oder war es wirklich nur amerikanischer Druck, der dazu führte? Aber ernsthaft, die Sicherheitsmassnahmen der palästinensischen Polizei scheinen seriös und erfolgreich zu sein, die Palästinenser haben sich damit ein freieres und menschlicheres Leben verdient. Ich kann nicht beurteilen wie weit der innerpalästinensische Terror gegen die eigene Bevölkerung davon beeinflusst werden wird. Es liegt an den Palästinensern und ihren Behörden, selbst mit ihren kriminellen, sich als Freiheitskämpfer ausgebende Verbrecherbanden fertig zu werden. Doch durch nur schon wenig antijüdische Gewalt könnte ihnen die neu gewonnenen Freiheiten abhanden kommen.
Jüdischen Siedlern, denen die Anwesenheit der Palästinenser ihrer Ideologie des Grossisraels widerspricht, werden an dieser neuen Regelung wenig Freude haben. Ihre Philosophie des Transfers, d.h. des Unterdrückens oder gar Vertreibens der Palästinenser aus der Westbank, ebenso verwerflich wie das von denselben Palästinensern vertretene judenreine Palästina. Beide extremistischen Bewegungen werden durch liberalere Regierungsmassnahmen unterlaufen. Dass die Siedler ihre Sache noch lange nicht aufgegeben haben, nämlich ihre Siedlungen auszubauen bezeugt eine grosse Tafel bei der Einfahrt zur Siedlung Einav, auf der steht: „Einav – im Schwung für die Jungen“. Das, wie es steht, auf eigenem Land zu speziellen Preisen. Anruf genügt. Es ist mehr der Stil dieser Siedler, der mir zu schaffen macht. Arroganz und Gewalttätigkeit sind kein Rezept für ein Zusammenleben, es sei denn, sie wollen eine neokolonialistische Herrschaft über die Nichtjuden in den besetzten Gebieten erstellen. Dazu leben sie aber im falschen Jahrhundert, eine Tatsache, die, wenn man ihre reaktionäre, um einige Tausend Jahre verspätete Ideologie liest, die sie heute leben und versuchen, dem modernen jüdischen Staat Israel aufzuzwingen, an ihrem Verstand zweifeln lässt. Die Radikalsten unter ihnen sagen sich vom traditionellen humanistischen Zionismus und dem Staat Israel los – nur Gottes Gesetz (oder was sie dafür halten) gilt für sie. Nicht alle jüdischen Bewohner der Westbank (es gibt solche darunter, die aus rein finanziellen Gründen dort wohnen) vertreten solche Ideologien, aber sie gelten für jene „Überzionisten“, die auf die israelische Regierung Druck ausüben und Teile der Politik bestimmen wollen – leider zu oft mit Erfolg. Das Aufheben der meisten internen Strassensperren ist, so hoffe ich, vielleicht als Aufbäumen der Regierung gegen diesen jüdischen Extremismus zu verstehen – es sei denn, ausschliesslich Druck aus Amerika habe diese Entscheidung ausgelöst. Wie gesagt, es liegt jetzt an den Palästinensern, dass es so bleibt. Sonst verderben sie sich zum x-ten Mal die Chance, ihren Staat Palästina zu bekommen. Es sei denn, sie wollen das nicht, denn ihr Ziel bliebe ein Palästina vom Jordan bis zum Mittelmeer. Den Ball hat die israelische Regierung elegant dem Abu Masen zugespielt. Wieder einmal hat Israel den Palästinensern einen Wunsch erfüllt – was werden sie sich nun als nächste Ausrede zur Friedensverweigerung ausdenken?
Bei Bernd Dahlenburg, der es wiederum von Claudio Casula hat, fand ich ein passendes Zitat:
Mit Genugtuung las ich heute beim Frühstück in Haaretz, dass alle bis auf zehn landesinterne Strassensperren der Westbank aufgehoben worden sind. Übereinstimmend sind Premierminister Nethanyahu, Verteidigungsminister Barak, der Stabchef der Armee Ashkenasi und der Chef des Geheimdienstes Diskin zum Schluss gekommen vor allem die Grenzkontrollen zu Israel weiterzuführen. All das, als hätten sie alle meinen Tagebucheintrag vom 6.6.2009 gelesen. Oder war es wirklich nur amerikanischer Druck, der dazu führte? Aber ernsthaft, die Sicherheitsmassnahmen der palästinensischen Polizei scheinen seriös und erfolgreich zu sein, die Palästinenser haben sich damit ein freieres und menschlicheres Leben verdient. Ich kann nicht beurteilen wie weit der innerpalästinensische Terror gegen die eigene Bevölkerung davon beeinflusst werden wird. Es liegt an den Palästinensern und ihren Behörden, selbst mit ihren kriminellen, sich als Freiheitskämpfer ausgebende Verbrecherbanden fertig zu werden. Doch durch nur schon wenig antijüdische Gewalt könnte ihnen die neu gewonnenen Freiheiten abhanden kommen.
Jüdischen Siedlern, denen die Anwesenheit der Palästinenser ihrer Ideologie des Grossisraels widerspricht, werden an dieser neuen Regelung wenig Freude haben. Ihre Philosophie des Transfers, d.h. des Unterdrückens oder gar Vertreibens der Palästinenser aus der Westbank, ebenso verwerflich wie das von denselben Palästinensern vertretene judenreine Palästina. Beide extremistischen Bewegungen werden durch liberalere Regierungsmassnahmen unterlaufen. Dass die Siedler ihre Sache noch lange nicht aufgegeben haben, nämlich ihre Siedlungen auszubauen bezeugt eine grosse Tafel bei der Einfahrt zur Siedlung Einav, auf der steht: „Einav – im Schwung für die Jungen“. Das, wie es steht, auf eigenem Land zu speziellen Preisen. Anruf genügt. Es ist mehr der Stil dieser Siedler, der mir zu schaffen macht. Arroganz und Gewalttätigkeit sind kein Rezept für ein Zusammenleben, es sei denn, sie wollen eine neokolonialistische Herrschaft über die Nichtjuden in den besetzten Gebieten erstellen. Dazu leben sie aber im falschen Jahrhundert, eine Tatsache, die, wenn man ihre reaktionäre, um einige Tausend Jahre verspätete Ideologie liest, die sie heute leben und versuchen, dem modernen jüdischen Staat Israel aufzuzwingen, an ihrem Verstand zweifeln lässt. Die Radikalsten unter ihnen sagen sich vom traditionellen humanistischen Zionismus und dem Staat Israel los – nur Gottes Gesetz (oder was sie dafür halten) gilt für sie. Nicht alle jüdischen Bewohner der Westbank (es gibt solche darunter, die aus rein finanziellen Gründen dort wohnen) vertreten solche Ideologien, aber sie gelten für jene „Überzionisten“, die auf die israelische Regierung Druck ausüben und Teile der Politik bestimmen wollen – leider zu oft mit Erfolg. Das Aufheben der meisten internen Strassensperren ist, so hoffe ich, vielleicht als Aufbäumen der Regierung gegen diesen jüdischen Extremismus zu verstehen – es sei denn, ausschliesslich Druck aus Amerika habe diese Entscheidung ausgelöst. Wie gesagt, es liegt jetzt an den Palästinensern, dass es so bleibt. Sonst verderben sie sich zum x-ten Mal die Chance, ihren Staat Palästina zu bekommen. Es sei denn, sie wollen das nicht, denn ihr Ziel bliebe ein Palästina vom Jordan bis zum Mittelmeer. Den Ball hat die israelische Regierung elegant dem Abu Masen zugespielt. Wieder einmal hat Israel den Palästinensern einen Wunsch erfüllt – was werden sie sich nun als nächste Ausrede zur Friedensverweigerung ausdenken?
Bei Bernd Dahlenburg, der es wiederum von Claudio Casula hat, fand ich ein passendes Zitat:
“Jeder fünfte Bewohner des Westjordanlandes ist ein israelischer Siedler”,
greint die Generaldelegation Palästinas heute auf ihrer Homepage.
Und jeder fünfte Bewohner Israels ist ein palästinensischer Araber.
So what?
Montag, 22. Juni 2009
Ein Tag mit hübschen Mädchen
22.6.2009
Die Medien sind noch immer voll mit Kommentaren über Nethanyahus Rede an der Bar Ilan Universität. Ich möchte mich eines Kommentars enthalten, die Welt wartet für einmal nicht auf meine Worte. Genau so im Hinblick auf die Wahlen im Iran, in denen die Resultate, wie es scheint, völlig unabhängig von den Wahlen errechnet und bekanntgegeben worden sind. Als würde das im Hinblick auf Israel und die iranische Atombombenaspirationen eine Rolle spielen. Über beides ist im Link zu „Lizas Welt“ Kompetentes und Geistreiches zu lesen.
