Montag, 31. Oktober 2011

Reaktionen bitte - Offener Brief


Liebe Schweizer Jüdinnen und Juden,

Nachdem auf unseren Offenen Brief in der jüdischen Schweizer Zeitschrift „Tachles“ (9.9.2011) an Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey, mit einer Ausnahme, keinerlei Reaktion aus jüdischen Schweizer Kreisen erfolgt ist, fragen wir, die Initiatoren, warum das sein kann. Selbst stimm- und wahlberechtigte Schweizer Juden, aber in Israel lebend, sind wir täglich mit jüdischer Israelkritik aus unserem Geburtsland konfrontiert und haben damit Gegenrecht, das wir kompromisslos wahrnehmen. 

Als jemand der sich intensiv und oft mit israelischen Arabern beschäftigt, viele persönlich kennt und besucht, jedoch ihnen gegenüber aus seinem Herzen keine Mördergrube macht und sie auf Augenhöhe (ein beliebter Ausdruck unter Israels Arabern) direkt und freundschaftlich kritisiert, befremdet mich (Uri Russak) der Leserbrief Bernhard Roms (Tachles, 7.10.2011). Seine nicht ganz klare Bemerkung zum Apartheid-Unsinn gegenüber Israels arabischen Bürgern macht mich stutzig. Gelegentlich vermitteln uns Schweizer Juden, die eine Meinung über Israel äussern, gemischte Gefühle und den Gedanken, sie hätten wenig bis keine Ahnung, von was sie reden oder schreiben. Unsere Erfahrung mit jüdischen, teilweise zionistischen Schweizer Organisationen ist, das geben wir zu, leicht beschränkt, auch wenn Uri einige Jahre Präsident von ARZA Schweiz und Co-Präsident des schweizerischen Zionistenverbandes (s.A.) war. Was wir über die JVJP denken sollte hinreichend bekannt sein: in ihrem Israelhass, dessen Intensität den der Neturei Karta erreicht, ist sie ist eine Schande für die Judenheit. Mit dem Neuen Israel Fond Schweiz hatte Uri die merkwürdige Erfahrung, das seine Anfrage zur Unterstützung  des arabischen Sozialwerks der Kunstgalerie Umm El-Fahm, von dessen Präsidenten in Frage gestellt worden war, nachdem er erfuhr, der Leiter dieses einmaligen Werkes früher höherer israelischer Polizeioffizier gewesen sei. Vielleicht hätte Scheich Raed Salah, Hamas-Filialleiter in Israel, statt dessen ein offeneres Ohr erhalten. Vielleicht hat sich dieser Gesprächspartner verhört, das aber nie richtiggestellt. Uns scheint so etwas dürfe einem offenen, wenn auch Israel gegenüber kritisch eingestellten Menschen, nicht passieren. Oder eben diese Erfahrung enthüllte tatsächlich einen auf vorgefasste Meinungen abonnierten Israelkritiker, der ganz nach Morgenstern denkt, dass nicht sein kann, was nicht sein darf.

Wir Schweizer Israelis sind heute in der merkwürdigen Lage, dass wir öffentlich vor allem von nichtjüdischer Seite unterstützt werden (wir denken da nicht in erster Linie an evangelikale Christen), sondern an unsere zahlreichen Freunde der GSI und an die nichtjüdischen Mitglieder oder Sympathisanten jüdischer Organisationen wie die Freunde von Kiriat Yearim, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Wir wissen, dass Schweizer Juden sich für Israel einsetzen, oft in Zusammenarbeit mit nichtjüdischen Israelfreunden, unter denen wir inzwischen viele wertvolle Menschen kennengelernt haben. Wir wären unseren jüdischen Freunden sehr dankbar, wenn sie sich mit ihrer Unterstützung Israels etwas öffentlicher exponieren würden. Möglichst ohne wenn und aber. Wie wir, muss man die heutige Regierung Israels und ihre Politik nicht mögen, aber das Land verdient Unterstützung, seine heutige Lage ist – Politik hin oder her - grundsätzlich nicht viel anders als vor 63 Jahren. Die arabisch-muslimische Welt liebt uns kein bisschen mehr als in 1948. Zudem, wer weiss, vielleicht sind auch Schweizer Juden einmal auf den jüdischen Staat angewiesen - um nur einen Grund zu nennen, Israels Existenz politisch zu unterstützen.

