Dienstag, 31. März 2009

Sie können nicht über ihren eigenen Schatten springen

31.3.2009

In meinem letzten Tagebucheintrag berichtete ich über ein kleines palästinensisches Kinderorchester aus Jenin, das im israelischen Holon für jüdische Holocaustüberlebende spielte und ihnen (und auch mir) damit das Herz wärmte. Doch schon haben Funktionäre der PA, die palästinensischen Regierung, die Notleine gezogen und das Orchester aufgelöst.

Die Kinder berichteten, dass sie in all den Jahren feinster palästinensischer Erziehung nichts über den Holocaust gehört hätten. Bei ihrem Besuch in Holon haben sie das zu einem kleinen Teil nachgeholt, Juden kennengelernt und gemerkt, dass diese auch Menschen sind, während die jüdischen Alten die Erfahrung machten, dass es auch Palästinenser gibt, die nicht bomben, sondern Geige spielen. Es gab einen Dialog. Aber Dialog darf, so wollen es palästinensische Funktionäre, nicht gestattet werden.

Die Palästinenser lösten das Orchester mit der Begründung auf, es sei "politisch" vor alten Juden zu spielen. Das sagt, so denke ich, sehr viel über die Friedensbereitschaft der PA, die nur noch deshalb existiert, weil sie von der westlichen Welt finanziell und politisch über Wasser gehalten wird. Mit diesem schwachsinnigen, von Hass motivierten Entscheid soll wohl vermieden werden, dass die Kinder selbst herausfinden, dass, eben, auch Juden Menschen sind. Wie zu lesen ist, wurden die Eltern "spontan" überzeugt, sich gegen das Orchester zu wenden, das von einer israelisch-arabischen Musiklehrerin gegründet worden ist. Wie es scheint, bewiesen ist es zwar nicht, steckt dahinter "Badil", eine Organisation, die vor allem dazu besteht, das palästinensische Flüchtlingsdasein zu verewigen. Zudem bietet sich der reale Verdacht an, dass die Verantwortlichen für diese Entscheidung, die Spendengelder für das Orchester schlicht stehlen wollen. Der Leiterin des Orchesters, der israelischen Araberin Wafa Younes, ist das Betreten des Flüchtlingslager in Jenin nicht verboten, aber man könne nicht für ihre Sicherheit garantieren – mit anderen Worten, man darf sie, eine völlig unpolitische arabische Frau, die Musik und Kinder liebt, umbringen, weil ihr Kinderorchester vor jüdischen Holocaustüberlebenden gespielt hat. Das Übungslokal in Jenin wurde verschlossen, Türen und Fenster mit Brettern vernagelt.

Wafa Younes ist verzweifelt. "Die wollen die Gruppe zerstören. Es ist eine Schande. Was haben diese armen alten Menschen Falsches getan? Was haben die Kinder Falsches getan?", fragt sie.

Das Ganze erinnert an ähnliche Phänomene aus der palästinensischen Welt, in der Hass auf Israel und Juden oberstes Gebot ist, wichtiger als Frieden, Nahrung, Erziehung und Gesundheit. Erinnern wir uns an das Verbot von Hamas, die will, dass palästinensische Kranke nicht mehr in israelischen Spitälern behandelt werden dürfen. Nehmen wir als Beispiel das Torpedieren der Aktion "Eine Stimme" von Sari Nusseibeh und Ami Ayalon, in der sie eine Million Unterschriften für einen Friedensplan gesammelt hatten, Unterschriften palästinensischer und israelischer Menschen. Palästinensische Extremisten bedrohten Zusammenkünfte, Konzerte und Diskussionen dieser Bewegung – heute spricht kein Mensch mehr davon – sie wurde wegterrorisiert. Frieden verboten!

Der Historiker Tom Segev kommentierte, dass die gegenseitige Ignoranz über die Geschichte des Anderen, die Möglichkeit eines israelisch-palästinensischen Friedens behindere. "Man kann Israel nicht verstehen, ohne um die Rolle des Holocausts für die israelische Identität zu wissen", sagte er, "Und wenn man seinen Feind nicht versteht [nicht verstehen will, U.R.], darf man nicht Frieden schliessen".

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