Samstag, 24. Oktober 2009

Wirrwar der Werte

Ich bin überzeugt, dass Richter Richard Goldstone ein anständiger und ehrenwerter Mann ist, der für alle nur das Beste will. Nur ist er auch naiv und lässt sich in seiner Leichtgläubigkeit leicht über den Tisch ziehen. Deshalb weigere ich mich, ihn Antisemit, Nazi, Israelhasser, jüdischer Verräter oder ähnliches zu nennen, denn er verdient das nicht. Ähnliches habe ich in den vergangenen Tagen im Tagebuch und in anderen Briefen und Stellungsnahmen verschiedentlich geschrieben und will nicht weiter darauf eingehen. Goldstone wurde, so denke ich, das Opfer seiner Anständigkeit. Der einzige Fehler den er beging, war den Auftrag einen Bericht über sogenannte israelische und hamassche Menschenrechtsvergehen und Kriegsverbrechen anzunehmen. Alles andere ergab sich dann von selbst und hatte nur noch formell etwas mit ihm zu tun. Die Automatismen des UNO-Menschrechtsrates nahmen ihren Lauf. Inzwischen hat er gemerkt, dass er gutgläubig in eine Falle geraten ist und nicht herausfindet. Nur kann er das Resultat seines Berichtes an dieses Gremium nicht ungeschehen machen, wo durch die Maschinationen dieser durch und durch korrupten Organisation, der Terrorismus einen Freibrief gegen Israel erhalten hat. Nicht terroristische Angriffe gegen das Land, sondern dessen Recht, sich zu verteidigen sind in Frage gestellt worden.

Was hingegen ganz allgemein im Zusammenhang mit Israel weltweit über die Bühne geht, macht mich rasend. Wie kommt es, dass ganz besonders die aktivsten Mitglieder der Menschrechtsgremien, die gerade das Gegenteil dessen tun, zu dem berufen zu sein sie sich ausgeben, ihr groteskes Tun ungestört ausüben können? Während Israel eigentlich nur ungestört als Staat der Juden (nicht jüdischer Staat) mit einer wertvollen Minderheit nichtjüdischer Bürger leben möchte, gutnachbarliche Beziehungen zu seinen Nachbarländern und der gesamten Region pflegen, seine gut gehende Wirtschaft weiter ausbauen, seine Wissenschaft und deren Universität für sich und die Welt grosses erbringen lassen und ihren Nachbarn ein Beispiel als sozial und wirtschaftlich fortschrittliches Modell sein möchte, wird es in gut antisemitischer Manier geplagt und angegriffen, seine Menschen ermordet und der Staat angeschwärzt. Wenn Israel sich wehrt, ist das illegal. Israelis und die Juden im allgemeinen sollen sich wieder einmal mäuschenstill abschlachten lassen, damit nachher für einige Jahrzehnte wieder um tote Juden getrauert werden kann. Alles schon dagewesen, nur diesmal wird es an jüdischer Ruhe und Opferbereitschaft fehlen, auch wenn es heute Juden gibt, die das völlig angebracht finden – solange sie nicht selbst die Opfer sind. Durchgedacht wird diese Theorie der verbotenen Selbstverteidigung und Weigerung zwischen Angriff und Verteidigung zu differenzieren, zum Schluss führen müssen, dass sogar der Verteidigungskrieg der freien Welt gegen die Nazis von 1939 bis 1945 illegal war. Aber durchdenken liegt nicht drin, zu viele westliche Köpfe sind von Jihadistenfreunden, jüdischen und anderen, zu sehr verwirrt worden.

Wir leben in einer Welt, in der Werte auf dem Kopf gestellt werden. Jene Staaten, in denen Menschrechte ein Fremdwort ist und die Kriegsverbrechen zum Alltag gehören, sitzen zu Gericht über einen Staat, der sich (leider nur) militärisch erfolgreich verteidigt. Aus diesem Grunde möchte ich hier einige sehr unschöne Bilder zeigen, die, völlig ohne Bezug zu Israel, den kulturellen Betrieb in den in der UNO und vor allem in dessen Menschenrechtsrat tonangebenden islamistischer Staaten präsentiert und ihre Berechtigung, sich als Paragone der Menschrechte zu präsentieren unterstreicht.

Viele meiner Freunde und Bekannten im In- und Ausland können nicht akzeptieren, dass Staaten der westlichen Welt (das ist nicht geographisch gemeint, wie es mitunter von einfacheren Gemütern verstanden wird), die sich als vernunftbetont, aufgeklärt, echt-demokratisch, humanistisch sehen, dass Teile der heutigen Welt es vorziehen politischen und religiös reaktionäre Staaten, die zum Teil eine entsetzlich faschistische Innenpolitik tödlicher Repressionen ausüben und aussenpolitisch den jihadistischen Terror fördern, zu tolerieren. Bundesrätin Calmy-Rey geht da mit bestem Beispiel voran und prostituierte sich gegenüber Islamisten, wie dem schlauen Clown Ghaddafi und dem selbsternannten Erben nazistischer Ideologie Ahmedinejad. In arabischen islamistischen Staaten, aber auch in anderen Diktaturen werden Dissidenten gnadenlos verfolgt, fürchterlichste Strafen gemäss falsch, dafür politisch ausgelegter Schariahgesetze ausgeführt. Im Iran wurden und werden Kinder exekutiert, Menschen gesteinigt, gehängt, verprügelt und verunstaltet, in Saudiarabien werden für Nichtigkeiten Hände, Füsse und Köpfe entfernt und der Scharfrichter von westlichen Medien interviewt. Im Sudan wurden und werden hunderttausende im Namen Allahs verfolgt und getötet, weil sie schwarz oder einfach keine Muslime sind. Frauen werden in diesen Ländern – das beinhaltet leider auch die arabische Gesellschaft Israels sowie Palästinas - unterdrückt und im Namen der Familienehre und anderen Ausreden ermordet. Das sind keinesfalls Einzelfälle, sondern alltägliche Vorkommnisse. Aber kein westlicher Hahn kräht danach, der UNO-Menschenrechtsrat beschäftigt sich fast ausschliesslich mit Israel, das mit seinem westlichen Lebensstil und seiner freien Gesellschaft der Juden, Araber und anderer Minderheiten im Vergleich zu seinen Nachbarn ein Paradies ist. Dann wundern sich viele, warum Israel sich zur Verteidigung auf terroristische Angriffe – ob der Angreifer seinen Staat vertritt oder ein selbstständig agierender, vom Iran protegierter Terrorverein ist, ist dabei nicht von Interesse, denn tödlich sind sie beide.