Da berichte ich viel lieber über mein Treffen mit einer Klasse Studentinnen im Beit Berl Academic College, einer der ältesten akademischen Institutionen des Landes, dessen Wurzeln zurück zur Mapai der Gründerzeit reichen und dessen Grundstein schon 1946 gelegt worden ist. Heute ist das Beit Berl eine der wichtigen israelischen Colleges zur Lehrerausbildung und besitzt dazu auch ein Institut zur Ausbildung von Lehrern aus dem arabischen Sektor des Landes. Warum das so ist blieb mir unklar – ein Sprachproblem kann es nicht sein, denn arabische Studenten an israelischen Hochschulen sprechen Hebräisch oft besser, als viele der nicht in Israel geborenen jüdischen Studenten.
Ich war eingeladen an einer Konferenz der Klassen arabischer Studenten teilzunehmen, Studenten, die sich als Englischlehrer ausbilden lassen. Wie sich herausstellte waren es ausschliesslich junge Frauen – denn, wie sich meine Tochter Dvorit, selbst Lehrerin, ausdrückte, wollen Männer in Israel (Juden und Araber) nicht Lehrer sein. Im Lehramt der Volksschulen sind tatsächlich fast nur Frauen zu finden.
Es waren unterhaltsame Stunden. Die Konferenzsprache war ausschliesslich Englisch, sogar untereinander sprachen die Studentinnen in dieser Sprache. Die hohe Qualität, in der sie gesprochen wurde, zeugt von der Willenstärke dieser Mädchen, die diese Sprache hauptberuflich lehren werden, optimal zu beherrschen. Der Kurs dauert vier Jahre und schliesst mit dem Erwerb eines Bachelors (Bachelor of Education) ab. Die leitende Instruktorin, Marlene Eres (unten im Gruppenbild, in blauem Kleid) und ihre Kolleginnen, sind von ihren Studentinnen begeistert.
Die Studentinnen präsentierten pädagogische Wege und Lösungen zur Vermittlung der englischen Sprache. „Creative Writing“ in Prosa und Lyrik sowie eine Serie selbst gefilmter Monologe waren die eindrücklichsten davon. Rasha Mansour (Bild oben, Zweite von oben links) las Eigenes vor, Lyrik und Prosa. Maissa Abu Ammar (Bilden oben, Dritte von oben links), hatte ich vor einem Jahr bei der Präsentation ihrer Abschlussarbeit kennengelernt. Sie erhielt ein Fulbright Stipendium für ihren Masters und verbrachte ein Jahr an der Florida State University, wo sie neben dem Studium auch Arabisch unterrichtete. Sie wird voraussichtlich ihren Masters dort erarbeiten. Sie freute mich zu sehen und hatte viel zu erzählen. Noch immer trägt sie knallrote Kleider und sieht sexy aus, doch durfte ich ihr das nicht sagen.
Die Stellung der muslimischen Frau in ihrer Gesellschaft beschäftigt die Mädchen. Sie gehören einer wachsenden Minderheit jener Araberinnen an, die nicht nur eine Fachausbildung, sondern eine gute Allgemeinbildung erhalten. Noch gibt es ältere Semester unter den Palästinenserinnen, die als Analphabetinnen aufgewachsen sind und ihren Ehemann mit noch bis zu drei anderen Frauen teilen müssen (oder mussten) - eine solche Frau ist die Mutter eines meiner arabischen Freunde. Wie anders es heute ist, demonstrierte die Anwesenheit einiger Eltern, die strahlten und schrecklich stolz waren, dass ihre Töchter eine akademische Ausbildung bekommen – für viele der Mütter vielleicht eine symbolische Wiedergutmachung für ihr eigenes Schicksal.
Zum Abschluss des Anlasses geschah ein jüdischer faux-pas und die arabische Reaktion darauf. Eine jüdische Dozentin des Beit Berl Colleges, leistete sich ein Referat über die Stellung der Frau in der muslimischen Gesellschaft. Was sie sagte war richtig, doch sie brachte es auf eine so billige Art, dass sich die Studentinnen beleidigt fühlten. Anhand der entsetzlichen Behandlung der Frauen in Afghanistan, versuchte sie darzulegen, dass muslimischen Frauen in der gesamten arabischen und muslimischen Welt nicht viel anders behandelt würden, als eben in Afghanistan. Gewiss, es gibt viele Ehrenmorde an Frauen in Palästina (wird meist toleriert, wie in den meisten arabischen Ländern), in Israel (die Täter kommen ins Gefängnis), ja sogar in Europa sind diese barbarischen Traditionen unter muslimischen Einwanderern auch heute gang und gäbe. Ähnlich ist es mit Beschneidungen. Im Iran und anderen erleuchteten Staaten finden alle paar Tage Steinigungen statt, junge Mädchen werden gehängt, wenn sie beim Händchenhalten erwischt werden – man erinnere sich an Ateqeh Rajabi, die einem entsetzlichen Ausmass islamischer Grausamkeit zu Opfer fiel – vier Jahre ist es her, doch ich kann den Cicero-Bericht von Bruno Schirra bis heute nicht vergessen.
Was die Dozentin in schlechtem Englisch zu sagen hatte – das Englisch der Studentinnen war unvergleichlich besser – war grundsätzlich korrekt – doch die meisten der Mädchen – von denen die Hälfte ein Kopftuch trägt – fühlten sich vor den Kopf gestossen. Trotzdem argumentierten sie ihn Ruhe, ohne Geschrei und blieben cool. Was in Afghanistan und im Iran geschehe, meinten sie, heisse noch lange nicht, dass es auch in Palästina so sei. Die Dozentin merkte, dass sie vergessen hatte, vor wem sie sprach und vor allem, dass sie ihre Tatsachen nicht in einen Kontext. gesetzt hatte, verhaspelte sich erst und schwieg dann, was wohl das Beste war. Die Reaktion erinnerte mich an die Schweizer Öffentlichkeit, als sie die Affäre der von Schweizer Banken veruntreuten jüdischen Gelder trotz unschlagbaren Beweisen als persönliche Beleidigung empfand – wenn man keine Gegenargumente besitzt, dann schliesst man die Augen, streitet ab und ist beleidigt.
Die Medien sind noch immer voll mit Kommentaren über Nethanyahus Rede an der Bar Ilan Universität. Ich möchte mich eines Kommentars enthalten, die Welt wartet für einmal nicht auf meine Worte. Genau so im Hinblick auf die Wahlen im Iran, in denen die Resultate, wie es scheint, völlig unabhängig von den Wahlen errechnet und bekanntgegeben worden sind. Als würde das im Hinblick auf Israel und die iranische Atombombenaspirationen eine Rolle spielen. Über beides ist im Link zu „Lizas Welt“ Kompetentes und Geistreiches zu lesen.
Da berichte ich viel lieber über mein Treffen mit einer Klasse Studentinnen im Beit Berl Academic College, einer der ältesten akademischen Institutionen des Landes, dessen Wurzeln zurück zur Mapai der Gründerzeit reichen und dessen Grundstein schon 1946 gelegt worden ist. Heute ist das Beit Berl eine der wichtigen israelischen Colleges zur Lehrerausbildung und besitzt dazu auch ein Institut zur Ausbildung von Lehrern aus dem arabischen Sektor des Landes. Warum das so ist blieb mir unklar – ein Sprachproblem kann es nicht sein, denn arabische Studenten an israelischen Hochschulen sprechen Hebräisch oft besser, als viele der nicht in Israel geborenen jüdischen Studenten.
Ich war eingeladen an einer Konferenz der Klassen arabischer Studenten teilzunehmen, Studenten, die sich als Englischlehrer ausbilden lassen. Wie sich herausstellte waren es ausschliesslich junge Frauen – denn, wie sich meine Tochter Dvorit, selbst Lehrerin, ausdrückte, wollen Männer in Israel (Juden und Araber) nicht Lehrer sein. Im Lehramt der Volksschulen sind tatsächlich fast nur Frauen zu finden.
Es waren unterhaltsame Stunden. Die Konferenzsprache war ausschliesslich Englisch, sogar untereinander sprachen die Studentinnen in dieser Sprache. Die hohe Qualität, in der sie gesprochen wurde, zeugt von der Willenstärke dieser Mädchen, die diese Sprache hauptberuflich lehren werden, optimal zu beherrschen. Der Kurs dauert vier Jahre und schliesst mit dem Erwerb eines Bachelors (Bachelor of Education) ab. Die leitende Instruktorin, Marlene Eres (unten im Gruppenbild, in blauem Kleid) und ihre Kolleginnen, sind von ihren Studentinnen begeistert.
