Samstag, 11. Dezember 2010

Zwei aktuelle Themen

Das Carmelfeuer und die Palästinenser

Aus Palästina kamen während dem Waldbrand auf dem Carmel zweierlei Signale:
Der palästinensische stellvertretende Minister für Zuchthäusler (damit sind, so verstehe ich, palästinensische Gefangene in israelischen Gefängnissen gemeint) beschuldigte Israel ebensolche Palästinenser unter dem Schutz des Brandes umbringen zu wollen. So im PA Fernsehen. Nur die Anwesenheit der sich in einer Mehrzahl befindenden jüdischen Gefangenen habe sie gerettet, denn diese „mussten“ doch evakuiert werden. Dieser gruslige Bericht zeigt, ja beweist, dass sogar nach 17 Jahren Osloverträge, kein PA-Offizieller es lassen kann der Welt israelische „Untaten“ vorzulügen. In diesem Zusammenhang fand ich eine Website mit Namen
„Kopten ohne Grenzen“, in der ein Beitrag zum Thema zu finden ist, betitelt „Waldbrände entzücken viele in der arabischen Welt“, vom 11. Dezember 2010, also heute.

Im Übrigen berichtete mir mein Freund Roger Guth, der erfolgreich eine Art „BAZ-Watch“ betreibt, in der Basler Zeitung (BAZ) sei ähnlicher Unsinn gestanden. Die BAZ habe berichtet, die Offizierskadetten der Gefängnisbehörden, die auf dem Weg zum Damon Gefängnis lebend verbrannten, seien palästinensische Gefangene gewesen, implizierend, der Brand sei von Israel gerade dafür veranstaltet worden. Ob diese Zeitungsente berichtigt wurde, ist mir nicht bekannt.

Die zweite, dem Sinn obiger Meldung gegensätzlichen Tatsache, sind die 21 palästinensischen Feuerwehrmänner, die bei der Feuerbekämpfung mithalfen. Ibrahim Ayish, Leiter der Zivilwehr Bethlehem, sagte gegenüber der palästinensischen Nachrichtenagentur "Ma´an", dass sie von den israelischen Kräften "respektvoll empfangen wurden". Außerdem, so fügte er hinzu, handle es sich hier um eine "humanitäre Angelegenheit, die keine Grenzen kenne". Auf die Frage, wie er sich fühle, ein Feuer in Israel zu bekämpfen, sagte er, dass es neben der humanitären Arbeit auch Teil seines Berufs als Feuerwehrmann sei. Außerdem glaube er, dass Israel dasselbe tun würde, sollten sich die Palästinenser selbst in solch einer Situation befinden. (u.A. Quelle: JPost)

So sollte es und könnte es auch sein, wenn sich beide Seiten (die PA, aber auch Israel) nachbarlich benehmen würden – was heissen würde, dass Israel seine rabiaten Siedler an die Leine nehmen würde, statt umgekehrt, sich von diesen an der Leine führen zu lassen und die PA, die sich hinter ihrer vorgeschobenen „Machtlosigkeit“ verschanzt und alles vermeidet uns Israelis mit entsprechenden Massnahmen Vertrauen fassen zu lassen. An Ibrahim Ayish scheint die die Westbank überflutende antisemitische Propaganda spurlos vorübergegangen sein, Ausnahmen wie die Seine bestätigen auch hier die Regel.

Parlamentarierkonferenz über Antisemitismus in Ottawa

Matthias Küntzel schreibt über eine internationale Konferenz über den weltweiten Antisemitismus, die in der ersten Hälfte des Novembers 2010 stattgefunden hat. Mat kritisiert, wundert sich jedoch nicht, dass keine deutschen Parlamentarier anwesend waren. Ich versuchte googelnd herauszufinden, ob vielleicht solche aus der Schweiz dabei waren, würde aber nicht fündig. Vor allem beeindruckt mich der Standpunkt des kanadischen Ministerpräsidenten Stephen Harper, der seine Verachtung für die Geisteskrankheit des Judenhasses klarer hätte nicht ausdrücken können. Auch sieht er, im Gegensatz zu anderen Möchtegernstaatsmännern- und Frauen (ich denke da an die sehr bescheidene Lokalgrösse MCR-National), die vor lauter Erdöl, Geschäftchen und Drang zur Selbstdarstellung Ethik und Moral vergessen und kurzsichtig auf der als Israelkritik getarnten Antisemitismuswelle unserer Tage reiten. Säuberlich trennen sie deshalb den weltweiten Terror des jihadistischen Islamismus vom arabischen Hass und Terror gegen Israel, als ob dieser auf dem Mond zu finden sei und nicht die gesamte entwickelte Welt umfasst.

Im Übrigen muss erwähnt werden, dass auch in Kanada die „Israelkritik“ besonders an Hochschulen sehr gewalttätig präsent ist – es gibt also sehr viel für Harpers Regierung zu tun. Wie überall steht eine grundsätzlich gewaltlose jüdische Minderheit lokaler Juden und israelischen Studenten einer fanatisierten und, wie die Erfahrungen zeigen, zu allen Gewalttaten bereiten Mehrheit islamischer Studenten (heimische und aus der arabischen Welt) und sympathisierenden „Nützlichen Idioten“ gegenüber. So wie es in den USA, in der Schweiz und den meisten europäischen Ländern der Fall ist. Immerhin, Harper scheint Eier aus Stahl zu haben (frei aus dem Englischen) und es ist zu hoffen, dass er durchhält.
Ich empfehle das
Protokoll dieser Konferenz (leider nur in englischer Sprache) zu lesen.

Sonntag, 5. Dezember 2010

Vernissage in Umm El-Fahm

Balata heisst auf Hebräisch Ton-, Porzellan- oder Keramikziegel und gemeint sind im allgemeinen Wand- und Bodenplatten, wie sie in Israel üblich sind. Balata ist der Name der gestern eröffneten Ausstellung in unserer Kunstgalerie in Umm El-Fahm, einem ziemlich strikt muslimischen Ort in Israel mit 50'000 Einwohnern, der grössten ausschliesslich von Muslimen bewohnten Stadt im Land. Regiert wird Umm El-Fahm von der Islamischen Bewegung Nordisraels, einem, so denken viele von uns, Ableger der Hamas. Früher, als die Kommunisten am Ruder waren, so erzählte mir ein dortiger Freund, ja dann hätte es in der Stadt noch Kultur gegeben, Kino und Theater. Heute ist die Galerie die einzige Oase kultureller Aktivitäten dieser Stadt, sie wird von den Islamisten nicht behelligt, dort darf man sich freuen. Die bisherigen Bürgermeister und ihre Regierungen haben die kulturellen Tätigkeiten Said Abu-Shakra stets unterstützt, manchmal sogar offiziell an Vernissagen. So auch heute. Der Vizebürgermeister der Stadt Mustafa Ralioun war anwesend und sprach versöhnliche Worte. Die Stadt wolle zum wichtigsten Begegnungsort zwischen Juden und Arabern in Israel werden, einem Projekt, das lobenswerter nicht sein könnte. Energisch und in Saids Vorstellungen und Erfahrung unterstützt von der Stadtregierung vorangetrieben, könnte das eine revolutionäre Änderung im Verhältnis zwischen den zwei Völkern im Land bewirken. Er weiss, dass die Galerie den im allgemeinen, wenn auch vorwiegend unverdient, unguten Namen Umm El-Fahms substanziell verbessert, viele jüdische Freunde anzieht, egal ob Linke oder Anhänger der Likudpartei, die pauschal verdächtigt werden, Araberfresser zu sein – ein Vorurteil, eines von vielen. Denn die Galerie zieht fast alle an. Ich gebe zu, dass ich Freunde habe, die nicht hingehen wollen, die Nabelschau auf ausschliesslich jüdisches halten. Sie wollen nicht wahrnehmen, dass eine relativ grosse Minderheit von über 20% der Israelis nicht Juden, sondern Araber sind, Muslime, Christen, Drusen. Das ist die ghettoide Angst vor anderen, die man hier in Israel wunderbar, aber nur teilweise berechtigt, hinter dem Konflikt Palästinenser/Araber und Israel verstecken kann. Mit dieser Einstellung verändert man nichts. Zwar gebe ich auch hier zu, dass es fast unmöglich scheint in unserer Generation eine Regelung zu finden, ich denke, wir werden das unseren Enkeln und Urenkeln weiter vererben. Doch nichts tun ist keine Lösung, wir schulden es uns selbst, an der Koexistenz, an Freundschaften (die es durchaus gibt) weiterzuarbeiten, selbst wenn keine sofortige Friedenslösung am Ende dieses langen Tunnels zu sehen ist. Die Motivation eines jeden Israelis selbst einem verträglichen Frieden beizutragen – das Wort „beitragen“ hat für mich überragende Bedeutung und sei dieser Beitrag noch so klein – ist für Israel überlebenswichtig. Hass nur mit Hass zu begegnen, ist keine Lösung, sie verspricht nur unendliche Feindschaft und Gewalt. Was nicht heisst, Gewalt und Terror mit staatlicher Gewalt zu begegnen. Sie darf nicht „verstanden“ werden, das ist Toleranz am falschen Ort. Gewalt darf nicht zum Selbstzweck verkommen, etwas, dass von jihadistischen Seite schon seit Jahrzehnten der Fall. Ebenso bei gewissen jüdischen Ideologiefantasten – ich denke da an Siedler, die palästinensische Bauer an der Olivenernte behindern, deren Olivenbäume zerstören, Hassdemos veranstalten (siehe Umm El-Fahm vor wenigen Wochen) – alles nur um zu demonstrieren, wer Herr im Haus ist.