UNO-Gremien ignorieren den herrschenden Islamofaschismus, haben „Verständnis“ für islamistischen und palästinensischen Terror und machen – wie im UNO-Menschenrechtsrat – Böcke zu Gärtnern. Der Westen versucht sich hilflos vor Terror zu schützen und sucht den Dialog. Ein Hund, der Menschen angreift und zerfleischt, wird von Staates wegen getötet. Terroristen, die dasselbe tun, versucht man zu beschwichtigen oder ignoriert ihre Verbrechen und sucht einen Sündenbock.

Das, liebe Freunde, macht uns zu schaffen. Wir wissen, dass „sogar“ Israel, seine Armee und seine Gesellschaft nicht perfekt sind und nicht wenige Fehlleistungen erbringen – wie jeder andere Staat auch. Nur sind diese Fehlleistungen, der geographischen Lage Israels wegen, gelegentlich aber nicht immer, blutiger als in westlichen Ländern. Umsomehr verstehen wir nicht, warum in der UNO die fürchterlichsten und wirklichen Verbrechen aus jihadistischen Staaten und davon unabhängigen Kreisen vom Mittelmeer bis zum Hindukusch und deren Fans und Freunde unter den Teppich gekehrt werden, während der Israel-Palästina Konflikt zu einem grotesken Stellenwert empor stilisiert wird. Auch wir linken Vertreter des vernünftigen israelischen Friedenslagers grübeln darüber nach, wie dieser Zustand entstehen konnte und was dagegen getan werden kann.

Mittwoch, 21. Oktober 2009

Zum Menschenrechtsgeschäft

In der New York Times von gestern äusserte sich der Gründer und, von 1978 bis 1998, Leiter der Human Rights Watch (HRW), Robert L. Bernstein, ein humanistischer amerikanischer Jude und Verleger (Random House) der alten jüdischen Schule. Es schreibt eine umfassende Kritik zu den Aktivitäten und Prioritäten dieser Organisation, die sich zu etwas entwickelt hat, das ganz und gar nicht in seiner Absicht lag. Die HRW habe ihre moralische Kraft völlig verloren. Sie sehe nur „wie“ Kriege geführt werden und interessiere sich nicht über Motivationen, die zu Kriegen führe. Eine Differenzierung zwischen Unrecht verübt aus Selbstverteidigung und Unrecht verübt mit Vorbedacht werde völlig ausgeblendet. Die wichtige Unterscheidung zwischen einer offenen und einer geschlossenen Gesellschaft (closed society) wird auf die Seite geschoben, ebenso der Unterschied zwischen Demokratie und Diktatur. Nirgends ist dieser Unterschied so krass wie im Mittleren Osten, bevölkert von autoritären Regimen, jedes mit einer fortwährenden und schockierenden Geschichte von Menschenrechtsverbrechen. Aber, in den vergangenen Jahren hat HRW mehr Verurteilungen über israelische Menschenrechtsvergehen rapportiert, als über irgend ein anderes Land dieser Region.

Bernstein schreibt, ich übersetze: „Aber wie kann Human Rights Watch wissen, dass diese Gesetze gebrochen worden sind? In Gaza und anderswo, wo es keinen Zugang zum Schlachtfeld [!] oder zu militärischen und politischen Führern gibt, die strategische Entscheide fällen, ist es extrem schwierig ein eindeutiges Urteil über Kriegsverbrechen zu erlangen. Dieses hängen oft von Zeugen ab, deren Berichte nicht zu überprüfen sind und deren Aussage aus dem Drang einen politischen Vorteil zu erreichen oder aus Angst vor Rache von ihren eigenen Machthabern stammt.“ Bernstein zitiert auch Oberst Kemp (Uris Tagebuch 19.10.2009) über den Schutz von Zivilisten im Gazakrieg.

HRW habe seine kritische Sicht in einem Konflikt verloren, in einem Konflikt in dem Israel wiederholt von Hamas und Hisbollah attackiert worden ist, Organisationen, die sich zur Aufgabe gemacht haben Israelis zu töten und sich dazu hinter ihren eigenen Zivilisten verstecken. Sie werden offen von der iranischen Regierung unterstützt. HRW weiss das alles, sie weiss auch dass Hamas und Hisbollah sich weiter aufrüsten und sich auf neue Angriffe auf Israel vorbereiten.

Robert L. Bernstein muss entsetzlich darüber enttäuscht sein, wie seine idealistische Schöpfung zu einem Instrument der weltweiten „Israelkritik“ verkommen ist, im Dienste dunkler jihadistischer Kräfte und deren Sympathisanten in der westlichen Welt, die nicht nur Israel und Juden hassen, sondern die Welt zurück ins dunkelste Mittelalter führen wollen. Leider ist HRW heute nicht die einzige Organisation dieser Art, die sich blind dazu hergibt.

Dienstag, 20. Oktober 2009

Ein jüdischer Staat um jeden Preis?

Vor wenigen Tagen führte ich bei unserer wöchentlichen Kaffeestunde im Café Mocha eine lebhafte Diskussion mit einem Freund, der aus Los Angeles stammt jedoch schon vor zehn Jahren in Israel lebt. Er ist einer jener Israelis, die sich weigern mit mir nach Umm El-Fahm zu kommen – ich fühle aber, dass er von mir schon recht weichgeklopft ist und bald kommt. Er fragte mich: „Willst du wirklich einen jüdischen Staat?“. Diese Frage stellte er, nachdem ich über die vorgesehene skandalöse Ausweisung von etwa 1200 in Israel geborener Kinder ausländischer Arbeitskräfte geschimpft hatte. Sogar wenn es 12000 solche Fälle gäbe, wäre meine Antwort dieselbe. Diese Kinder sind in Israel geboren, gehen hier in die öffentlichen Schulen, sprechen Ivrith wie Sabras (die sie ja sind) und gehen auch ins israelische Militär, das sie gerne aufnimmt. Sie sind eine Bereicherung für unseren Staat. Das ganze erinnert an die Schweiz, die sich seit Jahrzehnten mit dieser Situation herumschlägt. In Israel handelt es sich um Kinder, deren Eltern aus den Philippinen und anderen fernöstlichen Ländern kommen, um in Israel zu arbeiten und denen heute der Hinauswurf aus dem Heiligen Land droht, in ein Drittweltland, die sie nicht kennen, deren Sprache sie kaum sprechen und wo es meist keine Schulpflicht gibt. Politiker, die Presse, Schulen und Lehrkräfte und viele jüdische Eltern agieren gegen die drohende Ausweisung, die wegen diesem Druck schon mehrere Male verschoben worden ist – immerhin ein Zeichen, dass die Volksmeinung gehört wird. Nicht anders als vor Jahren in der Schweiz, empören Lea und ich uns über den Zynismus des Innenministers der charedischen Schasspartei, der sich für die Verjagung dieser Kinder aus Schule und Land stark macht. Sehr viele israelische Bürger verstehen das nicht und fühlen, dass ein solch unmenschliches Verhalten sich nicht mit den Lehren aus der Geschichte des jüdischen Volkes vereinbaren lässt. Nachdem ich mir darüber Luft verschafft hatte, fragte mein Freund, ob ich denn überhaupt einen jüdischen Staat wolle. „Ja, aber nicht um jeden Preis“, war meine Antwort.

