Mittwoch, 29. Februar 2012

Drei Themen in Kürze



Wo sind die Gutmenschen?

Einmal mehr beweisen die Gutmenschen der Schweiz und dem Rest der westlichen Welt, wie sehr sie Gewalt verurteilen, ganz besonders im Mittleren Osten. Nur hört man sie nicht. Bald erreichen die Schlächter des syrischen Präsidenten Dr. med. Bashar al-Assad die zehntausend Opfer Marke. Davon sind offiziell fünfhundert Kindern, die, so steht es in den Medien, mit Bedacht, Sorgfalt und einstudierter Brutalität umgebracht worden sind. All das nur um seine eigene Macht und die der alawitischen Minderheit, zu der seine Familie gehört, über Syrien zu sichern. Dazu ein interessanter Artikel Arnold Hottingers im Tages-Anzeiger von gestern. Ich hoffe, Herr Hottingers kommende vier Beiträge dieser Fünferserie werden auch so gut). 

Geri Müller, braun-grüner Schweizer Parlamentarier, feiert, statt den syrischen Massenmord zu verurteilen, Hamas-Terror in den Hallen des Bundeshauses. Humanisten, Terrorversteher und Verurteiler von Gewalt im Nahen Osten (besonders israelischer Verteidigungsaktionen) wie Daniel Vischer und Jean Ziegler, bleiben meines Wissen diskret stumm. Es könnte sein, es hätte ihnen von soviel nichtjüdischem Todschlag die Sprache verschlagen. Die Jüdischen Stimmen für den gerechten Frieden haben noch keinen aufmunternden Brief an Herrn Assad geschrieben, sie üben sich in diskreter Stille. Vielleicht denken sie im stillen Kämmerlein darüber nach, wie man Israel die Verantwortung für die syrische Tragödie zuschieben könnte. So wie beim christlichen Massenmord von 1982 in Sabra und Shatila.

Vom Frühling direkt in den Winter

Meine fast von Anfang an bestehenden Zweifel an Motivation und Erfolg des arabischen Winters (früher arabischer Frühling), in meinem Tagebuch wiederholt diskutiert, scheinen sich zu bestätigen. Mit dieser Feststellung stehe ich in keiner Weise alleine da. Die Welt der offenen Augen und Ohren beginnt zu begreifen, wie in Ägypten Islamisten an die Macht gekommen sind, indem sie auf den fahrenden Zug liberaler Initianten der Frühlingsrevolution aufsprangen, obwohl deren Vorstellungen denen einer islamistisch-fundamentalistischen Gesellschaft diametral entgegen steht. Dass die Islamisten (Muslimbrüder und Salafisten) ist in einem Land mit einer analphabetischen Wählermehrheit nicht verwunderlich. Die Einführung der Scharia ist nur eine Frage der Zeit. Auf ähnliche Art und mit ähnlichen Absichten kamen Islamisten in Libyen an die Macht, in Syrien können sie nur durch den Machtverbleib der Familie Assad daran gehindert werden. Syrien hat die Wahl zwischen zwei Übeln: der Diktatur des fundamentalistischen Islamismus oder der sekulären Diktatur einer traditionell korrupten Familie oder Armeeführung. Auch in anderen Ländern, in den dieser arabische Frühling ausgebrochen war, wie Tunesien und Jemen drängen Islamisten zur Macht.

Kulturkampf in Israel

Und damit wir’s nicht vergessen: in Israel ist der Kulturkampf zwischen extrem religiösen Kreisen und der sekulären Mehrheit offen ausgebrochen. Es entwickelt sich eine teilweise gewalttätige Auseinandersetzung um die Zukunft des Staates der Juden. Soll er demokratisch und modern bleiben, soll Religion endlich den ihr zustehenden Platz in der Privatsphäre des einzelnen Bürgers statt in der öffentlichen Politik einnehmen? Oder soll der Weg zurück ins Mittelalter, in die Macht religiöser Eiferer und weg von der heutigen offenen demokratischen Gesellschaft eingeschlagen werden? Dieser Konflikt beruht auf falschen und von mir schon oft genug beschriebenen politischen Prioritäten. Kurz, es gibt die Wahl zwischen modernem und demokratischem Zionismus, mit Platz für alle Minderheiten oder autokratische Theokratie, in der jüdisches Land und Religion, also die Halacha, exklusiv das Leben der Bürger bestimmen, Demokratie und Freiheit auf Platz zwei – wenn es dafür überhaupt noch Platz gibt. Aehnliches gilt auch für israelische Ultranationalisten, unter ihnen sekuläre, denen biblisches Land wichtiger ist, als eine freie und demokratische Gesellschaft. Die Ähnlichkeit mit den Vorgängen in der arabischen Welt ist frappant, doch überlasse ich es dem Leser, selbst die noch grundsätzlichen Unterschiede zwischen Israel und der arabischen Welt herauszuschälen. Das zu tun könnte einfacher nicht sein.

Donnerstag, 23. Februar 2012

Israels Problem mit den Superfrommen


Haredische Yeshivaschüler scheinen sehr sportlich und körperlich fit zu sein. Zwar schaukeln sie tagtäglich stundenlang über ihren heiligen Büchern, in grossen Hallen mit schlechter Luft, sehen kaum Sonne und besitzen den ungesunden Teint eines Stubenhockers. Aber wenn’s darauf ankommt, wie beim Steinewerfen auf Polizisten oder beim Davonrennen von eben diesen, da stellen sie neue Rekorde auf. Ihre schwarzweisse Kluft hindert sie dabei nicht sondern beweist höchstens, dass auch Pinguine (ein traditioneller israelischer Ausdruck)  sich athletisch auszeichnen und erstklassige Infanteristen sein könnten.