Zurück zur Vernissage: Neben dem Vizebürgermeister der Stadt war auch die Beraterin des amerikanischen Botschafters in Israel für Kultur und Presse Hillary Olsin-Windecker anwesend. Sie begrüsste die Anwesenden, wies ausführlich auf die amerikanische Hilfe beim Löschen des gerade tobenden Carmelbrandes hin und lobte im Namen des Botschafters Said Abu-Shakra Werk. Dann lud sie uns zum Mittagessen ein.

Es freut mich, das zum Abschluss, dankbar festzustellen, dass die Galerie auch von Schweizer Gönnern unterstützt wird. Doch wir brauchen noch mehr solcher Unterstützung. Der bisherige Erfolg dieses Werk, das neben Kunstausstellungen hohen Niveaus, der Kinder- und Jugendkunstschule auch zur Begegnungsstätte aller Israelis geworden ist verpflichtet zum Wachstum, nicht nur zum Weitermachen. Das heutige Projekt ist der Bau eines Museums für arabisch-palästinensische Kunst in Umm-El Fahm. Von der Stadt haben wir das dafür vorgesehene Stück Land erhalten, das Gebäude wurde nach einem bemerkenswerten Architektenwettbewerb bestimmt und wir sind beschäftigt, die nötigen Mittel dafür aufzutreiben. Ich unterstütze dieses Projekt von Herzen, denn damit kann unseren arabischen Bürgern das abhanden gekommene Selbstwertgefühl auf friedliche Weise gesteigert werden. Sie und ihr Volk

haben eine Kulturgeschichte, die im allgemeinen Niedergang arabischer Zivilisation und Kultur, vielen nicht mehr geläufig ist. Es scheint mir wichtig, sie aus ihrer nicht nur selbst verursachten Opferrolle herauszuholen, die arabische Geschichte (ob es eine separate palästinensische gibt, sei dahingestellt, es scheint mir ein völlig nebensächlicher Punkt zu sein und ich möchte mich darüber hier nicht äussern) hat viel auf das sie stolz sein kann. Doch es scheint nicht sehr viele israelische Araber und Palästinenser zu geben, die sich dem heute bewusst sind.

Dienstag, 30. November 2010

Ein Lob für Wikileak

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"Im Vergleich zum Warschauer Ghetto ist Gaza ein Club Med" (Henryk M. Broder anlässlich der Verleihung der Ludwig-Börne-Medaille 2010 für Marcel Reich-Ranitzky)

Wahrheiten kommen früher oder später ans Licht, sei es durch ehrliche (wenn auch taktlose) Menschen wie Broder, der politische Korrektheit verabscheut oder durch so genanntes „leaking“, also was gerade in diesen Tagen dank Wikileak Zeitungsseiten füllt. In der heutigen Herald Tribune waren es gestern vier volle Seiten, heute drei. Ähnlich in Haaretz.

Wahrheiten kommen früher oder später ans Licht, sei es durch ehrliche (wenn auch taktlose) Menschen wie Broder, der politische Korrektheit verabscheut oder durch so genanntes „leaking“, also was gerade in diesen Tagen dank Wikileak Zeitungsseiten füllt. In der heutigen Herald Tribune waren es gestern vier volle Seiten, heute drei. Ähnlich in Haaretz.

Ich habe beschlossen, dass diese Enthüllungen gut für Israel sind. Sie verändern westliche Wahrnehmungen zum Krisenherd Naher Osten, Wahrnehmung die bisher grundsätzlich und mehrheitlich von Vorurteilen, falschem Mitleid für vermeintliche Opfer und schlichtem Judenhass – heute Israelkritik genannt – beruhten. Wer in den heute offen daliegenden Details internationaler Politik wühlt findet Beispiele, in denen wenig Neues zu finden ist, aber von „israelkritischen“ Kreisen ignoriert, ja als Fälschung betrachtet oder gar als israelische Manipulation und Verschwörung gesehen wurde. Jetzt haben wir’s aus neutraler Sicht, direkt von der Quelle:
  • Dass Iran ununterbrochen Waffen an Hisbollah schmuggelte und noch schmuggelt. Hamas transportiert Waffen und seine Terroristen in Ambulanzen, ein Verstoss gegen die Gesetze. Israel wird angeklagt solche Ambulanzen beschossen zu haben – jetzt wissen wir via Wikileak warum. Auch können wir lernen, dass die UNO-Truppen im Libanon völlig ineffizient sind und Schmuggelaktivitäten in keiner Hinsicht unterbinden, auch wenn die US-Regierung Iran, Syrien und Hisbullah beschuldigt sämtliche Waffenstillstandabkommen zu brechen.
  • lsraels Regierungen haben bei diplomatischen Treffen wiederholt klargestellt, dass sie für eine Zweistaatenlösung sei, aber die Palästinenser ihrem Ziel der Zerstörung Israels nie abgeschworen hätten. Das hat mit Nethanyahus politischen Wünschen absolut nichts zu tun – diese Einsicht bestand schon zu Zeiten Rabins.
  • Arabische Staaten liegen den USA seit Jahren damit den Ohren, dass die iranische Gefahr oberste Priorität habe, sie schlugen den USA auch schon einen Angriff auf Iran vor, um die Atomgefahr zu liquidieren. All das ohne irgendwelche Bedingungen und Zusammenhang mit Israel. Das in völligem Gegensatz zur bisherigen offiziellen Versionen, dass die Lösung des israelisch-palästinensische Konflikts Grundbedingung für eine friedliche Lösung aller Mittelostprobleme – vor mit dem Iran – sei. Die arabischen Staaten sorgen sich zu allererst um ihr eigenes Überleben und vor Allem dem Machterhalt ihrer Herrscher. Die Drecksarbeit, die militärische Erfüllung ihrer Wünsche, überlassen sie aber gerne andern. Die USA oder Israel sollen ihnen die Kohle aus dem Feuer holen.
  • Israel warnte die USA, dass Irans Nukleararsenal die Region destabilisieren würde und nicht nur als Angriffsmittel auf Israel gedacht war. Dabei möchte ich an die Behauptung von Arnold Hottinger in einem Briefwechsel mit mir (http://journal21.ch/gastkommentar-3) erinnern, in dem er tatsächlich behauptete, Israel habe die Mär des Israel- und Judenhasses Ahmedinejads in die Welt gesetzt. Auch westliche „Fachleute“ sind vor krankhaften Verschwörungstheorien arabischen Stils nicht gefeit.
  • Iran und Nordkorea rüsteten Iran mit Langstreckenraketen aus, die sich heute bei Hisbullah befinden.
  • Regierungsstellen betrachten die heutige Türkei als islamistisch – auch wenn offiziell daran festgehalten wird, die Türkei werde von einer zentristischen Regierung geführt wird, die nichts als demokratische Reformen wolle.
  • Die USA ignorierten wiederholt Bitten der israelischen Regierung, den Tunnelschmuggel militärischer Ausrüstungen in Gaza zu unterbinden.