Es geht nicht darum, dass solche Kinder den Staat bedrohen, ja überschwemmen würden, denn zahlreich sind sie nicht. Es geht den Verantwortlichen des Innenministeriums, so scheint mir, darum, „gottlose Mischehen“ und damit verwandtes zu vermeiden. Besonders in den letzten paar Jahren ist mir aufgefallen, dass viele der Neueinwanderer in Israel, besonders jene aus Amerika und aus Russland, sich auf einmal in einem Land sehen, in dem sie, die Juden, die Mehrheit bilden – das genaue Gegenteil ihrer früheren Situation in der Diaspora. Nicht immer, aber immer wieder wurden Juden gemieden, gehasst, verjagt und ermordet – obwohl gerade sie, die Juden, enormes für ihr jeweiliges Heimatland leisteten und sich mit ihm identifizierten. Es scheint, dass viele dieser Olim (Neueinwanderer) mit dieser neuen Situation nicht umgehen können, mit dem ungewohnten „Vorteil“ der Mehrheit anzugehören und ihrerseits beginnen auf andere herabzusehen. Ich gebe gerne zu, dass unsere arabischen Nachbarn und ihre Sympathisanten in Israel dies mit ihren antisemitischen und antiisraelischen Lügenkampagnen und Gewalt gegen uns und sich selbst, dies jedem Möchtegernhasser leicht machen. Das ist aber nicht der Punkt. Ist die Tatsache zu akzeptieren, dass Juden in Israel die Mehrheit der Bevölkerung stellen und sich selbst regieren – was ja das zentrale Prinzip der zionistischen Idee ist – diese nach zweitausend Jahren Unterbruch heute neuartige Situation dazu zu benutzen, einen jüdischen Rassismus gegen andere auszuüben? Sicherlich nicht! Immerhin können wir in Israel stolz darauf sein, viele Bürger zu haben, die anders denken, für Frieden und Menschlichkeit arbeiten und sich dafür aufopfern – auch wenn ihnen aus extremistischen jüdischen Kreisen von Links und Rechts Hohn entgegen schallt und sie aus der arabischen Ecke für deren eigene Propaganda missbraucht werden. Ich meine damit absolut nicht die Gutmenschen der extremen jüdischen Linken, sondern jene Juden und Israelis, die ihre Bürgerpflichten erfüllen, sich gegen palästinensische Gewalt wehren und Israel nicht als Watschenmann der UNO sehen wollen – und trotzdem aktiv die Hand der Versöhnung unseren Feinden entgegenstrecken, auch wenn diese Versöhnungsversuche wieder und wieder ausgeschlagen werden. Damit behalten sie ihre Humanität, die beispielsweise in extremen Siedlerkreisen verloren gegangen ist.

Die Regierung von Bibi Nethanyahu, heute in Israel am Ruder, will von den Palästinensern, den Arabern und dem Rest der Welt, dass Israel als jüdischen Staat anerkannt wird. Die Mehrheit unserer jüdischen und zahlreiche Bürger unserer Minderheiten wollen das auch. Schon Theodor Herzl wollte das, allerdings haben seine Vorstellungen mit der Realität des realen jüdischen Staates von dessen Gründung an, kaum Ähnlichkeit. Bis heute ist aber eine wirkliche Definition des „jüdischen Staates“ ausstehend. Denn das Judentum und Israel lassen sich nicht auf blosse Religion reduzieren. Deshalb frage ich: welchen jüdischen Staat wollen wir?

1. Der jüdische Gottesstaat?

Was soll es sein: ein Staat, in dem die Halacha herrscht, ähnlich wie die Schariah der Islamisten, mit barbarischen Sitten und Gesetzen, die wenigstens in der westlichen Welt heute nicht mehr existieren (Ausnahme: die Todesstrafe in Teilen der USA). Wie etwa die Stellung der Frau als Eigentum des Mannes und ähnlichem, in dem die Ausübung einer anderen Religion unter Strafe gestellt wird wie in Saudiarabien und in dem religiöse Paranoia das gegenseitig respektvolles Zusammenleben (wie wir Juden es uns in der Galut wünschten, aber nicht immer erfuhren) mit nichtjüdischen Menschen verunmöglicht? In dem die „Goyim“ als zweitklassige Menschen gesehen und behandelt werden, wie die Dhimmis der muslimischen Welt. Vielleicht würde die schweigende Mehrheit der einer Konsumkultur frönenden Bürger aus ihrer politischen Trägheit erwachen und dagegen kämpfen, dass auf der einen Seite eine parasitäre Minderheit machthungriger Rabbis und ihre mehrheitlich arbeitsscheuen ultraorthodoxen Jünger zusammen mit fanatischen rechtsextremen Gruppierungen einen auf antiken Prinzipien und Gesetzen ruhenden Staat der Juden beherrscht. Dieses Nachäffen islamistischer Theokratien à la Iran, Gaza und Saudiarabien (von Afghanistan ganz zu schweigen) auf jüdische Art, wäre das Ende des modernen und nur deshalb lebensfähigen und erfolgreichen Staates Israel. Denn diese Gesellschaft bringt unserem Staat und seinen Bürgern kaum irgendeine wirkliche Wertschöpfung. Die ultraorthodoxe Gesellschaft produziert mehrheitlich ausser riesigen Kindermengen nichts, lebt auf Kosten der Steuerzahler, denn sie lehnen es mehrheitlich ab, sich und ihre Familien durch Arbeit zu ernähren – auch wenn inzwischen einige von ihnen an "koscheren Hochschulen" studieren und gar „koscheren“ Militärdienst in frauenfreien Einheiten leisten. Ultranationalisten, observante Juden und Sekuläre, verwenden ihren modernen aber wenig aufgeklärten Lebensstil vor allem dazu, sich als „Übermenschen“ konfrontativ der grossisraelischen Idee zu widmen und demonstrativ mit einer Pistole am Bauch herumzulaufen. Ein Albtraum.

