Sonntag, 3. Mai 2009

Der Papst und die beleidigten Leberwürste

Muslime können, besonders was Beziehungen zu anderen Kulturkreisen betrifft, humorlos und daher leicht beleidigt sein. Das ist menschlich, auch andere Völker und Religionen sind darin empfindlich, auch wenn es nicht von allen ebenso ernst genommen wird. Tödlich wird das heute allerdings erst beim Islam. Einen islamischen Don Camillo oder humorvolle islamische "Rabbinergeschichten" gibt es meines Wissens kaum. Wir erleben aufgeputschte religiöse Empörung so oft, dass sich die Welt daran gewöhnt hat. Denken wir an die dänischen Mohammedcartoons, die Worte von Benedikt XVI über den Islam und ähnlichem, die die islamische Welt innert kürzester Zeit zu einer Welt beleidigter Blutwürste machte. Der Westen nimmt schon seit geraumer Zeit darauf Rücksicht, ist bereit ihnen in England Sonderrechte im Schulunterricht oder im Religions- und Zivilstandwesen einzuräumen, entschuldigt sich in vorauseilendem Gehorsam sogar für nicht Stattgefundenes, denn sie haben gelernt, sich vor islamistischen Reaktionen auf wirkliche und eingebildete Kränkungen zu fürchten. Leicht zu beleidigende Leute werden ebenso leicht gewalttätig, was sich gerade in der muslimischen Welt wiederholt beweist. Die beleidigten Leberwürste der muslimischen Welt sind gefährlich und kosten Menschleben. Der Papst sagt etwas, das ihm die islamische Welt krumm nimmt – es sterben Nonnen, Kirchen werden abgefackelt und gewalttätige Demonstrationen von Muslimen, von denen kaum einer auch nur die geringste Ahnung hat, um was es eigentlich geht, finden "spontan" statt. Eine Prise Hetze genügt und schon steigt der islamische Blutdruck. Wir im Westen haben unsere angenehmen Gruppenerlebnisse bei Fussballspielen, bei denen Rassismus gefahrloser abreagiert werden kann, im Vorderen Orient scheint Hass auf Andere ohne sportliche Ablenkung, zum Zeitvertreib der Massen geworden zu sein.

Der diesen Monat angesagte Besuch von Papst Benedikt XVI in Israel könnte zu einem Hassfest aufgeputschter israelischer Muslime werden. Für einmal kann Hass auf Christen gefeiert werden. So jedenfalls verstehe ich einen Bericht des AP-Journalisten Diaa Hadid, der gestern in verschiedenen Zeitungen zu lesen war. Unter dem Titel "Muslime geben sich kühl zur päpstlichen Pilgerfahrt ins Heilige Land", ist über die Stimmung in der arabischen Stadt Nazareth zu lesen, die sich auf die päpstliche Visite vorbereitet. Der Papst will dort eine Messe lesen und die Stadtväter haben Angst. Seit die Muslime der Stadt vor zehn Jahren vor Gericht eine Abfuhr erhielten, als sie die Verkündigungskirche mit einer riesigen Moschee übertrumpfen wollten, brodelt es mehr als gewöhnlich in dieser Stadt. Die Christen der Stadt beklagten sich über den Plan, der für alle offensichtlich aus einer Laune grundsätzlicher Abneigung gegen Christen und als Herausforderung dieser religiösen Minderheit gebaut werden sollte. Die Christen gingen vor Gericht und gewannen. Der für die Moschee vorgesehene Platz steht meines Wissens noch immer leer. Es gab Demonstrationen, Schlägereien und viele Verletzte. Heute ist das Thema vergessen und ich hoffe, dass der päpstliche Besuch es nicht wieder auf's Tapet bringen wird. Denn es scheint, dass antipäpstliche Unruhen schon vorprogrammiert sind. Ein riesiges Banner auf dem bekannt gegeben wird, "Jene die Gott und Seinen Botschafter verletzen – Gott hat sie verflucht in dieser Welt und im Jenseits und wird sie demütigend bestrafen" (von mir aus dem Englischen übersetzt), soll den Papst warnen, nicht wieder den Islam als gewalttätige Religion zu bezeichnen. Es war, so denke ich, nicht gerade intelligent von Benedikt XVI dies zu sagen, auch wenn die Muslime der Welt seine Aussage mit ihren gewalttätigen Reaktionen umgehend bestätigten. Andere Kulturen, andere Sitten.