Laura und Paul Uri Russak, Zichron Yaakov
Esther und Alexander Scheiner, Zichron Yaakov

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Sonntag, 30. Oktober 2011

Entwicklung der Menschheit



Gelegentlich schaue ich auf der Suche noch Passendem in meiner Bücherei nach. Da bietet sich Erich Kästner an, den ich während meiner Lehrzeit als Verlagsbuchhändler (bei Oprecht) bei meinem sehr fernverwandten Onkel und Verleger Carl Posen vom Atrium Verlag Zürich kennengelernt habe. Mehrmals durfte ich Erich Kästner, dem genialen und humorvollen Autoren, Dichter und Kettenraucher, Zigaretten holen und bin aus nicht klaren Gründen noch immer stolz darauf. Welche Zigarettenmarke er geraucht hatte habe ich vergessen.


Hier die „Entwicklung der Menschheit“ aus seiner Lyrischen Hausapotheke, Worte, die heute noch genau so aktuell sind wie während der Nazizeit, in der er sie schrieb und prompt wieder verhaftet wurde:

Entwicklung der Menschheit

Einst haben die Kerls auf den Bäumen gehockt,
behaart und mit böser Visage.
Dann hat man sie aus dem Urwald gelockt
Und die Welt asphaltiert und aufgestockt,
bis zur 30. Etage.

Da sassen sie nun den Flöhen entflohn
in zentralgeheizten Räumen.
Da sitzen sie nun am Telephon.
Und es herrscht noch genau der selbe Ton
wie seinerzeit auf den Bäumen.

Sie hören weit. Sie sehen fern.
Sie sind mit dem Weltall in Fühlung.
Sie putzen Zähne. Sie atmen modern.
Die Erde ist ein gebildeter Stern
mit sehr viel Wasserspülung.

Sie schiessen die Briefschaften durch ein Rohr.
Sie jagen und züchten Mikroben.
Sie versehn die Natur mit allem Komfort.
Sie fliegen steil in den Himmel empor
und bleiben zwei Wochen oben.

Was ihre Verdauung übrig lässt,
das verarbeiten sie zu Watte.
Sie spalten Atome. Sie heilen Inzest.
Und sie stellen durch Stiluntersuchungen fest,
dass Cäsar Plattfüsse hatte.

Sie haben mit dem Kopf und dem Mund
den Fortschritt der Menschheit geschaffen.
Doch davon mal abgesehen und
bei Lichte betrachtet, sind sie im Grund
noch immer die alten Affen.

Samstag, 22. Oktober 2011

Alan Dershowitz am 22. September 2011 - ohne Wenn und Aber







Viele mit der identischen Krankheit des Israel- und Amerikahasses mögen Alan Dershowitz nicht. Sie fühlen sich beschämt, denn er tut, was sie auch tun sollten, zu welchem ihnen jedoch der Mut fehlt. Seine ehrliche Kompromisslosigkeit überzeugt, doch für Juden hauptsächlich der europäischen Golah (Diaspora) ist er undiplomatisch und strahlt überhaupt keine Angst vor dem „was könnten die Goiim sagen“ aus. Er ist laut aber weiss, von was er spricht. Er geniert sich nicht kompromisslos für Israel einzutreten. Er weiss wo die Prioritäten liegen, nämlich beim Überleben Israels als Heimstatt der Juden. Er legt offen wie verlogen die Stellung der Palästinenser ist, wie sie in English Dinge sagen, denen sie in Arabisch widersprechen. Und er legt offen, wie angstvoll viele Golahjuden reagieren, wenn sie zu Israel äussern müssen. In Kürze: wo ist der europäische Dershowitz? Einer mit Mut und Überzeugungskraft? 

Mit Broder lässt sich Dershowitz nicht vergleichen, denn Broder mischt auch in der Innenpolitik Deutschlands mit und äussert sich als Polemiker, der tatsächlich fast immer Recht hat. Dershowitz spricht als Jurist, muss sich als ein solcher fundierter und völlig ernsthaft ausdrücken, weil - das ist meine persönliche Meinung - ihm der Humor Broders fehlt und er deshalb weit engagierter rüberkommt. Aber eben, einen Juden, der so oft und so überzeugend für Israel eintritt wie Dershowitz - den gibt es in Europa nicht. Wo zum Teufel finden wir eine solche Persönlichkeit in der jüdischen Welt des alten Kontinents?