2. Der sekuläre liberal-kapitalistische jüdische Staat?

Die zweite Möglichkeit wäre ein sekulärer moderner Staat, wie er heute besteht, auch wenn die soziale Komponente aus dem Ruder gelaufen ist. Die israelische Wirtschaft blüht, die Wachstumsraten sind erfreulich, der durchschnittliche Lebensstandard ist jedoch am sinken und die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich weiter, wie in vielen westlichen Ländern auch. Aktives Interesse des israelischen Durchschnittsbürgers an israelischer Politik und Sicherheit erwacht nur in Krisenzeiten. Sobald eine solche vorbei ist, schläft dieses Interesse wieder ein, etwas, das leider an Wahlen, die ja bei uns viel zu häufig stattfinden, zu beobachten ist. Diese Wahlfaulheit ist auch das Grundübel der innenpolitischen Malaise – würden mehr aufgeklärte Bürger, die es sehr wohl gibt, an Wahlen teilnehmen und an der Urne für vernunftgesteuerte Parteien und Politiker stimmen, die eine Regierung eben der Vernunft und des Ausgleichs ermöglichen würde, könnte der Einfluss ideologischen und religiösen Extremismus eingedämmt werden. Eine solche Regierung könnte dafür sorgen, dass (unter anderem) Religion Privatsache wird. Guter Jude und aufgeklärter Zionist kann man auch ohne Gott und Religion sein, eine Tatsache, die von vielen noch nicht erkannt worden ist, auch wenn die Gründung Israels in 1947 und sein dem vorhergehenden Aufbau der staatlichen Infrastruktur durch die Jewish Agency, im Wesentlichen genau durch Leute dieses modernen politischen und nicht des religiösen Zionismus vorangetrieben worden ist. Diese Regierungen, die auch Fehler machten (welche Regierung tut das nicht), man denke an die Militärregierung (Military Government) für unsere arabische Minderheit bis 1966, als die Regierung Israels endlich einsah, dass man sich damit nur in den eigenen Fuss schoss, da nur der arabische Widerwillen gegen den jüdischen Staat gefördert wurde, vom rechtlichen Aspekt ganz zu schweigen. Nachwirkungen davon sind bis heute zu spüren.

3. Der jüdisch-light Staat sekulärer Judentum-Nostalgiker?

Oh, da gibt es noch eine dritte Variante, den religiös neutralen statt orthodoxen jüdischen Staat, der das Verhalten seiner Bürger beim Essen, Reisen, am Schabbat, beim Heiraten, bei Geburten, beim Sterben, bei Scheidungen und anderen zivilen Ereignissen, sich nicht vom Staat das letzte Detail vorschreiben lassen will. Ein jüdischer Staat, der sich nicht ausschliesslich durch Kaschrut definiert, sondern anders denkende und sekuläre Juden anerkennt und sie nicht religiösem Diktat unterwirft. Jüdische Feste sind wunderschön, besitzen viel Gehalt und Tiefe und auch wenig oder gar nicht religiös observante Juden feiern sie gerne. Sie gehören dem gesamten jüdischen Volk Doch an Jom Kippur, dem unfreiwilligen aber begrüssenswerten autofreien Tag Israels, werden auf Ambulanzen Steine geworfen, obwohl eigentlich jeder weiss, dass diese nicht zum Vergnügen Kranke oder gar Sterbende ins Spital fahren. Dasselbe gilt auf die von den Haredim ausgeübte Opfer fordernde Gewalt gegen Zivilisten und Polizei, vor allem in Jerusalem. Da mehrheitlich aschkenasische Haredim den Staat Israel nicht anerkennen, ihn hassen, aber dennoch schamlos auf dessen Kosten leben, züchtet dieser Staat, in dem er diese Leute nicht genügend in die Schranken weist, eine schnell wachsende, dem demokratischen Leben gefährliche, Kolonne jüdischer „Jihadisten“.

4. Der jüdische Staat all seiner Bürger?

Da gibt es noch die vierte Variante, die des Staates aller seiner Bürger. Ein solcher Staat kann unmöglich verwirklicht werden, solange Israel keine Verfassung besitzt. Charakter des Staates, Grundrechte und Pflichten von Bürgern und Regierung müssen klar und unumstösslich festgelegt sein, auf einer, einem modernen aufgeklärten Staat entsprechenden Grundlage. Diese Verfassung müsste für die gesamte Bevölkerung Israels, Juden, Araber und alle anderen Minderheiten verpflichtend sein. Religion wäre Privatsache. Ausnahmen wären auch für die Frömmsten der Frommen nicht vorgesehen, vielleicht sogar verboten. Auch ein solcher Staat kann und soll ohne weiteres ein jüdischer Staat sein. Seine Verfassung und die darauf fussende Gesetzgebung wird von der Mehrheit der Bürger bestimmt, die nun mal jüdisch ist. Sie können, d.h. die Volksvertreter in der Knesset, unter voller Beachtung demokratischer Grundsätze für Minderheiten, Einwanderungsbestimmung erlassen, welche diese jüdische Mehrheit sichert. Da die Geburtsrate der Ultraorthodoxen doppelt so hoch ist, wie die der arabischen Bevölkerung, sollte das zu bewerkstelligen sein. Allerdings liegen auch hier Probleme vor, die in einer Verfassung verhindert werden müssten, wie eben der Einfluss der Religion auf die Demokratie. Andere demokratische Länder haben solche Gesetze, die allerdings für jüdische Flüchtlinge während des Zweiten Weltkrieges oft zu deren tödlichen Nachteil ausgelegt worden sind. Aber jeder moderne Staat – und das wollen wir sein – braucht integrierte Minderheiten, die ihn zwingen seine Humanität zu bewahren, um nicht nur neben ihnen, sondern mit ihnen als gleichberechtigte, dem Staatswesen beitragende Mitbürger zu leben.