Wie Barry Rubin schreibt, teilen sich die Wikileak-Dokumente in zwei total verschiedene Arten:

  1. Nachrichtendienstliche Berichte von Quellen, die in keiner Weise genau sein müssen, ja total neben den wirklichen Fakten liegen können. Wenn z.B. berichtet wird, ein iranischer Führer habe Krebs, heisst das nur, dass eine Quelle das gesagt hat, es aber es braucht aber nicht zu stimmen.
  2. Berichte über Sitzungen und Diskussion sind akkurat, sie wiedergeben die politische Meinung eines Offiziellen.
Die Wikileak-Enthüllungen können Wahrheiten offen legen. Wie weit das die internationale Öffentlichkeit sehen will, wollen wir abwarten. Denn, so Goethe, „Es verdriesst die Leute, dass die Wahrheit so einfach ist“.

Der deutsche Zitatenlieferant Peter Sirius sagte: „Der Irrtum strömt, die Wahrheit sickert“. Statt Irrtum hätte er Lüge sagen können. Daher nochmals: seien wir geduldig.

Montag, 22. November 2010

Die Angst Dinge beim Namen zu nennen

Antisemitismus (ich ziehe eigentlich das Wort "Judenhass" dem Wort „Antisemitismus“ vor) ist heute so offen und verbreitet wie seit dem Kriegsende in 1945 nicht mehr. Vielleicht hat er vor 65 Jahren nicht aufgehört, wurde aber unterdrückt. Jetzt jedoch, nach seinem Auferstehen im Gewand des Anti-Zionismus und Anti-Israelismus scheint er eine neue Existenzberechtigung erhalten zu haben. Er wurde salonfähig.

Interessant die Tatsache, dass die Auslöser dieses schamlosen Neujudenhasses, der Islamofaschismus der islamische Welt, damit den grossen Lottopreis gewonnen hat. Und trotz diesem PR-Erfolg herrscht – noch öffentlicher als der heutige Judenhass – in der freien Welt Europa und Nordamerikas parallel dazu eine Islamophobie, die den Islam pauschal verunglimpft und kaum jene Muslime zur Kenntnis nimmt (zugegeben, es scheinen nur wenige zu sein), die sich von ihre eigenen Jihadisten nicht weniger bedroht fühlen, als die westliche Zivilisation. Stellen wir Judenhass der Islamophobie gegenüber, fällt Verschiedenes auf:

1. Für den Judenhass gibt es keinen wirklichen Grund, auch nicht die palästinensischen Flüchtlinge, deren politische Elite sich daran eine goldene Nase verdient. Der Judenhasser braucht keine Juden in seiner Nähe, er kommt auch ohne sie aus. Ein paar Biere am Stammtisch reichen für den Anfang. Juden tun ihm nichts, haben ihm als Juden nie etwas angetan – seine gesamte Phobie ist ein grundloser Wahn, geschürt von üblen Menschen, die ihre Lebensnische im Hass gefunden haben. Dieser Wahn hat die Inquisition, Pogrome, die Shoah und andere statistisch vielleicht weniger beeindruckende Mordaktionen verursacht, einen realen Grund dafür gibt es nicht.

2. Dem gegenüber steht die Islamophobie der heutigen Tage, die zu einem grossen Teil auf realen Ängsten beruht. Ängste verursachen Hass, wenn diese Ängste im Gegensatz zum Judenhass einen realen Hintergrund haben. Islamischer (früher war er „nur palästinensisch“) Terror hat die Welt eingeschüchtert, viele befürchten nicht grundlos, solche Freude am Töten könnte auch in ihrem Land, ihrer Stadt oder Dorf, im Flugzeug, Zug oder Tram in dem sie gerade reisen, passieren. Das sind Ängste, die auf Geschehenem beruhen. Islamophobie wird damit jedoch keineswegs akzeptabler, denn sie beruht grundsätzlich auf Vorurteilen, die in den letzten Jahrzehnten vom Jihadismus ein reales Gesicht verpasst bekamen, er hat sie bestätigt.

3. Als Reaktion auf jihadistischen Terror und Hass gibt es nur eines: Diese mit aller Kraft zu verfolgen und zu zerstören und mit allen Mitteln die westliche freiheitliche Zivilisation verteidigen. Leider, aus Gründen kultureller Traditionen, aber auch aus Furcht vor tödlichen Racheakten, verweigert sich die islamisch-arabische Welt, den Islamismus und dessen totalitäre Ansprüche zu verurteilen und ihn auszugrenzen. Ausnahmen sind einzelne vor allem im Westen lebender Muslime, bestätigen nur die Regel. Denken wir an Ayaan Hirsi Ali, Wafa Sultan, Salman Rushdie und andere werden rund um die Uhr bewacht und bewegen sich in der Öffentlichkeit nur mit Body Guards. Aber sie besitzen jenen Mut, der fast allen europäischen Politikern fehlt.

4. Der Jihadismus hat die westliche Polit-Szene verändert. Die früher humanistische Linke und noch weit mehr (wenigsten in der Schweiz) die Grünen (heute eher braun-grün), sind, wie man so schön sagt, „israelkritisch“ geworden, das Modewort für Judenhass oder auch Selbsthass verdrehter Juden. Zwar sind einige meiner besten Freunde in der Schweiz Linke (dies in Anlehnung an den „einige meiner besten Freunde sind Juden“ Spruch antisemitischer Judenfreunde), nur stimmt es bei mir tatsächlich – meine Freunde der Gesellschaft Schweiz-Israel zum Beispiel, mit denen mich heute enge Freundschaft verbindet – tragen dazu bei, dass ich den Mut nicht verliere. Palästinensische Mitarbeiter der Kunstgalerie Umm El-Fahm tun das auch. Genau so meine jüdischen Freunde in der Schweiz und in Israel, die oft nicht meine Sicht teilen, aber es fertig bringen manchmal diese zu adoptieren oder mich dazu bringen ihre Sicht zu akzeptieren.