Dienstag, 18. Oktober 2011

Wieder daheim



Alle paar Monate findet in Israel eine ein- oder mehrtägige Periode statt, während der das ganze Land am Fernseher oder am Radio hängt und Nachrichten verfolgt. Heute war es die Rückkehr Gil’ad Shalit's aus islamistischer Gefangenschaft bei der Hamas in Gaza. Zwar waren wir heute an der Bar Mitzwa unseres Enkels Eran, aber sogar dort drückten die Gäste an ihren Smart-Phones herum, um Live-Berichte zu suchen und die News weiterzugeben.

Selten noch war es leichter die ethische Distanz des Zivilisationsverständnisses zwischen Israel und seiner freien Gesellschaft und der islamisch-arabischen Welt mit ihrer Kultur der Todessehnsucht, des Märtyrertums zu verstehen. Richard Herzinger schreibt: „Es zeigt den fundamentalen Unterschied zwischen einer offenen, demokratischen Gesellschaft und einem zynischen kollektivistischen Unterdrückungssystem.“. Weiter schreibt Herzinger: „Welchen Kontrast bietet ein solches Wertesystem zu den Maximen einer (Un-) Kultur, die den “Märtyrertod” als oberstes Ideal namentlich für junge Männer propagiert und sich nicht scheut, sie im Namen einer Religion als “Selbstmordattentäter” zu missbrauchen! Nichts hat diesen Gegensatz so bösartig auf den Punkt gebracht wie die islamistische Parole: “Ihr liebt das Leben, wir lieben den Tod.”

All das wird und wurde heute demonstriert. Die grosse Freude des gesamten Landes über die Rückkehr „seines“ Sohnes Gil’ad aus der Gefangenschaft und die obszönen Festlichkeiten, mit denen die aus israelischen Zuchthäusern entlassenen arabischen Massenmörder von ihren islamistischen Herrschaften und deren hirngewaschenen Untertanen gefeiert werden. Auf der einen Seite freut sich ganz Israel über die Rückkehr Gil’ads in die Freiheit und auf der anderen Seite entzücken sich palästinensischen Massen über die Rückkehr ihrer geliebten Kindsmörder. Neu ist das alles nicht, denken wir an Samir Kuntar, der sich noch heute im Libanon feiern lässt, weil er einen Vater und seine kleinen Kinder mit dem Gewehrkolben erschlagen hat.

Ein weiteres Phänomen ist in diesem Zusammenhang erschienen. Allen, besonders Israels Entscheidungsträgern, ist klar, dass das Freilassen von 450 hauptberuflichen Massenmörder und Terroristen, denen die Möglichkeit verschafft in ihren angestammten Beruf als Killer wieder tätig zu werden. Die Alternative zu diesem Abkommen wäre das Todesurteil für Gil’ad Shalit gewesen. Für einmal hat Nethanyahu menschliche Grösse bewiesen und die einer freien Gesellschaft, die Menschenleben über alles stellt, entsprechende Wahl getroffen. Diese Wahl fördert das Vertrauen unserer Soldaten in ihre politische und militärische Führung, den sie beweist, dass sie ihre Wehrmänner auf dem Schlachtfeld nicht sich selbst überlässt, sondern alles tut, um sie verletzt oder nicht, nach Hause zu bringen. Mit anderen Worten, Israel sieht seine Soldaten nicht als zu verheizendes Kanonenfutter, sondern als jenen Teil der Bürger, der Israel das Überleben sichert und dafür sein Leben riskiert. Im Gegensatz zur arabischen Terrorszene ist der Märtyrertod kein Ideal, sondern tunlichst zu vermeiden.

Terror hat in Israel bisher tausende von Opfern gefordert. Meist sind es Zivilisten, die im Gegensatz zu Soldaten, sich nicht wehren können. Zugedröhnte Selbstmordattentäter sind die Ausnahme, auch wenn sie einen grossen Teil der Opfer verursachen. Familien der Opfer reagieren verschieden. Es gibt solche, die Vereinigungen Hinterbliebener von Terroropfern beitreten und sich gegenseitig helfen, Versöhnung suchen und Kontakte miteinander pflegen. Das gilt ebenso für jüdische, wie auch für arabische Familien, denn auch arabische Israelis werden zu Terroropfern. Oft arbeiten Juden und Araber in solchen Selbsthilfegruppen zusammen und beweisen Charakterstärke, die nicht den Hass pflegt, sondern die Verständigung. Es gibt auch andere, wie jene Familienmitglieder die beim Selbstmordattentat in der Pizzeria Sbarro in Jerusalem Angehörige verloren hatten. Ich weiss man sollte mit ihnen darüber nicht streiten und, auch wenn sie von Versöhnung und Grosszügigkeit nichts hören wollen, sie verstehen. Doch als eine solche Familie, die die Freilassung Gil’ad Shalits vor Israels Obergericht (erfolglos) angefochten hatte, vor Gericht über dessen Vater Noam herfiel und ihn anklagte ihr Leid zu ignorieren, platzte auch mir der Kragen. Als ob Rachegelüste ihre ermordeten Familienmitglieder zurück bringen würden – eine Frage die ihnen Noam Shalit selbst stellte.

