Donnerstag, 31. Dezember 2009

Reziprozität?

Dieses tolle und jedem geläufige Wort heisst auf Deutsch „Gegenseitigkeit“ oder wie es im Glossar des Aussenhandels der EU steht: „gegenseitige Einräumung einander genau entsprechender Zugeständnisse (sog. direkte oder sektorale Gegenseitigkeit)“. Ins Verständliche übersetzt könnte man sagen: „Tust du mir einen Gefallen, so tue ich dir einen Gefallen“ oder vielleicht das bekanntere geflügelte Wort „Haust du meinen Juden, so hau ich deinen Juden“. Womit wir nun beim Thema sind.

Es hat auch mit Ausgewogenheit, der Israel immer wieder vorgeworfenen fehlenden „Unverhältnismässigkeit“ zu tun, wie als Bannerträger und Musterbeispiel dieser grotesken Sicht, Frau Bundesrätin Michelle Calmy-Rey, es wiederholt zum besten gegeben hat und es wohl auch weiterhin zum besten geben wird.

Es hat auch mit Geben und Nehmen zu tun. Chronologisch völlig ungeordnet hier einige Beispiele israelisch-palästinensisch/arabischer Reziprozität:

Israel zog sich vor dreieinhalb Jahren aus dem Gazastreifen zurück. Es wollte nichts von den dortigen Gazanern, ausser von diesen in Frieden gelassen werden. Das war die einzige erwartete Gegenleistung. Der Abzug wurde zum Test palästinensischer Reaktion auf Vertrauen bildende israelische Massnahmen. So dachten ich, Arik Sharon und die Mehrheit der Israelis. Gaza erhielt Milliarden von Euros und Dollars, die es statt in seine wirtschaftliche Entwicklung und Selbständigkeit, in Waffen, Kriegsanlagen und, so ist anzunehmen, in Schweizer Bankkonten investierte. Die Reziprozität wurde von den Gazanern der Hamas treulich wahrgenommen, sie feuerten Raketen nach Israel, Juden und auch Araber wurden dort getötet und verletzt, Sachschäden in Millionenhöhen wurden verursacht. Israel reagierte mit einer effektvollen Verteidigungsaktion (von guten Menschen „unverhältnismässig“ genannt) – die Reziprozität blieb gewahrt, allerdings nicht im Sinne des Erfinders. Immerhin ist die Zahl gazanischer Terroranschläge und Raketen drastisch zurückgegangen.

Vor einigen Monaten hob Israel fast sämtliche Strassensperren innerhalb der Westbank auf. Ohne die geringste Reziprozität der palästinensischen Westbänkler. Deren wirtschaftliche Wachstumsrate stehe nun auf 10% - so gut hatten sie es nur vor der Ankunft Arafats in Palästina in 1994, bevor dieser sein Reich der Korruption und der Diebe - genannt PA (Palestinian Authority) - in den besetzten Gebieten errichtete. Was war die bisherige Reziprozität von palästinensischer Seite? Weiterhin sich Verhandlungen zu verweigern und die Ermordung eines Rabbiners, dessen Sohn an dessen Beerdigung öffentlich sagte, dass er sich unter keinen Umständen für diesen Mord rächen wolle.

Im Jahre 2000 zog der damalige Ministerpräsident Ehud Barak Israels Truppen aus dem Südlibanon zurück. Was gab’s als Reziprozität? Raketen, Raketen und nochmals Raketen, die im Zweiten Libanonkrieg endeten. Zwar wurde Israel nicht der grosse Sieger, aber Katjuschas und andere Raketen und weitere fliegende Bomben werden seither nicht mehr nach Israel geschossen. Die Reziprozität effektvoller israelischer Selbstverteidigung scheint das Schweigen palästinensischer Raketen zu sein. Das ist wenig, aber wenigsten etwas.

Die Mutter aller palästinensischer Reziprozität: In den Camp David Gesprächen mit Präsident Clinton und Ehud Barak wurde den Palästinensern praktisch die gesamte Westbank, Ostjerusalem und Gaza angetragen. Ehud Olmert wiederholte ein ähnliches Angebot vor einem Jahr – als einzige Reziprozität wurde ein Friedensvertrag und normales nachbarliches Zusammenleben erwartet. Gur nischt! – es gab nicht einmal einen Gegenvorschlag; weder Arafat noch Abu Mazen brachten und bringen es über sich, mit Israel Frieden zu schliessen, weil dies schlicht dessen Anerkennung beinhalten würde. Auflösung der jüdischen Siedlung hat damit nicht das Geringste zu tun, denn weder diese noch der Staat der Juden an sich, darf toleriert werden – er muss weg. Lieber will man für die nächsten Jahrzehnte weiterhin über einen möglichen Frieden Marathongespräche halten (zurzeit nicht einmal das), als diese mit einem für alle akzeptierbaren Ergebnis zu beenden. Friedensgespräche sind zu reinem Selbstzweck degeneriert, ein erfolgreicher Abschluss ist von palästinensischer Seite nicht erwünscht. Reziprozität ist vom Tisch verschwunden, nehmen nicht geben ist die Devise und wird es noch lange bleiben. Eine Politik der Reziprozität kommt für die Palästinenser nicht in Frage.

