Donnerstag, 11. April 2013

2 X Persönliches



Holocaust-Gedenktag im Dor Tiv’on

Lea und ich sind umgezogen. Seit dem 31. Dezember 2012 leben wir aus gesundheitlichen Gründen in einer sogenannten Alters-Residenz. Ich beschreibe sie gerne als eine Kreuzung von Luxushotel und Kibbuz. Ein wunderschönes grosses Haus im Grünen mit fast zweihundert Wohnungen und etwa 250 AKs, („alte Kacker“), einer treffenden amerikanisch-jiddischen Bezeichnung. AKs mit Format. Ein neuer Lebensabschnitt für ältliche aschkenasische Juden. Uns gefällt‘s. Wir kochen selbst oder gehen aus oder gehen zu Freunden. Wir sind selbstständig und frei, haben unser Auto und können tun und lassen was wir wollen. Der Swimmingpool ist göttlich, die Folterkammer, in die ich nicht darf, ebenso. Zudem gibt es einen Theatersaal für 250 Personen, in dem wöchentlich verschiedene kulturelle Anlässe stattfinden, eine fabelhafte dreisprachige Bibliothek (Hebräisch, Englisch, Deutsch), Billard und Pingpong, ein grosser Raum für Malerei, Töpferei und ähnlichem und, nicht zu vergessen, ein Raum für Bridgespieler/innen. Einen Coiffeursalon hat es auch. Dort wurde mir für vierzig Schekel innert drei Minuten das Haar auf einen Millimeter kurz geschoren. Es sieht aus, als hätte ich eine rasierte Glatze. Oder wie ein Rekrut der amerikanischen Marines. Ich fühle mich kahl. Meiner neuen Freundin, der blonden Betriebschefin Nira, gefällt‘s, meiner Lea nicht.

Für uns ist es zum Teil eine Rückkehr in den Kibbuz, in dem Teilnehmen und Beitragen gross geschrieben wurde. Neben dem Schwimmen, mache ich in einer englischsprachigen Poesiegruppe mit, es ist a lot of fun, die Leute sind unterhaltend und ich fühle mich dort ausgezeichnet. Für nächstes Mal habe ich eine hervorragende englische Übersetzung von Christian Morgensterns „Die unmögliche Tatsache“ bereit. Das, obwohl ich eigentlich für Poesie nie viel am Hut hatte. Dann gibt es einen wöchentlichen Runden Tisch, an dem ich mich vergass und dreissig Minuten lang über mich selbst quatschte (ich musste mich vorstellen) und niemand mich unterbrach. Gott, sind die Leute höflich. Und dabei herzlich. Dann gibt es einen monatlichen Vortrag im Kultursaal zu einem Thema der Antike. Bisher über den Gilgamesch-Epos und dessen Parallelen zu Erzählungen im Alten Testament und anderen Religionen des östlichen Mittelmeeres und Mittleren Ostens. Dann ein Vortrag über den Trojanischen Krieg. Diese Vorträge, in bestem Hebräisch gehalten von einem Jecken meines Alters, sind ein Vergnügen. Yehuda Adler, so heisst er, besitzt einen dramatischen Stil, seine Stimme, manchmal vehement, dann wieder ruhiger aber nie leise, fasziniert mich. Wie hypnotisiert sitzen die Leute da und saugen sich die Erzählungen ein. Einmal war ich an einem Shabbatabend an einem Jazzkonzert. Ich kam einige Minuten früh und setzte mich vorne in die zweite Reihe. Der Saal war fast leer. Nach einigen Minuten Konzert, drehte ich mich um und stellte fest, dass der Saal fast völlig voll besetzt war – voller AKs, vor allem Frauen, die mit Händen und Füssen den Rhythmus mitschlugen. Flotte Weiber! Das Konzert war sehr schön und wurde von einem Altisten und einem russischen Akkordeonisten hervorragend bestritten. Ich kannte das Akkordeon bisher kaum als Jazzinstrument, bestenfalls beim Zydeko, der jazzigen Musik der Cajuns in Louisiana. Nach Konzertschluss fachsimpelte ich noch zusammen mit meinem neuen Freund Sam (85) und dem Saxophonisten. Auf Hebräisch nennt sich der gebürtige Amerikaner Sam Israel. Er ist Berufsmusiker, Hansdampf in allen Musiksparten und Besitzer einer Unzahl Musikinstrumente, Tuba, Gitarre, Posaune und was noch. Singen tut er auch.

Unsere Alters-Residenz heisst Dor Tiv’on und ist, dem Namen entsprechend in Tiv’on, einem Ort, nicht so lebendig wie Zichron Ya’akov, aber ebenso schön. Dazu nur zwanzig Autominuten von unserer Tochter Dvorit in Haifa entfernt.

Vor wenigen Tagen fand im Theatersaal die Feier für den Holocausttag statt. Wie ich hörte, sind etwa dreissig Prozent der Bewohner Dor Tiv’ons Holocaustüberlebende. Im Gegensatz zu den Feiern, die man im Fernsehen betrachten kann, war ich sehr beeindruckt – denn wir haben inzwischen einige dieser Holocaustüberlebenden kennengelernt. Es wurden sechs Kerzen angezündet, jede von einen Holocaustüberlebenden. Eine Kerze für jede Million ermordeter Juden.
 