Während der politische Islam (Jihadismus, Islamismus) mit seinen Gefahren für die westliche Zivilisation im Westen inzwischen wahrgenommen wird – Geschehnisse wie 9/11, Terroranschläge in London, Madrid, die Fatwas verantwortungsloser Imame und Mullahs, die Lügen und Schmähungen eines Ahmedinejad lassen sich heute nicht mehr unter den Teppich wischen. Sie wurden zum Wachruf für die westliche Welt und versetzten viele Bürger westlicher Länder in Angst – aus der, wie es so ist, Hass wuchs. Aber, hier setzt meine Frage an, islamistischer Terror ausserhalb Israels wird im Bewusstsein der westlichen Welt vom Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern (und der restlichen arabischen Welt) abgekoppelt. Wenn in Jerusalem ein Autobus in die Luft fliegt und Dutzende von Kindern zerrissen werden, ist das die „Rache der Unterdrückten". Im Gegensatz dazu, wenn in New York das World Trade Center zerstört wird und rund 3000 Zivilisten grausam ums Leben kommen – dann, ja dann ist es Terror. Dabei wird, bewusst oder unbewusst unterschlagen, dass es die selben islamistischen Fanatiker sind, die Israelis und Bürger anderer fortschrittlicher westlicher Länder sind, die aus einem für uns unverständlichen Hass gegen persönliche Freiheit, Gleichheit und Demokratie morden und verstümmeln und sich selbst, als Draufgabe, auch noch für diesen Irrsinn opfern. Der Antizionismus dient heute nur noch den Judenhassern, er ist inzwischen zweitrangig geworden, eines der jihadistischen Werkzeuge, eine der zahlreichen Ausreden zum Massenmord – die überragende Realität ist der oben erwähnte Kampf gegen Freiheit und Demokratie. Welche europäische Regierung hat bisher den Mut gefunden, dies ihren Wählern zu erklären? Das Bewusstsein dazu kommt von unten, einzelne Bürger erwachen und sehen Gefahren. Doch ohne offizielle Stellungnahmen und Aufklärung durch geeignete staatliche und akademische Gremien, besteht so die zunehmende Gefahr eines Rassismus gegen den Islam als Ganzes und alle Muslime. Überlassen und bekämpfen wir das Versprühen rassistischen und religiösen Hasses den Jihadisten. Deren Gewalt erzeugt Gegengewalt – irgendwann wird dieser eigene grauenhafte Hass gegen alles Nichtislamische, gegen menschliche Freiheit und allem das nicht mit ihrer Sicht übereinstimmt, in ihrem Gesicht explodieren.

Zum Abschluss eine Einladung: Lea und ich werden während den kommenden Festtagen in Zürich sein, vor allem um an unseren zwei dortigen Enkeln, Matan und Gil (Gilgul), zwei ganz gelungene junge Männer, Freude zu haben. Ich wurde von der GSI (Sekt. Zürich) eingeladen einen Abend am Runden Tisch zu bestreiten. Hier bitte die offizielle Einladung. Das mir vorgegebene Thema (die wissen was mich bewegt) ist delikat und ich werde mein Bestes tun es zu bewältigen, ohne auf allzu viele empfindliche Zehen zu treten.

Runder-Tisch-Gespräch zum Thema
„Der Einfluss der Ultra-Orthodoxie auf die Politik lsraels“
Beobachtungen und Reflexionen von Paul Uri Russak
Donnerstag, 13. Januar 2011, 18.00 Uhr bis 19.30 Uhr
Israelitische Cultusgemeinde Zürich, Clubraum 2, (Lavaterstrasse 33)


Montag, 15. November 2010

Mein Gastartikel im Journal21

Vom Internet Website "Journal21" wurde ich eingeladen einen Gastartikel zu schreiben, eine Einladung die ich gerne annahm. Ich schrieb zum Thema Frieden zwischen Palästinensern und Israel. Es wurden Leserkommentare dazu geschrieben, sogar Arnold Hottinger äusserte sich. Es würde mich freuen auch Kommentare von euch zu finden - vielleicht habt auch ihr was zu schreiben. Euer Uri

Donnerstag, 28. Oktober 2010

Jahrmarkt der Hetzer

Gestern Abend waren Lea und ich in "unserer" Kunstgalerie in Umm El-Fahm an einem kleinen Anlass für den hiesigen Schweizer Botschafter Walter Haffner und einige seiner Mitarbeiter. Der Abend war interessant, Gilles Fontolliet ein junger Schweizer Kunstlehrer, den ich in die Galerie als Volontär gebracht hatte, erzählte und erklärte seine Arbeit, gefolgt von Erklärungen Said Abu-Shakras. Anschliessend gingen wir ins bekannte arabische Restaurant El Babur, an der Hauptstrasse gelegen und von vielen Israelis und Touristen geschätzt. Dort assen wir wundervolle Lammkoteletts, eigentliche fast fettlose Lammrippchen (rack of lamb), an die ich mich noch 24 Stunden später mit Wonne erinnere.

Am folgenden Tag sei, so Said, eine weitere antiarabische Demonstration in Umm El-Fahm angekündigt, an der unsere hauseigenen jüdischen Faschisten Michael Ben Ami, Itamar Ben Gvir, Baruch Marzel und ihre Anhänger Hetzreden gegen Israels Araber und, als vorgeschobenes ihren Araberhass begründendes Argument, gegen die Islamische Bewegung Nordisraels des Scheich Raed Salah halten wollen. Letzteres hat eine gewisse Berechtigung, hetzt doch der Scheich ununterbrochen gegen Israel und seine jüdischen Bürger. Nur, so denke ich, wenn solche Vorwürfe von Juden wie Marzel und seinen rechtsgewickelten Kumpanen kommen, geht diese Berechtigung völlig verloren, sind diese doch die jüdische Version des Rassenhasses, wie jener der Bewegung des Scheichs die palästinensisch/muslimische Version desselben ist. Seine nordisraelische muslimische Bruderschaft ist eine Filiale der palästinensischen Hamas, den Sunniten, die vom schiitischen Iran gesteuert wird und deren oberstes Ziel die Zerstörung Israels ist.

Bei den verbalen Unflätigkeiten von Seiten Marzels, Ben Amis und Ben Gvirs blieb es nicht. Wie mir Said Abu-Shakra am Abend vorher schon erklärt hatte, verabredeten sich die Stadtbewohner darauf auf die jüdische Provokation nicht zu reagieren, ihrer Arbeit nachzugehen und die tägliche Routine einzuhalten. Eine hervorragende und mutige Entscheidung, die leider von zwei arabischen Mitgliedern der Knesset zunichte gemacht wurde. Wie mir von arabischer und drusischer Seite zugetragen wurde, nutzten die MKs Haneen Zuabi und Apo Aghbaria die Stunde, stiegen auf die "Barrikaden" und hetzten auf die israelischen Ordnungskräfte, was wiederum den örtlichen "Shabab", verstärkt durch reguläre arabische Steinewerftouristen, ermutigte gegen die Polizei vorzugehen. Als Resultat gab es Verletzte, darunter Polizisten und die zwei arabischen MKs.

Die Bande des Baruch Marzel hat ihr Ziel erreicht – ihre Provokation wurde von Politikern der Gegenseite gerne genutzt, um weiter Zwietracht zwischen Juden und Arabern Israels zu säen. Marzels Demonstration, die vor allem unseren arabischen Bürgern zeigen sollte, wer Herr im Hause ist, hat ihren Zweck erfüllt, die mutige und vernünftige Rechnung der Bürger Umm El-Fahms ist nicht aufgegangen. Die Hetzer beider Seiten haben den Tag gewonnen und gegenseitige Animosität, Vorurteile und Abneigung zwischen israelischen Arabern und Juden um eine weitere Stufe verstärkt. Man könnte meinen die Hasser beider Seiten hätten sich dazu verabredet.