Es gibt also zweierlei Wege, sich als Angehörige von Terroropfern diesem Schicksal zu stellen:

Hass und allem, was Hass in einem Menschen aufkommen lässt

oder

mit der Suche nach Versöhnung und der Einsicht, dass Rache niemandem nützt und nur die Seele verhärtet.

Immerhin, meine eigene Erfahrung mit Hinterbliebenen von Terroropfern unter Bekannten und Freunden ist, dass Hass mehrheitlich abklingt, auch wenn die Antipathie gegen Palästinenser in Israel in den letzten Monaten und Jahren exponentiell gewachsen ist. Das verwundert nicht, da palästinensische Hassgesänge gegen Juden nicht am Abklingen sind, sondern zunehmen.

Heute, da auch jüdischer Terror gegen unschuldige Palästinenser, deren Olivenhaine, Moscheen, Häuser und auch ihr Leben in Mode zu kommen scheint und als „Price Tag“ (Preisschild) von fanatisierten Westbankjuden praktiziert wird, müssen wir Israelis besonders vorsichtig sein, palästinensischen Terror gegen jüdischen Terror auszuspielen, so wie es gelegentlich von jüdischen Polit-Extremisten getan wird. Nur schon in reinen Opferzahlen und dem Niveau rücksichtsloser Brutalität sind die Palästinenser diesen Juden weit voraus. Das macht jüdischen Terror aber keineswegs akzeptabler und er muss mit aller Kraft bekämpft werden. Jüdische Terroristen sind für Israel eine Schande, denn sie bringen uns auf ein ethisches Niveau, das uns in unheimliche Nähe des ethischen Niveaus unserer Feinde positioniert. Auf diese Art darf Israel sich unter keinen Umständen in diese Region der Gewalttätigkeit, Korruption und reaktionärer Religionen integrieren.

Trotzdem und zum Abschluss: ich bin heute besonders stolz auf unser Land, einer, das wenn es darauf ankommt, Insel der Humanität in einer sonst trostlosen Umgebung ist. 

Baruch HaBah, Gil’ad Shalit. Jetzt darfst du wieder Sohn deiner Eltern sein, statt Sohn aller Israelis. Oh, zudem Gratulation zu deiner Beförderung vom Korporal zum Sergeant-Major.

Dienstag, 11. Oktober 2011

Stephen und Micheline – ein Vergleich



Während ich diesem fünfminütigen Video der Rede des kanadischen Premierministers Stephen Harpers zuhörte, schloss ich die Augen und stellte mir seine Worte aus dem Munde der Schweizer Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey kommend vor. Es ging einfach nicht. Nicht wegen Harpers merkwürdigem Kanadafranzösisch, das er neben seinem sonst englischen Vortrag spricht, sondern weil ich mir schlicht keinen Schweizer Bundesrat vorstellen kann, der bedingungslos für Grundsätze einsteht, wie es eben Harper für Israels Überleben tut. Kein Wort über gute Dienste, humanitäre Tradition (ich denke da an die wenigen Hunderttausend nach Deutschland zur Entsorgung zurückgejagten Juden - ja ich weiss, 30'000 wurden gerettet), nicht einmal jüdische Bankkonti werden von Harper erwähnt.