Vor wenigen Tagen entschied Israels Obergericht, die höchste juristische Instanz des Landes, das zehn Jahre alte Tal-Gesetz (ein Gesetz, das es frommen jungen Männern ermöglicht, sich erfolgreich und permanent von Militärdienst, Zivildienst und Arbeit zu drücken) sei verfassungswidrig und damit ungültig. Zwar fiel dieser Entscheid zehn Jahre zu spät und kostete dem Staat ungefähr eine halbe Million Rekruten, jährlich rund 50'000, die statt der Allgemeinheit zu geben, sich aus der Allgemeinheit bedienen und nehmen was das Zeug hält. Im laufenden Jahr seien es sogar schon 62'000 junge Männer, die sich durch Yeshiva-Sitzen von grundsätzlichen Bürgerpflichten drücken wollen.

Es ist schwierig zu glauben, dass dieser wohl wichtigste Gerichtsentscheid der letzten Jahrzehnte keine handfeste Wirkung zeigen wird. Bisher gibt es nur wenige Reaktionen, hier drei davon:



Rabbi Shmuel Auerbach, einer der Grossen der antihassidischen Litwakergesellschaft in Jerusalem, empörte sich heute und sagte, dieser Gerichtsentscheid reisse das Herz aus dem Körper des Judentums. Auerbachs Herz des Judentums scheint Abscheu vor Arbeit, Parasitentum auf Kosten der Allgemeinheit, Grauen vor Frauen, Hass auf nicht Gleichgesinnte und die Furcht vor der Moderne zu sein. Kein Yeshivebocher werde je in der Armee dienen. Punkt.

Innenminister Eli Yshai (Gideon Levy nennt ihn den Jean-Marie LePen mit Bart) sagt, dass das Finanzministerium mit seiner Budgetpolitik gegenüber dem Militär es nicht zulasse, dieses Jahr 65'000 Soldaten mehr zu rekrutieren. Sogar schon bestehende Einheiten können aus Geldgründen nicht weitere Mannschaften erhalten. Also, müsse das Tal-Gesetz wieder um ein weiteres Jahr verlängert werden, Hohes Gericht hin oder her. Soweit das Staats- und Demokratieverständnis dieses schwarzweissen Ministers.

Was sagen Yeshivaschüler: Aus den Medien waren Reaktionen zu hören wie:
   - wenn der Rabbi sagt wir sollen in die Armee gehen, dann gehen wir, aber alle zusammen.
   - Wenn der Generalstabchef ein Haredi sein wird, dann werde auch ich Soldat (kein Witz, sondern ganz ernsthaft am Radio zu hören).
   - Die Armee kann es sich nicht leisten unsere Vorbedingungen zu akzeptieren: das sind keine Frauen in der Armee, glatt-koschere Küche, rabbinische Beratung der Kommandanten hat Vorrang (klingt wie die Kommissare der Roten Armee), Zeit zu „lernen“ – um nur einige Ideen zu zitieren.

    Warten wir auf den Tag, an dem wir bärtige Soldaten, mit wehenden Schläfenlocken und Tzitziot Nester voller Hamas- oder Hisbollahterroristen ausheben sehen.

    Doch Spass beiseite. Kann die Regierung so schnell alte eingefahrene Traditionen über Bord werfen? Es gibt den Nachal-Haredi, ein Battalion haredischer Soldaten, die sich freiwillig und meist gegen den Willen ihrer Rabbiner zur Armee gemeldet haben. Dann gibt es einige hundert haredische Soldaten, die vor allem in der Flugwaffe technische Berufe erlernen. Alles in allem keine zweitausend Mann. Doch nun steht die Armee vor dem politischen, finanziellen und organisatorischen Problem zehntausende junge Männer, von denen die meisten keine Ahnung über das Leben in der wirklichen Welt besitzen und extreme religiöse Vorbedingungen mitbringen, auf einmal zu integrieren. Das zu erfüllen erscheint unmöglich. Doch sind Israel und seine Armee dafür bekannt Probleme zu lösen. Die ersten dieser Probleme werden bestimmt die politischen sein – kann sich Nethanyahu politisch von den haredischen Parteien lösen und diese in die Wüste schicken? Unterstützung dazu hat er bestimmt genügend: von der Arbeitspartei, Kadima, Meretz und auch Lieberman, der seine Unterstützung als Erster angemeldet hat. Ob ihn die arabischen Knessetmitglieder darin unterstützen werden? Denn als nächste könnten unsere arabischen Bürger an die Reihe kommen. Interessante Zeiten kommen auf uns Israelis zu. Ich behaupte noch immer, dass es genau solche Probleme sind, die die Zukunft Israels als demokratischen Staat und somit als Staat überhaupt sichern.

    Wasser - eine der Dauerlügen im Nahen Osten


    Ein alter Freund aus Zürich – er lebt schon lange wieder in Israel – sandte mir seinen Brief an einen jüdischen Freund in Deutschland zum Thema Wasser in Israel und Palästina, den ich mit seinem Einverständnis veröffentliche. Zu kommentieren gibt es hier nichts und die Botschaft ist klar. Mein Freund hat mich gebeten, die Namen aus dem Brief wegzulassen. Sämtliche dieser Namen sind mir jedoch bekannt. Zum Inhalt selbst: ich könnte jedes Wort darin unterschreiben. Kaum irgendwo wird so viel verfälscht und gelogen wie in der antiisraelischen Propaganda. Vorliegender Briefwechsel ist ein Beispiel dazu. Der beschriebene Zwischenfall mit dem palästinensischen Verhandlungspartner Dr. Artil demonstriert wieder einmal den Mangel an palästinensischen Argumenten. Sie haben nichts Wahres zu sagen, ergo, verpolitisiert man jedes Thema, schwafelt über die „Besetzung“ und geht Fakten und Wahrheiten aus dem Weg. Von Eigenverantwortung ist nie die Rede, Schuld sind immer andere. Ein klassischer Fall palästinensischer Verhandlungskunst – belangloses reden, vor allem Verpflichtungen und Verantwortung aus dem Wege gehen und, Gott behüte, ja keine Resultate erzielen. Erinnerungen an Camp David, Taba und ähnlichem werden wach.