Zusammenfassend denke ich, dass es einen jüdischer Staat, der nicht demokratisch ist, der autistisch nur sich selbst sieht und den Rest der Welt und deren Existenz und Nöte aus seinem Bewusstsein ausklammert, nicht geben darf. In der Variante des halachischen Gottesstaates (1) würde die Westbank annektiert, die dort lebenden Palästinenser und letztendlich auch die arabischen Bürger Israels wären tatsächlich zu einem Leben unter einem Apartheidregime verurteilt. Eine solche „jüdische“ Gesellschaft ist für die allermeisten Israelis ungeniessbar, ein Verrat an der humanistisch-demokratischen zionistischen Idee. Gerade die Besten der heutigen Gesellschaft könnten das nicht ertragen und würden auswandern, denn eine Gesellschaft, in der primitiver religiöser Fanatismus und Rassismus herrscht, wäre eine Gesellschaft des ewigen Krieges, der Gewalt und in absolutem Widerspruch zu allem, für das wir bisher eingestanden sind und das Israel zu einem der grossen Erfolge der vergangenen hundert Jahre gemacht hat. Das unabhängig von der ständigen existenziellen Gefahr durch die arabisch-islamische Welt, in der Israel seit seinem Entstehen existiert. Meine alte These, dass wir nicht eines Tages aufwachen wollen und einen „jüdischen Staat“ vor finden, den zu unterstützen es sich nicht mehr lohnt, darf sich nicht verwirklichen. Davon sind wir heute weniger weit entfernt, als wir gerne denken, die Gefahr einer versuchten Machtübernahme durch rechtsextremistische Kreise besteht. Rabins Ermordung hat uns das demonstriert. Das Benehmen extremistischer Siedler und der Hügeljugend, ihr Hass auf israelische Soldaten und Polizisten, ihre gewalttätigen Angriffen auf Oliven erntende Palästinenser, die Erziehung zum Araberhass jüdischer Kinder in Hebron, dass alles müsste in israelischen Köpfen eigentlich Sturm läuten. Wir müssen uns dem bewusst sein und uns davor schützen. Darum ist dem Preis eines jüdischen Staates eine Grenze zu setzen. Ein jüdischer Staat um jeden Preis? Nein!

Montag, 19. Oktober 2009

Aus der Fundgrube

Der Mut des Scheich Salman al-Oadah

Einmal mehr wurde ich von Ami Isseroff auf Interessantes und Wesentliches verwiesen. Auf dem Blog „Islam today“ schreibt der saudische Scheich Salman a-Oadah seine glasklare Meinung unter dem Titel „Vereinigt gegen Terror und al-Kaida“. Er wurde gewarnt sich nicht zu diesem Thema zu äussern, er tat es trotzdem und scheint es bisher überlebt zu haben, auch wenn er schon fünf Jahre im Gefängnis verbracht hat. Der Scheich ist ein steter Warner vor arabischem Extremismus. Der Artikel ist lang und ich möchte hier nur den letzten Abschnitt übersetzen, der alles auf den Punkt bringt:

Zitat: „Ich behaupte auf Grund meiner Überzeugung, dass die Leute die den extremen Pfad wählen, wenn sie an die Macht kommen sollten, Zerstörung und Ruin auf alles bringen werden. Die Gesellschaft, ihr Zusammenhalt, die Integrität der Familie, ihre Landwirtschaft würde zusammenbrechen. Diese Leute würden einen Bürgerkrieg fördern und selbst darunter leiden. Dies, weil sie vom geraden Weg abgekommen sind. Sie haben keinerlei Verständnis islamischer Lehren und deren Weisheiten. Sie sind ignorant über die Naturgesetze die Teil Allah’s Schöpfung sind. Deshalb werden sie nie Erfolg haben und nie göttliche Unterstützung finden. Das ist für jedermann zu sehen. Trotzdem sind sie erfolgreich, in dem sie Chaos verbreiten. Sie sind gut darin einfache Gemüter (!) zu verführen und Zwietracht zu sähen und erhalten dann Unterstützung, wenn immer wir stumm bleiben, beschönigen oder [ihre Taten] nicht verurteilen.“ Ende Zitat.

Der Mut des britischen Obersten
Oberst Richard Kemp, ehemaliger Kommandant der britischen Streitkräfte in Afghanistan, sagte am 16. Oktober 2009 vor dem UNO-Menschenrechtsrat aus. Er bestätigte den feigen Kriegsstil der Hamas, die sich hinter ihrer zu Geisel genommenen Zivilbevölkerung versteckte und ist ebenso im Detail der professionell belegten Meinung, Israels Armee habe aussergewöhnliche Massnahmen zum Schutz der palästinensischen Bevölkerung getroffen. Er nennt die Verurteilung Israels im Menschenrechtsrat und anderen internationalen Gremien eine pavlovsche Reaktion, eine von vielen in den Jahrzehnten unserer Geschichte. Hier seine dreiminütige Stellungsnahme in Genf.

Der Mut des Yaakov Marks

Gegen Ikone des sogenannten Friedenslagers, wie Amira Hass oder Gideon Levy der Zeitung Ha’aretz aufzubegehren, ist nicht jedem gegeben. Der Lehrer Yaakov Marks aus Ma'alot an der libanesischen Grenze hat es getan. Er beschäftigt sich in seinem Blog "My Daily Kvetch" mit ähnlichen Vorkommnissen, wie ich in meinem Eigenen. Er schrieb einen Brief an Haaretz, in dem er erfolgreich, die (wie er es nennt) niederträchtigen Artikel von Amira Hass, der unentwegten Vertreterin der grossen palästinensischen Lüge“ zu ihrem letzten Märchen aus zweiter und dritter Hand. Er schreibt: „Zusammengefasst sage ich, dass bis man selbst in der Situation ist, in der gerade um die nächste Hausecke jemand wartet dich zu töten, du nicht begreifen kannst, wie Fehler tatsächlich geschehen können“. Das kann ich aus eigener Erfahrung sofort unterschreiben. Noch ein Zitat: „In diesem Artikel von Amira Hass, bekommt man einen Eindruck des Krieges in seiner schrecklichsten Form. Zivile Verluste sind ein schrecklicher Preis und es gibt viele Fälle solche schrecklicher Vorkommnisse, wie überall, wo es Krieg gibt. Als jemand, der an Kriegen teilnehmen musste, habe ich das zu oft gesehen.“ Auch das könnte ich unterschreiben. Yaakov Marks ermahnt Amira Hass ihre auf Hörensagen beruhenden Reportagen zu kontrollieren und sich nicht als Propagandistin herzugeben. Immer wieder geht mir die Frage durch den Kopf, warum sich Leute wie Gideon Levy, denn ich persönlich kennen aber nicht schätzen gelernt habe und Amira Hass ihre oft hasserfüllten und noch öfter propagandistischen Artikel verfassen. Ist es reine Show aus ihrer Marktlücke heraus, die sie zu gutverdienenden Prominenten macht? Sie haben das Recht ihr Gift zu streuen, so wie ich auch das Recht habe, mich darüber zu äussern. Dazu leben wir in einer freien Gesellschaft, in totalem Gegensatz zur Gesellschaft, über die sie berichten.