Harper verteidigte schon im Zweiten Libanonkrieg (kein Ruhmesblatt der israelischen Regierung, auch wenn die Motivation dazu einleuchtet) Israels Recht sich zu verteidigen. Er nennt den islamistischen Massenmord in Mumbai an Hindus, Christen, Juden etc. von 2008 „einen Affront gegen die Werte, die zivilisierte Menschen einigen“. An Durban Konferenzen II und III weigert sich Kanada teilzunehmen. Seine Unterstützung Israels will er weiterführen „ungeachtet möglicher Kosten“. Man stelle sich einen Schweizer Bundesrat vor, der solches sagen würde, ohne sich erst mit der Schweizer Banquiervereinigung zu beraten. Mein eine Kippa tragender Onkologe, der in Wien studiert hat und Wienerisch mit einem hebräischen Akzent spricht, brachte das einmal auf den Punkt (obwohl ich mit seinen politischen Ansichten nicht einig gehe), indem er meinte die Schweiz habe vom Hitlerkrieg eigentlich vor allem gut verdient und sich über die Redlichkeit ihrer Anpasser- und Profiteurenmentalität auch nach dem Krieg nie Gedanken gemacht. Das im Gegensatz zu Deutschland, das sich mit den Verbrechen seiner fürchterlichen Naziherrschaft und allem was dazugehörte, auseinandersetzte und als Staat Konsequenzen zog. Zwar bin ich nicht ganz mit Dr. Steins Gedanken einverstanden, doch etwas ist da dran – antisemitische Leserkommentare in den Websites Schweizer Tageszeitungen beweisen das täglich. Und interessanterweise gibt es nur sehr wenige Stellungsnahmen dazu aus den Redaktionen dieser Zeitungen.

Nehmen wir an, die Schweiz hätte sich während dem Zweiten Weltkrieg korrekt benommen und sich vor allem auf ihr Überleben als Staat gekümmert. Es ging ja nie um die Vernichtung der Schweizer – mit Ausnahme derer jüdischen Bürger. In den dreiundsechzig Jahren der Existenz Israels geht es aber genau um das – um das physische Überleben seiner jüdischen Bürger. Noch nie war es so deutlich wie heute – der allenfalls zu entstehende Staat Palästina, soll, wie von Abu Masen und seinen Mannen immer wieder bestätigt, völlig „judenrein“ sein. Das ohne sich sogar auf Ahmedinejad zu beziehen. Das soll vorerst für das Palästina der Westbank und Gaza gelten, doch da ein kommender Friedensvertrag, wie bestens und vielfältig belegt, in den Augen eben dieser Nachbarn nur die Basis für den nächsten Schritt abgeben soll – die bescheidene Erweiterung dieses Staates bis zu den schönen israelischen Stränden des Mittelmeers.

Die von der Schweiz seinerzeit abgeschobenen Juden konnten sich nicht wehren. Das hat sich gründlich geändert – die Juden Israels wehren sich und das finden heute viele schwer zu akzeptieren - ist der kanadische Premierminister Stephen Harper eine Ausnahme? Hoffentlich nicht.

Micheline, willst du nicht auch zu Harpers Kreis der Erleuchteten gehören? Einer kleinen, doch wirklich ehrenwerten Gruppe. Wobei mir in den Sinn kommt, dass du bis heute noch eine Antwort an die unterschreibenden jüdischen Schweizer in Israel des Offenen Briefes an dich vom 9. September 2011, schuldig bist. Der Brief erschien in der Wochenzeitschrift „Tachles“ desselben Datums. Unser Brief war sehr höflich – das Ausstehen deiner Antwort ist es nicht.

Mit sozialdemokratischem Gruss, Genosse Paul Uri Russak, Mitglied der israelischen Arbeitspartei

Freitag, 7. Oktober 2011

Zu Yom Kippur



Der Yom-Kippur Krieg 1973


Obwohl 1973 in der Schweiz lebend, war ich auch Bürger Israels. Am 1. Oktober 1973 flogen wir nach Israel um die Bar Mitzwa unseres Sohnes Jehoshua zu feiern. Am 4. Oktober griffen Ägypten und Syrien Israel an und der Yom-Kippur Krieg war ausgebrochen. Wenige Tage später wurde ich eingezogen, während viele andere im Ausland lebende Israelis nach Hause geschickt wurden. Anscheinend war ich schon dazumal populär. Ich blieb im Aktivdienst für 8 Wochen, dann erst durfte ich nach Hause in die Schweiz zurückkehren. Ich bin bis heute meinem damaligen Arbeitgeber Swissair dankbar, meine Familie in dieser Situation umfassend unterstützt und mein Salär auch während dieser Zeit in "fremden" Kriegsdiensten, weiterbezahlt zu haben. Die Anklage gegen mich beim Zürcher Divisionsgericht 6 wurde eingestellt. Der Untersuchungsrichter zeigte Verständnis und auch Sympathie. Da ich auf Grund israelischer Gesetze eingezogen worden, ohne mich offiziell freiwillig zu melden (gewehrt hatte ich mich allerdings auch nicht), hätte ich mich nicht strafbar gemacht.