    Hier bitte der Brief, der zu Aussagen einer Frau GH Stellung nimmt. Wichtig ist die sachliche Antwort meines Freundes. Einige der Angaben habe ich selbst schon in meinem Tagebuch besprochen. Ich habe an wenigen Stellen eigene Anmerkungen in [Eckklammern ] hinzugefügt.

    Lieber …..

    Angesichts dieser Bosheit und Unwissenheit der Frau GH, strömt wieder einmal Adrenalin in meinen Adern.
    Vor allem sollte sie mal wissen dass der Streit um Wasser und Wasserbrunnen im Heiligen Land und im wüstenhaften vorderen Orient so alt ist wie Menschen hier ansässig sind. Die Dame könnte ja mal bei Gelegenheit im Buch Genesis Kap 21, Vers 25-26  oder auch Kap. 26, Verse 15, 18, 20 und noch an vielen anderen Stellen in der Bibel lesen, um eine Vorahnung zu bekommen um was es in dieser wasserarmen Umgebung geht. Aber lassen uns das. Kommen wir lieber zur Geschichte der letzten 100 Jahre im heiligen Lande.

    Seit der Rückkehr der Juden ins Heilige Land unterliessen die Araber keine Gelegenheit den Juden das Wasser abzustellen. Ich möchte hier nur zwei von vielen solchen Gelegenheiten erwähnen.

    Im Jahre 1947/1948 taten die Araber alles, um den Juden das Leben in Jerusalem zu verunmöglichen. Sie begannen mit der Belagerung von Jerusalem. Dazu gehörte auch die Sprengung der einzigen Wasserpumpstelle welche Wasser nach Jerusalem brachten - Jerusalem sollte  verhungern und vor allem verdursten. G"tt sei Dank wussten die Juden, sich zu helfen, Jerusalem verdurstete nicht.

    Anfangs der 50ger Jahre begann Israel mit dem grandiosen international unterstützten Wasserprojekt welche Wasser vom See Genezareth durch riesige Rohre in den Negev leitete, um dieses öde Land fruchtbar zu machen. Die Araber, in diesem Fall die Syrer, taten alles, um dieses Projekt zu vereiteln, was ihnen G"tt Lob nicht gelang.

    Zur Zeit der Unruhen 1936-1939 und dann auch 1946-1948 sprengten arabische Banden immer wieder jüdische Brunnen in die Luft - Juden sollen kein Wasser haben. Ich könnte hier noch und noch Beispiele anbringen

    Aber kommen wir doch zu unserer Zeit: Laut Osloabkommen vom Jahre 1994 liefert Israel jährlich 40 Millionen Kubik Wasser an die Palästinenser. Für die Westbank, sind das 77% des Bedarfs. Gemäss diesem Abkommen darf Israel aus dieser Umgebung Wasser pumpen und beides geschieht. Das Problem ist, dass die Westbank genügend Wasser haben könnte, aber 25 bis 30% des Wassers gehen dort verloren, weil die palästinensischen Behörden ihre [verrosteten] Wasserrohre nicht erneuern, nicht reparieren. [Geld dazu kommt von der EU, USA, UNO etc., wird aber für anderes eingesetzt oder und vor allem veruntreut]. Dazu kommt noch, dass die Palästinenser nicht bereit sind von Israels modernsten Wasserprojekten wie z. B. Meerwasserentsalzungsanlagen, etwas zu lernen. Wenn man sich mit ihnen trifft, sprechen sie nur von der Besetzung und von nichts anderem. Sie verpolitisieren das Wasserproblem. So geschah z.B. am 13.12.2011 in der Stadt Aschdod. Eine neutrale Organisation namens "Freunde der Erdkugel" lud zu einem Gespräch am Runden Tisch über Wasserprobleme in der Region ein. Es erschien seitens Israel der Minister für Umweltthemen namens Gil’ad Arden und der palästinensische Minister für Wasserfragen namens Dr. Shadad Artil. Dr. Artil war nicht bereit über Wasserfragen zu sprechen. Nur über politische Themen und natürlich über die Besetzung war er bereit zu sprechen. Das Gespräch verlief sich deshalb im Sand.

    Lieber ……, in 2 -3 Jahren (so sagt man) wird in Israel der Ausbau von Meerwasserentsalzungsanlagen so fortgeschritten sein, dass Israel keine Wasserprobleme mehr haben sollte. Und bei den Palästinensern? Gibt es dort,  z.B. in Gaza, auch nur eine solche Anlage? Vielleicht kann Frau GH diese Frage beantworten? Und noch eine Frage hätte ich an Frau GH. Glaubt sie an alles was in Zeitungen veröffentlicht wird oder nur dann, wenn Israel verunglimpft wird?!

    Lieber …., ich habe noch längst nicht alles was zu diesem Thema zu sagen ist angeführt. Die Leute in Deutschland sollten aufpassen und sich besser orientieren, um nicht Opfer einer unfairen Gräuelpropaganda gegen Juden und Israel zu werden

    Freundlichst, …..

    Frau GHs Behauptungen können bei mir eingesehen werden.

    Samstag, 18. Februar 2012

    Wo ist das Geld?