Die Studentinnen präsentierten pädagogische Wege und Lösungen zur Vermittlung der englischen Sprache. „Creative Writing“ in Prosa und Lyrik sowie eine Serie selbst gefilmter Monologe waren die eindrücklichsten davon. Rasha Mansour (Bild oben, Zweite von oben links) las Eigenes vor, Lyrik und Prosa. Maissa Abu Ammar (Bilden oben, Dritte von oben links), hatte ich vor einem Jahr bei der Präsentation ihrer Abschlussarbeit kennengelernt. Sie erhielt ein Fulbright Stipendium für ihren Masters und verbrachte ein Jahr an der Florida State University, wo sie neben dem Studium auch Arabisch unterrichtete. Sie wird voraussichtlich ihren Masters dort erarbeiten. Sie freute mich zu sehen und hatte viel zu erzählen. Noch immer trägt sie knallrote Kleider und sieht sexy aus, doch durfte ich ihr das nicht sagen.
Die Stellung der muslimischen Frau in ihrer Gesellschaft beschäftigt die Mädchen. Sie gehören einer wachsenden Minderheit jener Araberinnen an, die nicht nur eine Fachausbildung, sondern eine gute Allgemeinbildung erhalten. Noch gibt es ältere Semester unter den Palästinenserinnen, die als Analphabetinnen aufgewachsen sind und ihren Ehemann mit noch bis zu drei anderen Frauen teilen müssen (oder mussten) - eine solche Frau ist die Mutter eines meiner arabischen Freunde. Wie anders es heute ist, demonstrierte die Anwesenheit einiger Eltern, die strahlten und schrecklich stolz waren, dass ihre Töchter eine akademische Ausbildung bekommen – für viele der Mütter vielleicht eine symbolische Wiedergutmachung für ihr eigenes Schicksal.
Zum Abschluss des Anlasses geschah ein jüdischer faux-pas und die arabische Reaktion darauf. Eine jüdische Dozentin des Beit Berl Colleges, leistete sich ein Referat über die Stellung der Frau in der muslimischen Gesellschaft. Was sie sagte war richtig, doch sie brachte es auf eine so billige Art, dass sich die Studentinnen beleidigt fühlten. Anhand der entsetzlichen Behandlung der Frauen in Afghanistan, versuchte sie darzulegen, dass muslimischen Frauen in der gesamten arabischen und muslimischen Welt nicht viel anders behandelt würden, als eben in Afghanistan. Gewiss, es gibt viele Ehrenmorde an Frauen in Palästina (wird meist toleriert, wie in den meisten arabischen Ländern), in Israel (die Täter kommen ins Gefängnis), ja sogar in Europa sind diese barbarischen Traditionen unter muslimischen Einwanderern auch heute gang und gäbe. Ähnlich ist es mit Beschneidungen. Im Iran und anderen erleuchteten Staaten finden alle paar Tage Steinigungen statt, junge Mädchen werden gehängt, wenn sie beim Händchenhalten erwischt werden – man erinnere sich an Ateqeh Rajabi, die einem entsetzlichen Ausmass islamischer Grausamkeit zu Opfer fiel – vier Jahre ist es her, doch ich kann den Cicero-Bericht von Bruno Schirra bis heute nicht vergessen.
Was die Dozentin in schlechtem Englisch zu sagen hatte – das Englisch der Studentinnen war unvergleichlich besser – war grundsätzlich korrekt – doch die meisten der Mädchen – von denen die Hälfte ein Kopftuch trägt – fühlten sich vor den Kopf gestossen. Trotzdem argumentierten sie ihn Ruhe, ohne Geschrei und blieben cool. Was in Afghanistan und im Iran geschehe, meinten sie, heisse noch lange nicht, dass es auch in Palästina so sei. Die Dozentin merkte, dass sie vergessen hatte, vor wem sie sprach und vor allem, dass sie ihre Tatsachen nicht in einen Kontext. gesetzt hatte, verhaspelte sich erst und schwieg dann, was wohl das Beste war. Die Reaktion erinnerte mich an die Schweizer Öffentlichkeit, als sie die Affäre der von Schweizer Banken veruntreuten jüdischen Gelder trotz unschlagbaren Beweisen als persönliche Beleidigung empfand – wenn man keine Gegenargumente besitzt, dann schliesst man die Augen, streitet ab und ist beleidigt.
Mittwoch, 10. Juni 2009
Vier Stunden im Ausland - ein Ausflug mit Machsom Watch
10.6.2009
Wir fuhren weiter an die Strassensperre, die den Zugang nach Qalqiliya kontrolliert. Zwar sassen dort einige Reservesoldaten mit ihrem Hauptmann, der den Befehl erhalten hatte, den Durchgang völlig zu öffnen und keine Kontrollen durchzuführen. Der Verkehr war uneingeschränkt frei. Die Soldaten luden uns zu einem Kaffee ein, der jedoch von den zwei Damen strikt abgelehnt wurde. Ähnlich fanden wir andere Kontrollposten, an denen vor allem darauf geachtet wurde, dass keine Autos mit israelischen (gelben) Nummernschildern zu palästinensischen Dörfern oder Städten durchfahren konnten. Palästinenser wurden durchgewinkt. Nur einmal, an der Strassensperre Anabta (Bild 3), der Zufahrt zu Tulkarem, wurde der dortige Hauptmann mit den zwei Damen unwirsch und wollte, dass sie sich zehn Meter zurückziehen sollten, was die Zwei ignorierten. Der Offizier sagte: „Ihr wollt den Palästinensern helfen, doch mit eurer Tätigkeit schadet ihr ihnen“. Dann wurden meine zwei Freundinnen zum zweitenmal von Soldaten ignoriert.
Wir fuhren am kleinen Dorf Shuafat vorbei. Zu diesem Dorf, wurde mir erklärt, gibt es heute keine Zufahrtsstrasse, obwohl es an einer Hauptstrasse liegt. Die Bewohner können es nur über einen kurzen Feldpfad betreten oder verlassen, der einzigen Verbindung zur Hauptstrasse.
Wir besuchten zwei Anlagen am Sicherheitszaun, Sha’are Ephraim/Irtah (Bild 5), relativ weit östlich von der Grünen Grenze gelegen) und Eyal. Durch diese Anlagen werden Arbeiter und Arbeiterinnen, die in Israel arbeiten, geschleust. Sie betreten die Station in Palästina, winden sich, früh morgens, durch die komplizierte Anlage von Kontrollposten, Drehkreuzen und Drahtzäunen und verlassen diese in Richtung Israel, begeben sich auf den Parkplatz und werden dort von ihren israelischen Arbeitsgebern abgeholt. Zur Heimkehr absolvieren sie diesen Parcours in umgekehrter Richtung. Früh morgens und spät abends sei, so Susan, der Andrang enorm und die Wartezeit entsprechend lang.
Die Damen der Machsom Watch mögen weder die israelische Armee noch die Polizei. Diese Abneigung grenzt ans Pathologische und wirkt deplatziert. Kontext, Zusammenhänge, Hintergründe und historische Fakten interessiert sie nicht. „Uns interessieren nur die Leiden der Palästinenser“, wirkliche und eingebildete, dachte ich. Ihre Tätigkeit und Sympathie ist völlig und einseitig auf die „armen“ Palästinenser ausgerichtet. Sie vermeiden Gespräche mit Soldaten und Offizieren, sie weigern sich für Machsom Watch eigentlich positive Reaktionen von dieser Seite, wie die oben erwähnte Begrüssung durch einen Soldaten, zur Kenntnis zu nehmen - sie wurde im Tagesrapport nicht erwähnt. Bei der Siedlung Karnei Shomron vorbeifahrend, wurde mir erklärt, in jeder jüdischen Siedlung gäbe es ein Militärlager und die Armee sei vollständig im Dienste extremistischer Siedler. Diese Einstellung widerspricht der Tatsache, dass Soldaten von Siedlern beschimpft, bespuckt, verprügelt und verletzt werden. In meinen Gesprächen mit Susan und Alix lernte ich viel Erhellendes, doch wenn ich eine Frage stellte oder etwas kommentierte, das ihnen nicht zu passen schien, wurde dies schlicht überhört. So meine Feststellung, dass seit der Sicherheitszaun bestehe, Selbstmordattentate fast ganz verschwunden seien. Oder, hätte die arabische Welt 1947 die UNO-Resolution 181 akzeptiert und nicht versucht Israel zu vernichten, das palästinensische Flüchtlingsproblem nicht entstanden wäre.
