Samstag, 26. Mai 2012

Zichron Ya'akov's History of the Blues





Es war einmal

Noch immer trauere ich dem lokalen Jazz- und Bluesclub „Bluesette“ nach, der mangels Finanzen und milchiger Küche vor einigen Jahren geschlossen werden musste. Ich war dort beschäftigt und freundete mich mit dem Besitzer an, einem Treuhänder und damals auch Mitglied der Stadtregierung. Leider ging ihm das Geld aus, denn nur mit Bier und Kaffee kann sich auch ein Jazzclub finanziell nicht über Wasser halten. Sigi ist traditioneller Jude jemenitischer Herkunft mit sehr viel jüdischem Wissen und bestand darauf keine Fleischspeisen zu servieren. Nur eben, er kannte sich in den Kreisen der Jazz-Liebhaber nicht aus. Dass diese lieber ein grosses Steak statt Käsekuchen konsumieren, hat dem Bluesette seinerzeit das Genick gebrochen – es blieb schlicht bei der Billigstkonsumation von Bier oder Kaffee, auch wenn das Lokal fast immer proppenvoll besetzt war. Das zur neueren Lokalgeschichte Zichron Ya’akovs.

Das neue Jazz Café in Zichron Ya’akovs Bahnhof


Erst diese Woche habe ich herausgefunden, dass es in Zichron einen Bahnhof gibt. Die Züge fahren dort mit Getöse vorbei, halten aber nicht, denn diese Station ist seit Jahrzehnten ausser Betrieb. Aber der Bahnhof steht noch und wurde vor wenigen Monaten zu einem entzückenden Café umfunktioniert. Es lädt jeden Donnerstagabend zu einer Jam Session ein, vor allem Blues. Nächste Woche soll’s Dixieland geben. Zwar ist es stets Amateur Night, und kostet so keinen Eintritt. Auf dem Bahnhof wehen eine israelische und eine australische Flagge.

Das Lokal gehört Graham, einem ehemaligen Australier. Noch ist sein Hebräisch in einem Stadium, das eine hebräische Konversation schwierig macht – doch wer spricht heutzutage nicht Englisch. Am vergangenen Donnerstag spielte Grahams Sohn Blues auf seiner E-Gitarre mit einer Selbstverständlichkeit und einem Können, das mich vom Stuhl haute. Doch um Halb Zehn gab Papa ein Zeichen, er packte sein Instrument ein und wurde von seinem Vater nach Hause ins Bett gebracht. Der Kleine spielte zusammen mit Delmark Goldfarb aus Oregon/USA.
Delmark Goldfarb, genannt Del
Die Musik war gut, aber noch schöner war die Atmosphäre – sofort fand ich Anschluss, es gab Gesprächspartner, jeder setzte sich zu jedem und die Mädchen waren hübsch. Zwar donnerten um diese späte Tageszeit Züge nur noch alle zwanzig oder dreissig Minuten vorbei, doch israelische Züge sind kurz. Zudem haben Eisenbahnzüge im Zusammenhang mit dem Blues romantische Bedeutung. So wie beispielsweise der „Train Song“ der Holmes Brothers (gesungen von Popsey).

 
Popsey (auf dem Bild oben rechts)und ich kennen einander noch vom Luzerner Bluesfestival, wo er seinerzeit dieses Lied auf meinen besonderen Wunsch zweimal sang. . Hier noch ein Blues mit ihm:





Blues Doc

Norm heute vor im Midrachov, der Fussgängerzone Zichrons



Norm im TV-Studio beim sich warmspielen.
Kurze, aber hervorragende Aufnahme
 
Am Schabbat vor drei Wochen hörte ich am „Midrachof“, der Fussgängerstrasse Zichron Ya’akovs, jemanden mit einer sehr starken Stimme Blues singen. Ich fand den Blues Doc, einen Amerikaner aus Florida, Dr. Norman S. Cohen, MD. Man ruft ihn Norm. Vier Tage später waren er und seine Frau Rona bei uns zum Abendessen, zusammen mit einigen meiner Freunde. Norm wanderte vor fünf Jahren von den USA nach Israel aus. Er hatte in den USA seine Approbation zusammen mit noch 250 Ärzten verloren, weil er billiges Botox benutzt hatte, das ihnen von einem Lieferanten aufgeschwatzt worden war. Doch auch dann war er verantwortlich und bereut diesen Fehler, auch wenn niemand zu Schaden gekommen sei, wie er beteuert. Heute hat er die Approbation wieder und arbeitet in Teilzeit als Arzt, aber in Israel. Seine Klinik in Miami, die Villa mit Swimming Pool und seine private Cessna ist er los. Doch hat er sich inzwischen so an sein Leben als Strassenmusikant gewöhnt, dass er dieser neue Karriere nicht mehr völlig abschwören will. Weniger Verantwortung und mehr Fun ist seiner angeschlagenen Gesundheit zuträglicher. Norm spielte und sang sein Leben lang Blues und übt heute sein ehemaliges Hobby als Beruf aus. Er spielt, wie fast jeden Schabbat, in Zichron Ya’akov bei den Kaffeehäusern vor der Bank Hapoalim. Während der Woche trifft man ihn meist in Tel Aviv.




Heimweh nach New Orleans

Zum Abschluss noch eine stimmungsvolle Szene voller musikalischer Talente aus der Bourbon Street in New Orleans. Obwohl ich bisher erst dreimal diese Stadt besucht habe, sind meine nostalgischen Gefühle für sie noch stark und ich brachte es fertig, dafür einen meiner zwei tanzenden Enkel, Eran, dafür zu begeistern und wir planen eine Reise dorthin. Hier zwei Strassenszenen, welche die einzigartige Atmosphäre dieser Stadt wiedergeben:

 

Und gleich noch eine von der Royal Street, die Strasse mit den schönen Galerien und Geschäften:

 





1 Kommentar:

Heimo hat gesagt…

Blues lieben heißt nicht, den blues haben - großartig auch dieser Blues-Doc & die längere dixieland permormance, die ich mir gleich kopieren (oder zumindest den link) - aber ging nicht -
mir scheint, wir haben einen ähnlichen Musikgeschmack ;)