Sonntag, 11. Oktober 2009

Medieninformation

Woher hat das weltweite Publikum seine Informationen? Von den Medien natürlich. Und woher, sagen die Medien, hätten sie ihre Informationen? Vom weltweiten Publikum, dass alles weiss. Diese weise Erkenntnis habe ich aus den Medien (Ha’aretz), denn die wissen, was alle wissen.

Wie das funktioniert, führt das britische antisemitische und doch auflagestarke Schmierenblatt „The Guardian“ vor, aus dem so viele „Israelkritiker“, vor allem der Akademia, ihr fundiertes Wissen beziehen. Als dieser Tage Präsident Barrack Obama den Friedensnobelpreis erhielt, veröffentlichte „The Guardian“ eine Liste aller bisherigen Empfänger dieses Preises. Allerdings fehlten in dieser Aufzählung drei davon: Menachem Begin, Itzchak Rabin und Schimon Peres. Begin s.A. erhielt den Preis zusammen mit Anwar Sadat s.A., Rabin s.A. und Peres teilten den ihren mit Gröfaz (grösster Friedensfreund aller Zeiten) Arafat. Die Drei waren von dieser Liste gewischt, so wie Ahmedinejad Israel von der Weltkarte wischen will. Das Motto des Guardian ist „Fakten sind heilig“ und er desinformiert seine Leser über Israel, in dem er alles Positive über unser Land, wie eben Friedensnobelpreise für Israelis, unterschlägt. Hasser sind selten intelligent, denn sonst hätten sich die Redaktoren nicht vorgemacht, niemand würde es merken.

Aber es wurde bemerkt und hastig sind die drei Namen in die Liste eingefügt worden. Leider, für den The Guardian, aber als wundervolles Beispiel der Mediengeschichte, wurde die entisraelisierte Liste noch vor dieser Korrektur vom Londoner Jewish Chronicle und dem Blog Harry’s Place gespeichert. Das Wort Israel wurde in der Hast bei Entfernen der drei Personen auf der Liste vergessen. Vielleicht aber bewusst stehen gelassen, um darauf hinzuweisen, dass es einen Staat Palästina (noch) nicht gibt - sind doch Fakten heilig.

Das Ganze erinnert an meine eigene Erfahrung mit dem Magazin des Zürcher Tages-Anzeigers, in dem Kommentare über einen wirklich guten Artikel in eine Flut extremer antisemitischer Kommentare degenerierten, sodass, auf meine telefonische Reklamation hin, die Redaktion Artikel und Kommentare einfach löschte, statt darüber selbst Stellung zu beziehen. Denn Antisemitismus öffentlich überzeugt abzulehnen, braucht mehr Mut als den die Taste „delete“ zu drücken.

Freitag, 9. Oktober 2009

Steine fliegen

Scheichs Ra’ed Salah, selbstverliebter arabischer Judenhasser mit einer blauen israelischen Identitätskarte, hat die Gunst der Stunde erkannt. Der Scheich sorgt mehrmals jährlich für Aufruhr. da er scheinbar Angst hat, von der Öffentlichkeit nicht mehr wahrgenommen, ja vergessen zu werden. Denn wenn er im Gefängnis sitzt, dann „sitzt“ (man müsste eigentlich das Verb stehen verwenden) er im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, besonders seiner Anhänger, die dann vor dem Gefängnis Fahnen schwingend demonstrieren dürfen. Dann fühlt er sich besser. Bei einer Fahrt durch Umm El-Fahm und Umgebung begeisterte sich ein mit mir befreundeter arabischer Reiseleiter über den Scheich, denn bevor er zu frömmeln begonnen habe, sei er drei Jahre lang Bürgermeister der Stadt gewesen – der beste aller Bürgermeister seit Jahrzehnten. Denn die Saläre der städtischen Beamten seien stets pünktlich bezahlt worden. Aber nach drei Jahren, sei er überraschend zurückgetreten mit der Begründung, er habe Gott (er sagte wohl Allah) gefunden und werde sein Leben diesem widmen.

Im Bund B der heutigen (9.10.2009) Ausgabe der Zeitung Ha'aretz stand folgendes: "Sein (Ra'ed Salah] Stellvertreter [als Führer der nordisraelischen muslimischen Bewegung] Scheich Kamal Khatib, der [im Gegensatz zu Ra'ed Salah] bereit ist zu den "Juden" in Hebräisch zu sprechen, erklärte am vergangenen Mittwoch in einem Interview beim israelischen Militärradiosender, es sei nicht akzeptierbar, dass ein äthiopischer Polizist, ein Neger, von einem Muslim am Eingang zum Tempelberg die Identitätskarte verlange." Ob das wohl ein Restbestand der nazistischen Erbschaft der Jihadisten ist, aus den Zwenziger/Dreissiger Jahren stammend und heute von Ahmedinejad aktiviert? Denn grundsätzlich ist der Islam nicht rassistisch, auch wenn heute Araber sich als seine Elite betrachten. Soviel zum rassistischen Apartheidvorwurf der Palästinenser an den jüdischen Staat. Auf Grund dieser Aussage kann ich mir ein Leben in Israel/Palästina gemäss Einstaatenkonzept lebhaft vorstellen.