    Israels neuer Politstar Yair Lapid hat mit der öffentlich gestellten Frage „Wo ist das Geld?“ einen neuen Standard gesetzt. Ob er dafür je eine Antwort bekommen wird, steht in den Sternen. „Wo ist das Geld?“ greift das zentrale Problem israelischer Politik auf, nämlich wie kommt es, dass der reiche Staat Israel mit seiner blühenden und überdurchschnittlich wachsenden Wirtschaft kein Geld zu haben scheint, weder für sein Bildungssystem noch für Soziales (so lange es nicht selbstgewollte „Nöte“ der ultraorthodoxen Minderheit betrifft).

    Yair Lapid, Sohn des leider Jahrzehnte zu früh verstorbenen Haredenkritikers Tommy Lapid, s.A., versucht damit das politische Interesse der Israelis dorthin zu lenken, wo er das Hauptproblem unseres Staates sieht – in der obszönen und skandalösen Verteilung der Steuergelder im Staate der Juden.

    Budgets für Armee, Bildung und Gesundheitswesen
    Israels Budget für 2012 für die Landesverteidigung beträgt 50,637 Milliarden NIS. Für die Bildung (Schulen und Hochschulen) ist 43,463 Milliarden NIS vorgesehen. Das Gesundheitsministerium verfügt dieses Jahr über 20,6 Milliarden NIS.

    Verteidigungsbudget 2012
    Ob sich die Armee damit zufrieden geben wird, glaube ich nicht. Die Ausbildung leidet, und das bisher augenfällig erfolgreiche „Iron Dome“ Raketenabwehrsystem kann aus Geldmangel nicht mehr weitergebaut werden – es sieht nicht gut aus. Es kann sein, dass die geldhungrigen Militärs hier übertreiben, doch muss aufgepasst werden, dass es nicht wieder zu militärischen Mangelerscheinungen kommt, die 2008 zum Misserfolg des zweiten Libanonkrieges geführt haben.

    Schulen und Hochschulen
    Öffentliche Grundschulen haben sehr viel ihres früheren hohen Niveaus verloren, die Hochschulen ebenso. Wissenschaftler wandern ab nach Amerika und Europa. Irgendwann wird der Tag kommen, da der heute hohe wissenschaftliche Stand an Universitäten und auch in der Wirtschaft nicht mehr gehalten werden kann, weil kommende Generationen den schulischen und wissenschaftlichen Anschluss zur entwickelten Welt verpasst haben.

    Gesundheitswesen
    Israel Gesundheitssystem ist der Stolz der Nation und verdient es auch so genannt zu werden. Doch in Israels Spitälern fehlt es überall. Es fehlen Betten, Ärzte, Pflegepersonal. Dieser Tage gibt es viele Spitäler, in denen Abteilungen bis zu 180 Prozent überbelegt sind. Patienten bleiben oft Tage in der Notaufnahme, weil es in den Abteilungen keinen Platz für sie gibt – sogar die Gänge sind mit Betten vollgestopft. Der sogenannte Gesundheitskorb (health basket) ist viel zu klein und verfügt über ein Budget von 6,7 Milliarden NIS, was sehr viel zu sein scheint, aber doch nicht reicht. Es gibt es sogar Krebskranke, die ihre Medikamente aus eigener Tasche bezahlen, weil das Geld nicht reichte, sie in den Korb zu tun. Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass dies Kosten von monatlich über 10'000 Schekel bedeuten kann – welcher Normalverbraucher kann sich das leisten?

    Bildung, Landesverteidigung und Gesundheit sind nur drei Beispiele einer Budgetpolitik, die von völlig falschen Prioritäten geleitet werden. Denn die Prioritäten sind weniger die Interessen der Bürger als der politische Eigennutz der damit betrauten Politiker. Welche Prioritäten sind damit gemeint?

    Also, wo ist das Geld?
    Ein offizielles Regierungsbudget gibt es weder für Kosten der Westbanksiedlungen, deren Ausbau, Sicherheit, Wasser und andere Infrastrukturen. Ebenso wenig gibt es ein Budget für die Sonderaufwendungen für die Welt der Ultraorthodoxen (Haredim), deren Schulen, Yeshivas, deren immense Sozialkosten etc. Kosten für beides haben in verschiedenen Budgetposten Unterschlupf gefunden, wie für Landwirtschaft, Wohnungsbau, Bildung, Gesundheit, Haus- und Strassenbau, Transport, Wasser oder Tourismus. Mit anderen Worten: der israelische Steuerzahler wird betrogen, dass es nur so kracht. Und genau diese Gelder sind es, nach denen Yair Lapid fragt und bis heute noch keine Antwort erhalten hat.

    Es sind nicht nur diese Gelder, die dem Staat fehlen. Immerhin zahlen Westbanksiedler Steuern, arbeiten und tragen für den Staat etwas bei, wenn auch nicht immer ganz Wünschenswertes. Doch bei der Welt der Haredim sieht es anders aus. Zwar gibt es einige hundert ultrafromme Soldaten, die unbehelligt von weiblichen Formen, Stimmen und Düften in einem separaten Batallion zusammengefasst sind. Es gibt heute sogar ultraorthodoxe Studenten für beruflich verwertbare Tätigkeiten, doch unter dem Strich tragen die Haredim nichts für das Land bei, sondern profitieren von Sondergesetzen und teilweise besonders für sie geschaffenen, sozialen Leistungen. Nicht nur befindet sich Israel mit rund 50 Prozent Anteil Nichtarbeitender unter der arbeitsfähigen Bevölkerung abgehängt am Ende dieser Statistik der Industrieländer. Zwar gehören auch arabische Bürger in diese Kategorie, doch mehrheitlich kaum freiwillig, sondern aus Gründen, die ich ein anderes Mal besprechen werde.