Unsere Holocaustüberlebenden gehören nicht zu den vielen, die heute im Staate Israel notleiden. Sie haben es, trotz ihrem Schicksal, geschafft nach dem Krieg in Israel ein normales Leben aufzubauen. Wer das nicht konnte wird bis heute von der Regierung vernachlässigt, eigentlich betrogen. Schon David Ben Gurions Regierung, der seinerzeit mit Konrad Adenauer (gegen den Willen von Menachem Begin und seinen Rechtsextremisten) den Vertrag für deutsche Wiedergutmachung aushandelte, unterschlug deutsche Gelder und integrierte sie ins israelische Budget, statt sie den Holocaustüberlebenden weiter zu geben. Nur jene, die ihre Renten direkt von Deutschland beziehen, kamen zu ihrem Recht. Diese Tradition der Schande hält bis heute an. Das ist eine der grossen, der Öffentlichkeit im Grossen und Ganzen unterschlagenen Skandale. Heute sterben täglich, so war in Haaretz zu lesen, 37 Holocaustüberlebende. So spart die Regierung Geld. Zum ersten Mal wurde dies von Nethanyahu anlässlich seiner Rede an der offiziellen Feier in Jerusalem thematisiert. Wer weiss, vielleicht hat dies eine Verbindung zum neuen Finanzminister Israels, Yair Lapid, dessen Vater Tommy auch ein Holocaustüberlebender gewesen war. Es wäre höchste Zeit, diesen Schandfleck der Geschichte Israels zu entfernen. Im Gegensatz zu den Problemen mit seinen Nachbarn und den Palästinensern, ist dieses völlig  hausgemacht. Ich hoffe sehr, dass dieses Problem, das eigentlich mit dem Regierungsbudget gar nichts zu tun haben sollte, sind es doch vor allem deutsche Gelder, verschwindet.

Positiv ist heute, dass dieses bisherige Fehlverhalten israelischer Regierungen endlich thematisiert worden ist. Gerechtigkeit ist in Sichtweite – hoffentlich habe ich Recht.

Das Geburtsrecht Steine zu werfen - mein Brief an Haaretz

Ich finde Haaretz eine sehr gute Zeitung. Für Leute, die keine Kritik vertragen, ist sie allerdings ein rotes Tuch. Eigentlich eine Eigenschaft ganz in meinem Sinne. Trotzdem habe ich mein Abo annulliert, da sie Schreibern wie Amira Hass und teilweise auch Gideon Levy, Gelegenheit gibt Israelhetze zu betreiben und im vorliegenden Fall, Fräulein Hass ein Honorar dafür bezahlt den Versuch palästinensischer Gewalttäter mir und anderen Israelis mit Steinbrocken den Kopf einzuschlagen, als empfehlenswert betrachtet. Das passt mir nicht und ich kündigte. Ich hoffe, exzellenten Haaretz-Journalisten wie Ari Shavit, Aluf Benn, Nehemia Strassler und anderen, damit nicht ans Eingemachte gegangen zu sein.

Rabotai,

After having read more than once Amira Hass' article "The inner Syntax of throwing stones" in past Wednesday's issue I wish, after much deliberation, to cancel my subscription of Haaretz with immediate effect.

Amira Hass' "understanding" of everything, even hurting and killing by Palestinians is her right and freedom of expression. It is also my right to react to it the way I do. Palestinians have as little right to kill as do Israelis right wingers and settlers. To my mind Amira Hass suffers from something similar to the Stockholm Syndrome. To her and Gideon Levy as well, Palestinians possess the freedom to commit any crime as long they connect it to their so called fight for freedom, whatever that means in their culture, that since the past Twenties, introduced and  promoted by the Mufti Hadj Amin al-Husseini and the Muslim Brothers' Hassan al-Banna, both Nazis admirers and activists of the first hour, seems to be their main aim in live. Arabs, for the whole world to see, seem to be unable to deal with freedom. At least that is the impression provided by the happenings in their world.

Also I refuse to identify myself with the settler movement (far from it) and support basically the today called Palestinians to have their own state. However,  Palestinian education to Jew hatred and their activities in this respect, dissuades anyone with an open mind, independent of ideology, to support them today. It seems to me, that all Zionist parties (even Meretz) in Israel have come to similar conclusions.  

As long as Amira Hass and to some extend Gideon Levy are given space in Haaretz to provide their poisonous input for the "Israel critical" world, providing them with the excuse to say "Jews themselves say so“ I shall not keep my subscription of Haaretz. Sorry!

Please confirm my cancellation, Paul Russak

PS: a copy of this letter is sent to a number of friends.

Übrigens, meine Annullation ist bisher noch nicht bestätigt worden.

1 Kommentar:

Alexander hat gesagt…

Dein Artikel ist gar nicht so privat!
Er geht uns Israelis und Freunde von Israel an.
Steinewerfen hat sich zum neuen Nationalsport von palästinensischen Kindern und Jugendlichen entwickelt. Sie beabsichtigen damit gezielte Verletzungen und sogar Tötungen von Zivilisten. Motiviert werden sie von Journalisten wie Amira Hass und Gideon Levy, beide vom Haaretz. Sprachrohr vom Haaretz in der Schweiz ist die jüdische Wochenzeitung TACHLES.
Das TACHLES ist auch ein Sprachrohr von antiisraelischen und propalästinensischen Juden, den schweizerischen Dhimmi-Fröntlern, WWW.JVJP.CH.
Alexander Scheiner, Israel