Dreimal trafen wir dieselbe arabisch-israelische Familie aus Nazareth in ihrem blauen Minibus (Bild 1 und 4), denen es erst beim dritten Versuch an der Strassensperre Anabta gelang durchzukommen. Vorher wurde sie er an zwei anderen Kontrollstellen abgewiesen da israelische Autos nur an Samstagen Zutritt hätten. Warum ausgerechnet Samstag ist mir nicht klar, der muslimische Ruhetag ist der Freitag. Die Armee legt in den besetzten Gebieten strenge Regeln für den Autoverkehr und vieles anderes fest und viel davon ist nicht immer verständlich. Wie mir Susan erklärte, gibt es in der Westbank zweierlei Landstrassen. Jene Landstrassen, auf denen alle, Palästinenser und Israelis, fahren dürfen und zweitens, jene Strassen, von Machsom Watch Apartheidstrassen genannt, die ausschliesslich für Siedler gebaut worden sind. Auf diesen dürfen Autos mit palästinensischen Nummerschildern (weiss mit grüner Schrift) nur mit einer speziellen Bewilligung fahren, die alle drei Monate erneuert werden müsse. Eine Erneuerung dieser Bewilligen kann grundlos verweigert werden. Deshalb ist heute eine grosse Taxiflotte in der Westbank zu finden, denn Taxis brauchen diese schikanösen Bewilligungen nicht – sie fahren frei überall hin, auch wenn sie an Strassensperren kontrolliert werden.
Bei Anabta trafen wir einen israelischen Polizisten, der sich sehr lautstark mit einer ebenso lautstarken Araberin unterhielt. Wir dachten, die zwei stritten sich und Susan sagte, dass diese Frau eine Israelin sein müsse, denn Palästinenser streiten sich nicht mit Polizisten und Soldaten, Sie seien unterwürfig und mucken nicht auf. Doch als ich näher trat, fand ich, dass sich die Zwei in aller Freundschaft und mit viel Humor unterhielten. Die Israelin hatte gerade einen Strafzettel erhalten und schien sich darüber zu freuen. Ich schlug dem Polizisten, einem Drusen namens Halabi (dem Grössten aller Drusenclans Israels), er solle ihr einen zweiten Strafzettel verpassen, da sie sich darüber ganz offensichtlich freue. Die zwei kugelten sich vor lachen – aber fotografieren durfte ich sie nicht. Fotografieren von Soldaten und Polizisten an Strassensperren der Westbank ist verboten, vor allem ihre Gesichter dürfen nicht erkennbar sein. Susan hatte richtig getippt – israelische Araber sind in den Jahrzehnten als israelische Bürger in einer freien Gesellschaft, selbst freier geworden und haben keinerlei Probleme mehr, sich mit Behörden (dem Staat!) lautstark und furchtlos auseinanderzusetzen. In der arabischen Gesellschaft der Angst – Palästina gehört dazu – sind die alten arabischen Traditionen in Kraft, die das Aufmucken gegenüber Autorität verhindern. Gerade in der Westbank, in der nicht nur die Behörden der PA (Palestinian Authority) das sagen haben, sondern zahlreiche Verbrecherbanden, als Widerstandskämpfer getarnt, die Bevölkerung terrorisieren, ist diese verständliche Angst ein wichtiger Grund dafür, dass friedenswillige Palästinenser sich nicht öffentlich bemerkbar machen. Und ebenso ein Grund für den neidvollen Hass auf die „Araber von 48“, die arabischen Bürger Israels, die in der arabischen und muslimischen Gesellschaft der Angst völlig unbekannte Freiheiten geniessen.
Zusammenfassend: meine vier Stunden in der Westbank – die ich seit meiner Teilnahme am Sechstagekrieg nie mehr besucht hatte – zeigte mir nur sehr wenig über das Leben und Leiden der Palästinenser. Was ich erlebte, waren recht harmlose Muster, die den Anklagen gutmenschlich Friedensbewegter in keiner Weise entsprechen, mit Ausnahme der Anlagen Sha’are Ephraim/Irtah und Eyal. Exzesse habe ich nirgends erlebt, doch bin ich überzeugt, dass es sie als Einzelfälle gibt. Die Armee, ob gewollt oder ungewollt, stimuliert mit dem Mittel der unzähligen Strassenkontrollen, nächtlichen Razzias in den Dörfern (auch wenn die vorzüglichen Nachrichtendienste, diese oft berechtigen) und dem leider erworbenen Ruf, sogar kriminelle Siedler bei deren Gewaltausbrüchen gegen palästinensische Bauern zu protegieren, unter den Palästinensern ein Gefühl der Unsicherheit. Das ist schlecht für die Palästinenser und nicht weniger schlecht für das Image Israels. Ich habe meine Meinung bestätigt gesehen, dass die meisten Strassensperren innerhalb der Westbank nur der Schikane der Bevölkerung dienen, auch wenn die Soldaten ihre Pflicht gewissenhaft wahrnehmen. Der Sicherheitszaun hat seine Berechtigung überzeugend bewiesen, der palästinensische Terror in Israel ist fast gänzlich unterbunden. Es scheint aber Leute zu geben, die bis heute nicht begriffen haben, dass der Sicherheitszaun eine Folge palästinensischen Terrors in Israel ist und nicht umgekehrt. Ob dieser Zaun genau auf der Grünen Linie steht oder nicht, scheint mir in diesem Zusammenhang nicht von primärer Wichtigkeit, Menschenleben haben, wenigstens bei uns Juden, Vorrang. Irgendwann in der Zukunft, wenn doch einmal Frieden einkehrt, wird der Sicherheitszaun verschwinden – denn grundsätzlich würde er ein vernünftiges Nebeneinander zweier Staaten, Palästina und Israel, nicht zulassen. Dass es dazu kommt, liegt vor allem an der Bereitwilligkeit der arabischen und palästinensischen Welt, ihren Hass auf Israel und Juden zu überwinden. Dann wird auch Israel Herr über seine verrückten messianischen und faschistoiden Siedler werden. Nur, die Folgen des israelischen Exodus aus Gaza haben bewiesen, dass die palästinensische Welt noch nicht so weit ist, Israel zu akzeptieren.
"Bruchim Haba’im, atem ossim avodat kodesch!“ (Seid willkommen, ihr vollbringt eine extrem wichtige [heilige] Arbeit) – mit diesen Worten begrüsste uns ein israelischer Soldat an der Strassensperre Deir Sharaf (Bild 1). Ich war mit Susan und Alix, zwei Aktivistinnen der Organisation „Machsom Watch“ in der Westbank unterwegs (Bild 2). Machsom Watch ist eine Freiwilligen-Organisation israelischer Frauen, die sich zur Aufgabe gemacht haben, israelische Strassensperren und Grenzübergänge in den besetzten Gebieten zu besuchen und zu beobachten. Allfällige Zwischenfälle, vor allem das Schikanieren der zu kontrollierenden Palästinenser, werden notiert und ein entsprechender Bericht an die Armee weitergeleitet. Machsom Watch bringt damit die täglichen Demütigungen der palästinensischen Bevölkerung an die Öffentlichkeit, protestieren gegen die Besetzung der Westbank durch Israel und das von ihren Beobachterinnen als unmenschlich empfundene Benehmen der Armee.
Von den Strassensperren war ich enttäuscht. Nichts war zu sehen von der "Dramatik" stundenlang anstehender Menschenmassen, so wie sie von den Medien gerne gezeigt werden – vielleicht finden diese an anderen Tageszeiten statt. Wir besuchten einen kontrollierten Durchgang des Sicherheitszaunes, eines sogenannten Landwirtschaftstores. Dieser Durchgang, mit Namen Habla, wird zweimal oder mehrmals täglich geöffnet, um palästinensische Bauern durchzulassen, die auf ihren Feldern westlich des Sicherheitszaunes zu arbeiten haben. Auf der westlichen Seite dieses Durchgangs befinden sich sehr farbenprächtige grosse Gartengeschäfte, in denen palästinensische Gärtner ihre Pflanzen anbieten – an israelische Kunden. Die Soldaten und Soldatinnen dieser Sperre hatten noch nie von der Machsom Watch gehört, aber der kommandierende Wachtmeister, nach einem Versuch die zwei Damen zu verscheuchen, lenkte ein, indem er sie ignorierte.
Bei der Einfahrt ins Dorf Azzun fand ich auf beiden Seiten der Strasse grosse Erdhügel. Diese werden durch Armeebulldozer auf die Strasse geschoben, wenn die Armee Verkehr zu und aus diesem Ort verhindern will. Azzun ist, so ist es auf der Landkarte zu sehen, eigentlich westlich des Sicherheitszauns gelegen und daher fast völlig durch eine separate Anlage eingeschlossen. Der Ort, so weit ich sehen konnte, besitzt hübsche Läden und Bauten – wie es in den dort wohnenden Menschen aussieht, das kann ich höchstens ahnen (Bild 3). Sie waren freundlich zu mir, vielleicht wegen dem Machsom Watch Ausweis, den mir Susan ans Hemd gesteckt hatte. Azzun war das einzige von uns besuchte Dorf. Von den Strassensperren war ich enttäuscht. Nichts war zu sehen von der "Dramatik" stundenlang anstehender Menschenmassen, so wie sie von den Medien gerne gezeigt werden – vielleicht finden diese an anderen Tageszeiten statt. Wir besuchten einen kontrollierten Durchgang des Sicherheitszaunes, eines sogenannten Landwirtschaftstores. Dieser Durchgang, mit Namen Habla, wird zweimal oder mehrmals täglich geöffnet, um palästinensische Bauern durchzulassen, die auf ihren Feldern westlich des Sicherheitszaunes zu arbeiten haben. Auf der westlichen Seite dieses Durchgangs befinden sich sehr farbenprächtige grosse Gartengeschäfte, in denen palästinensische Gärtner ihre Pflanzen anbieten – an israelische Kunden. Die Soldaten und Soldatinnen dieser Sperre hatten noch nie von der Machsom Watch gehört, aber der kommandierende Wachtmeister, nach einem Versuch die zwei Damen zu verscheuchen, lenkte ein, indem er sie ignorierte.