Oft erinnere ich mich an einen Schweizer Diplomaten, den ich vor Jahren in die Galerie gebracht hatte und Gelegenheit hatte ein Gespräch mit dem Scheich zu führen. Er mir sagte – kurz bevor der Scheich seinen ersten Schritt als Aufwiegler gegen Israel und seine Juden tat – man müsse vor sanften und stets lächelnden Menschen, wie Scheich Salah, vorsichtig sein, man erliege in deren Einschätzung leicht einem Irrtum. Diese Aussage hatte sich innert einigen Wochen bestätigt – Scheich Ra’ed Salah ist zu einer gefährlichen Plage geworden, die mit Lügen – seine Hauptlüge ist seit Jahren, die Al-Aksa Moschee auf dem Tempelberg sei in Gefahr - für Unruhe und Gewalt gegen Israel in der gesamten islamischen Welt sorgt. Diese Lüge ist heute zu seinem Kampfruf geworden. Vor einigen Tagen wurde Ra’ed Salah festgenommen, sein Aufruf zu antiisraelischen gewalttätigen Demonstration wurde von Tausenden begeistert befolgt, Steine wurden geworfen, Menschen verletzt und es wird sogar schon von einer Intifada 3 gesprochen. Jacques Ungar beschreibt das Ganze gekonnt im heutigen Tachles. Der Scheich ist gefährlich, er spielt mit den „religiösen“ Gefühlen seiner zahlreichen Jünger und ist zum Symbol eines künstlich geschürten Juden- und Israelhasses unter Teilen israelischer Araber geworden. Die aufgeklärten unter ihnen schämen sich darüber, aber wie immer, wenn Araber sich offen kritisch über eigene Fehlleistungen äussern müssen, drücken sie sich davor. Sie haben Angst vor der Gewalt der Islamisten in ihrer eigenen Gesellschaft, von der sie sich bedroht fühlen – eine nicht unberechtigte Furcht. Dazu kommt, dass Zivilcourage in der arabischen Gesellschaft keinerlei Tradition hat, zivilgesellschaftliches ihr eigentlich fremd ist und erst in der freien israelischen Gesellschaft sich langsam entwickelt – stets mit einem furchtsamen Blick auf arabische und islamische Reaktionen aus dem Ausland. Das Leben aufgeschlossener, ein freies Leben als israelisches Bürger führender arabischer Israelis ist für viele von ihnen zu einem Balanceakt geworden, zwischen der lockenden Freiheit israelischen Lebens und dem Gefängnis traditioneller arabischer Gesellschaft, in der extremistisch-reaktionäre Religion und überholte traditionelle Strukturen soziale Entwicklung behindern.

Israels arabische Bürger haben die Chance, ihre Lebensqualität auf das Niveau einer modernen und freien Gesellschaft anzupassen. Geld dazu braucht es nicht, nur Mut und die Bereitschaft, sich nicht von jihadistischen Charlatanen verführen zu lassen.

Donnerstag, 8. Oktober 2009

Das Friedenslager der Rechten

Auf den Punkt gebracht

Jöel Kotek brachte in einem Interview in 2004 den mir neuen Begriff „Peace Camp Rightist“ – Rechtsgerichtes Mitglied des Friedenslagers. Der Begriff gefällt mir, solange dieser Ausdruck sich nur auf das, unterkühlt gesagt, gestörte Verhältnis zwischen Israel und den Palästinensern und dem Rest der muslimischen Welt bezieht. Sozialer and wirtschaftlicher Fortschrift, das eigentliche A und O linker Politik schliesse ich aus, doch das gehört auch nicht hierher. Die Bezeichnungen Links und Rechts haben in unserer Region eine völlig andere Bedeutung. Jöel Kotek definiert seine Aussage wie folgt: „In Europa ist man als Antirassist automatisch ein Linker. Aber wenn man gegen den Antisemitismus kämpft, wird man als Rechtsextremist gesehen – als Anhänger des Likud und Sharon [geschrieben in 2004!]. Das ist unwahr, denn ich bin ein bewusster Jude und Mitglied des Friedenslagers. Ich sehe mich als Freund Israels, jedoch kritisch gegenüber einem Teil seiner Politik. Wenn man aber den enormen arabischen Hass und Dämonisierung Israels realisiert, dann muss man Israel verteidigen. Ich bin entsetzt über den Impakt des Antizionismus und der Ignoranz, die ich sehr oft bei Gesprächen über Israel vorfinde.“ Das kann ich ohne zu zögern unterschreiben. Diese Erkenntnis tut ganz besonders weh, wenn man Juden vorfindet, die in schamloser Verblendung diesen als Israelkritik getarnten Judenhass übernehmen und auf die Spitze treiben. Über die Motivation dazu habe ich schon öfters geschrieben und will mich (für einmal) nicht wiederholen. Die von Jöel Kotek erwähnte Ignoranz kann bei Nichtjuden verständlich sein, akzeptiert werden darf sie nicht. Information ist eine Holschuld, es ist ohne weiteres möglich authentische statt manipulierte Information zu erhalten, so lange man seine eigenen Vorurteile zu Seite legt, statt sie bestätigt sehen zu wollen. Findet das nicht statt, kann neben Dumm- oder Faulheit nur noch Böswilligkeit der Grund sein. Man nennt das auch Antisemitismus. Gerade deshalb ist meine Achtung politisch und freiwillig motivierter nichtjüdischer Anwälte Israels gestiegen, auch wenn sie noch (ich hoffe mich da zu irren) in der Minderheit sind. Also Chapeau dem Karl, der Vreni, dem Hartmuth, dem Trudi, dem Ari und seiner Marijke, dem Ekkehard – nur um einige zu nennen, die sich für Israel einsetzen und das ohne den lieben Gott zu zitieren.

Angst für Europa



Man bemerke den “intelligenten” Oxymoron des Plakattextes

Wer mehr darüber wissen will, wie Islamisten Europa das Fürchten lehren, den lade ich ein diesen Link von Lisas Welt zu lesen. Meine Angst für die Zukunft Europas ist weit stärker als die Angst vor Jihadisten im Zusammenhang mit Israel, denn Israel wehrt sich – Europa (noch?) nicht. Dialog hilft bis zu einem gewissen Punkt, doch dieser Punkt, meine ich, wurde längst überschritten. Das hat nichts mit der Schweizer Abstimmung um das Verbot der Minarette zu tun – ein solches Verbot wäre nicht demokratisch und dumm. Wären nach den Moscheen die Synagogen an der Reihe? Es geht doch nicht um Moschee und Minarett, sondern um das, was darin geschehen könnte oder auch schon geschieht, nämlich das lehren von Rassismus und Hass auf andere, vor allem auf das Land, das solche Muslime aufgenommen hat. Es liegt an den Muslimen der Schweiz und im Resten Westeuropas, durch ihr Benehmen und Teile ihres Lebensstils und Staatsverständnisses den „Ureinwohnern“ westeuropäischer Länder (Juden gehören da auch dazu, solange sie nicht, wie viele französische Juden, schon nach Israel „geflüchtet“ sind), zu zeigen, dass sie sich friedlich integrieren wollen ohne, wie die Juden, ihre eigene Kultur zu verlieren und ohne auf Konfrontationskurs zu gehen.