    Die Regierung hat Geld, doch dessen Verteilung hinkt gewaltig. Die Wirtschaft blüht, die Steuern sprudeln, und Yair Lapid stellt die einzig richtige Frage: „Wo, zum Teufel, ist das Geld?“ Ohne riesigen Aufwand ist es, wenn überhaupt, unmöglich, zivile nicht auf die reine militärische Besatzung und Sicherheit der Westbank bezogenen Kosten und an die quasi unter dem Tisch bezahlten Unterhaltskosten der Hareden auch nur annähernd zu bezeichnen. Ohne mich festlegen zu wollen: ich las verschiedentlich in der Presse, dass diese Kosten dieser aus koalitionspolitischen Gründen veruntreuten Steuergelder die Höhe des israelischen Verteidigungsbudgets erreicht hätten. Das sind die Gelder, nach denen Yair Lapid fragt. Jeder Schekel ist einer zu viel.

    Mittwoch, 15. Februar 2012

    Drusen und Araber in Israel



    Beim Aufräumen fand ich die Aufzeichnung eines Gespräches mit zwei drusischen Freunden. Der eine, Hani Hasisi, wurde in den Jahren seit wir uns kennen zum engen Freund. Er versucht in der israelischen Politik mitzumischen, was ihm nicht so recht gelingt. Aber aufgegeben hat er bis heute nicht, nur die Partei hat er gewechselt. Von ihm und anderen Drusen höre ich dauernd, wie wenig sie den israelischen Arabern trauen. Sie warnen mich und finden meine Arbeit in der Galerie von Umm el-Fahm gar nicht das Gelbe vom Ei. Da die Drusen der Golan (heute sind sie israelische Bürger, fühlen sich aber in dieser Position höchst unsicher) dieser Tage energisch für den syrischen Präsidenten Assad demonstrieren und sich damit eindrücklich von ihren drusichen Brüdern in "Alt-Israel" abheben, denke ich, dass dieses Gespräch ins Tagebuch passt.

    An einem der zahlreichen Abendessen, bei uns oder bei Hanis Frau Seham (sie kocht himmlisch), kamen wir wieder einmal auf eben dieses ausgelatschte Thema. Hier bitte meine Aufzeichnung:

    Ein Gespräch mit Hani Hasisi und seinem Bruder Dr. Badi Hasisi, drusische Bürger Israels, zum Thema 60 Jahre Katastrophe/Nakba. Das Gespräch fand am 10.4.2008 bei Uri Russak statt.

    60 Jahre Nakba in den Augen arabischer (drusischer)  Freunde:

    1947 fand eine Treffen der Teilungskommission der UNO (UNSCOP) statt. Sie entschied die Teilung des Landes (Palästina unter dem britischen Mandat) in zwei Staaten – einen arabischen und einen jüdischen Staat. Sie liessen einige Orte unter internationaler Kontrolle, besonders die Stadt Jerusalem. Als Resultat dieses Entscheids brachen kriegerische Handlungen zwischen arabischen und jüdischen Milizen aus. Dabei unterstützten benachbarte arabische Armeen den lokalen arabischen Aufstand gegen die Juden. Die Kämpfe hielten bis zum Waffenstillstandsabkommen von Rhodos in 1949 an.

    Resultat
    Das Resultat dieses Krieges war vor allem der überzeugende Sieg der Juden. Gebiete wurden erobert und bildeten die Grenzen der Grünen Linie (Grenzen 1967). Dieser Krieg führte auch zur Entwurzelung und Flucht hunderttausender Araber in die Westbank, den Gazastreifen und die benachbarten arabischen Länder, besonders nach Jordanien, Syrien und Libanon. Noch in den 1940er Jahren begann das „Sich Absetzen“ vieler wohlhabender Palästinenser aus palästinensischen (brit. Mandat) Städten in die benachbarten arabischen Staaten. Viele von ihnen verkauften ihren Grundbesitz und kauften dafür Land in arabischen Ländern.

    Historische Erinnerung
    Ohne Zweifel sind die Vorgänge von 1948 wegweisend in der Geschichte des arabischen (palästinensischen) und des jüdischen Volkes. Das jüdische Volk, nach Jahrhunderten der Galut und des Flüchtlingsdaseins, fand schlussendlich einen Ort der Zuflucht und der staatlichen Selbsterfüllung. Der Notwendigkeit dazu wurde besonders augenfällig während der Shoah und darnach. Bis heute ist das Schicksal des jüdischen Volkes noch nicht gesichert. Der Antisemitismus besitzt viele Formen und trägt verschiedene Gesichter. Die Gefahr für den Weiterbestand des jüdischen Volkes besteht jedoch weiterhin. Der Staat Israel wurde als jüdischer und demokratischer Staat gegründet. Die Gründerväter der zionistischen Bewegung waren beeinflusst von humanistischen Idealen der Aufklärung und wollten eine Gesellschaft der Freiheit, Unabhängigkeit und Gleichheit.

    Der kritische Punkt für Israel ist bis heute das Verhältnis zu seiner arabischen Minderheit. Diese Minderheit, trotz sozioökonomischer Unterschiede, erfreut sich bis heute vieler politischer Rechte und vieler sozialer Vorzüge. Im Laufe der Jahre wurde die Zahl der Analphabeten enorm verkleinert, die Zahl berufstätiger Frauen stieg und steigt weiterhin, die Säuglingssterblichkeit ist dramatisch gesunken und es fanden und finden zahllose gesellschaftliche Veränderungen zur Moderne statt, welche die Lebensqualität in jeder Hinsicht verbessern.