Meine Aufgabe war es, in einem sehr grossen Armeelager täglich morgens um sechs einen Eisenbahnzug in Empfang zu nehmen, der mit im Kampf beschädigtem schwerem Kriegsgerät beladen war. Ich untersuchte jeden kaputten Panzer, jede Kanone, jedes Raketenträgers etc. darauf, ob sie nicht mit Sprengfallen vermint wären und musste mit Unterschrift bestätigen, es sei koscher. Eine Sprengfalle hatte meinem Vorgänger, wie mir gesagt wurde, bildlich den Kopf gekostet – der Grund dafür mich, da Sprengspezialist, einzuziehen. Zudem entfernten mein Chauffeur und ich die Munition dieser Fahrzeuge und brachten sie anschliessend zu einem Munitionsdepot. Die Tatsache, dass sich in vielen Panzern tote Soldaten, Israelis und Araber befanden, war einer der Gründe, die mir noch für sehr viele Jahre Schlafstörungen verursachte.Dazu ist nur hinzuzufügen, dass ich für die herbeigerufenen Chewra Kaddischa Männer des Militärrabbinates noch immer grosse Hochachtung habe. Sie machten keinerlei Unterschied zwischen arabischen und jüdischen Gefallenen, beerdigten die Muslime temporär und riefen die Zuständigen ihrer Religion das Nötige zu veranlassen. Ausdrücklich sagten sie mir: "Für uns sind alle Toten gleich und wir behandeln Muslime mit der gleichen Achtung wie Juden". Dies Aussage habe ich nie vergessen. Vielleicht ist es interessant zur Kenntnis zu nehmen, dass der Oberrabbiner der Armee zu jener Zeit Mordechai Piron war, in späteren Jahren Rabbiner der Israelitischen Cultursgemeinde Zürich. Dieser Respekt gegenüber toten Feinden ist heute weit weniger vorhanden. Grund dazu ist die Radikalisierung des militärischen Klerus in den letzten Jahren.

Ganz besonders seit wir wieder in Israel leben, kommen diese Erinnerungen an Yom-Kippur hoch. Soweit zur Feier des Tages.

Zu Tode differenzieren

Das Wort „differenzieren“ steht gemässe Duden für:


Wiederholt wird mir vorgeworfen, ich drücke mich in meinen Texten nicht differenziert genug aus. „Du musst doch differenzieren und nicht alles in einen Topf werfen“ sagt man mir. Als ob ich gerade das tue. Differenzieren ist schön, eine seiner Eigenschaften ist Massentrends und Massenverbrechen in einen Haufen Einzelfälle zu zerlegen, um damit zu vermitteln, alles nur als Einzelfälle statt als Ausdruck einer kleinen, grossen oder gar weltumspannenden Gruppierung zu sehen. Zu differenzieren wird in den heutigen Tagen besonders im Zusammenhang mit arabischem Terrorismus oder dem damit verwandten Konflikt zwischen den Palästinensern (früher Südsyrern) und Israel verlangt. Wer nicht genügend differenziert wird zum Islamophoben ernannt.

Millionen Muslimischer Frauen in Ägypten, Sudan, Somalien etc. werden beschnitten. Ein Eingriff, der ihre Gesundheit und Sexualität schädigt und ihren Status als Menschen zweiter Klasse in ihrer Kultur mit noch mehr Nachdruck bestimmt. Differenzieren wir das, ist jede dieser Frauen ein Einzelfall, der als kulturelle Eigenart ihres Volkes verstanden und akzeptiert werden muss. Das, statt diese „kulturelle Eigenart“  als das zu bezeichnen, was sie ist, nämlich als Menschenrechtsverstoss erster Güte.

Zum Thema Ehrenmorde fand ich im Blog „Politically INcorrect“ zu-tode-differenziert/folgendes: „Winfried Hassemer, früherer Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, sorgt mit der Forderung nach einer strafrechtlichen Relativierung von “Ehrenmorden” für Wirbel. In einem Interview von Spiegel Online sprach sich der frühere Strafrechtsprofessor für mildere Strafen aus. Hassemer sagte wörtlich: “Ich finde, bei einer derartigen Tat müssen auch der soziale Kontext und die Sozialisation des Täters bedacht werden.“ Die auf deutscher Leitkultur basierenden Strafgesetze Deutschlands werden damit unterlaufen und die heutigen zivilisatorischen Errungenschaften relativiert und beschädigt.

