Oft habe ich in
meinen Tagebuchzeilen das Thema arabischer Realisten, in anderen Worten
arabischer Friedensvertreter gegenüber Israel und den freien Gesellschaften der
Welt ganz allgemein, angesprochen. Immer wieder hatte ich betont, dass es zwar wenige
Dutzend solcher gibt, sie jedoch kaum in der arabischen Welt selbst, sondern im
der freien Gesellschaft des Westens leben. Einige von ihnen wie Fuad Ajami der
Princeton Universität und Bassam Tibi aus Göttingen habe ich schon erwähnt. Neuerdings
ist mir Youssef M. Ibrahim unter die Augen gekommen. Youssef M. Ibrahim ist
Journalist und, schreibt seit Jahrzehnten für grosse Zeitungen der USA und
steht heute einem sich mit Energiefragen beschäftigendem Thinktank vor. Er lebt
wechselweise in den USA und Dubai. In einem TV-Interview in 2009
beschreibt er wunderschön, fast rührend, seine Kindheit und Jugend in Ägypten
und erklärt die heutigen Vorgänge in der arabischen Welt. Er meint im Gespräch überzeugend
„dass die arabische Sicht, das keine arabischen Probleme gelöst werden können,
bevor nicht der Israel-Palästina Konflikt gelöst ist, sei vollkommener Unsinn“.
Der kompulsive arabisch-islamische Judenhass ist ein anderes Thema, das er
bespricht. Eine Akzeptanz Israels in der arabischen Welt hält er auf absehbare
Zeit unmöglich. Es lohnt sich die 70 Minuten Zeit in dieses Interview zu
investieren – auch wenn es in englischer Sprache stattfindet. Auch wenn es
nicht heute, in der Zeit des arabischen Winters stattfand, ist es genau so
aktuell wie vor drei Jahren.
Im Juli 2006,
also drei Jahre früher als obiges Interview, schrieb Youssef M. Ibrahim einen
offenen Brief an die Palästinenser,
den ich hier selbst ins Deutsche übersetzt habe. Fast alle seiner Aussagen sind
heute so aktuell, wie in 2006.
„Jewish World Review“,
„Jewish World Review“, 12. Juli 2006
"Liebe
palästinensisch-arabische Brüder.
Der Krieg mit
Israel ist vorbei.
Ihr habt
verloren. Gebt auf und verhandelt über die Sicherung der Zukunft eurer
Kinder. Wir, eure arabischen Brüder, mögen euch versichern bis wir blau im
Gesicht sind, dass wir euch unterstützen, doch die Weisen unter euch und die
meisten unter uns wissen: wir Nichtpalästinenser führen unser Leben fort, weg von der müden alten
Ideen euch bei die palästinensische-arabische Sache und dem „ewigen Kampf“ gegen
Israel wirklich zur Seite zu stehen.
Liebe Freunde,
ihr und eure Führer verschwendeten drei Generationen mit dem Versuch für
Palästina zu kämpfen, aber die Wahrheit ist, das Palästina, das ihr 1948 hättet
haben können, viel grösser war, als das Palästina, das ihr hättet in 1967 haben
können, das wiederum grösser war als das Palästina, für das ihr euch heute oder
in zehn Jahren bescheiden werden müsst. Kampf [er meint wohl eher „strampeln“]
heisst weniger Land, mehr Leiden und Not und komplette Einsamkeit.
Brüder, ihr werdet glücklich sein müssen, eingepfercht in einem staatsähnlichen Gebilde im
Gazastreifen zu wohnen, sowie in einem
kleinen Teil der jordanischen [?] Westbank. Besser wird es nicht werden. Die
Zeit läuft aus, sogar für dieses kleine Stück Land. Dazu, meine Freunde, möchte
ich euch Fakten, Zahlen und vernünftige Ratschläge geben.
Ihr habt noch
immer Schlüssel, die ihr bei Fernsehinterviews vorzeigt, Schlüssel für Häuser, die heute
nicht mehr existieren oder von Israelis, die keinerlei Absicht haben Jaffa,
Haifa, Tela Aviv oder West-Jerusalem zu verlassen, bewohnt werden.