    Trotz dem andauernden Konflikt und trotz der geographischen und nationalen Nähe der arabischen Israelis zu ihren palästinensischen Brüdern, zieht deren Mehrheit es weiterhin vor, sich nicht von der PA vereinnahmen zu lassen. All das beweist, dass die Visionen der Gründerväter der zionistischen Bewegung auf eine erfolgreiche Art verwirklicht worden ist. Das gilt auch für nichtjüdische Gruppen als gleichberechtigte Bürger im Staat Israel.

    Erinnerung an die Nakba ist ein zentraler Teil der Lösung des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern. Die Palästinenser, welche die Vorgänge der Nakba heiligen und eigentlich dafür beten die Realitäten vor 1948 wiederherzustellen, beten ebenso für die Zerstörung des Staates Israel. Aber die Realität der Grenzen von 1967 können nicht rückgängig gemacht werden. Die Palästinenser haben sich bis heute nicht mit der Existenz Israel abgefunden. Wenn die Palästinenser wirklich die Teilung des Landes und eine anständigen Lösung mit dem jüdischen Volks wollen, müssen sie das Resultat des Krieges von 1948 verinnerlichen. Vor allem müssen sie ihre kommenden Generationen zu einer gemeinsamen Zukunft und nicht für blutige Kriege erziehen. Zur arabischen Erinnerung der Nakba, müssen sich die arabischen Bürger Israels klar werden, dass diese Erinnerungen in der Art wie sie in den letzten Jahren wahrgenommen werden, nicht berechtigt sind,. Die Araber Israels befinden sich in einem wirtschaftlichen, bildungsmässigen und politischen Zustand hoher Qualität im Verhältnis zu anderen Minderheiten der Welt und ganz besonders im Verhältnis zur arabischen Welt. Ganz besonders, weil die Erinnerung der Palästinenser an die Nakba seine Berechtigung dadurch erhält, dass noch kein palästinensischer Staat entstanden ist. Die Araber Israels sind schon Bürger eines demokratischen Staates, der ihnen viele Rechte gibt. Die radikale Art und Weise politischer Arbeit arabischer Politiker unter den Arabern Israels, schadet den Beziehungen zwischen Juden und Arabern Israels auf Schlimmste. Der Staat Israel hat schon genügend bewiesen, dass er Gleichberechtigung für seine arabischen Bürger ernst nimmt.

    Ein Beispiel: unter den Arabern Israels gibt es eine Gruppe Araber, die Drusen. Diese Gruppe dient seit der Entstehung des Staates in den Sicherheitsdiensten des Landes und hat ein hohes Niveau der Anerkennung als Bürger des Landes erreicht. Das beweist, dass die restlichen Araber Israels sich auf erfolgreiche Art in Israel eingliedern können. Dann sind sie Schicksalspartner des in Zion lebenden jüdischen Volkes. Heute dient die Mehrheit der Araber nicht in den Sicherheitsdiensten und zeigt stattdessen Solidarität mit dem gewalttätigen Kampf der Palästinenser. Dies produziert feindselige Gefühle in der jüdischen Bevölkerung, Israels Araber werden als 5. Kolonne gesehen. Deshalb ist es sehr wichtig sich historischer Begebenheiten zu erinnern. Die Erinnerung der Nakba, wie sie von Palästinensern und Israels Arabern gefeiert wird, kann nicht zu einer gemeinsamen Zukunft der Juden und Palästinenser, jedoch zu einer Nakba der Juden führen. Wer heute die Erinnerung an die Vorkommnisse der Nakba einseitig feiert, untergräbt die guten Beziehungen zwischen den Juden und Arabern in Israel.

    Wir schlagen vor, die giftige Propaganda gegen Israel zu mässigen und statt Lügen die bestehende Realität des Lebens arabischer Bürger Israels dazustellen.

    11.4.2008

    Selbstverständlich sind die Meinungen der Brüder Hasisi ausschliesslich ihre eigenen, auch wenn ich selbst mit der "Nakba" einige Mühe habe.

    Mittwoch, 8. Februar 2012

    Der ethische Doppelstandard





    Daniel Pipes, ein Realist der sich nicht für übertriebene Vorliebe für palästinensisches auszeichnet, schrieb im Zusammenhang mit dem Entscheid des Höchsten Gerichtes Israels palästinensischen Ehepartnern eines Israelis nicht automatisch die Niederlassung in Israel zu gewähren, einen Kommentar. Damit gleiche sich Israel den Praktiken Dänemarks, Niederlande und Österreichs an. In den USA wird zugeheirateten Ausländern heute auch nur nach einem langen frustrierendem Prozedere die Niederlassung gewährt, wie ich aus den Erfahrungen eines engen amerikanischen Freundes weiss, der vor vielen Monaten wagte eine Engländerin zu heiraten und sie dann in die USA importieren wollte. Im übrigen, wenn wir schon dabei sind Gesetze international zu vergleichen: im Wallis (das liegt in der Schweiz!) hat das Bundesgericht entschieden, Bauern zu enteignen um einen schon bestehenden Golfplatz auszubauen. Das sei im öffentlichen Interesse. 

    Nun geschah ähnliches in Jerusalem (das liegt in Israel!), in dem zwei arabische Häuser einem öffentlichen Park weichen müssen, denn auch dieser sei im öffentlichen Interesse. Unter öffentlichem Interesse versteht man im Allgemeinen den Bau von Verkehrswegen oder ähnlichem – aber ein Golfplatz für reiche Touristen oder ein Park für Bummler? Es ist anzunehmen, dass im Wallis finanzielle Interessen gesiegt haben, während in Jerusalem arabischer Besitz weniger geschützt wird, als der anderer, doch das ist nur eine gutmenschliche Annahme meinerseits, die mir doch schwerfällt, da Israels Hohes Gericht (noch?) nicht verpolitisiert ist, auch wenn die Regierung dies mit allen Mitteln versucht. 

