Falls jemand je Zweifel an Bibi Nethanyahus Motivation für seine Politik gehegt haben sollte, einen Beweis hat er demonstriert: er will unter allen Umständen Premierminister sein und bleiben – koste es was es wolle. Es geht nicht nur um die Bautätigkeit in der Westbank – auch wenn jemand behaupten kann (und viele tun das sogar), dass damit tausende palästinensischer Arbeitsplätze erhalten würden, was nun halt stimmt, aber nicht ausschlaggebend sein darf. Es geht auch um den Erhalt unseres Staates als Demokratie, die allen seinen Bürgern demokratische Errungenschaft garantiert. Ultraorthodoxe unterdrücken ihre Frauen mit ihrer „saudisch“ anmutenden Sittenpolizei, sind zu tausenden äusserst Gewalttätig geworden, untergraben den israelischen Gesetzesstaat und bedienen sich frei am staatlichen Budget, verweigern sich praktisch sämtlichen Bürgerpflichten, aber nicht den Geld ausschüttenden Bürgerrechten. Um seinen persönlichen Status zu erhalten gibt Nethanyahu antidemokratischen Forderungen nach (auch von rechtsradikaler Seite), statt zum Wohl des Landes mit der moderaten Kadima eine Koalition einzugehen und sich Erpressungen aus rechtsextremer und ultrafrommer Seite zu verweigern. Er hat Angst, für die Zukunft seines Landes einzustehen, denn in politischem und religiösem Fundamentalismus liegt diese sicherlich nicht.
Doch was hat Nethanyahu damit erreicht? Weltweit kann jetzt Israel, sogar mit Berechtigung, als am Frieden nicht interessiert angesehen werden. Statt den Palästinensern den Beweis ihrer Friedensablehnung zu überlassen, wie schon wiederholt geschehen, zieht er Israels Namen in den Dreck. Unser Land, durch gekonntes palästinensisches Manipulieren der weltweiten öffentlichen Meinung (und auch Antisemitismus) bisher meist zu unrecht verleumdet, ist nun in eine Situation gebracht worden, für die es diesmal selbst verantwortlich ist.
Als einziger und wirklicher demokratischer Staat der Region, kann sich unser Land diesen Zustand nicht leisten. Ebenso wenig, wie es sich die Besetzung der Westbank leisten kann, durch die Israel zu einem Besatzungsstaat mutiert ist – einem für Juden unakzeptablen Zustand, der sobald wie möglich beendet werden muss, wenn auch ohne den mit dem Abzug aus Gaza gezeigten Leichtsinn.
Ich schreibe diese Zeilen nicht aus Sympathie für das palästinensische Volk als Ganzes. Ich schätze viele einzelne Palästinenser, die ich inzwischen kennengelernt habe, doch als soziale Einheit mit mittelalterlichen Traditionen der Religion, Unterdrückung ihrer eigenen Menschen, ihrem internen Terror (der mehr Leben kostet, als der Streit mit Israel, was aber von der internationalen Presse unter den Teppich gewischt wird), dem gezüchteten Hass gegen alles Jüdische und Westliche, der Verfolgung ihrer christlichen Mitbürger kann ich als moderner Mensch nicht sehr viel übrig haben – die Zeiten, in denen man alles auf koloniale Ausbeutung schieben kann sind schon längst vorbei. Auf der anderen Seite kann man dem ihnen von der arabischen Welt auferlegten Flüchtlingsschicksal mitfühlen, auch wenn sie daran selbst auch nicht unschuldig sind. Doch das ist eine andere Geschichte.
Wer weiss, vielleicht geschieht doch ein Wunder und Bibi Nethanyahu springt über seinen eigenen Schatten und besinnt sich auf eine wirkliche Friedenspolitik. Die Frage stellt sich heute schlicht, ob er eine solche überhaupt will. Wir werden sehen.
Dienstag, 28. September 2010
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