Zwei Dinge fallen bei diesen Geschehnissen auf:

Erstens, wieder zeigt sich dass sich arabische Knessetmitglieder wenig oder gar nicht um die Interessen ihrer eigenen Wählerschaft kümmern. Sie hätten es in der Hand, Israels arabischer Minderheit das Leben in einer demokratischen Gesellschaft zu erleichtern und den Umgang damit zu vermitteln. Benachteiligungen, mit denen unsere arabischen Bürger leben interessieren sie nur soweit, wie diese der antiisraelischen Agitprop dienen. Lieber suchen sie Sündenböcke, statt ihrer Wählerschaft Selbstverantwortung beizubringen und ihnen als deren Parlamentvertreter zu helfen.

Zweitens, die dieses heutige Festival des Rassenhasses auslösenden jüdischen Knessetmitglieder, haben genau so wenig Respekt für Demokratie, wie die Objekte ihres Hasses. Genau so wie Jihadisten eine Rückkehr des Kalifats herbeihassen und herbeibomben wollen, wollen jüdische Nationalisten der vorliegenden extremen Sorte, eine Rückkehr zur Lebensart der Zeiten König Davids oder ähnlichem. Sie beide lehnen die Moderne mit ihrer Demokratie und persönlichen Freiheiten ab um überholten Sehnsüchten nachzulaufen, Sehnsüchte, deren Werte unseren Werten diametral entgegenstehen.

Montag, 18. Oktober 2010

Ueli Maurer in Israel

In keiner Schweizer Abstimmung und bei keinen Parlamentswahlen wäre mir je in den Sinn gekommen SVP zu stimmen. Gott behüte. Ich werde es auch in der Zukunft kaum tun, auch wenn es vor vier Tagen ein Schweizer Bundesrat fertig brachte diese an dieser meiner politischen Einstellung ein wenig zu rütteln.

Da ich netterweise zum Empfang für Bundesrat Ueli Maurer bei Walter Haffner, dem Schweizer Botschafter in Israel, eingeladen wurde, machte ich das Beste daraus und sprach mit interessanten Leuten, die etwas zu sagen hatten. Allen voran Ueli Maurer selbst. Zwar möchte ich diesen Empfang nicht hemdärmlig bezeichnen, auch wenn allen voran Ueli Maurer und Botschafter Haffner (siehe Bild links) den Tenueton bestimmten. So fühlt man sich in Israel schnell zu Hause.

Ueli Maurer hat mich und meine Vorurteile überrascht. Er ist sehr zugänglich und hört, was mir am meisten gefiel, gerne und gut zu. Da in meiner Hierarchieliste zwischenmenschlicher Beziehungen das aufmerksames Zuhören mit Abstand auf Rang Eins liegt (die Ablehnung der israelischen Unsitte andere zu wiederholt und respektlos zu
unterbrechen, ist wesentlicher Teil davon) war das wichtig. Dreimal machte ich mich an ihn heran um etwas loszuwerden – jedes Mal wurde es zu einem kurzen Gespräch, das einen angenehmen Eindruck hinterliess. In seiner Ansprache an’s Publikum sprach er von den Similaritäten zwischen Israel und der Schweiz, die er (sinngemäss, da ich an den genauen Wortlaut nicht erinnere) folgendermassen beschrieb: „Israel hat viel Sand, wir [die Schweiz] haben sehr viele Steine und beide Länder müssen daher durch Intelligenz und Fleiss ihren Weg machen und beide tun das mit Erfolg. Zudem gab er die in allen Medien zitierte Erklärung ab, seine Reise sei vom Gesamtbundesrat beschlossen worden, obwohl Politiker grün-rot-brauner [diese Farbangabe stammt eindeutig von mir] Ueberzeugung diese verhindern wollten. (Bild mit Monika Schmutz-Kirgös, Stellvertreterin von Botschafter Haffner)

Das angebotene Buffet war wunderbar und ich stellte den grossen Appetit einiger Schweizer Delegierter für Falafel Bölleli fest. Am Gartentisch, zusammen mit zwei Schweizern stellte ich ebenso fest, dass ein umfassendes Nichtwissen über Israel, jüdische Geschichte und Eigenheiten arabischer und jüdischer Kultur besteht. Sympathisch daran ist die Tatsache, dass ein grosses Interesse besteht, dieses Manko zu überkommen.

Ich möchte Botschafter Haffner für den Abend danken. Nur schon die Erkenntnis, dass nichtjüdische Schweizer, angefangen bei Ueli Mauer, aber auch meine zwei Tischpartner (eine Koordinatorin aus Ueli Maurers Department und ein Schweizer Mitglied der TIPH in Hebron) sich informieren wollen und offen sind Neues zu erfahren ohne auf politische Korrektheit zu machen.

Montag, 11. Oktober 2010

Israels gefährliche Anpassung an die nachbarliche Kultur

Kürzlich las ich (wieder einmal) einige Zeilen Barry Rubins, in denen er kurz die Psyche und die daraus möglichen Aktionen zivilisatorisch und wirtschaftlich zurückgebliebener Kulturen beschreibt. Dann fährt er weiter:

Alle Gruppierungen, denen klar geworden ist, dass sie beim Fortschritt anderer ins Hintertreffen geraten sind, entwickeln einen Minderwertigkeitskomplex. Sie haben zwei hauptsächliche Alternativen:

Lerne von anderen, ändere eigenes Denken und Gesellschaft und strebe
nach Fortschritt als besten Weg eine nationale Renaissance zu erreichen

oder

Entscheide, dass das wirkliche Problem auf externe Unterdrückung
zurückzuführen ist und statt Reformen Schlachten geschlagen,
Menschen getötet, das eigene Territorium erweitert werden müssen, um einen
allumfassender Sieg zu erreichen.

Im Mittleren Osten scheint die zweite Variante vorherrschend zu sein. Die in dieser Region vorherrschende Sitte für jedes Versagen einen Sündenbock zu suchen, der Weigerung für sich Verantwortung zu übernehmen, ist in der arabisch/islamischen Welt das Leitmotiv für soziale und wirtschaftliche Flops. Ihre Eliten widersprechen dieser Sicht kaum, sie fördert sie vielmehr, denn so kann man sich eigenes Schaffen ersparen, mit Nichtstun die eigene Macht erhalten und für die Folgen andere verantwortlich machen. Anderes Verhalten ist in dieser Gesellschaft lebensgefährlich und so kommt es, dass der Ruf zur Selbstverantwortung vor allem aus dem Ausland kommt, von progressiv denkenden Arabern, die unreflektierte Traditionen ablehnen und den Anschluss an die Moderne suchen. Sie wissen, dass die Moderne nicht nur Waffen und andere Werkzeuge zur Gewaltausübung beinhaltet, sondern säkulare Bildung, Aufgeschlossenheit und demokratisches Grundverhalten – etwas, das vom heute so populären Islamismus völlig abgelehnt wird.

Leider hat auch das moderne Israel einige dieser Verhaltensweisen übernommen. Paranoia – vielleicht ein Stück weit berechtigt – herrscht in politisch sehr rechtsstehenden Kreisen vor. Damit gekoppelt sind Charakterschwächen zahlreicher Politiker, die als letzten und entsetzlich dummen Streich durch die Regierung ein Gesetz durchsetzen wollen, in dem jeder nichtjüdische Möchtegernneubürger Israels einen Eid ablegen muss, mit dem er Israel als jüdischen Staat anerkennt – eine Motion, die ich als innerisraelische Schande empfinde. Bekanntlich besitzt Israel noch immer keine Verfassung und wird voraussichtlich für sehr lange auch keine bekommen. Moderne Verfassungen beinhalten Dinge wie demokratische Regierungsform, Gleichberechtigung aller Bürger und beider Geschlechter, freie Meinungsäusserung und vor allem (wenigstens für mich) Freiheit von Religion. Da die Chance wächst, dass Israel innert zwei bis drei Generationen zu einer Theokratie verkommen könnte, würden sich nichtjüdische Bürger, die diesen Eid abgelegt haben, in einer Situation finden, in der sie, wie Bahais im Iran und Palästinenser im Libanon, Bürger zweiter Klasse wären – denn eben eine sie schützende Verfassung, die Bürgerrechte schützt, gibt es nicht. Ich will hier die vielen und berechtigten Einwände gegen ein solches Gesetz nicht wiederholen – sie sind in den Medien zu finden.