Wir fuhren am kleinen Dorf Shuafat vorbei. Zu diesem Dorf, wurde mir erklärt, gibt es heute keine Zufahrtsstrasse, obwohl es an einer Hauptstrasse liegt. Die Bewohner können es nur über einen kurzen Feldpfad betreten oder verlassen, der einzigen Verbindung zur Hauptstrasse.
Wir besuchten zwei Anlagen am Sicherheitszaun, Sha’are Ephraim/Irtah (Bild 5), relativ weit östlich von der Grünen Grenze gelegen) und Eyal. Durch diese Anlagen werden Arbeiter und Arbeiterinnen, die in Israel arbeiten, geschleust. Sie betreten die Station in Palästina, winden sich, früh morgens, durch die komplizierte Anlage von Kontrollposten, Drehkreuzen und Drahtzäunen und verlassen diese in Richtung Israel, begeben sich auf den Parkplatz und werden dort von ihren israelischen Arbeitsgebern abgeholt. Zur Heimkehr absolvieren sie diesen Parcours in umgekehrter Richtung. Früh morgens und spät abends sei, so Susan, der Andrang enorm und die Wartezeit entsprechend lang.
Die Damen der Machsom Watch mögen weder die israelische Armee noch die Polizei. Diese Abneigung grenzt ans Pathologische und wirkt deplatziert. Kontext, Zusammenhänge, Hintergründe und historische Fakten interessiert sie nicht. „Uns interessieren nur die Leiden der Palästinenser“, wirkliche und eingebildete, dachte ich. Ihre Tätigkeit und Sympathie ist völlig und einseitig auf die „armen“ Palästinenser ausgerichtet. Sie vermeiden Gespräche mit Soldaten und Offizieren, sie weigern sich für Machsom Watch eigentlich positive Reaktionen von dieser Seite, wie die oben erwähnte Begrüssung durch einen Soldaten, zur Kenntnis zu nehmen - sie wurde im Tagesrapport nicht erwähnt. Bei der Siedlung Karnei Shomron vorbeifahrend, wurde mir erklärt, in jeder jüdischen Siedlung gäbe es ein Militärlager und die Armee sei vollständig im Dienste extremistischer Siedler. Diese Einstellung widerspricht der Tatsache, dass Soldaten von Siedlern beschimpft, bespuckt, verprügelt und verletzt werden. In meinen Gesprächen mit Susan und Alix lernte ich viel Erhellendes, doch wenn ich eine Frage stellte oder etwas kommentierte, das ihnen nicht zu passen schien, wurde dies schlicht überhört. So meine Feststellung, dass seit der Sicherheitszaun bestehe, Selbstmordattentate fast ganz verschwunden seien. Oder, hätte die arabische Welt 1947 die UNO-Resolution 181 akzeptiert und nicht versucht Israel zu vernichten, das palästinensische Flüchtlingsproblem nicht entstanden wäre.
Dreimal trafen wir dieselbe arabisch-israelische Familie aus Nazareth in ihrem blauen Minibus (Bild 1 und 4), denen es erst beim dritten Versuch an der Strassensperre Anabta gelang durchzukommen. Vorher wurde sie er an zwei anderen Kontrollstellen abgewiesen da israelische Autos nur an Samstagen Zutritt hätten. Warum ausgerechnet Samstag ist mir nicht klar, der muslimische Ruhetag ist der Freitag. Die Armee legt in den besetzten Gebieten strenge Regeln für den Autoverkehr und vieles anderes fest und viel davon ist nicht immer verständlich. Wie mir Susan erklärte, gibt es in der Westbank zweierlei Landstrassen. Jene Landstrassen, auf denen alle, Palästinenser und Israelis, fahren dürfen und zweitens, jene Strassen, von Machsom Watch Apartheidstrassen genannt, die ausschliesslich für Siedler gebaut worden sind. Auf diesen dürfen Autos mit palästinensischen Nummerschildern (weiss mit grüner Schrift) nur mit einer speziellen Bewilligung fahren, die alle drei Monate erneuert werden müsse. Eine Erneuerung dieser Bewilligen kann grundlos verweigert werden. Deshalb ist heute eine grosse Taxiflotte in der Westbank zu finden, denn Taxis brauchen diese schikanösen Bewilligungen nicht – sie fahren frei überall hin, auch wenn sie an Strassensperren kontrolliert werden.
Bei Anabta trafen wir einen israelischen Polizisten, der sich sehr lautstark mit einer ebenso lautstarken Araberin unterhielt. Wir dachten, die zwei stritten sich und Susan sagte, dass diese Frau eine Israelin sein müsse, denn Palästinenser streiten sich nicht mit Polizisten und Soldaten, Sie seien unterwürfig und mucken nicht auf. Doch als ich näher trat, fand ich, dass sich die Zwei in aller Freundschaft und mit viel Humor unterhielten. Die Israelin hatte gerade einen Strafzettel erhalten und schien sich darüber zu freuen. Ich schlug dem Polizisten, einem Drusen namens Halabi (dem Grössten aller Drusenclans Israels), er solle ihr einen zweiten Strafzettel verpassen, da sie sich darüber ganz offensichtlich freue. Die zwei kugelten sich vor lachen – aber fotografieren durfte ich sie nicht. Fotografieren von Soldaten und Polizisten an Strassensperren der Westbank ist verboten, vor allem ihre Gesichter dürfen nicht erkennbar sein. Susan hatte richtig getippt – israelische Araber sind in den Jahrzehnten als israelische Bürger in einer freien Gesellschaft, selbst freier geworden und haben keinerlei Probleme mehr, sich mit Behörden (dem Staat!) lautstark und furchtlos auseinanderzusetzen. In der arabischen Gesellschaft der Angst – Palästina gehört dazu – sind die alten arabischen Traditionen in Kraft, die das Aufmucken gegenüber Autorität verhindern. Gerade in der Westbank, in der nicht nur die Behörden der PA (Palestinian Authority) das sagen haben, sondern zahlreiche Verbrecherbanden, als Widerstandskämpfer getarnt, die Bevölkerung terrorisieren, ist diese verständliche Angst ein wichtiger Grund dafür, dass friedenswillige Palästinenser sich nicht öffentlich bemerkbar machen. Und ebenso ein Grund für den neidvollen Hass auf die „Araber von 48“, die arabischen Bürger Israels, die in der arabischen und muslimischen Gesellschaft der Angst völlig unbekannte Freiheiten geniessen.
Zusammenfassend: meine vier Stunden in der Westbank – die ich seit meiner Teilnahme am Sechstagekrieg nie mehr besucht hatte – zeigte mir nur sehr wenig über das Leben und Leiden der Palästinenser. Was ich erlebte, waren recht harmlose Muster, die den Anklagen gutmenschlich Friedensbewegter in keiner Weise entsprechen, mit Ausnahme der Anlagen Sha’are Ephraim/Irtah und Eyal. Exzesse habe ich nirgends erlebt, doch bin ich überzeugt, dass es sie als Einzelfälle gibt. Die Armee, ob gewollt oder ungewollt, stimuliert mit dem Mittel der unzähligen Strassenkontrollen, nächtlichen Razzias in den Dörfern (auch wenn die vorzüglichen Nachrichtendienste, diese oft berechtigen) und dem leider erworbenen Ruf, sogar kriminelle Siedler bei deren Gewaltausbrüchen gegen palästinensische Bauern zu protegieren, unter den Palästinensern ein Gefühl der Unsicherheit. Das ist schlecht für die Palästinenser und nicht weniger schlecht für das Image Israels. Ich habe meine Meinung bestätigt gesehen, dass die meisten Strassensperren innerhalb der Westbank nur der Schikane der Bevölkerung dienen, auch wenn die Soldaten ihre Pflicht gewissenhaft wahrnehmen. Der Sicherheitszaun hat seine Berechtigung überzeugend bewiesen, der palästinensische Terror in Israel ist fast gänzlich unterbunden. Es scheint aber Leute zu geben, die bis heute nicht begriffen haben, dass der Sicherheitszaun eine Folge palästinensischen Terrors in Israel ist und nicht umgekehrt. Ob dieser Zaun genau auf der Grünen Linie steht oder nicht, scheint mir in diesem Zusammenhang nicht von primärer Wichtigkeit, Menschenleben haben, wenigstens bei uns Juden, Vorrang. Irgendwann in der Zukunft, wenn doch einmal Frieden einkehrt, wird der Sicherheitszaun verschwinden – denn grundsätzlich würde er ein vernünftiges Nebeneinander zweier Staaten, Palästina und Israel, nicht zulassen. Dass es dazu kommt, liegt vor allem an der Bereitwilligkeit der arabischen und palästinensischen Welt, ihren Hass auf Israel und Juden zu überwinden. Dann wird auch Israel Herr über seine verrückten messianischen und faschistoiden Siedler werden. Nur, die Folgen des israelischen Exodus aus Gaza haben bewiesen, dass die palästinensische Welt noch nicht so weit ist, Israel zu akzeptieren.
