Es war einmal
Noch immer trauere ich dem lokalen Jazz- und
Bluesclub „Bluesette“ nach, der mangels Finanzen und milchiger Küche vor
einigen Jahren geschlossen werden musste. Ich war dort beschäftigt und
freundete mich mit dem Besitzer an, einem Treuhänder und damals auch Mitglied
der Stadtregierung. Leider ging ihm das Geld aus, denn nur mit Bier und
Kaffee kann sich auch ein Jazzclub finanziell nicht über Wasser halten. Sigi
ist traditioneller Jude jemenitischer Herkunft mit sehr viel jüdischem Wissen
und bestand darauf keine Fleischspeisen zu servieren. Nur eben, er kannte sich
in den Kreisen der Jazz-Liebhaber nicht aus. Dass diese lieber ein grosses
Steak statt Käsekuchen konsumieren, hat dem Bluesette seinerzeit das Genick
gebrochen – es blieb schlicht bei der Billigstkonsumation von Bier oder Kaffee,
auch wenn das Lokal fast immer proppenvoll besetzt war. Das zur neueren
Lokalgeschichte Zichron Ya’akovs.
Das neue Jazz Café in Zichron Ya’akovs Bahnhof
Erst diese Woche habe ich herausgefunden, dass es in
Zichron einen Bahnhof gibt. Die Züge fahren dort mit Getöse vorbei, halten aber
nicht, denn diese Station ist seit Jahrzehnten ausser Betrieb. Aber der Bahnhof
steht noch und wurde vor wenigen Monaten zu einem entzückenden Café
umfunktioniert. Es lädt jeden Donnerstagabend zu einer Jam Session ein, vor
allem Blues. Nächste Woche soll’s Dixieland geben. Zwar ist es stets Amateur
Night, und kostet so keinen Eintritt. Auf dem Bahnhof wehen eine israelische
und eine australische Flagge.
Das Lokal gehört Graham, einem ehemaligen Australier.
Noch ist sein Hebräisch in einem Stadium, das eine hebräische Konversation
schwierig macht – doch wer spricht heutzutage nicht Englisch. Am vergangenen Donnerstag spielte Grahams Sohn Blues auf
seiner E-Gitarre mit einer Selbstverständlichkeit und einem Können, das mich
vom Stuhl haute. Doch um Halb Zehn gab Papa ein Zeichen, er packte sein
Instrument ein und wurde von seinem Vater nach Hause ins Bett gebracht. Der
Kleine spielte zusammen mit Delmark Goldfarb aus Oregon/USA.
Delmark Goldfarb, genannt Del |
Die Musik war gut, aber noch schöner war die Atmosphäre – sofort fand ich
Anschluss, es gab Gesprächspartner, jeder setzte sich zu jedem und die Mädchen
waren hübsch. Zwar donnerten um diese späte Tageszeit Züge nur noch alle zwanzig
oder dreissig Minuten vorbei, doch israelische Züge sind kurz. Zudem haben
Eisenbahnzüge im Zusammenhang mit dem Blues romantische Bedeutung. So wie
beispielsweise der „Train Song“ der Holmes Brothers (gesungen von Popsey).
Popsey (auf dem Bild oben rechts)und ich kennen einander noch vom Luzerner Bluesfestival, wo er seinerzeit dieses Lied auf meinen besonderen Wunsch zweimal sang. . Hier noch ein Blues mit ihm:
Blues Doc
Norm im TV-Studio beim sich warmspielen.
Kurze, aber hervorragende Aufnahme
Am Schabbat vor drei Wochen hörte ich am „Midrachof“,
der Fussgängerstrasse Zichron Ya’akovs, jemanden mit einer sehr starken Stimme
Blues singen. Ich fand den Blues Doc, einen Amerikaner aus Florida, Dr. Norman
S. Cohen, MD. Man ruft ihn Norm. Vier Tage später waren er und seine Frau Rona
bei uns zum Abendessen, zusammen mit einigen meiner Freunde. Norm wanderte vor
fünf Jahren von den USA nach Israel aus. Er hatte in den USA seine Approbation
zusammen mit noch 250 Ärzten verloren, weil er billiges Botox benutzt hatte, das ihnen von einem Lieferanten aufgeschwatzt worden war.
Doch auch dann war er verantwortlich und bereut diesen Fehler, auch wenn niemand zu Schaden gekommen sei, wie er beteuert. Heute hat er die Approbation wieder und arbeitet in Teilzeit als Arzt, aber in Israel.
Seine Klinik in Miami, die Villa mit Swimming Pool und seine private Cessna ist
er los. Doch hat er sich inzwischen so an sein Leben als Strassenmusikant
gewöhnt, dass er dieser neue Karriere nicht mehr völlig abschwören will. Weniger
Verantwortung und mehr Fun ist seiner angeschlagenen Gesundheit zuträglicher. Norm spielte und sang sein Leben lang Blues und übt heute sein ehemaliges Hobby als Beruf aus. Er
spielt, wie fast jeden Schabbat, in Zichron Ya’akov bei den Kaffeehäusern
vor der Bank Hapoalim. Während der Woche trifft man ihn meist in Tel Aviv.
Heimweh nach New Orleans
Zum Abschluss noch eine stimmungsvolle Szene voller
musikalischer Talente aus der Bourbon Street in New Orleans. Obwohl ich bisher
erst dreimal diese Stadt besucht habe, sind meine nostalgischen Gefühle für sie
noch stark und ich brachte es fertig, dafür einen meiner zwei tanzenden Enkel,
Eran, dafür zu begeistern und wir planen eine Reise dorthin. Hier zwei
Strassenszenen, welche die einzigartige Atmosphäre dieser Stadt wiedergeben:
Und gleich noch eine von der Royal Street, die Strasse mit den schönen
Galerien und Geschäften:
1 Kommentar:
Blues lieben heißt nicht, den blues haben - großartig auch dieser Blues-Doc & die längere dixieland permormance, die ich mir gleich kopieren (oder zumindest den link) - aber ging nicht -
mir scheint, wir haben einen ähnlichen Musikgeschmack ;)
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