Ein wenig Reziprozität wäre auch im Zusammenleben mit unseren arabischen Mitbürgern vonnöten. Ohne Zweifel werden diese in einigem als Bürger benachteiligt. Zwar sind ihnen alle Bildungsmöglichkeiten des Landes offen, in einigen Universitäten bilden sie fast die Hälfte aller Studierenden (Haifa 40%). Doch nicht alle wollen Ärzte, Lehrer oder Volkswirtschaftler werden, denn als Ingenieure und in anderen technischen Berufen finden sie in Israel kaum Arbeit. Die hauptsächliche und fragwürdige Begründung dafür ist stets das sogenannte „Sicherheitsrisiko“. Das verbittert unsere Araber und ist Teil ihrer Begründung zur staatsbürgerlichen Selbstverweigerung. Sie werden von vielen fast ausschliesslich als überzeugte Konsumenten der Bürgerrechte aber nicht Bürgerpflichten wahrgenommen. Die Nachfrage für Bürgerpflichten ist weniger intensiv und, vielen Aussenstehenden ist das nicht klar, ein kulturelles Problem. Dazu kommt die immense Angst jener israelischer Araber, die in arabischen Städten wohnen, denen verschiedentlich von extremistischen Politikern (z.B. Lieberman) angedroht worden ist, sie samt Wohnort ins zukünftige Palästina abzuschieben. Diese Panik demonstriert die schizophrene Situation, in die sie sich selbst gebracht haben: volle Bürger Israels zu sein oder Bürger auf Bewährung, hin und hergerissen in ihrer Loyalität zwischen der archaischen arabischen Welt und dem modernen, westlichen Staat Israel, dessen Bürger sie sind. Es ist zum Teil unfair und zu verallgemeinert, aber die Tatsache ist, dass sich vor allem muslimische Araber vor israelischen Bürgerpflichten drücken – sich dem Zivildienst und der Armee verweigern und, wie es heisst, es mit Steuern zahlen nicht sehr genau nehmen (als ob nichtarabische Israelis anders tun würden). Etwas Einsatz für den Staat, der schliesslich auch für sie mit seinen umfassenden Sozialleistungen die Existenzgrundlage sichert und sie, im Vergleich mit allen arabischen und muslimischen Staaten, sehr verwöhnt, wäre gerne gesehen. Viele jüdische Politiker Israels leisten für arabische Bürger unvergleichlich mehr, als deren eigene Politiker, vor allem jene im Parlament (Knesset), die hauptsächlich antiisraelische Aussenpolitik betreiben (Ausnahmen wie MK Ahmed Tibi, der fortschrittliche Sozialpolitik mit fragwürdiger Aussen- und Sicherheitspolitik verbindet, bestätigen die Regel). Ein wenig Reziprozität für die Leistungen unseres Staates für seine arabischen Bürger, von Seiten eben dieser diese Leistungen konsumierende Bürger, wäre schön und würde ihre allgemeine Akzeptanz als vollwertige israelische Bürger fördern. Es braucht nicht die Armee zu sein, sie könnten stattdessen einen zweijährigen nationalen Dienst sogar in ihrer eigenen Gemeinschaft erbringen – auch das wäre ein freiwilliger Bürgerdienst für den Staat, wie ihn neben Juden auch Drusen, Beduinen, Tscherkessen leisten und der in unserer Gesellschaft akzeptiert ist. Zudem haben Jugendliche, welche einen solchen Dienst leisten, zusätzliche Rechte auf Hypotheken, Bildung und anderem, die Bürgern, die keinerlei nationalen Dienst leisten, vorenthalten werden.

In meinen Augen unvergleichlich schlimmer als unsere arabische Minderheit, die ehrlich arbeitet und zum nationalen GNP beiträgt, ist eine andere, weit schneller wachsende jüdische Minderheit: Die Haredim und Hassidim der Ultraorthodoxie im Land. Sie entziehen dem Land nicht nur jährlich rund 40'000 jüdische wehrdienstfähige Männer (die von ihren Rabbinern abgelehnten Soldaten des Nahal Haredi Battalions sind eine Ausnahmeerscheinung), sondern frönen mehrheitlich der Ablehnung jeglicher Arbeit, mit der sie sich und ihre Familie ehrlich ernähren könnten. Mit ihrem biblisch motivierten Sexdrive produzieren sie Kinder in Rekordmengen, ihre Geburtenrate ist doppelt so hoch, wie die der muslimischen Bevölkerung Israels, die mit wachsendem Wohlstand abnimmt. Das lassen sie sich vom Staat mit den Steuergeldern der arbeitenden Bevölkerung bezahlen. Diesen einmaligen Status besitzen ultraorthodoxe Juden ausschliesslich in Israel, in den USA und in Europa ernähren sie sich aus eigener Arbeit – dort gibt es keinen Staat, der diese korrupte Lebensart unterstützen würde. Nicht nur lehnt die Mehrheit (besonders die aschkenasische) den Staat der Juden aus religiösen Gründen ab, sie werden dafür vom Staat auch noch honoriert. Es ist diese Bevölkerungsgruppe, die zusammen mit extremistischen Siedlerideologen, die wirkliche Gefahr für das Überleben Israels darstellen. Das ist ihre Art von Reziprozität für eine Nation, die ihren parasitären Lebensstil unterstützt.

Montag, 21. Dezember 2009

24 Stunden

Zum Schutze eines Freundes schloss ich meinen Blog für 24 Stunden. Ich musste eine Anzahl Tagebucheinträge überarbeiten und drei davon entfernen – etwas, das mir sehr widerstrebt, doch ein paranoider „Schweizer“ palästinensischer Herkunft wurde zur Bedrohung. Das Leben meiner Freunde ist mehr wert, als ein paar geschriebene Worte. Hintergrund des Ganzen war bestimmt das Resultat der Schweizer Minarett-Abstimmung, das die gar nicht so latente, sondern offene und für alle zu bemerkende islamistische Paranoia verstärkte, sodass sie problemlos nach Israel überschwappte und mich und meinen Freund mit ihrer Gülle von Lügen, Hass und Drohungen begoss, obwohl ich aus meiner demokratischen Einstellung gegen dieses Minarettverbot stimmte – und verlor.

Ich selbst wurde als Hasser des Islams bezeichnet. Erst einmal stimmt das nicht, ich habe es schwer mit dem Hass. Für mich ist Hass etwas persönliches, ich bringe es nicht fertig pauschal zu hassen. das Ziel muss spezifisch sein, eine direkte ideologisch/religiös untermauerte Bedrohung, die man umschreiben und erkennen kann und nicht auf Vorurteilen beruht. Unsere eigenen jüdischen Rechtsextremisten und Grossisraelaktivisten könnten mich Judenhasser benennen, weil ich sie in ihrer genauestens umschrieben Ideologie (Religion) und Gewalttätigkeit ebenso ablehne wie die Gewalttätigkeit der Jihadisten. Beide unterscheiden sich wenig, jeder hasst den Anderen und vergessen dabei, ihr eigenes Los und das ihrer Mitmenschen zu verbessern. Denn Hass, ob islamistisch oder extrem jüdisch-nationalistisch kennt nur die Gewalt des Augenblicks – die Zukunft, besonders die Zukunft ihrer Kinder und Generationen danach, lässt sie kalt. Fair wie ich bin, „hetze“ ich gegen fundamentalistische Strömungen beider Religionen. Im vorliegenden Fall wurde ich von islamischen Hassern angegriffen und mein Freund bedroht. Der Nahe Osten und seine Mentalität macht sich, wie dieses kleine Vorkommnis zeigt, in der Schweiz und bestimmt im Rest Europas breit – die Schweizer scheinen es als Erste gemerkt zu haben. Nur über die Mittel dagegen kann man sich streiten, über das Bestehen des Phänomens jedoch nicht.

Aber trotzdem – für 24 Stunden war mein Blog nicht verfügbar und schon erhielt ich Emails von Lesern mit Entzugserscheinungen. Das tat gut! Es zeigt mir auch, dass ich mit meinen Einträgen auf dem richtigen Weg bin. Die bearbeiteten und die drei entfernten Tagebucheinträge bewahre ich in ihrer Originalfassung auf – als Evidenz.

Montag, 14. Dezember 2009

Jüdische Hasser

„Ich hasse alle Araber!“, „Ich will keine Araber kennenlernen, die interessieren mich nicht“, „Kahane hatte recht!“, „Araber haben kein Recht in unserem Land zu leben!“, „Die Goyim (Nichtjuden) sind alle Antisemiten“, „Ich hasse diesen Neger Obama!“, „Obama’s Frau ist noch schlimmer als er!“, „Wir unterstützen Feiglin (Rechtsextremist im Likud, Hoffnungsträger der Unbelehrbaren)“ und ähnliche Aussagen dieser Art höre ich sogar von Freunden und Bekannten, wenn immer wir uns treffen. „Du bist ein Verräter am jüdischen Volk, weil du dich für die arabische Galerie in Umm El-Fahm einsetzt“, wurde mir auch schon bekanntgegeben. Was von Rabbinern der besetzten Gebiete, ihren Anhängern, viele davon gehören der sogenannten „Hügeljugend“ an, gesagt wird, ist noch schlimmer, es ist reinster Faschismus. Es ist ein Spiegelbild des Antisemitismus, es werden Gründe vorgebracht, die entkräftet werden können, die von völliger Ignoranz und fundamentalistischem Verständnis jüdischer und arabischer Geschichte zeugen. Zudem hat diese Verweigerung sich der Realität zu stellen, mit der Sicherheit unseres Staates nicht das Geringste zu tun, sie beruht auf einem ideologischen Rassismus eines Rabbi Kahane oder sogar eines Yair Stern, der als Führer des Stern-Gangs, soweit ging, die Unterstützung Nazi-Deutschlands gegen England zu suchen (wurde abgelehnt), da er, pathologisch fanatisiert wie er war, England als wirklichen Feind der Juden sah.

Die Feindschaft der arabischen und vor allem der muslimischen Welt gegen uns Juden ist die heutige Realität. Sie will uns nicht in unserer alten Heimat, genau so, wie Europa uns vor siebzig Jahren nicht wollte und alles daran setzte, uns los zu werden. Doch daraus den blinden und primitiven Hass abzuleiten, der alles umfasst, das nicht so ist wie wir uns selbst sehen wollen, bringt uns in die Tiefen des jihadistischen Judenhasses, auf den sich inzwischen auch schon Teile der Linken und Grünen Europas und der Nordamerikas abonniert haben – darunter peinlicherweise auch einige Juden. Dieser Hass ist unjüdisch, es muss ihm entgegengetreten werden. Nicht weil wir auf einmal unsere Feinde lieben, sondern um unserer Selbstachtung und unserer Humanität als Juden willen.

Gelegentlich werde ich daran erinnert, dass Israel das Einwanderungsland per se ist, seine entsprechende Gesetzgebung, zwar heute wegen der Bevorzugung von Juden umstritten, eben weil sie darauf angelegt ist, Juden ins Land zu holen und, wo notwendig, zu retten. Früher waren es vor allem sozialistische Zionisten, die Pionierarbeit leisteten, Sümpfe trocken legten, die Malaria ausrotteten, eine florierende Wirtschaft und Hochschulzentren aufbauten, die im Laufe der Zeit auch Araber ausserhalb Palästinas anzogen, die hier ein Auskommen fanden und, am wichtigsten, in der vorstaatlichen Phase Israels damit die organisatorische Infrastruktur zum späteren Staat schaffte und diesen damit überhaupt erst ermöglichte.

Eine der zahlreichen negativen Folgen des Sechstagekrieges in 1967 war die Besiedelung der Westbank durch religiös und ideologisch indoktrinierte Israelis – auch wenn es Westbanksiedler gibt, die ausschliesslich wegen dem billigen Wohnraum dort wohnen. Jetzt sitzt unser Staat deswegen in der Falle, denn spätestens nach dem völligen Abzug aus Gaza wurde es auch den blauäugigsten Israelis und Juden klar, dass man zur Zeit nicht ohne negative Folgen die besetzten Gebiete verlassen kann, obwohl es jedem, ausser den extremsten Siedlern, ebenso klar ist, dass auf die Dauer Israel nicht über ein fremdes Volk herrschen darf. Diese Situation und die politische Konstellation in Regierung und Parlament ziehen jüdische Extremisten aus dem Ausland an, ganz besonders aus den USA. Dr. med. Baruch Goldstein aus Brooklyn NY, von nicht wenigen jüdischen Fanatikern bis heute als „Heiliger“ und Massenmörder von Hebron verehrter Arzt aus Kiriat Ata (29 Opfer) und neuerdings einen Jack Teitel aus Florida, der inzwischen zwei Menschen umgebracht (weitere Opfer sind in Abklärung) und einige verletzt hat, alles im Dienste Gottes natürlich, gehören dazu. Ebenso ist kein kleiner Teil der sogenannten Hügeljugend aus Amerika, fanatisiert von durchgeknallten Rabbinern, denen aus Regierungskreisen wenig oder gar nicht widersprochen wird. Damit will ich jüdische Arabermörder und Terroristen nicht amerikanischen Ursprungs nicht unter den Teppich wischen, die es durchaus gab und gibt, allerdings im Unterschied zum palästinensischen Terror, nicht als Vertreter staatlicher Ideologien und antisemitischer Erziehung in der Schule.

Viele dieser amerikanischen Importe sprechen kein Wort Hebräisch, sie tun auch kaum etwas um die Sprache zu lernen. Sie kamen nach Israel um zu hassen und bringen dazu die schlechten Eigenschaften Amerikas hierher. Dessen gute Eigenschaften habe sie dort gelassen. Hier gehören sie als Juden zur Mehrheit im Lande. Juden bilden in ihrem eigenen Staat naturgemäss die Majorität, nach zweitausend Jahren erstmals wieder. In den Ländern der Diaspora sind Juden eine der Minderheiten, müssen sich anpassen, integrieren und leiden gelegentlich unter Xenophobie und Judenhass der „Eingeborenen“. In Israel ist das gerade umgekehrt – hier sind wir die Mehrheit und müssen uns nicht mehr unterdrücken, beschimpfen oder gar verfolgen lassen - das ist Zweck und Ziel des jüdischen Staates. Aber, und hier liegt der Hase im Pfeffer, hier im eigenen Land haben wir die Gelegenheit, das zu tun, was man bisher uns angetan hat. Jetzt dürfen wir andere unterdrücken, beschimpfen und verfolgen und, wie vor wenigen Tagen, eine Moschee anzünden. Zwar war solches noch nie die erklärte Politik der Regierung – nun, sagen wir mal im Grossen und Ganzen – doch für charakterschwache Gemüter besteht damit die gefährliche Chance. diese Möglichkeit nutzen und sich auf das niedrige, ja barbarische Niveau und die fehlende Menschlichkeit unserer Feinde im Laufe der letzten zweitausend Jahre jüdischer Geschichte zu begeben. Es liegt an unserer Regierung rassistische Hetze von jüdischer Seite nicht weniger als die von arabischer Seite strafrechtlich zu verfolgen.

Keiner soll mir damit kommen, es gehe hier um Verteidigungsmassnahmen. Selbstverteidigung ist die dafür klassische Ausrede. Die Feindschaft der arabischen Welt gegen uns Juden allgemein und Israel im besonderen, besteht durchaus und ist extrem. Sie hat dazu die westliche Welt zur Geisel genommen, nicht nur mit der Waffe des Erdöls, sondern durch Verbündete in dieser Welt selbst.

Doch mit der Motivation psychotischer jüdischer Araberhasser hat das wenig zu tun. Wenigstens mir fallen diese verbal und physisch gewalttätigen Hasser, ob aus Amerika oder selbst in Israel „gezüchtet“, unangenehm auf. Sehr oft kennen sie den jüdischen Staat überhaupt nicht an, er ist ihnen nicht „biblisch“ genug. Damit zerstören sie den humanistischen Geist des zionistischen Projektes und ziehen es herab in Bereiche von Rassismus und Ignoranz faschistoider Zeiten, in denen es doch so leicht fiel, sich manipulieren zu lassen. Ein weltweites Phänomen zwar, aber ich akzeptiere es in Israel so wenig wie in der Schweiz oder anderen Ecken der Welt.

Dienstag, 8. Dezember 2009

Unpolitische Erinnerungen von Uri, dem Säulizüchter

Zion war mein Arbeitskollege. Er wohnte in Yokne’am und war ein Pendler, der täglich um vier Uhr früh zu Fuss in unseren Kibbuz Hazorea zur Arbeit kam. Zion war Analphabet, denn dort von wo er herkam, dem irakischen Kurdistan, gab es damals die nötigen Schulen nicht. Zion war offen, ein Schnelldenker, aber mit Muskeln, der unseren Laden führte, obwohl er eigentlich ein Oved Chuz, ein angeheuerter auswärtiger Arbeiter war. Vor fünfzig Jahren waren solche Leute dafür da, Arbeiten zu verrichten, die ein ordentlicher Kibbuznik nicht gerne verrichtete oder ideologisch vertretbar fand. Wir waren zu Dritt: Lutz, der Jekke, der sehr schlecht Hebräisch sprach und der Chef war, da war Zion und da war ich.

Gerne denke ich an diesen Betrieb zurück – der auf einen abseits liegenden Hügel liegenden Schweinezucht im Kibbuz Hazorea.

Ich war dabei, bis die Knesset in der ersten Hälfte der Sechziger Jahre eines ihrer famosen Anti-Schweinezucht Gesetze erfand – der jekkische Kibbuz Hazorea fügte sich stramm dem frommen Diktat und der mit Abstand profitabelste landwirtschaftliche Betrieb Hazoreas wurde geschlossen.

Wie gesagt, wir waren zu Dritt. Lutz, der Jekke, war einer der nur zwanzig Prozent der Gründergruppe Hazoreas aus Deutschland, die keinen Doktortitel besassen. Sein Hebräisch war erheiternd, er verwechselte Wörter – er kreierte neue, z.B. aus dem Wort „Mechabei Esch“ (Feuerwehr) den neuartigen Ausdruck „Makkabi Esch“. Die Makkabäer haben sich bestimmt gefreut. Aber Schweine züchten das konnte er. Dazu war er ein jüdisches Naturtalent. Über jedes Schwein, der durchschnittlich 800 Kopf grossen Herde, wusste er bescheid. Er kannte alle, aber es machte ihm nichts aus, auch das Schwein, mit dem er am besten befreundet war, zu schlachten.

Zion, der Kurde, war ein Naturtalent. Zu Hause, so erzählte er mir, halte er koscher. Er war ein glücklicher Mensch, man merkte es bei der Arbeit, bei der er kurdische Lieder sang und seine Augen strahlten. Wie zum Beispiel, wenn wir eine brünstige Sau zum Eber brachten. Da tanzte und sang er, während sich der Eber sexuell strapazierte, um diesen und die Sau herum – es waren, wie er mir augenzwinkernd erklärte, kurdisch-jüdische Hochzeitstänze. Ich liebte es, mit ihm und Lutz in unserer kleinen Bretterbude Kaffee mit Hel zu kochen und über die Welt zu philosophieren und Geschichten zu erzählen. Lutz hörte meist nur zu, während Zion und ich uns gegenseitig auch Witze erzählten.

Ich selbst tat alles, was an Arbeit zu erledigen war. Die Schweine wurden zweimal täglich mit Wasser abgespritzt und blieben sauber, denn ebenso zweimal täglich wurde ihr Stall mit Wasser gereinigt und frisches Stroh gestreut. Ich half beim gelegentlichen Schlachten, belud die Laster der Kunden mit lebenden Tieren und fuhr manchmal mit zum Schlachthof. Zudem ging ich, als bester Schütze des Stalles, mit einem Luftgewehr auf Rattenjagd – meist erfolgreich. So hielten wir diese Nagetiere unter Kontrolle. Wir wurden auch fast täglich von Mardern und anderen Raubtieren besucht. Meine Aufgabe war es auch, dem Tierarzt beim Kastrieren und beim Besamen (künstlich!) zu helfen. Zions Kulthandlungen blieben dabei aus.

Bei einem der Schweinetransporte sprangen bei Kiriat Charoschet, auf dem Weg nach Haifa, zwei Schweine vom Laster – sie wieder einzufangen erschien mir von vornherein zwecklos. Ein anderes und fröhlicheres Highlight war ein Mutterschwein, die mit ihren acht Ferkelchen aus ihrem Gehege entkam und vom Hügel herab in den Kibbuz marschierte, in dem gerade eine Hochzeit auf dem Rasen vor dem Wilfried Museum stattfand, Mama mit den acht Kleinen gesellte sich dazu. Der entnervte Rabbiner unterbrach die Zeremonie, bis wir die Familie eingefangen und zurück „nach Hause“ auf dem Hügel verfrachtet hatten. Übrigens, zu jener Zeit waren Rabbiner im Kibbuz sehr ungern gesehen, denn wir waren marxistisch und sekulär mit Überzeugung und unterzogen uns nur aus jekkischem Gehorsam für Gesetze zähneknirschend den staatlichen Religionsgesetzen. Doch das ist eine andere Geschichte. Meist fanden Chuppot ausserhalb des Kibbuz statt, wie auch die von Lea und mir beim herzigen jemenitischen Rabbi Zacharia in Nahalal. Rabbi Zacharia wurde drei Monate später von der Schwester Mosche Dayans, der ja von Nahalal stammte, totgefahren.


Unser bester Kunde war die Metzgerei Eisen in Haifa. Heute ist Eisen ein grosser und strikt koscherer Fleischverarbeitungsbetrieb und einem oder mehreren grossen Läden. Nur Eingeweihte wissen um die treffere Vergangenheit. Ich erzählte davon unserer koscheren Freundin Dora, für die Eisen das Non-Plus-Ultra aller Metzgereien ist und sie fiel fast in Ohnmacht. Sie forschte nach und fand, dass die Metzgerei und Wursterei Eisen heute ein seit Jahrzehnten anerkannt koscherer Betrieb ist und beruhigte sich. Sorgen haben die Leute! Ein weiterer guter Kunde waren Lea und ich zusammen mit unserem Gar’in (unserer Gruppe im Kibbuz) – gelegentlich brachte ich Fleisch und Speck nach Hause und es gab grosse Gelage. Kalanit, die beste Köchin des Gar’ins kochte gelegentlich für bis zwölf Esser, Lea brachte mir bei, wie man Speck knusprig brät – etwas das sie heute bestreitet – es sei jemand anderer gewesen. Erinnerungswert sind auch meine Reisen in öffentlichen Autobussen der Egged mit einem toten Ferkel im Handgepäck, das ich ins Veterinarinstitut in Beit Dagan bei Rishon Le-Zion zu bringen hatte.

Wie gesagt, es waren schöne zwei Jahre und ich schaue gerne und immer wieder meine selbstentwickelten Fotos jener Zeit an. Heute ist von der Schweinefarm nichts mehr zu sehen. Stattdessen steht auf diesem Hügel eine Pferdezucht und Reitanlage.

Sonntag, 6. Dezember 2009

Ironisch gesagt

Damit ich’s hinter mir habe, hier mein Leserkommentar bei der NZZ online zum Thema Minarette:

Paul Russak (1. Dezember 2009, 17:28)

Die Welle öffentlicher Entschuldigungen

Obwohl ich gegen die Minarettinitiative gestimmt habe, da eine solche in einer freien Gesellschaft nichts zu suchen hat, bin ich über die furchterfüllten Reaktionen von Bundesrat, der offiziellen Schweiz und „vernünftiger“ Politiker verstimmt. Die Behauptung, das Abstimmungsresultat sei ein Resultat der Angst ungebildeter Bürger finde ich eine Frechheit und die Projektion eigener Ängste. Es wurde das Zeichen gesetzt, dass der heutige politische und durchaus beängstigende Islam in der Schweiz unerwünscht sei. Heute wird die Schweiz von ihren europäischen Nachbarländern beneidet – ihre Ja-Quoten, könnten sie darüber abstimmen, wären wesentlich höher, ist zu hören. Leider wehren sich westliche Länder kaum gegen Islamisierung (die in der Schweiz im Vergleich zu England, Holland und Deutschland mild ausfällt) und das Volk besorgt das halt selbst. Angstvolles Appeasement funktioniert gegenüber politisch-religiösem Extremismus nicht.

Ami Isseroff, ein Linker wie ich, mit arabischen Freunden und sehr eigenen Ansichten zur israelischen, arabischen und besonders palästinensischen Gesellschaft, äussert sich oft und dann gelegentlich sehr ironisch. Dieses Phänomen scheint vielen ehemaligen „Peaceniks um jeden Preis“ zu geschehen – ich gehöre dazu, bin mir dem bewusst und stehe dazu. Ami schrieb einen langen offenen Brief an die vom Terror gequälten Russen und Syrer, den ich hier, liebevoll ins Deutsche übersetzt, wiedergebe.

An unsere lieben Freunde in Russland und Syrien,

Heute haben die Kräfte der Befreiung und der Erleuchtung mit einen erfolgreichen Handstreich auf einen Bus in Damaskus gegen die Besetzung protestiert. Es gab 12 Tote. Am vergangenen Freitag, führten Kräfte des Widerstandes einen erfolgreichen Angriff auf einen Eisenbahnzug in Russland aus, ein Schlag gegen die Besetzungsarmee in Tschetschenien und gegen das russische Apartheidregime.


Wir wissen, dass diese Operationen in den regierenden Kreisen des Teheran Regimes, des Damaskus Regimes und dem Moskau Regime Angst, Schrecken und Verunsicherung ausgelöst haben, denn sie stehen hilflos den Kräften der Befreiung gegenüber. Als gesetzestreue Menschen, werdet ihr zweifellos verstehen, dass allen progressiven und erleuchteten Leuten Widerstand gegen Besetzung ein ganz speziell in der Vierten Genferkonvention und entsprechenden UNO-Beschlüssen, für die euer Land in den UNO-Gremien enthusiastisch stimmte, verankertes international garantiertes Recht ist. Damit ist das Recht jeden, den man aus jedem möglichen Grund nicht mag, in die Luft zu sprengen anerkannt. Als Unterstützer der Hisbollah Befreiungsbewegung schätzt ihr zweifellos die Gerechtigkeit und Logik dieser Begründung.

Ihr muss euch klar sein, dass die Zeiten vorbei sind, in denen Leute in Ruhe ihrer Arbeit nachgehen und nachts unbesorgt schlafen konnten. Zu einem grossen Teil, dank euren Anstrengungen, sind Befreiungsbewegungen weltweit pausenlos an der Arbeit und jagen zum Wohle der Menschheit Leute in die Luft. Der syrische Nachrichtendienst, der eine herausragende Rolle im Aufbau und Schulung der palästinensischen Widerstandsbewegung innehatte – dasselbe gilt auch für die materielle Hilfe an die tapferen irakischen Widerstandkämpfer – versteht den Wert und die Wichtigkeit des Widerstandes. Niemand ist mehr mit der noblen Mission der Volksbefreiung vertraut, als Herr Putin, einem früheren Beamten der KGB, die für die damalige Sowietunion die Idee der Befreiungsbewegungen als Pioniere in Algerien, bei den Palästinensern, in Vietnam und anderswo aufbaute.
 Denkt nicht im Traum daran den Widerstandskampf zu bekämpfen. Wie ihr wisst, ist es unmöglich für einen Staat einen asymmetrischen Krieg gegen Freiheitskämpfer zu gewinnen. Denkt nicht einmal daran, diesen Krieg „Terror“ zu nennen. „Terror“ gibt es nicht. „Terror“ ist eine Erfindung reaktionärer zionistischer Neo-Konservativer.

Denkt nicht einmal daran, diese Widerstandskämpfer zu foltern. Der Folter gehört das grosse NEIN der Genfer Konvention und sie ist einfach nicht nett. Ihr müsst den Widerstandskämpfer bequem unterbringen, denn ihnen gebührt, unter der Genfer Konvention, der Respekt als Soldaten. Dort kann er oder sie warten, bis seine Gruppe einen eurer Bürger entführt und diesen, zusammen mit 20'000 anderen, in einem Austauschgeschäft wieder freigelassen. In der Zwischenzeit muss mit ihm ein Dialog geführt werden um die tieferen Gründe für den Widerstand herauszuschälen. Das ist die Meinung von Eyad Sarraj, einem Psychiater und Gazaexperten zum Thema jener Menschen, die gerne andere Menschen in die Luft jagen (darüber gibt es zahlreiche Experten in Gaza). Ihr müsst diese Leute auf den Couch eines Psychoanalytikers legen und ihre frühe Kindheit erforschen um die Gründe dafür herauszufinden, die ihn dazu führt andere Leute in die Luft zu jagen. Hatte der nette Widerstandskämpfer ein striktes Toilettentraining oder hatte er einen unnahbaren Vater? Fehlte ihnen in der Kindheit grundsätzliche Nestwärme? Versucht in den Schuhen des netten Widerstandskämpfers zu gehen und zu verstehen was es heisst, unter einer brutalen Besetzung aufzuwachsen, ohne das Recht zu haben andere Leute in kleine Stückchen zu bomben, ohne C4 oder sogar Plastiksprengstoff besitzen zu dürfen. Zeigt Empathie für diesen Widerstandkämpfer und gib ihm oder ihr zu verstehen, dass du ihren Schmerz mitfühlst.

Du musst auch einen politischen Dialog einleiten, da es für asymmetrische Konflikte nur politische Lösungen gibt. Die tschetschenischen Widerstandskämpfer werden zweifellos mit einem tschetschenischen Staat mit der Hauptstadt Grosny einverstanden sein und werden den Staat Russland akzeptieren, wenigsten für den Moment. Die Fatah al Islam, die, wie es heisst, den syrischen Autobus in die Luft sprengte, wird sich mit einem Al-Quaida Staat in Syrien und Libanon begnügen, wie auch mit der Akzeptanz des iranischen Staates, für den Moment jedenfalls und ohne ihn anzuerkennen. Welch eine wundervolle Gelegenheit!

UNO und die EU können euch helfen. Die UNO wird Richter Goldstone delegieren, um einen netten Bericht über die Kriegsverbrechen der russischen imperialistischen Kriegsverbrecher in Tschetschenien und einen anderen Bericht über die Kriegsverbrechen der Beiruter Puppenregierung der syrischen Imperialisten im Flüchtlingslager Nahr al Bared zu verfassen, in dem so viele unschuldige Zivilisten getötet worden sind. Die netten Schweden werden ein Dokument vorbereiten, in dem Damaskus als Hauptstadt der islamischen Al-Quaida Republik und ein anderes Dokument, das Grosny als Hauptstadt der tschetschenischen Republik anerkannt werden, alles nach internationaler Rechtsprechung und passender UNO-Resolution. Die UNO kann auch eine Friedenstruppe entsenden, um sicherzustellen, dass niemand den Widerstandkräften Schaden zufügt.