Samstag, 6. Juni 2009
Weiter zu Obamas Kairo Rede
6.6.2009
Nach Obamas Rede in Kairo sah ich mich nach Kommentaren um, denn sie beschäftigt mich weiter. Aber erst ein Muster für den direkten und durchschlagenden Erfolg dieser Rede, aus der Feder von Nahum Barnea (Yediot Ahronot), gefunden in Joachim Steinhöfels Blog:
„Nach Obamas gestriger Rede in der Universität von Kairo versammelten wir, sechs Journalisten aus der muslimischen Welt und Ich, der Reporter von Yedioth Ahronoth, uns um einen runden Tisch in einen Nebenraum. Der Präsident wollte uns ein Interview geben. Die ursprüngliche Gruppe umfasste acht Personen. Der Syrer erschien nicht, nachdem er erfuhr, dass ein Reporter aus Israel eingeladen war. Der Libanese, Naoum Sarkis, saß mit uns am im vorderen Bereich der Halle, aber als er erkannte, woher ich kam und wen ich repräsentierte, machte er sich aus dem Staub.“
Ich weiche von meiner ersten Einschätzung der Worte Obamas nicht ab, möchte aber zwei Punkte anbringen, die sich mir inzwischen aufgedrängt haben. Erstens, die Rede war gut gemeint, zeugte aber, trotz arabischen Phrasen und Zitaten aus dem Koran, von einer naiven Blauäugigkeit gegenüber heutiger arabischer Kultur. Der Anlass war, davon bin ich überzeugt, nur deshalb ein „Erfolg“, weil die „gemässigte“ arabische Welt aus Furcht vor der iranischen Bedrohung heute so stark gelähmt ist, dass sie sogar dem amerikanischen „Teufel“ ein Bühne bietet und ihm Beifall klatscht. Sie erwartet, dass er das Atombombenproblem Iran löst. Zweitens, diese Regierungen der „gemässigten“ arabischen Welt, werden sich nicht, sogar wenn sie wirklich wollten, gegen ihr eigenes Volk durchsetzen können, ohne ihre eigene Existenz zu gefährden. Auf der anderen Seite, bin ich mir nicht sicher, ob nicht der Versuch gemacht werden muss, Strategie und Taktik zu ändern, nach dem die bisherigen Friedensbemühungen, soweit es überhaupt wirkliche „Bemühungen“ waren, null Ergebnisse gebracht haben. Der Frieden mit Ägypten und Jordanien exerziert es vor: Frieden gibt es mit den Regierungen, der Rest der Bevölkerung hasst uns so inbrünstig wie eh und je.
In riesiger Mehrheit, aufgeputscht von Islamisten, dem Klerus und, besonders in Ägypten und Jordanien, von Berufsverbänden (siehe obigen Bericht von Nahum Barnea und eigene Erfahrung), will unnachgiebig dem Hass auf Israel und Juden weiter gefrönt werden. Die Zerstörung Israels ist zur islamischen Sache erklärt worden, in einer „Umma“ gibt es nur eine Nation, den Islam. Da gehört Israel gar nicht dazu. Auch wenn die erste Sorge Israels, seine eigene Sicherheit und sein Überleben sind, dürfen wir uns nicht von messianischen Siedlern einwickeln lassen, sondern müssen uns weiter bemühen, mit unseren Nachbarn einen friedlichen Modus Vivendi zu finden. Ob das gelingt, steht auf einem anderen Blatt. Aber die Zeiten von Amalek sind schon seit einigen Jahrtausenden vorbei.
Nach Obamas Rede in Kairo sah ich mich nach Kommentaren um, denn sie beschäftigt mich weiter. Aber erst ein Muster für den direkten und durchschlagenden Erfolg dieser Rede, aus der Feder von Nahum Barnea (Yediot Ahronot), gefunden in Joachim Steinhöfels Blog:
„Nach Obamas gestriger Rede in der Universität von Kairo versammelten wir, sechs Journalisten aus der muslimischen Welt und Ich, der Reporter von Yedioth Ahronoth, uns um einen runden Tisch in einen Nebenraum. Der Präsident wollte uns ein Interview geben. Die ursprüngliche Gruppe umfasste acht Personen. Der Syrer erschien nicht, nachdem er erfuhr, dass ein Reporter aus Israel eingeladen war. Der Libanese, Naoum Sarkis, saß mit uns am im vorderen Bereich der Halle, aber als er erkannte, woher ich kam und wen ich repräsentierte, machte er sich aus dem Staub.“
Ich weiche von meiner ersten Einschätzung der Worte Obamas nicht ab, möchte aber zwei Punkte anbringen, die sich mir inzwischen aufgedrängt haben. Erstens, die Rede war gut gemeint, zeugte aber, trotz arabischen Phrasen und Zitaten aus dem Koran, von einer naiven Blauäugigkeit gegenüber heutiger arabischer Kultur. Der Anlass war, davon bin ich überzeugt, nur deshalb ein „Erfolg“, weil die „gemässigte“ arabische Welt aus Furcht vor der iranischen Bedrohung heute so stark gelähmt ist, dass sie sogar dem amerikanischen „Teufel“ ein Bühne bietet und ihm Beifall klatscht. Sie erwartet, dass er das Atombombenproblem Iran löst. Zweitens, diese Regierungen der „gemässigten“ arabischen Welt, werden sich nicht, sogar wenn sie wirklich wollten, gegen ihr eigenes Volk durchsetzen können, ohne ihre eigene Existenz zu gefährden. Auf der anderen Seite, bin ich mir nicht sicher, ob nicht der Versuch gemacht werden muss, Strategie und Taktik zu ändern, nach dem die bisherigen Friedensbemühungen, soweit es überhaupt wirkliche „Bemühungen“ waren, null Ergebnisse gebracht haben. Der Frieden mit Ägypten und Jordanien exerziert es vor: Frieden gibt es mit den Regierungen, der Rest der Bevölkerung hasst uns so inbrünstig wie eh und je.
In riesiger Mehrheit, aufgeputscht von Islamisten, dem Klerus und, besonders in Ägypten und Jordanien, von Berufsverbänden (siehe obigen Bericht von Nahum Barnea und eigene Erfahrung), will unnachgiebig dem Hass auf Israel und Juden weiter gefrönt werden. Die Zerstörung Israels ist zur islamischen Sache erklärt worden, in einer „Umma“ gibt es nur eine Nation, den Islam. Da gehört Israel gar nicht dazu. Auch wenn die erste Sorge Israels, seine eigene Sicherheit und sein Überleben sind, dürfen wir uns nicht von messianischen Siedlern einwickeln lassen, sondern müssen uns weiter bemühen, mit unseren Nachbarn einen friedlichen Modus Vivendi zu finden. Ob das gelingt, steht auf einem anderen Blatt. Aber die Zeiten von Amalek sind schon seit einigen Jahrtausenden vorbei.
Freitag, 5. Juni 2009
Obama hat gesagt
5.6.2009
Heute und wohl auch morgen und übermorgen werden die Mediengurus der Welt damit beschäftigt sein, Präsident Obamas Rede in Kairo in den Himmel zu loben oder zu zerreissen. Oder mindestens aufzuzählen was er alles nicht gesagt habe. Ich selbst fand die Rede sehr mutig, nicht wegen seinen Bemerkungen zum Thema Palästinenser, Irak und Afghanistan, sondern dass er es fertig brachte vor dreitausende Muslimen und darunter bestimmt auch einigen Islamisten, über Menschen- und Frauenrechte zu sprechen, wenn auch, im Vergleich zu dem anderen Themen, relativ kurz. Obama bekräftigte das enge Verhältnis zwischen Israel und den USA, verurteilte islamische und palästinensische Gewalt und sprach sich für die Zweistaatenlösung aus. Neu war daran nichts. Ausgesprochen peinlich war es den Beifall zu hören, als er die Schliessung des amerikanischen Gefangenlagers Guantanamo bekräftigte, denn was dort geschehen ist, gehört in Ländern wie Ägypten, Syrien und Iran zur traditionellen Routine und wird weder thematisiert oder hinterfragt. Der Beifall für seine Worte zu Menschen- und Frauenrechten war bescheiden, ebenso bei seiner Bekräftigung des Verhältnisses Israel-USA, aber umso grösser beim Erwähnen des Leidens der Juden und der Palästinenser. Es wird Israelis geben, die sich darüber aufregen werden, dass er die beiden auf eine Stufe stelle. Aber es wird vergessen, dass er vor einem rein arabischen und dazu noch vorwiegend muslimischen Publikum sprach und seine Verkaufargumente an dieses anpassen musste. Immerhin hat Obama den Anlass überlebt, flog weiter nach Dresden, weil er morgen das KZ Buchenwald besuchen will. Per Saldo finde ich Obamas Rede in der Al Azhar Universität hervorragend, wie gesagt, mutig und für Israel bestimmt nicht abträglich – es sei denn, man sei jüdischer Rechtsextremist. Eines missfiel mir: sein verklausuliertes Erwähnen des längst vergangenen kolonialistischen Hintergrundes als Begründung der Probleme der heutigen arabischen und muslimischen Welt. Für mich ist das keine Begründung, sondern eine Ausrede, um die in der arabischen Welt verpönte Selbstverantwortung abzuwehren und andere, wie die Juden, die Amerikaner und den Westen ganz allgemein, als Sündenböcke anklagen zu können. Auf diese Feinheit arabischer Psyche ist er nicht eingegangen.
Heute und wohl auch morgen und übermorgen werden die Mediengurus der Welt damit beschäftigt sein, Präsident Obamas Rede in Kairo in den Himmel zu loben oder zu zerreissen. Oder mindestens aufzuzählen was er alles nicht gesagt habe. Ich selbst fand die Rede sehr mutig, nicht wegen seinen Bemerkungen zum Thema Palästinenser, Irak und Afghanistan, sondern dass er es fertig brachte vor dreitausende Muslimen und darunter bestimmt auch einigen Islamisten, über Menschen- und Frauenrechte zu sprechen, wenn auch, im Vergleich zu dem anderen Themen, relativ kurz. Obama bekräftigte das enge Verhältnis zwischen Israel und den USA, verurteilte islamische und palästinensische Gewalt und sprach sich für die Zweistaatenlösung aus. Neu war daran nichts. Ausgesprochen peinlich war es den Beifall zu hören, als er die Schliessung des amerikanischen Gefangenlagers Guantanamo bekräftigte, denn was dort geschehen ist, gehört in Ländern wie Ägypten, Syrien und Iran zur traditionellen Routine und wird weder thematisiert oder hinterfragt. Der Beifall für seine Worte zu Menschen- und Frauenrechten war bescheiden, ebenso bei seiner Bekräftigung des Verhältnisses Israel-USA, aber umso grösser beim Erwähnen des Leidens der Juden und der Palästinenser. Es wird Israelis geben, die sich darüber aufregen werden, dass er die beiden auf eine Stufe stelle. Aber es wird vergessen, dass er vor einem rein arabischen und dazu noch vorwiegend muslimischen Publikum sprach und seine Verkaufargumente an dieses anpassen musste. Immerhin hat Obama den Anlass überlebt, flog weiter nach Dresden, weil er morgen das KZ Buchenwald besuchen will. Per Saldo finde ich Obamas Rede in der Al Azhar Universität hervorragend, wie gesagt, mutig und für Israel bestimmt nicht abträglich – es sei denn, man sei jüdischer Rechtsextremist. Eines missfiel mir: sein verklausuliertes Erwähnen des längst vergangenen kolonialistischen Hintergrundes als Begründung der Probleme der heutigen arabischen und muslimischen Welt. Für mich ist das keine Begründung, sondern eine Ausrede, um die in der arabischen Welt verpönte Selbstverantwortung abzuwehren und andere, wie die Juden, die Amerikaner und den Westen ganz allgemein, als Sündenböcke anklagen zu können. Auf diese Feinheit arabischer Psyche ist er nicht eingegangen.
Dienstag, 2. Juni 2009
Argumente
2.6.2009
Auf meinen letzten Tagebucheintrag (29.5.2009) hin, sandte mir Ulrich W. Sahm am 21. Mai 2009 für die N-TV geschriebenen Kommentar zum selben Thema betitelt Die „Zweistaatenlösung“. Mit Argumenten, die in der täglichen Presse kaum zu finden sind, stellt er die Glaubwürdigkeit palästinensischer Absichten dar, ganz im Hinblick auf die Zweistaatenlösung. Ich empfehle, diesen Artikel (siehe Link) zu lesen und möchte hier nur dessen letzten Absatz zitieren, der, im Gegensatz zu den meisten europäischen Pressevertretern, von Ulrichs wirklichem und nicht theoretischen Wissen, sowie beträchtlicher Zivilcourage zeugt.
„Während die Hamas grundsätzlich einen nicht-muslimischen Staat in arabischem Territorium ablehnt, die Autonomiebehörde viele Milliarden Euros versickern ließ, anstatt eine Zivilgesellschaft aufzubauen, ohne die kein Staat funktionieren kann, sehnen sich alte Palästinenser nach der jordanischen Herrschaft zurück. Christen in Bethlehem hoffen insgeheim auf eine Rückkehr der israelischen Besatzung. Ausgerechnet bei den Palästinensern findet man heute kaum mehr einen Verfechter der Zwei-Staaten-Lösung, obgleich jene, die dafür eintreten, es nur mit den Palästinensern gut meinen, nicht aber mit den Israelis.“
Judith Wipfler sandte mir den Text einer Beurteilung der Ombudsstelle DRS zu einer Klage über die Sendung „Susan Nathan – Portrait einer Unerschrockenen“. Ich hörte mir die Sendung an – der Ombudsmann Achille Casanova hat recht. Seine Abweisung der Klage ist begründet und die Überempfindlichkeit zahlreicher Israelis, Zionisten und anderer Juden einmal mehr demonstriert. Mit den Thesen und Empfindlichkeiten, wie sie im Interview zu hören sind, habe ich absolut nichts am Hut, Susan Nathan hat es den Ärmel hineingenommen, bei ihr sind die Klagen unserer Araber auf fruchtbaren Boden geraten, mit der Realität hat es nichts mehr zu tun. Die Frau tut mir leid, auch wenn sie mit ihren Behauptungen, die nicht stimmen oder aus jeglichem Zusammenhang gerissen sind, das israelkritisches Feuer entfacht. Ich nehme für mich in Anspruch, wirkliche arabische Freunde und Bekannte zu haben – nicht die Kellner in arabischen Restaurants, wie von Nathan erwähnt, sondern Künstler, Ärzte, Kadis, Geschäftsleute, Bürgermeister, Fremdenführer, sogar einen ehemaligen Minister Israels und ein paar Islamisten die sich mir gegenüber stets höflich und nett benehmen, ich lasse mir aber meinen Ärmel nicht einnehmen. Es stimmt, dass viele jüdische Israelis Angst haben und es auch aussprechen, dorthin zu gehen wo ich gehe, doch wenn man das Gespräch sucht, nicht um seine eigenen ideologischen Komplexe und Vorurteile bestätigt zu sehen, sondern um offene Gespräche zu führen, dann wird man respektiert.
Hier die Schlüsselsätze der ombudsmännischen Beurteilung zur Sendung:
„In ihrer Beurteilung hat die Ombudsstelle die breit anerkannte Auffassung geteilt, wonach sich aus dem wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskurs Kriterien ableiten lassen, die eine Trennlinie zwischen Antisemitismus und Kritik an Israel markieren. Demnach gilt jene Kritik an Israel als antisemitisch, die Israel das Existenzrecht und das Recht auf Selbstverteidigung aberkennt, historische Vergleiche der israelischen Palästinenserpolitik mit der Judenverfolgung im Dritten Reich zieht, Israels Politik mit einem doppelten Standard beurteilt, antisemitische Stereotype auf den Staat Israel oder diese Kritik auf Juden generell überträgt, und Juden pauschal für die Geschehnisse in Nahost verantwortlich macht.“
Ich denke, dass diese Definition für den gesamten Diskurs in den Medien und in der Öffentlichkeit angewendet werden könnte. Ebenso für Leserbriefe, ganz besonders in Foren und Kommentaren, Fundgruben antisemitischer Debilitäten. Wie die NZZ es praktiziert, dürften keine anonymen Briefe veröffentlicht werden und veröffentlichter Judenhass, ob von Privaten oder den Medien selbst, müsste einklagbar sein. Freie Meinungsäusserung darf nicht angetastet werden, sonst wäre unsere freie Gesellschaft bald nicht mehr frei, aber jeder der frei ist zu Hass aufzurufen, muss für seine Äusserungen Verantwortung übernehmen – vielleicht bringt das Antisemiten zum Nachdenken, einer Eigenschaft von der sie eigentlich grundsätzlich frei sind.