Was mich entsetzt ist die Tatsache, dass die Minister der Arbeitspartei zwar gegen diesen Gesetzesantrag stimmten, aber nach der Abstimmung nicht demonstrativ Nethanyahus Regierung verliessen. Ich weiss nicht, ob dann diese Regierung hirnweicher Superpatrioten zusammenkrachen würde oder ob Nethanyahu vielleicht doch seine Rechtsextremisten (Avigdor Lieberman dem Stalinisten und Eli Ishai dem Rassisten und ihren Adlaten) zum Teufel jagen und endlich eine vernünftige Koalition mit der Arbeitspartei – mit oder ohne Barak – und Zippi Livnis Kadima eingehen könnte. Dieses Gesetz bestimmt implizit, dass arabische Bürger (gegen die das ganze Theater grundsätzlich gerichtet ist) nichts als „grosszügig“ geduldete Mitbürger sind, denen jederzeit vorgeworfen werden könnte, sie seien dem jüdischen Staat gegenüber illoyal. Gäbe es in Israel eine moderne Verfassung, die verlässlich für alle gleichwertig Bürgerrechte garantiert – dann könnte man einen Loyalitätseid auf diese Verfassung verlangen – und zwar von allen: Juden, Arabern, Christen und was da sonst noch an Staatsbürgern kreucht und fleucht. Aber von Nichtjuden das Judentum als alleiniges Kriterium für Bürgertreue zu verlangen, scheint mir ein demokratisches Fehlverhalten erster Güte.

Will Israel ein jüdischer Staat sein – der Ausdruck „Staat der Juden“ gefällt mir besser – so soll er das durch positives und staatsmännisches Verhalten erarbeiten, so wie es erleuchtete Staaten des Westens tun. Theodor Herzls Hoffnung, Israel müsse „ein Licht für die Völker“ sein, können wir, falls dieses Gesetz tatsächlich in Kraft treten sollte, begraben.

Dienstag, 28. September 2010

Feigling der Nation

Falls jemand je Zweifel an Bibi Nethanyahus Motivation für seine Politik gehegt haben sollte, einen Beweis hat er demonstriert: er will unter allen Umständen Premierminister sein und bleiben – koste es was es wolle. Es geht nicht nur um die Bautätigkeit in der Westbank – auch wenn jemand behaupten kann (und viele tun das sogar), dass damit tausende palästinensischer Arbeitsplätze erhalten würden, was nun halt stimmt, aber nicht ausschlaggebend sein darf. Es geht auch um den Erhalt unseres Staates als Demokratie, die allen seinen Bürgern demokratische Errungenschaft garantiert. Ultraorthodoxe unterdrücken ihre Frauen mit ihrer „saudisch“ anmutenden Sittenpolizei, sind zu tausenden äusserst Gewalttätig geworden, untergraben den israelischen Gesetzesstaat und bedienen sich frei am staatlichen Budget, verweigern sich praktisch sämtlichen Bürgerpflichten, aber nicht den Geld ausschüttenden Bürgerrechten. Um seinen persönlichen Status zu erhalten gibt Nethanyahu antidemokratischen Forderungen nach (auch von rechtsradikaler Seite), statt zum Wohl des Landes mit der moderaten Kadima eine Koalition einzugehen und sich Erpressungen aus rechtsextremer und ultrafrommer Seite zu verweigern. Er hat Angst, für die Zukunft seines Landes einzustehen, denn in politischem und religiösem Fundamentalismus liegt diese sicherlich nicht.

Doch was hat Nethanyahu damit erreicht? Weltweit kann jetzt Israel, sogar mit Berechtigung, als am Frieden nicht interessiert angesehen werden. Statt den Palästinensern den Beweis ihrer Friedensablehnung zu überlassen, wie schon wiederholt geschehen, zieht er Israels Namen in den Dreck. Unser Land, durch gekonntes palästinensisches Manipulieren der weltweiten öffentlichen Meinung (und auch Antisemitismus) bisher meist zu unrecht verleumdet, ist nun in eine Situation gebracht worden, für die es diesmal selbst verantwortlich ist.

Als einziger und wirklicher demokratischer Staat der Region, kann sich unser Land diesen Zustand nicht leisten. Ebenso wenig, wie es sich die Besetzung der Westbank leisten kann, durch die Israel zu einem Besatzungsstaat mutiert ist – einem für Juden unakzeptablen Zustand, der sobald wie möglich beendet werden muss, wenn auch ohne den mit dem Abzug aus Gaza gezeigten Leichtsinn.

Ich schreibe diese Zeilen nicht aus Sympathie für das palästinensische Volk als Ganzes. Ich schätze viele einzelne Palästinenser, die ich inzwischen kennengelernt habe, doch als soziale Einheit mit mittelalterlichen Traditionen der Religion, Unterdrückung ihrer eigenen Menschen, ihrem internen Terror (der mehr Leben kostet, als der Streit mit Israel, was aber von der internationalen Presse unter den Teppich gewischt wird), dem gezüchteten Hass gegen alles Jüdische und Westliche, der Verfolgung ihrer christlichen Mitbürger kann ich als moderner Mensch nicht sehr viel übrig haben – die Zeiten, in denen man alles auf koloniale Ausbeutung schieben kann sind schon längst vorbei. Auf der anderen Seite kann man dem ihnen von der arabischen Welt auferlegten Flüchtlingsschicksal mitfühlen, auch wenn sie daran selbst auch nicht unschuldig sind. Doch das ist eine andere Geschichte.

Wer weiss, vielleicht geschieht doch ein Wunder und Bibi Nethanyahu springt über seinen eigenen Schatten und besinnt sich auf eine wirkliche Friedenspolitik. Die Frage stellt sich heute schlicht, ob er eine solche überhaupt will. Wir werden sehen.

Samstag, 18. September 2010

Die Sache mit der Moschee in Manhattan

Aus ausgesprochen zeitlichen Gründen möchte ich hier den Link zu einer Stellungsnahme aus dem Blog „Die Achse des Guten“ vorbringen (ich empfehle auch die darin enthaltenen zusätzlichen Links). Es geht um die Moschee, die auf dem Ground Zero, wo vor zehn Jahren noch die islamistisch demontierten zwei Türme des World Trade Centers standen, gebaut werden soll. Hannes Stein stellt die Proportionen wieder her und klärt die Fakten. Was auch immer, ich bin stolz auf den jüdischen Bürgermeister New Yorks Michael Bloomberg, der sich durch die hysterische und vor allem auf Unwahrheiten, Tatsachenverdrehungen, Angst und Hass beruhenden Kampagne der Gegner dieses Projektes nicht abhalten lässt, dieses Projekt zu unterstützen. Übrigens hier ein doppeltes Beispiel der Lügen dieser Kampagne: die Moschee ist keine Moschee, sondern ein muslimischen Kultur- und Gemeinschaftszentrum (so etwa wie die ICZ and der Lavaterstrasse oder die JLG an der Hallwylstrasse, beide in Zürich), mit dazugehöriger Moschee und, zweitens der Ort an dem sie erbaut werden soll ist gar nicht der Ground Zero sondern einige Strassenblöcke davon entfernt. Dazu kommt auch, dass der Imam, der das ganze Projekt initiiert und vorantreibt, wie Hannes Stein schreibt, der Sufi Gemeinschaft angehört, die u.a. wegen ihrer Friedfertigkeit vom militanten Islam vor allem im heutigen Iran verfolgt wird. Ganz besonders gefällt mir die Beschreibung der friedlichen Demonstrationen der Moscheegegner, die gewaltfrei und fast schon harmonisch verliefen – ein augenfälliger Gegensatz zu Demonstrationen in der muslimischen Welt zu vermeintlichen „Beleidigungen“ des Islams durch den demokratischen Westen, Demos bei denen es grundsätzlich nie ohne Gewalt und Tote abgeht. Offen und zynisch gesagt ist das ein kulturelles Problem der im Mittelalter hängen geblieben arabischen Welt und deshalb zu verstehen, ja sogar zu akzeptieren. Oder etwa nicht?

