Freitag, 25. September 2009

Um jeden Preis?

Bevor ich einsteige: meine Freundin Hanni Zweig aus Egg bei Zürich hat mich gebeten, sie nicht anonym zu zitieren. Sie war es, die den tadelnden Kommentar zum seine Notdurft gezielt ausübenden Hündchen schrieb, aber jetzt ist der Schleier gelüftet. Jemand schrieb mir, dieser Kommentar könne nur aus der ganz linken Ecke sein. Das stimmt nicht! Als guter Freund komme ich natürlich ihrem Wunsch gerne nach.

Es gibt eine Wahrheit, die täglich auf verschiedene Art bestätigt wird. Der palästinensisch-arabische Konflikt mit Israel, der, ist mit westlichen Augen betrachtet, ausschliesslich ein Konflikt um ein Stück Land. Das war es vielleicht einmal, ist es jedoch heute mit Nachdruck nicht. Solange der politische Islam die arabische Politik beherrscht wird sich das nicht ändern. Es war schon in den zwanziger und dreissiger Jahren des vorigen Jahrhunderts, als in Ägypten durch die Ideologie der damals entstandene Muslimische Bruderschaft der Samen des heutigen arabischen Antisemitismus zu spriessen begann, kein Streit um Land, sondern ein mit reaktionären religiösen Gründen geförderter Judenhass. Diese, von den Islamisten der ersten Stunde und Gründern dieses fortschrittsfeindlichen Islam, Hassan Al-Banna und Sayed Qutb theologisch untermauert, fand in den Nazi-Ideologen Deutschlands schon früh verwandte Seelen im Hass gegen die Juden, egal ob in Palästina oder anderswo. Heute ist dieser Islamismus der muslimischen Brüder in der arabischen Welt tonangebend, seine Exponenten Hamas, wie die diversen Terrorverbände in Palästina, Irak, Afghanistan, Jemen und die schiitische Variante Hisbollah in Libanon, sehen Israel als nichtmuslimischen Fremdkörper in einer rein arabisch-muslimischen Region, den zu vernichten mit religiösen Vorschriften begründet wird.

Natürlich kamen 1948 Araber Palästinas um ihre Dörfer und Städte. Lange nicht alle, etwa 600'000, weniger als es in dieser Zeitperiode jüdische Flüchtlinge aus arabischen Ländern gab (von denen keine in Flüchtlingslagern wohnen). Es sollte, wie es die frühere Erziehungsministerin Yuli Tamir durchsetzte, aber von ihrem Nachfolger wieder aus dem Lehrplan entfernt werden soll, auch die sogenannte Nakba, dem mit der Gründung Israels verbundene, aber von der arabischen Welt völlig selbst verschuldeten Verlust ihrer Existenz im damaligen Palästina und heutigen Israel, respektiert werden. Das, ohne die Nakba auch nur im Entferntesten mit dem Holocaust zu vergleichen – ein gedanklich absurder, gar obszöner Schluss, in islamischen Kreisen ausserhalb Israels jedoch lebendig wie noch nie. Diese Haltung ist rein politisch bedingt und beruht ausschliesslich auf von Moschee und Staat gefördertem Judenhass. Dass wir Israelis etwas mehr Empathie, wie wir sie für uns selbst von der Welt erwarten, den Palästinensern in gebührendem Mass zeigen sollten, ist ein Gebot der Fairness, denn sie haben ihr Narrativ der Geschichte, so wie wir die unsere haben. Aber die Palästinenser und ihre Führung machen uns das Sympathisieren schwer, Terror ist nicht verständigungsfördernd, sondern kreiert das Gegenteil: Abneigung und Misstrauen. Das Schicksal der palästinensischen Flüchtlinge beruht auf ihrer Weigerung, sich mit Israel und den Palästinensern beschäftigende UNO-Resolution anzuerkennen. Stattdessen griffen sie Israel an. Denn UNO-Resolution 181 sah einen arabischen und einen jüdischen Staat vor. Heute wird dieser Grund des Konflikts, der Verlust ihrer Existenz im heutigen Israel unter dem Motto „Land für Frieden“ verhandelt, doch kommt man nicht vom Fleck, weil, so denke ich inzwischen, der Grund des Landverlustes vorgeschoben ist. Heute haben die meisten Israelis, von Links bis Rechts, begriffen, dass das endgültige Ziel palästinensischer Aspirationen nicht nur Ostjerusalem und die Westbank ist (Gaza haben sie ja schon als Geschenk erhalten, der Dank ist uns bestens bekannt), sondern auch Tel Aviv, Haifa, Beer Sheva und den Rest des heutigen Israels. Denn der Islam schreibe vor, dass islamisches Land nicht von Ungläubigen besessen und regiert werden darf.