Sicherlich werden alle recht denkenden und progressiven Menschen verstehen, dass dies der richtige Weg ist, sich mit Widerstandbewegungen auseinanderzusetzen, die Zeit für gewalttätige Konfliktlösungen ist vorbei. Gewalt bringt nur noch mehr Gewalt hervor – ein Teufelskreis.
Nach nochmaligem Überlegen: Vielleicht wird nicht jedermann obigem einverstanden sein. Aber wir müssen heute verstehen, dass der [Massen-] Mord an Zivilisten DIE Form des „Widerstandes“ wurde, weil sie von der ehemaligen Sowietunion für ihre geopolitischen Strategie und von arabischen und muslimischen Regierungen in ihren Kampf gegen Israel von der UNO legitimiert und geschützt worden ist. Jedoch sind Plastiksprengstoffe im Unterschied zu Menschen weder rassistisch noch politisch. Sie zielen nicht nur auf Juden oder auf Menschen, die von den Russen abgelehnt werden. Plastiksprengstoffe funktionieren für jedermann und gegen jedermann. Heute, da der Geist aus der Flasche gelassen worden ist, ist es vielleicht schon zu spät, ihn wieder in die Flasche zurückzutun.

Ami Isseroff

Dienstag, 1. Dezember 2009

Illustrierte Lügen, linker Judenhass und etwas für den Gourmet

Hunger in Gaza

Mein gestriger Bilderbericht über Gaza hat einige Reaktionen erbracht, darunter eine aus der Pravda, die ich hier wiedergeben will.

Linker Antisemitismus

In der Website des Deutschlandfunk – wie ich dahin gefunden habe, ist mir schleierhaft – fand ich einen faszinierenden Artikel über den Antisemitismus der heutigen Linken, hier im Link zu lesen. Er führt das heutige Phänomen des Israelhasses auf die Psychosen Stalins und der Politik der DDR zurück. Sie wurde zur Grundlage der heutigen Ablehnung Israels und nicht einmal mehr unausgesprochen, der Juden selbst. Es begann mit Unterstellungen, wie etwa jüdische Hilfsverein „Joint“ sei im Dienst der CIA gestanden oder die extrem bösartige völlig ideologische Lüge durch die Nazis arisierte jüdische Firmen seien nur an von deutschen und ausländischen Arbeitern herausgepressten Maximalprofiten interessiert gewesen und Terrorismus wird verharmlost, Juden sind ausschliesslich Täter und Palästinenser sind ausschliesslich Opfer. Bis heute hat sich an diesen Ansichten wenig geändert, sie sind eigentlich eher noch verlogener und noch perfider geworden. Es steht einiges in diesem Artikel, vieles ist für mich neu und ich schlage ihn zur Lektüre vor. (Im offenen Link oben rechts in der Suchbox „Ressentiment“ eintippen und, falls nicht direkt zu sehen, in der erscheinenden Liste ersten Artikel öffnen).


Wirklich wichtiges

Gestern Abend waren Lea und ich eingeladen. Ins Restaurant „Charcuterie“, ein Wort, bei dem ein Schweizerherz höher schlagen sollte. Dieses höchst bemerkenswerte Etablissement befindet sich in Jaffa in einer hübschen Seitenstrasse beim Flohmarkt. In den heutigen Tagen, wenn Abende kühl sind, sitzt man dennoch mit Vorliebe an den auf der Rabbi Chanina Strasse 3 stehenden Tischen, denn für angenehme Wärme ist gesorgt. Die Menukarte ist nicht zu lang, es gibt für fast jeden Geschmack etwas, für Vegetarier und Karnivoren. Höchst beeindruckt war ich von der Tatsache, dass Vince (der Beizer), der fast den ganzen Abend mit uns sass und die Gänge steuerte und kommentierte, bemerkte, dass alles selbst herstellt sei, ob Würste, Brot, Teigwaren (inkl. Spätzli) oder Desserts (statt dem hier in Israel üblichen gefroren Massenportionen von der Stange) und sogar – da war ich sprachlos – frische Steinpilze offeriert. Wir assen Meeresfrüchte als ersten Gang, Tagliatelle mit frischen Steinpilzen und rote (Randen) Spätzli mit selbst geräucherten Forellenstücken als Hauptgang. Dazu einen spritzigen Weisswein. Die gängige Sprache in diesem Restaurant ist neben Hebräisch, Französisch und Englisch auch Schweizerdeutsch. Der Service war sehr freundlich, persönlich und für uns in Französisch.

Vince, der Beizer, kommt aus dem Greyerzerland (Gruyère) im Kanton Freiburg. Neben seinem grossen Restaurant, vorwiegend aber nicht nur, draussen auf der Chanina Strasse, betreibt er dort auch zwei Bars, eine auf der Strasse und eine ein paar Meter neben dem Restaurant. Dort hängen vom Himmel Würste und Schinken – eben all das, was wir uns in einer Charcuterie vorstellen. Vince verkauft auch Käse, vor allem italienischen, doch dieser Laden war abends geschlossen.

Lea und ich verbrachten einen sehr schönen Abend in Gesellschaft von Freunden und, eben, Vince. Vom roten Michelin geborgt denke ich, dass die Charcuterie von Vince eine Reise nach Jaffa wert ist. Sogar vom siebzig Kilometer entfernten Zichron Ya’akov.

Bevor ich’s vergesse: Koscher ist es bei Vince nicht. Und noch was für nicht Schweizerdeutsch sprechende Ausländer: ein Beizer ist der edle schweizerdeutsche Ausdruck für den Besitzer einer Beiz, einem Restaurant.