Samstag, 4. September 2010

„Mir nöd, diä ja au“ (Schweizerdeutsch für: „wir doch nicht, die anderen tun es ja auch“)

Jetzt wurde in Washington wieder einmal fein diniert und Reden gehalten, voller hohler Floskeln und Plattitüden, die alles versprechen. Möglich ist ja ohne weiteres, dass Nethanyahu wirklich meint was er sagt – Politiker der Rechten sollen beim Friedenmachen erfolgreicher sein (was nicht stimmt, denn Rabin und Peres haben den Frieden mit dem jordanischen König Hussein geschlossen, nur war der ein mutiger Mann, der auf die arabische Strasse und ihre Mobs pfiff und dafür nicht einmal ermordet worden ist), aber es liegt völlig an Bibis palästinensischen Partnern für einmal Courage zu zeigen, über ihren eigenen Schatten zu springen und sogar dann einen Friedensvertrag zu unterzeichnen, wenn Israel umfassendste Zugeständnisse macht wie seinerzeit Barak und Clinton im Camp David und Taba oder Olmert später, mit denen sie auf fast alle territorialen Bedingungen der Palästinenser eingingen und nur noch auf den eigenen staatlichen Selbstmord Israels verzichteten, also die Rückkehr der palästinensischen „Flüchtlinge“ ausschlossen. Diese rote Linie besteht heute noch und ich bin überzeugt, dass sie auch diesmal als Ausrede für ein abschlägiges Verhalten der PA-Führungen herhalten wird. Denn die Alles oder Nichts Haltung (Palästina bis zum Mittelmeer oder weiterhin von der UNO, der EU, der USA und Israel als vollberufliche Pensionäre Rente beziehen) sitzt so tief in der palästinensischen Politik, dass es keiner ihrer Politiker wagt, selbstmörderisch sich mit Israel zu einigen. Gleichgesinnte der Mörder Sadats gibt es heute auch in der palästinensischen Gesellschaft Gazas und der Westbank. Dort heissen sie Hamas und Kollegen, in Ägypten war und ist es noch immer die in den zwanziger Jahren gegründete islamische Bruderschaft, die dazumal den noch heute gültigen islamistischen Judenhass ins Leben rief.

Oben Geschriebenes schliesst gar nicht aus, dass unser Ministerpräsident endlich gegen den eigenen Faschismus verschiedener politischer Elemente in Israel durchgreifen muss, angefangen bei extremistische Siedlern, grossen Teilen der hiesigen Ultraorthodoxie, vor allem der Schasspartei und ihrem xenophoben Vorsitzenden Eli Ishai sowie diversen Rabbinern aschkenasischer und orientalischer Herkunft, die den Mord an Nichtjuden (egal ob Christen oder Muslimen) mit ihren eigenen biblischen Argumenten durch die Medien und in Büchern nicht nur empfehlen sondern vorantreiben. Da für jeden rabbinischen Furz, wie jene des Rabbi Ovadia Josef, Apologeten zu finden sind und ausser einigen kurzlebigen Medienkommentaren keine wirkliche Kritik oder politische Forderung gegenüber rassistischen Aufrufen besteht, verliert Israel bei arabischen Anschlägen auf Juden (egal ob Siedler oder vernünftige Israelis) jedes Mal sein Gesicht. Denn die allgemein herrschende Meinung „mir nöd, die ja au“ (Schweizerdeutsch für: „wir doch nicht, die anderen tun es ja auch“), fliegt inzwischen jedem offenen Beobachter ins Gesicht. Oder der neuere säkulare „Im Tirzu“, ein supernationalistischer Verein, der durch Gesinnungsterror das Ausmerzen nichtpatriotischer Regungen an den Hochschulen und anderswo verfolgt und dafür keine wirklichen Reaktionen hervorruft. Da es auch Terrormorde an palästinensischen Zivilisten gab, macht fehlendes Durchgreifen von Israels Regierung, Polizei und Gerichten beim Mordmarketing aus rabbinischen und rechtsextremistischen Kreisen einen unglaubwürdigen und kraftlosen Eindruck.

Samstag, 28. August 2010

Die wirkliche Gefahr für Israels Zukunft

Es sei denn Gartenzwerg Ahmedinejad versucht tatsächlich eine Atombombe auf Israel zu werfen – bei der, daran denken auch die dämlichsten „Israelkritiker“ nicht, weit mehr Araber als Juden das Leben lassen würden, wird Israel mit seinen arabischen, muslimischen und gutmenschlichen Feinden fertig werden. Auch wenn es gelegentliche Fehlleistungen wie den Zweiten Libanonkrieg oder die Marmara-Affäre gegeben hat, haben unsere Möchtegern-Vernichter stets eine Bauchlandung erlitten – auch wenn, das dürfen wir nicht vergessen – militärische Siege keinen Frieden gebracht haben. Doch das ist ein Thema für einen anderen Tagebucheintrag.

Um was es mir hier geht ist die sich täglich immer intensiver darstellende Zweiteilung der israelischen Bevölkerung in einen rückwärtsgewandten, von Xenophobia reaktionärer Religion zerfressenen Minderheit und einer fortschrittlichen, produktiven humanistischen Mehrheit. Einer Mehrheit, der es an Mut und Energie mangelt, für sich selbst und ein modernes, menschenfreundliches und wirtschaftlich erfolgreiches Israel aktiv einzustehen, obwohl sie es waren, die den heutigen Staat der Juden aufgebaut und verteidigt haben.

Ich habe heute mehr als früher das Gefühl eines déja-vu, als wäre ich noch in der Schweiz, mit ihrem Fremdenhass, mit ihrer wirtschaftlichen Ausbeutung fremder Arbeitskräfte, die sie rief und nicht mehr los wurde. Das war damals, meines Wissens hat sich nicht viel verändert. Oder gar die „das Boot ist voll“ Politik der Schweizer, die Unmengen von Juden das Leben kostete.

Israel befindet sich seit seiner Gründung in 1948 in einem Dauerkrieg, meist, aber nicht immer, einem Krieg „light“. Seine Nachbarn, nahe und weniger nahe, wie Darfur (Sudan), Irak, Jemen, Libanon und weitere bringen einander um, zu Hunderttausenden, in Zahlen die niemand zur Kenntnis nimmt und niemanden interessieren. Israel rettet Tausende von Flüchtlingen aus dem Sudan und Eritrea, sie hat Hunderttausende von Fremdarbeitern aus der ganzen Welt importiert, als Krankenpfleger, Arbeiter im Bau und in der Landwirtschaft. Flüchtlinge werden integriert, ausländische Arbeitskräfte mit ihren in Israel gegründeten Familien, die sich in vollem Gegensatz zu einigen Arten jüdischer Israelis, integrieren wollen und können, werden von Deportation bedroht.