All das sind Fakten, die leider von vielen Aussenstehenden, wie westliche Politiker und Teile des Publikums dieser Länder, nicht wahrgenommen und verstanden werden oder verstanden werde wollen. Die arabische Welt wird mit westlichen Massstäben gemessen, die grundsätzlich nicht anwendbar sind. Rabbiner Tovia Ben-Chorin’s vorgestern zitierte Mahnung: „Man kann nicht eine westliche Denkform auf den Nahen Osten zwingen“ ist klar genug. Oder in Anlehnung an Herbert Lüthy’s berühmtes Buch aus den Fünfziger Jahren „Frankreichs Uhren ticken anders“, muss weit emphatischer noch gesagt werden „Arabiens Uhren ticken anders“, denn im Gegensatz zu Frankreich und dem Resten Westeuropas gibt es zwischen der arabisch-islamischen Welt und Israel und anderen Staaten der freien westlichen Welt (was nicht geographisch gemeint ist), nicht nur den Unterschied in Schattierungen, sondern es sind zwei verschiedene Zivilisationen – tiefstes Vormittelalter gegenüber aufgeklärter Modernität und geistiger Beweglichkeit. Nicht nur Tovia Ben-Chorin hat dies angesprochen, sondern Ministerpräsident Nethanyahu hat es heute Abend in seiner Rede – der sogar zahlreiche israelische Kritiker seiner Politik beistimmen – angetönt. Nicht ganz so elegant wie der Tovia, dafür aber wortgewaltiger und in der UNO.

Es ist wieder einmal die Zeit den Hauptgrund für israelische „Störrigkeit“ in Erinnerung zu rufen. Israels Kritiker vergessen gerne, dass sich Israel keinen Verlust eines wirklichen Krieges à la Unabhängigkeitkrieg in 1948, den 6-Tagekrieg und 1967 oder Yom Kippurkrieg 1973 leisten kann. Es wäre dann einfach nicht mehr da – Punkt! Schalom Ben-Chorin’s wundervolles Gedicht „Wenn ich ein Fischlein wär…“, gestern im Tagebuch abgedruckt und inzwischen schon mehrfach begeistert kommentiert, bringt das ebenfalls auf den Punkt. Lieber „Israelkritiker“, wenn ihr das wisst oder gar versteht und es euch nicht kratzt, ja dann …. Das A-Wort will ich mir da sparen.

Ein anderer Punkt in diesem Zusammenhang: Der Ausdruck „um jeden Preis“ darf nicht um jeden Preis angewendet werden. Um jeden Preis ein Friedensabkommen zu haben, das nichts garantiert, dessen Regelungen nicht durchgesetzt werden können und nur als eine weitere Stufe zur „Endlösung“ für Israel und seine Juden dienen soll – nein danke. Um jeden Preis mit seinen Feinden einen Dialog zu führen, auch wenn bestenfalls nur der eigene Tod besprochen werden kann – nein danke. Diese Liste kann weitergeführt werden. Oh, da kommt mir noch ein Punkt in den Sinn: um jeden Preis nett sein miteinander - auch wenn der Partner schon sein Messer wetzt – anwendbar auf die Möglichkeit mit Hamas zu reden, deren erklärtes und einziges Ziel die Zerstörung Israels und seiner Juden ist und den armen Palästinensern einen mittelalterlichen todessüchtigen Islam aufzuoktroyieren. Sogar von Israelis selbst wird immer wieder vergessen, dass es heute um die Existenz Israels geht, die von arabisch-islamistischen Extremisten prinzipiell abgelehnt wird und nicht um die Rückkehr einiger Flüchtlinge oder um eine Verschiebung des Sicherheitszauns ein paar hundert Meter mehr westlich oder östlich. Das gleiche gilt auch für die Hisbollah im Libanon, deren Absichten für Israel undiskutierbar die gleichen sind. Nur hat Hisbollah nicht einmal die Ausrede, ihre alte Heimat befreien zu müssen, denn mit Palästina hat sie keinerlei historische Verbindung. Nehmen wir ruhig auch den Iran auf diese Liste. Dazu kommt mir ein treffendes Zitat des iranischen Schriftstellers Kader Abdolah in den Sinn: "Wenn man mit dem Koran ein Land regieren will, wird es die Hölle!" Kader Abdolah lebt in den Niederlanden. Dort kann er das sagen.

Lieb sein ist nett, überleben ist besser! Letzteres um jeden Preis!

Keine Kommentare: