Samstag, 17. September 2011

Interessante Tage

Ignazio Silone
Folgendes habe ich dankend dem Bernd Dahlenburg geklaut:

Untenstehendes Zitat wird dem italienischen Schriftsteller Ignazio Silone zugeschrieben, gilt aber historisch nicht als gesichert. Das ist schon lange her, doch anscheinend kannte er seine Pappenheimer. Ja sogar falls dieser Satz nicht von Silone stammen sollte, da gibt es Zweifler, ist er noch immer gut. Denn gerade dieser Tage, in denen die einem antijüdischen Neofaschismus frönenden Grünen und Linken (nicht alle, aber dennoch viele in der Schweiz) und zur gleichen Zeit behaupten Antifaschisten zu sein, passen diese Worte, wie keine andere:

„Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus.
Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus.“

Leonard Cohen

Leonhard Cohen, der grosse Liedermacher und alte Jude (so nennt er sich selbst, obwohl er erst siebenundsiebzig ist) aus Montreal in Kanada (wie meine Lea), singt in seinem wundervollen Lied „Anthem“ den Refrain:

Ring the bells that still can ring
Forget your perfect offering
There is a crack, a crack in everything
That's how the light gets in.

“There is a crack in everything, that’s how the light gets in” heisst schlecht und recht ins Deutsche übersetzt: „Überall findet sich ein Spalt, eine Ritze, aus der das Licht eindringt“. In anderem Worten: nicht aufgeben, überall gibt es ein Licht, eine Lösung zu finden. Der volle Text kann unter dieser Internetadresse gelesen werden: http://www.azlyrics.com/lyrics/leonardcohen/anthem.html. Wenigstens ich verstehe diese Worte als Aufforderung nie aufzugeben, es gibt auch in dunkelsten Momenten ein Licht der Hoffnung. Schön wär’s natürlich wenn Herr Nethanyahu sich dafür einsetzen würde – wohl etwas zu viel verlangt, von diesem Zigarren rauchenden Herren, der für das Überleben Israel leider momentan verantwortlich ist.

Leonard Cohen ist ein „Pop-Sänger, der nie schreit, nie seine Stimme erhebt und dessen selbstgeschriebenen Texte und Musik eine Tiefe erreichen, die mich immer wieder zutiefst rühren. Übrigens, auf seiner letzten Tournee besuchte er auch Israel – nach wenigen Tagen war das Konzert ausverkauft. Barry, unser Arzt, hatte das Glück noch zwei Karten erhaschen zu können und berichtete mir begeistert und gerührt von einem einmaligen Erlebnis.

Mit Freunden bei Basalton

Schön und noch persönlicher war der Überraschungsbesuch von sieben Schweizern aus dem Berner Seeland. Ich kannte nur zwei von ihnen als Leser meines Tagebuchblogs, die nun endlich mal den Schreiber dieser Wortschwalle persönlich kennenlernen wollten. Für Lea und mich sind das wunderbare Erlebnisse, die wieder beweisen, dass ich mit meiner Arbeit auf dem richtigen Weg bin und meine Berichte gerne gelesen werden.

Nicht nur trafen wir uns zu einem sehr guten, wenn auch fleischlosen Abendessen im elegant renovierten Restaurant der Kelterei Carmel in unserem Städtchen. Wir unterhielten uns und ich lernte Menschen kennen, die sich um Israel sorgen und seine Probleme verstehen, neue Informationen aufsaugen und ihrem schon beachtlichen Wissen hinzufügen. 




Die mobile Arbeitsbude von Dagan
 
 


Am Tag darauf führte ich vier von ihnen auf einen bescheidenen Ausflug. Erst besuchten wir den Bildhauer Dagan Shklovsky in seinem Skulpturengarten im Kibbuz Ein Carmel, keine zwanzig Autominuten von Zichron Ya’akov entfernt. Auf dem Gelände, das den Namen „Basalton“ trägt, stehen seine zahlreichen Werke und noch nicht bearbeitete Steine (vielleicht sollte man Felsen sagen), alle aus Basalt der Golanhöhe.

Dagan Shklovsky’s Werke sind nicht gerade in einer Papiertüte nach Hause zu tragen. Jedes wiegt Tonnen – entsprechend sind seine Verkaufszahlen nicht gewaltig. Er ernährt sich, wie andere Bildhauer, durch Auftragsarbeiten für Grabsteine.

Dagan Shklovsky

In seinen Basaltstatuen ist sehr viel tieferes Gedankengut, Originalität und Kreativität zu sehen. Vielen seiner Frauenköpfe verpasst er medusaaartige Frisuren, Männerköpfe sind meist bärtig, im assyrischen Stil gezopfte Bärte und Haare, vielfach verwoben mit anderen Figuren, sogar Tieren. Schlangen und Delfine sind auszumachen. Die Skulpturen sind detailliert doch relativ grob gehauen. Hervorgehobenes, wie Augen, werden poliert und erscheinen deshalb dunkel. Man steht davor, blickt oft nach oben, weniger nach unten und ist überwältigt über diese fehlerfreie Handwerkskunst. Die einzigen und seltenen „Fehler“ sind Löcher oder Sandbestände im Basalt, die erst während der Bearbeitung zum Vorschein kommen. Doch auch sie tragen irgendwie zum tiefen Gesamteindruck bei.

Dagan schien sehr glücklich über unseren Besuch zu sein. Er verwickelte besonders meine zwei Freundinnen und Matthias, den pensionierten Arzt, in ein langes Gespräch und beantwortete viele Fragen. Dagan wurde 1965 im Kibbuz Merchavia geboren, einem geschichtsträchtigen Kibbuz der Haschomer Hazair Bewegung, in der auch ich gross geworden bin.

Sein Rohmaterial erhält Dagan Shklovsky auf grossen Lastwagen. Er sucht sie nicht aus, sondern macht mit dem was ihm gebracht wird genau das, was er in jedem der Steine „sieht“. Obwohl ich mich in dieser Sparte nicht auskenne, nehme ich an, dass jeder talentierte Bildhauer dasselbe tut, sein Endprodukt schon in seinem noch ungehauenen Stein sieht, bevor er die Arbeit beginnt. Dagan arbeitet gerade an einer fast drei Meter hohen Katze, über die er sein Sonnendach aufgebaut hat.

Dagan beginnt die Arbeit damit, ein tragbares Blechdach zum zu bearbeitenden Stein zu bringen, denn diesen kann er ohne schwere technische Hilfsmittel nicht bewegen. Je nach Grösse des Steins kann die Bearbeitung von drei bis zwanzig Monate oder mehr dauern. Das Entstehen eines seiner ganz grossen Werke, die Gesichter seiner gesamten Familie, er selbst, seine Frau und die Kinder, hatte mir damals Gelegenheit gegeben, alle paar Wochen den Fortschritt der Arbeit zu verfolgen.

Ich war schon viele Male bei Dagan zu Besuch. Nicht immer ist er dort. Aber wenn er da ist, wird man oft in ein langes Gespräch verwickelt. Leider wissen nur wenige Menschen von seiner Arbeit und seinem Skulpturenpark – es wäre wert, dass besonders Besucher aus dem Ausland zu ihm fahren würden, denn seine Arbeiten sind beeindruckend und, eben, einfach schön. Nur gleich mitnehmen kann man sie nicht. Hier seine sehr einfache und leider wenig informative Website: http://basalton.com.




Unseren Ausflug schlossen wir mit einer Fahrt durch die verbrannten Wälder des Carmelberges ab. Wir fuhren am Kibbuz Beit Oren und am schönen Carmelgefängnis vorbei. Auch sahen wir an der Strassenseite ein temporär aussehenden Memorial für die vierzig Toten des verbrannten Autobusses, junge Menschen die bei der Evakuierung des Gefängnisses hätten helfen sollen. Nach einer kurzen Pause in Ussefiya fuhren wir nach Hause. Meine Freunde erlebten Unübliches und waren zufrieden. Und ich war zufrieden mit Freunden zusammen gewesen zu sein, die Israel lieben und unterstützen, ohne deswegen ihren Sinn für die Realität verloren zu haben.

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