Der Papst ist bei den Muslimen in Nazareth nicht willkommen. Bei denen in Bethlehem, Jerusalem und anderen Städten, die er besuchen wird, wird, so nehme ich an, wird die Situation auch nicht besser sein. Es werde verlangt, er solle sich bei den Muslimen entschuldigen, sagen jene, die bereit sind, sich mit ihm treffen – aber eben nur, wenn er diese Forderung erfüllt. Die israelischen Muslime sind gespalten. Scheich Raed Salah, der Anführer der extremistischen nordisraelischen muslimischen Brüderschaft wünscht den "ungläubigen" Papst zum Teufel, andere werden sich hergeben mit ihm zu reden. Es wird für Benedikt XVI ein Tanz auf Eiern, jedes seiner Worte wird auf mögliche Islamophobie untersucht werden. Ich weiss nicht, ob er überhaupt realisiert, wie sehr arabische Christen von Muslimen unterdrückt werden. In Nazareth, waren früher achtzig Prozent der Bevölkerung Christen und zwanzig Prozent Muslime, in Bethlehem in der Westbank, ist die Situation ähnlich. Dort rächt sich für die Christen der Stadt, dass die israelische Regierung vor Jahrzehnten die Bitte des damaligen christlichen Bürgermeisters Bethlehems Elias Freij ablehnte, die Stadt Jerusalem einzugemeinden. Freij war ein weitsichtiger Mann, dessen Sicht der politischen Entwicklung in seiner Stadt und seine Sorge für die palästinensischen Christen sich heute bestätigt.

Als Vergleich zur Lage der arabischen Christen in Palästina, inklusive Gaza, denke ich an die Lage der Juden in Nazi-Deutschland, die auch nicht glauben wollten, was ihnen blühen würde – bis es zu spät war. Ihre apologetische Selbstidentifizierung mit dem Schicksal der muslimischen Palästinenser ist "ein Kopf in den Sand stecken". Sie wollen nicht sehen, was in Irak und Ägypten passiert, wo Christen von fanatischen Islamisten zu Hunderten ermordet wurden und werden oder nicht viel besser in Saudiarabien wo das Ausüben einer nichtislamischen Religion strafbar ist. Diese Tatsachen sollten den Papst interessieren – was er tun kann, das muss er selbst wissen – Sand für seinen Kopf hat es an den Stränden Roms genug.

Zurück zu den (beleidigten) Blutwürsten. Zum Thema Nahrung ein Zitat von Leon de Winter, dem bekannten und schlagkräftigen holländischen Autoren und Kommentatoren, der nach der Ermordung seines Freundes Theo van Goghs in Amsterdam sagte: “Seit den sechziger Jahren machen wir uns selbst weis, alle Kulturen seien gleichwertig. Wenn das so wäre, wäre Kannibalismus nur eine Frage des Geschmacks.” Die Absage eines kulturellen Feinschmeckers an die politische Korrektheit, der die Hauptursache des heutigen Kulturkrieges in Europa erkannt hat, nämlich den Missbrauch einer Jahrzehnte langen falsch verstandenen Multikulturpolitik. De Winters Link enthält eine der wichtigsten Erkenntnisse über die Islamisierung Europas, von der viele heute schon denken, sie sei irreversibel.

1 Kommentar:

Senhora hat gesagt…

Lieber Uri Russak, (ich darf sie doch so nennen?)
heute bin ich bei einer Recherche auf Ihren Blog gestoßen.
Da ich in Deutschland lebe und auch eine Deutsche bin, habe ich immer Problem, aus der Vielzahl der Medien-Meldungen über den israelisch-palästinensischen Konflikt, wenigstens annähernd die Wahrheit zu erkennen.Seit ich die beiden Jerusalem-Bücher von Angelika Schrobsdorff gelesen habe, fällt es mir um so schwerer.
Mich irritieren der letzte Wahlausgang in Israel, die Äußerungen des neuen Außenministers und noch viele andere Informationen, auch aus der Vergangenheit.
Deshalb bin ich froh, eine Stimme quasi von „vor Ort“ lesen zu können.

Ich werde weiterhin in Ihrem Blog lesen und hoffe so, manches besser zu verstehen.

Mit herzlichen Grüßen
Senhora