    Zurück zum Thema: Hier ein Auszug aus Pipes Artikel, in dem viele interessante und überzeugende Details zu lesen sind, die den Hintergrund und geschichtlichen Kontext beleuchten.

    Dieses Muster palästinensischer Auswanderung nach Israel geht fast bis 1882 zurück, als europäische Juden ihre Aliyah (Hebräisch für "Aufstieg"/"Besteigung", womit die Einwanderung in das Land Israel gemeint ist) begannen. 1939 vermerkte z.B. Winston Churchill, dass die jüdische Einwanderung nach Palästina eine ähnliche arabische Einwanderung angeregt hatte: "Weit davon entfernt verfolgt zu werden, sind die Araber zuhauf in das Land gedrängt und haben sich vervielfältigt, bis ihre Bevölkerung zugenommen hat."

    Kurz gesagt: Man musste kein Jude sein, um vom hohen Lebensstandard und der Gesetzestreue der zionistischen Gesellschaft zu profitieren. Joan Peters gehört zu denen, die das Thema erforscht haben; sie schätzt, dass von 1893 bis 1948 eine zweifache jüdische und arabische Einwanderung "mindestens gleichen Ausmaßes" stattfand. Das überrascht nicht: andere moderne Europäer, die sich in unterbevölkerten Gegenden (man denke an Australien oder Afrika) niederließen, schufen ebenfalls Gesellschaften, die einheimische Völker anzogen.

    Dieses Muster palästinensischer Aliyah hat sich seit der Geburt Israels fortgesetzt. Sie mögen antizionistisch sein, aber Wirtschaftsimmigranten, politische Dissidenten, Homosexuelle, Informanten und einfache Leute stimmen mit den Füßen ab; sie ziehen den herausragend modernen und liberalen Staat des Nahen Ostens den elenden Löchern der PA oder Hamas vor. Und man denke daran, wie wenige israelische Araber in die Westbank oder den Gazastreifen ziehen, um dort mit dem Partner zu leben, obwohl keine rechtlichen Hindernisse sie davon abhalten würden.

    Daniel Pipes Argument ist politisch höchst unkorrekt und deshalb überzeugend
    . Es ist ein äusserst typisches Beispiel von Doppelmoral, die gegen Israel ausgeübt wird. Doppelmoral ist ein alter und berechtigter Vorwurf an die Adresse der Israelkritischer und an Gutmenschen, die sich darauf spezialisiert haben. 

    Noch eine Feststellung zu Joan Peters und ihrem Buch „From Times immemorial“ (Vor uralten Zeiten). Ich stellte fest, dass dieses Buch heiss umkämpft ist. Die Mehrheit der Kritiker ist begeistert eine Minderheit findet das Gegenteil davon. Ich fand Beurteilungen im Internet und möchte hier die Müsterchen aus Amazon.de als Link beifügen. Freunde von mir besitzen dieses Buch, sind begeisterst und schwören darauf. Sie betrachten es als eine Art Bibel neujüdischer Geschichte des Heiligen Landes. Ich habe das Buch bestellt, es ist vor zwanzig Jahren herausgekommen. Ich werde, falls ich es für wertvoll halte, darüber berichten.

    Sonntag, 5. Februar 2012

    Unterschiede



    Mein Tagebuchbucheintrag vom 26.12.2011 war einige Tage später im Journal21 in redigierter Form und mit anderem Titel erschienen. Heute erst fiel mir ein nachzusehen, ob es Kommentare gibt. Ich fand einen Brief von Arnold Hottinger:

    01. January 2012, 16:20, Arnold Johann Kaspar Hottinger
    Lieber Herr Russak, wenn sie David Pryce Jones zitieren, um uns über die Natur "der Araber" aufzuklären, ist das nicht anders als wenn jemand einen notorischen Antisemiten zitieren wollte, um uns über die Natur "der Juden" zu informieren.
    Der Herr ist ein notorischer Anti-Araber nicht weniger präjudiziert, als es von einem notorischen Antisemiten gegenüber den Juden zu gewärtigen ist. Die Geschichte von Ehre und Schande ist sehr beliebt in Israel, wenn es darum geht "die Araber" zu erklären. Das heisst aber nicht, dass sie als alleiniges Erklärungsmuster brauchbar wäre. Genau so wie man "die Juden" nicht durch ihre behauptete Geldgierigkeit oder andere oder andere ihnen zugeschriebene Eigenschaften erklären kann.

    Judenhass

    Arnold Honegger vergleicht feststehende Tatsachen mit Vorurteilen. Nehmen wir die Vorurteile zuerst. Die  den Juden zugeordneten  antisemitisch Vorurteile, wie eben ihre Geldgierigkeit, die Protokolle  der Weisen von Zion, die im Stürmer verbreiteten Vorwürfe entbehren jeder wahren Grundlage, sind erfunden und erlogen, und werden trotzdem von vielen gerne „geglaubt“. Die Tradition des Judenhasses wurde ursprünglich  von der christlichen Kirche verbreitet und später von der „Religion des Rassismus“ (Nationalsozialismus) aufgenommen und perfektioniert. Der moderne Judenhass wird perfide als  Israelkritik deklariert und gaukelt damit vor einen rationalen Hintergrund zu haben. Stets war Judenhass ein Mittel der Machterhaltung und  Mittel der Politik. Ein berühmtes Beispiel des Letzteren ist noch immer die Dreyfus Affäre, der Auslöser des heutigen politischen Zionismus. Die kürzeste Erklärung ist wohl die von August Bebel: „Der Antisemitismus ist der Sozialismus der dummen Kerle“. Ich will hier nicht weiter darauf eintreten.