Zum Abschluss eine versprochene Folge Grundwissens:
3. Jerusalem
Nach der Vertreibung der Juden durch Rom im Jahre 70 unserer Zeitrechnung, wurde Jerusalem zum Zentrum jüdischer Sehnsüchte. Die Stadt ist das geographische Zentrum jüdischer Geschichte und Mythen. Der Ausdruck „Nächstes Jahr in Jerusalem“ ist seither Teil der jüdischen Liturgie, wurde jedoch seit dem Entstehen des politischen Zionismus zur Realisierung des jüdischen Traums der Rückkehr in die Heimat aktiviert. Im Gegensatz zum Judentum gilt Jerusalem im Islam erst als drittwichtigste heilige Stadt der Religion. Im Koran ist sie nirgends erwähnt. Es ist offensichtlich, dass der islamische Anspruch auf Jerusalem neueren Datums ist und ausschliesslich als politischer Widerspruch zum zweitausend Jahre alten historischen Anspruch der Juden ins Leben gerufen wurde. Vor der Politisierung des arabischen Anspruchs auf Jerusalem und dessen islamische Heiligkeit, wurde diese Stadt im Islam kaum erwähnt, weder in den Medien noch in den Aussagen der muslimischen Welt. In der Zeit zwischen 1948 und 1967, als Ostjerusalem unter jordanischer Besetzung war, wurde der jüdische Friedhof auf dem Ölberg geschändet, Grabsteine zum Bau von Pissoirs verwendet und so arabischer (oder eher islamistischer) Judenhass, sogar auf tote Juden, der desinteressierten Welt demonstriert. Erst seit dem Sechstagekrieg in 1967 sind sämtliche Heiligen Stätten Jerusalems für jedermann frei zu besuchen.
Fortsetzung folgt.
Auf meinen letzten Tagebucheintrag (29.5.2009) hin, sandte mir Ulrich W. Sahm am 21. Mai 2009 für die N-TV geschriebenen Kommentar zum selben Thema betitelt Die „Zweistaatenlösung“. Mit Argumenten, die in der täglichen Presse kaum zu finden sind, stellt er die Glaubwürdigkeit palästinensischer Absichten dar, ganz im Hinblick auf die Zweistaatenlösung. Ich empfehle, diesen Artikel (siehe Link) zu lesen und möchte hier nur dessen letzten Absatz zitieren, der, im Gegensatz zu den meisten europäischen Pressevertretern, von Ulrichs wirklichem und nicht theoretischen Wissen, sowie beträchtlicher Zivilcourage zeugt.
„Während die Hamas grundsätzlich einen nicht-muslimischen Staat in arabischem Territorium ablehnt, die Autonomiebehörde viele Milliarden Euros versickern ließ, anstatt eine Zivilgesellschaft aufzubauen, ohne die kein Staat funktionieren kann, sehnen sich alte Palästinenser nach der jordanischen Herrschaft zurück. Christen in Bethlehem hoffen insgeheim auf eine Rückkehr der israelischen Besatzung. Ausgerechnet bei den Palästinensern findet man heute kaum mehr einen Verfechter der Zwei-Staaten-Lösung, obgleich jene, die dafür eintreten, es nur mit den Palästinensern gut meinen, nicht aber mit den Israelis.“
Judith Wipfler sandte mir den Text einer Beurteilung der Ombudsstelle DRS zu einer Klage über die Sendung „Susan Nathan – Portrait einer Unerschrockenen“. Ich hörte mir die Sendung an – der Ombudsmann Achille Casanova hat recht. Seine Abweisung der Klage ist begründet und die Überempfindlichkeit zahlreicher Israelis, Zionisten und anderer Juden einmal mehr demonstriert. Mit den Thesen und Empfindlichkeiten, wie sie im Interview zu hören sind, habe ich absolut nichts am Hut, Susan Nathan hat es den Ärmel hineingenommen, bei ihr sind die Klagen unserer Araber auf fruchtbaren Boden geraten, mit der Realität hat es nichts mehr zu tun. Die Frau tut mir leid, auch wenn sie mit ihren Behauptungen, die nicht stimmen oder aus jeglichem Zusammenhang gerissen sind, das israelkritisches Feuer entfacht. Ich nehme für mich in Anspruch, wirkliche arabische Freunde und Bekannte zu haben – nicht die Kellner in arabischen Restaurants, wie von Nathan erwähnt, sondern Künstler, Ärzte, Kadis, Geschäftsleute, Bürgermeister, Fremdenführer, sogar einen ehemaligen Minister Israels und ein paar Islamisten die sich mir gegenüber stets höflich und nett benehmen, ich lasse mir aber meinen Ärmel nicht einnehmen. Es stimmt, dass viele jüdische Israelis Angst haben und es auch aussprechen, dorthin zu gehen wo ich gehe, doch wenn man das Gespräch sucht, nicht um seine eigenen ideologischen Komplexe und Vorurteile bestätigt zu sehen, sondern um offene Gespräche zu führen, dann wird man respektiert.
Hier die Schlüsselsätze der ombudsmännischen Beurteilung zur Sendung:
„In ihrer Beurteilung hat die Ombudsstelle die breit anerkannte Auffassung geteilt, wonach sich aus dem wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskurs Kriterien ableiten lassen, die eine Trennlinie zwischen Antisemitismus und Kritik an Israel markieren. Demnach gilt jene Kritik an Israel als antisemitisch, die Israel das Existenzrecht und das Recht auf Selbstverteidigung aberkennt, historische Vergleiche der israelischen Palästinenserpolitik mit der Judenverfolgung im Dritten Reich zieht, Israels Politik mit einem doppelten Standard beurteilt, antisemitische Stereotype auf den Staat Israel oder diese Kritik auf Juden generell überträgt, und Juden pauschal für die Geschehnisse in Nahost verantwortlich macht.“
Ich denke, dass diese Definition für den gesamten Diskurs in den Medien und in der Öffentlichkeit angewendet werden könnte. Ebenso für Leserbriefe, ganz besonders in Foren und Kommentaren, Fundgruben antisemitischer Debilitäten. Wie die NZZ es praktiziert, dürften keine anonymen Briefe veröffentlicht werden und veröffentlichter Judenhass, ob von Privaten oder den Medien selbst, müsste einklagbar sein. Freie Meinungsäusserung darf nicht angetastet werden, sonst wäre unsere freie Gesellschaft bald nicht mehr frei, aber jeder der frei ist zu Hass aufzurufen, muss für seine Äusserungen Verantwortung übernehmen – vielleicht bringt das Antisemiten zum Nachdenken, einer Eigenschaft von der sie eigentlich grundsätzlich frei sind.
Zum Abschluss eine versprochene Folge Grundwissens:
3. Jerusalem
Nach der Vertreibung der Juden durch Rom im Jahre 70 unserer Zeitrechnung, wurde Jerusalem zum Zentrum jüdischer Sehnsüchte. Die Stadt ist das geographische Zentrum jüdischer Geschichte und Mythen. Der Ausdruck „Nächstes Jahr in Jerusalem“ ist seither Teil der jüdischen Liturgie, wurde jedoch seit dem Entstehen des politischen Zionismus zur Realisierung des jüdischen Traums der Rückkehr in die Heimat aktiviert. Im Gegensatz zum Judentum gilt Jerusalem im Islam erst als drittwichtigste heilige Stadt der Religion. Im Koran ist sie nirgends erwähnt. Es ist offensichtlich, dass der islamische Anspruch auf Jerusalem neueren Datums ist und ausschliesslich als politischer Widerspruch zum zweitausend Jahre alten historischen Anspruch der Juden ins Leben gerufen wurde. Vor der Politisierung des arabischen Anspruchs auf Jerusalem und dessen islamische Heiligkeit, wurde diese Stadt im Islam kaum erwähnt, weder in den Medien noch in den Aussagen der muslimischen Welt. In der Zeit zwischen 1948 und 1967, als Ostjerusalem unter jordanischer Besetzung war, wurde der jüdische Friedhof auf dem Ölberg geschändet, Grabsteine zum Bau von Pissoirs verwendet und so arabischer (oder eher islamistischer) Judenhass, sogar auf tote Juden, der desinteressierten Welt demonstriert. Erst seit dem Sechstagekrieg in 1967 sind sämtliche Heiligen Stätten Jerusalems für jedermann frei zu besuchen.
Fortsetzung folgt.
Abonnieren
Posts (Atom)