Ihr schiesst mit
veralteten Waffen auf moderne israelische Panzer und in Amerika produzierte
Kampfflugzeuge, ohne in Israel grossen Schaden anzurichten und bringt dabei den
Zorn der mächtigen israelischen Armee auf euch selbst. Ihr schiesst lächerliche
Kassamraketen [das hat sich seither geändert], die wenig Wirkung
haben auf Israel und bildet euch ein einen Befreiungskrieg zu führen. Eure Regierung, eure
gesellschaftlichen Institutionen, eure Schulen und eure Wirtschaft sind ruiniert.
Eure Jugend
wächst auf als Analphabeten, krank und Todesriten verfallen, während ihr, genau
genommen durch die Grosszügigkeit Fremder, vor allem Amerikaner und der UNO,
überlebt. [Da bin ich etwas anderer Meinung, er vergisst die massive
Unterstützung der EU, er vergisst den Geiz der arabischen Welt und übersieht,
dass täglich hunderte israelische Lastwagen Waren nach Gaza bringen, wie auch,
dass Israel Energie und Wasser nach Gaza und in die Westbank liefert und mit Raketen bezahlt wird].
Täglich müssen
eure Offiziellen um das tägliche Brot betteln, sind abhängig von Lastwagenladungen anderer,
die Lebensmittel und anderes liefern, während eure kriminelle muslimisch-
fundamentalistische Hamas Regierung weiterhin die Flammen des Krieges schürt,
eines Krieges, den sie nie gewinnen kann.
In anderen
Worten, Brüder: ihr seid am Arsch (down and out), allein in einer völlig
verbrannten Landschaft, die täglich kleiner wird.
Was für ein Kampf
soll das sein? Ist dieser Kampf es tatsächlich wert geführt zu werden?
Wichtiger noch, welche miserable Zukunft versprecht ihr damit euren Kindern,
der vierten- und fünften Generation nichtshabender verelendeter Araber?
Wir, ihr
arabischen Brüder, schreiten weiter. [unklar was er meint, materiell kann es
kaum gemeint sein, der Rest der arabischen Welt (Ölstaaten ausgenommen), geht
es weit schlimmer als den Palästinensern]. Jene von uns, die Öl besitzen, sind
damit beschäftigt Reichtum zu scheffeln, Häuser zu bauen, Luxusüberbauungen,
moderne Universitäten und Schulen, Autobahnen and Landstrassen zu errichten.
Jene unter uns,
die gemeinsame Grenzen mit Israel haben, wie Ägypten und Jordanien,
unterschrieben mit ihm Friedensverträge und werden für euch in absehbarer
Zukunft keinen Krieg entfachen.
Jenen unter uns weit entfernt lebenden Arabern,
wie Nordafrika und Irak, ist es völlig egal was mit
euch passiert.
Nur Syrien
scheint eure Fantasie zu entfachen, dass es eines Tages zusammen mit euch
Palästina befreien wird, obwohl ein riesiges Stück syrisches Territorium, die
gesamte Golanhöhe, von Israel 1967 erobert und annektiert worden ist. Die Syrer,
meine Freunde, werden gerne bis zum letzten Palästinenser für euch kämpfen. [Dieser
Satz ist für die gesamte arabische Welt anwendbar. Von der heutigen Lage
Syriens und seinem tragischen Bürgerkrieg konnte der Autor 2006 noch nichts
wissen].
Bevor ihr mit der
Hamas Bande stecken bleibt, ein anderer eurer betrügerischen, verschwörerischen
Anführer, Yassir Arafat [inzwischen tot, wahrscheinlich an AIDS gestorben], verkaufte
euch ein anderes faules Angebot – mehr Schmerz, mehr und grössere Korruption
und von seinen Verwandten gestohlene Millionen – während eure Kinder in den
Abwassern Gazas spielten.
Der Krieg ist
vorbei. Warum nicht mit dem Aufbau einer neuen Zukunft beginnen?“
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