In der selben Quelle fand ich einen Abschnitt der auch, ohne Araber zu bemühen, den unbedarften Drang nach Differenzierung, koste es was es wolle, schön beschreibt:

„Wenn ein Mafiakiller einen Richter tötet, ist das nicht sein Beruf? Muss man das nicht differenzieren? Hat der gute Killer das nicht so gelernt, ist es nicht aus seiner Sicht Recht und Ordnung, was er tut? Und wenn eine überforderte Mutter und ihr gewaltbereiter Ehemann ihre beiden Kinder im Schrank einsperren, und qualvoll verhungern lassen, ist es dann nicht das Ergebnis ihrer Sozialisation, ihres sozialen Kontext? Und wo wir schon dabei sind, zu differenzieren: sollten wir dann nicht auch mal die Schuldfrage der Deutschen überdenken? Schließlich war es eben die Kultur der Nazis, Juden zu töten. Und wenn es ihre Kultur war, kann es denn noch böse gewesen sein?“

Noch überzeugender ist folgende Aussage aus demselben Blog:

„So kann man alles zu Tode relativieren, wenn man nur will. Und dabei fast nebenbei die Werte unserer Kultur auf dem Scheiterhaufen seiner eigenen Verblendung verbrennen. Unsere Werte sind nicht relativ, sondern absolut. Mord ist schlecht, ist böse. Unumstößlich, unveränderbar. Denn das Ableben eines Menschen lässt sich nicht relativeren!“.

Dieser Missbrauch des Differenzierens trägt viel zur heutigen durch „Politische Korrektheit“ verursachten Misere bei, in der Schwarz weissgewaschen, Weiss schwarzgewaschen und aus Bösem Gutes herbeigeschwafelt wird. Differenzieren ist eine gründliche Art zu denken, so lange diese Gründlichkeit nicht ins Lächerliche gezogen wird – so wie oben beschrieben. Dann ist sie nicht nur übel, sondern vernebelt unsere Sicht und gefährdet damit unsere Zukunft.

Montag, 3. Oktober 2011

Das Ottawa Protokoll



Im Zusammenhang mit dem Palästinamarathon der UNO (die Debatte haben wir vielleicht noch vor uns) vor einigen Tagen und überhaupt mit dem herrschenden Judenhass ist ein bisher ziemlich unbekanntes Dokument bekannt geworden.

Das sogenannte Ottawa Protokoll vom 20. September 2011 zum Kampf gegen Antisemitismus. Darin stehen Dinge, von denen Demokraten und Juden- und Israelfreunde in der Schweiz nur träumen können. Doch ein Denkanstoss für die Weisen von Bern ist dieses Dokument allemal.
 
Hier einige Punkte zum Protokoll:

·       „Jene, die das jüdische Volk hassen und zerstören wollen, hassen im Grunde auch uns und wollen uns genau so zerstören [wie das jüdische Volk].

·       „Das Protokoll ist eine Erklärung, dass diese Art von Hass in diesem Land nicht toleriert wird.“ (es bleibt abzuwarten, was die kanadische und andere Regierungen zu tun beabsichtigen. Uri)

·       Selbstverständlich basiert Kanadas Unterstützung Israels auf dem Prinzip, Freunden beizustehen, ganz besonders wenn diese Demokratien sind und Menschenrechte achten (das könnte relativiert werden, da die Umstände zwischen Israel und seinen teilweise recht barbarischen Nachbarn, doch ein wenig anders sind, als Kanadas).

Zweitens, die Rede von Kanadas AussenministerJohn Baird, einem der zwei kanadischen Minister, die das Protokoll unterschrieben haben, an der UNO-Generalversammlung am 26. September 2011 selbst.  Diese Rede ist ein direktes Resultat dieses Protokolls.

Dann fand ich noch die Stellungsnahme zum Ottawa Protokoll eines Vertreters der famosen Jüdischen Stimmen für einen gerechten Frieden, mit Namen Terry Greenberg aus Vancouver, der sich in seinem Israelhass beschnitten fühlt. Es ist interessant sein eigentlich recht zusammenhangloses Zeug zu lesen, denn es hilft, die wirre und vereinfacht populistische Motivation dieser Art Juden besser zu verstehen, gibt es doch auch eine Filiale in der Schweiz, mit der ich mich gerne anlege, mich jedoch unterfordert, denn den unbalancierten Stuss ihrer Website und ihrer gar nicht mehr lustigen Aktivitäten amüsieren mich längst nicht mehr. Terry Greenberg und seine Kumpane können sagen, was sie wollen, so lange sie durch ihre Hetzerei nicht direkte Gewalt erzeugen – doch Meinungsfreiheit bleibt auch jenen Juden erhalten, die überleben wollen, ob in Israel oder sonst wo in dieser Welt.

Sonntag, 2. Oktober 2011

Das grössere Ziel kann nicht auf einmal erreicht werden!



Da ich leider immer wieder darauf hinweisen muss, dass der Durchschnittsisraeli der palästinensischen Führung und ihrem Volk wenig traut, wie auch meine zweite These im Zusammenhang von Frieden und palästinensischem Judenhass, fand ich bei Memri eine Bestätigung beider, wie sie einfacher nicht sein kann:

Am 23. September 2011 war von Abbas Zaki, Mitglied es Fatah Zentralkomitees (also den „moderaten“Palästinensern) bei Al-Jazzera unter anderem Folgendes zu hören: „Nethanyahu und Obama sind Drecksäcke und das grössere Ziel könne nicht auf einmal und in einem Schritt erreicht werden“. Das grössere Ziel, wie jedermann weiss, ist die Vernichtung Israels.

Hier weitere Ausschnitte aus diesem Interview:

  • Abbas Zaki: “Das Friedensabkommen soll auf den Grenzen vom 4. Juni 1967 basieren. Wenn wir sagen, dass die Siedlungen auf diesen Grenzen basieren sollen, weiss der Präsident [Abbas], wissen wir und alle, dass das Hauptziel nicht auf einmal erzielt werden kann."
  • "Wenn Israel sich von Jerusalem zurückzieht, 650'000 Siedler evakuiert und die Mauer abbricht – was soll aus Israel werden? Es wird sich auflösen."
  • "Wer ist nervös, besorgt und wütend? Nethanyahu, Lieberman und Obama, die Drecksäcke. Warum erwähne ich das? Weil wir glücklich sein müssen, wenn Israel besorgt ist."
  • "Wenn wir sagen, dass wir Israel von der Landkarte wegwischen wollen …, das ist schwierig. Es ist öffentlich nicht akzeptiert, das zu sagen. Behaltet es für euch."
  • "Ich will Entschlüsse, mit denen alle einverstanden sind. Ich sage der Welt, dem Quartett und Amerika: ihr habt versprochen und ihr wurdet als Lügner entlarvt."
Bei dieser Gelegenheit lohnt es sich, noch einige zusätzliche von Memri weitervermittelte Fernsehattraktionen aus der arabischen Welt zu geniessen: 
  • Zum Beispiel der Bericht und das Interview mit Mitgliedern der ägyptischen Nazipartei http://www.memritv.org/clip/en/3131.htm. Ernst zu nehmen ist sie (wenigstens noch heute) nicht und der Interviewer machte deshalb aus seinem Herz auch keine Mördergrube. Wenn man den drei Möchtegernnazis zuhört, merkt man wieder einmal, dass Intelligenz bei Ideologen dieser Art nicht zu finden ist, sondern Wunschdenken und Vorurteilen Platz macht. Der Interviewer war mir sympathisch, er scheint tatsächlich gut über Nazis, deren Ideologie und die Katastrophe, die sie über die Welt brachten informiert zu sein.
  • Im Gegensatz zum Interviewer ägyptischer Nazis greift das palästinensische Zentralkomitteemitglied Taysir Khaled zum alten Trick, die armen Palästinenser mit den Juden des Holocausts zu vergleichen. Zudem behauptet er, es gäbe weltweit 18 Millionen Palästinenser. Das heisst, wenn man die israelischen Palästinenser weglässt, es noch immer rund 16,5 Millionen staatenlose palästinensische Flüchtlinge gibt. Wow! 
  • Zuletzt noch ein Interview mit dem ägyptischen Geistlichen Wagdi Ghoneim, der sagt, Demokratie sei Häresie. Auch meint er, Ägyptens Christen hätten kein Anrecht auf gleiche Rechte. 
Die hier zitierten Leute sind Meinungsmacher der palästinensischen und arabischen Welt, wenige von vielen. Den meisten ist gemeinsam, dass sie hassen. Nicht nur Juden, sondern alle, die nicht so sind wie sie selbst.