    Araberkritik oder Islamophobie

    Durch meinen Umgang mit arabischen Freunden und der Teilnahme an arabischen Anlässen habe ich direkten Anschauungsunterricht zu vielen Aspekten arabischer und muslimischer Traditionen erhalten. Über den Begriff „Ehre und Schande“ diskutierte ich mit ihnen, bevor ich darüber bei David Pryce-Jones las. Familiäre Ehrenmorde, die mittlerweile auch in Europa vorkommen, sind nicht nur in Israel, der Westbank und anderen muslimischen Ländern ein fast tägliches Vorkommnis. Genau so wie Frauenbeschneidungen. Das sind zwei der Traditionen, die die Ehre arabischer Männer erhalten. Anthropologisch mögen sie vielleicht interessant sein, doch den Ansprüchen an eine demokratische und freie Gesellschaft entsprechen sie nicht – auch wenn die arabische Welt genau dies für sich beansprucht.
    Familiäre Gewalt im Überfluss, Unterdrückung der Frau, Gewalt und Terror gegen andere, politische Tyrannei und religiöser Fanatismus der schlimmsten Art sind alles Tatsachen die das tägliche Brot der Berichterstattung über den Mittleren Osten und die Mehrzahl islamischer Staaten sind. Bestimmt sind sie, im Gegensatz zu Behauptungen Juden hassender Kreise, keine Früchte von Vorurteilen und Lügen. Sie sind Tatsachen, die in der heutigen westlichen Kultur nicht goutiert werden. Ich gebe gerne zu, dass es viele arabische und muslimische Menschen gibt, die unmenschliche Traditionen zutiefst ablehnen und grundsätzlich verurteilen, soweit dies in der arabisch-muslimischen Gesellschaft möglich ist. Und es  ist keine verschwindende Minderheit, die diese Traditionen ausübt, sei es im Familien- und Clanleben oder in der Politik. Wie in anderen Religionen auch, das gilt fürs Juden- und Christentum, handelt es sich überwiegend um keine religiösen Vorschriften, sondern um liebgewonnene Überbleibsel aus heidnischen Zeiten. 

    Arabismus, Kritik und die heutige Lage

    Ich schätze Arnold Hottinger, er ist ein grossartiger Journalist und  vielen ein Vorbild. Er scheint auch Arabist der alten Schule zu sein, ein wenig versponnen vielleicht in der Welt Karl Mays, des Hadschi Alef Omars, Kara Ben Nemsis und der Welt des alten Arabiens zur Zeit des osmanischen Reiches vor hundertfünfzig Jahren. Auch ich war als Junge ein solcher Romantiker, las, eben, Karl May und T.E. Lawrences „Die sieben Säulen der Weisheit“ mehr als nur einmal. Manche entwachsen dieser Romantik, ganz besonders wenn sie mit der heutigen Realität konfrontiert sind.

    Zusammenfassend stelle ich fest, dass Arnold Hottingers Vergleich zwischen Antisemitismus und Araber- und Islamkritik völlig deplatziert ist. Antisemitismus ist die Summe aller Vorurteile, Böswilligkeiten und Dummheiten in der Betrachtung des jüdischen Volkes. Dem steht entgegen, dass die heutigen Vorkommnisse in der arabisch-muslimischen Welt dem Betrachter der Geschehnisse in diesen Staaten tagtäglich soviel Negatives vor geführt wird, dass dieser sich fast mit Gewalt auf etwas Positives besinnen muss. Obenstehende arabische Eigenheiten stellen bestimmt nicht die Summe des arabischen Lebens und seiner Werte dar. Doch sie bestimmen heute die Sicht der Mehrheit in der westlichen Welt.  Die momentanen Geschehnisse im Zusammenhang mit dem „arabischen Frühling“, die unzähligen Opfer, die durch Aufstände in verschiedenen muslimischen Ländern verursacht werden, die Menschenrechtsverstösse gigantischen Ausmasses in Syrien, Ägypten, Libyen, Sudan, Nigeria, Afghanistan, Iran, Irak etc., Terroranschläge der Schiiten gegen Sunniten und umgekehrt, die Christenmorde in Ägypten, Irak und Nigeria und noch einiges Andere sind für jeden sichtbare und dokumentierte Fakten, die mit Vorurteilen wenig zu tun haben.

    Freitag, 3. Februar 2012

    Eine glasklare Stellungsnahme






    Douglas Murray ist ein bekannter britischer Journalist. Einer der Stellung nimmt und sich nicht scheut ohne wenn und aber Dinge beim Namen zu nennen. In dieser kurzen Aufzeichnung brilliert er mit einer Rede im dem britischen Parlament nachempfunden Debattierklub der Universität Oxford. Dieser Vortrag ist wohl einer der allerbesten den ich je zum Thema gehört habe. Nicht nur ist es eine Erleichtung seinen Ausführungen zu folgen, es ist auch ein sprachlicher und kultureller Genuss. Seine Worte gelten dem Thema des nuklearen Iran und der Gefahr für Israel und die Welt. Sein hauptsächlicher Punkt, am Beispiel des Yom Kippur Krieges in 1973, ist, dass Israel nur sich selbst vertrauen kann. Denn nur es selbst und seine Bürger und Einwohner sind in Gefahr und nicht Besserwisser im sicheren Ausland. Das heisst nicht, dass alle Bürger Israels (und zu denen gehöre auch auch) blutdürstige Kriegsgurgeln sind. Aber es heisst, dass Israels Prioritäten, realistischen Umständen entsprechend, sich nicht mit den Prioritäten anderer Ländern decken. Dazu gibt es viel zu sagen, doch das vielleicht ein anderes Mal.