Sonntag, 4. Oktober 2009

Die Stimme eines arabischen Israelis

Ich dachte bisher, der heute moderne jüdische Selbsthass sei eine relativ neue Seite des Judentums, eine Art Reaktion auf den Erfolg des politischen Zionismus. Doch beim Lesen einiger alter Schriften stiess ich auf eine Frage von Berl Katznelson 1. Mai 1936. Katznelson, einer der frühen Arbeiterführer und Ikone der zionistischen Bewegung fragte am 1. Mai 1936:

„Gibt es ein anderes Volk auf der Erde, das emotionell so verdreht ist, dass es alles was die eigene Nation tut als verabscheuungswürdig und verhasst sehen, während jeder Mord, jede Vergewaltigung und jeder Raub ihrer Feinde ihre Herzen mit Bewunderung und Ehrfurcht erfüllt? So lange ein jüdisches Kind …. ins Land Israel kommen kann und hier vom Virus des Selbsthasses angesteckt wird …. lasst unser Gewissen nicht ruhen.“

(Quelle: Edward Alexander, “Israelis Against Themselves.” In The Jewish Divide Over Israel: Accusers and Defenders. Edward Alexander and Paul Bogdanor, Eds. (New Brunswick, New Jersey: Transaction Publishers, 2006), 35)

Soweit zum einem Dauerthema meines Tagebuches, doch diesmal aus der Feder eines historischen Zionisten.

Im März dieses Jahres war in der San Francisco Chronicle eine erstaunliche, an das amerikanische Publikum gerichtete, Stellungnahme zu lesen. Erstaunlich deshalb, weil der Autor nicht nur israelischer Diplomat, sondern als Beduine, also Araber ist, Dinge schreibt, die zwar stimmen, aber von israelischen Arabern höchstens in Gesprächen unter vier Augen geäussert werden. Der Mangel an wirklicher Zivilcourage in der arabischen Gesellschaft Israels ist vielleicht weniger stark ausgeprägt, als in arabischen Ländern, doch die Gefahren für den einzelnen arabischen Bürger können auch bei uns beträchtlich sein. Der traditionelle Gruppenzwang kann existenzielle Folgen haben, ja sogar das Leben kosten. Darum schätze, ja vielleicht sogar verehre ich arabische Freunde, die versuchen, das von ihnen als richtig gehaltene zu leben und sogar zu sagen, wohl wissend, dass sie sich damit extrem exponieren. Die Angst gerade das zu tun ist die Norm und es ist diese Norm, die israelische Araber dazu zwingt Dinge zu sagen und den Medien zu vermitteln, die dann als israelische Apartheid dem weltweiten Publikum verkauft werden.

Darum bin ich vom stellvertretenden Generalkonsul Israels in San Franzisko (USA) wirklich beeindruckt. Er äusserte sich direkt und undelikat im San Francisco Chronicle vom 4. März 2009 unter dem Titel „Lost in the blur of slogans“ (Verloren im Nebel der Slogans) zu den zahlreichen Aktionswochen israelhassender Nichtjuden und Juden extremer „linker“ Konfession, vor allem an amerikanischen Hochschulen. Ich möchte ein paar der Aussagen Ishmael Khaldis hier in Deutsch wiedergeben – Kommentare erübrigen sich:

• Ich bin ein stolzer Israeli – zusammen mit vielen anderen nichtjüdischen Israelis, wie Drusen, Bahai, Beduinen, Christen und Muslimen, die in der kulturell vielfältigsten und einzigen wirklichen Demokratie des Mittleren Ostens, leben.
• An jedem von ihnen gewählten Massstab – Bildungschancen, wirtschaftliches Weiterkommen, Rechte von Frauen und Homosexuellen, Rede- und Versammlungsfreiheit, legislative Vertretung im Parlament – sind Israels Minderheiten weit besser dran als in irgend einem anderen Land des Mittleren Ostens.

Ishmael Khaldi antwortet auf Vorwürfe der Israelhasser:

• Ihr verweigert Israel das fundamentale Recht jeder Gesellschaft, sich zu verteidigen: Ihr verurteilt Israel für den Bau der Sicherheitsgrenze, mit denen es seine Bürger vor Selbstmordbombern verteidigt ………, aber ihr habe keine Alternative zu offerieren.
• Eure Kritik ist bewusst heuchlerisch: Leiden Israels arabische Bürger an Nachteilen? Aber sicher. Leiden Afroamerikaner, die zehn Minuten vom Berkeley Campus leben, an Nachteilen? Aber sicher. Also sollen wir eine Berkeley Apartheid Woche starten oder sollten wir reale Wege finden, unsere Gesellschaften zu verbessern und vermehrte Gelegenheiten für Arbeit und Karrieren zu schaffen.
• Ihr verratet moderne Muslime und Juden, die [wirklich] daran arbeiten, Frieden zu schaffen. Euer Radikalismus untergräbt die Kräfte des Friedens in Israel und in den palästinensischen Gebieten. Wir arbeiten hart daran einen Frieden zu erreichen, der die legitimen Rechte beider Seiten, Israel und des palästinensischen Volkes, anerkennt und ihr versucht diese Bemühungen zu zerstören, indem ihr eine Seite verleumdet.
• Den Organisatoren der Apartheid Woche möchte ich folgendes sagen: Wäre Israel ein Apartheidstaat, wäre ich nicht für diesen Posten ernannt worden, noch hätte ich einen solchen gewählt. Es gibt viele Araber, in Israel und in den palästinensischen Gebieten, die mit grossem Mut den Weg des Friedens gehen. Ihr solltet uns unterstützen, statt gegen uns zu sein [zu agitieren].