Mit Wehmut denke ich an Tommy Lapid und seine lautstarken Mitstreiter, die vor wenigen Jahren mit fünfzehn Sitzen in die Knesset einzogen und mit viel gutem Willen versuchten als Regierungsmitglieder etwas politischen Anstand in die Gesellschaft zubringen. Bei den folgenden Wahlen wurden sie komplett abgewählt, aus Gründen die ich bis heute nicht verstehe. Tommy Lapid als Justizminister und besonders sein Parteikollege Abraham Porat sagte als Innenminister folgendes: „Ich bin nicht bereit Rabbiner entscheiden zu lassen, wer Israeli ist und wer nicht. Mein Ansatz ist universell und humanistisch. Er passt nicht nur für Juden. Meine ultra-orthodoxen Vorgänger, die Innenminister von der Shaspartei, haben nicht eine Minute daran gedacht, den Gastarbeiterkindern irgendeinen Status zu geben. Nicht einmal Soldaten, die aus ihrer Sicht Nichtjuden waren, wollten sie die Staatsbürgerschaft zuerkennen. Diese Soldaten waren gut genug, hier zu sterben, aber nicht Israelis zu werden.“ Heute ist seine Besorgnis um die unhumanen Behandlung von Gastarbeitkindern in Israel zu einem handfesten Skandal geworden, der den abgrundtiefen Rassismus des heutigen Innenministers Eli Ishai und vieler Entscheidungsträger seines Ministeriums mit grossem Nachdruck in den Mittelpunkt des Interesses stellt. Hier geborene Kinder nichtjüdischer Gastarbeiter sollen gnadenlos ausgewiesen werden. Zwar sprechen diese Kinder vor allem Hebräisch, gehen hier zur Schule, sind integriert und haben keine emotionelle Verbindungen zu den Heimatländern ihrer Eltern – aber, so Eli Ishai vor der Knesset und in den Medien: „sie sind keine Juden“. Ishai vertritt seine unmenschliche Einstellung mit Begründungen wie: „Diese Kinder gefährden die israelische Identität Israels“, bilden eine demographische Bedrohung und verstärken die Gefahren der Assimilation“ sind ideologische Begründungen Ishais. Völlig rassistisch ist sein Argument, ausländische Gastarbeiter brächten fürchterliche Krankheiten mit sich, die den Rest des Landes anstecken würden. Niemand ist bisher auf den Gedanken gekommen, die nordafrikanischen jüdischen Einwanderer der fünfziger Jahre, deren Nachfahre Ishai ist, damit zu vergleichen, denn sie wurden aus denselben Gründen bei ihrer Ankunft erst einmal mit DTT abgespritzt – ein Tatsache, die diese Einwanderer und ihre Nachkommen der damaligen Mapairegierung unter Ben Gurion nie vergeben haben, obwohl aschkenasische Einwanderer aus Europa der selben Prozedur unterzogen wurden, diese aber gleich wieder vergassen. Max Frisch sagte: „Wir riefen Arbeitskräfte und es kamen Menschen.“ Ich weiss nicht, wie weit heute die Schweiz diesen Gedanken beherzigen – man schimpft ja heute über Arbeitskräfte aus Deutschland – aber Israel darf sich nicht hinter der unglaubwürdigen Sorge eines unglaubwürdigen ultra-orthodoxen Politikers verschanzen, es muss Stellung beziehen und den vor ihr beanspruchten Status als alleiniger demokratischer Staat dieser Region beweisen, statt ihn mit rassistischer Politik in den Schmutz ziehen.

Gestern sprach Staatspräsident Shimon Peres an einem Kongress der Jugendorganisation „Lead“ zu diesem Thema. Er lehnt die Deportation auch der nun auf etwa 400 Kinder reduzierten Zahl (noch immer 400 zu viel) ab und rief die Regierung auf, diese zu verhindern. Ich schrieb vor etwa drei Wochen einen Brief an Itzchak „Wuschi“ Herzog der Arbeitspartei und Fürsorgeminister, den ich durch meine Tätigkeit in der arabischen Galerie Umm El-Fahms kennengelernt habe, einen Brief, den er prompt beantwortete. Ich hatte mich über seine Stimmenthaltung bei der Regierungsabstimmung über dieses Thema geärgert und liess ihn das wissen. Unter anderem schrieb er, er sei überzeugt, dass auch die letzten 400 Kinder am Ende nicht ausgewiesen würden. Es ging darum, als Lösung des „Problems“ nur noch 400 der total 1200 Kinder auszuweisen. Wäre dieses Gesetz, das Wuschi ablehnt, abgelehnt worden, hätte Ishai und seine Mannen, mangels anderer Gesetze, am nächsten Tag sämtliche 1200 Kinder deportieren können – eine Erklärung, die mir einleuchtete. Herzig schrieb mir, er musste sich seiner Stimme enthalten, denn für die Vorlage zu stimmen, dazu konnte er sich nicht bringen. Hoffentlich hat er recht.

Die an diesem schlimmen Beispiel gezeigte Gehrichtung Israels zur rassistischen und okkulten Politik der Gottesgläubigen oder was diese dafür halten, muss aufgehalten werden. Viele anständige Bürger des Landes haben sich bereit erklärt durch Deportation gefährdete Kinder bei sich aufzunehmen und zu schützen. Man stelle sich vor, wie Ishais Schergen 400 Kinder aus den Armen ihrer sie schützenden Israelis zerren würden, gefilmt und fotografiert von der Weltpresse.

Andere ultra-orthodoxe Bedrohungen des Staates sind leicht auszumachen. Etwas das drohende Gesetz, die Lösung der Frage, wer Jude sei, völlig den herrschenden Rabbinern zu überlassen. Oder etwa, die Weigerung Israels zivile Gesetze anzuerkennen, wie etwa im Zusammenhang mit der rassistischen Schulpolitik aschkenasisch-haredischer Kreise, die offen und ohne Scham jüdische Schülerinnen sephardischer Herkunft diskriminieren. Wobei sie, perverserweise, noch Unterstützung gottesgläubigen sephardischen Kreisen erhalten.

Nicht nur aus „modern-orthodoxen“ Siedlerkreisen, sondern ebenso aus haredischen Kreisen, wird der israelischen Gerichtsbarkeit das Existenzrecht aberkannt – nur das Recht der Thora gelte.

Ich wiederhole mich hier, doch in einigen Jahrzehnten werden Haredim beider Arten, vor allem Aschkenasen und aber auch Sepharden andere Gruppen israelischer Bürger, auch die arabischen, ausgeboren haben. Wenn sie sich bis dann nicht integriert haben und moderne israelische Gesetze anerkennen, wird es einen kurzlebigen jüdischen Gottesstaat à la Iran (nur eben „jüdisch“) geben, dessen Bürger unfähig sein werden, sich zu verteidigen und wirtschaftlich zu überleben. Die heutige Mehrheit produktiver Israelis wird das Land fluchtartig verlassen haben. Denn dann wäre eingetreten, vor dem ich seit langem warne: "Wir wollen nicht eines Tages aufwachen und einen Staat Israel vorfinden, für den sich einzusetzen, es sich nicht mehr lohnt“.

Wie gesagt, mit Bürgern wie Eli Ishai und seiner Art braucht Israel keine äusseren Feinde.

Mittwoch, 18. August 2010

Die öffentliche Meinung der arabischen Welt

In den vergangenen Wochen haben verschiedene Gründe meiner eigenen Tagebuchproduktivität Grenzen gesetzt. Das muss einigen meiner Freunde aufgefallen sein, sie schrieben mir und fragten was zum Teufel denn mit mir los sei. Es gibt zwei Haupt- und einige Nebengründe. Erstens sind in den Monaten Juli und August Schulferien und wir haben sieben Enkel in Israel, sodass die nötige Ruhe und vor allem Zeit zum schreiben fehlt. Zudem stehen wir vor dem Umzug von unserem zweistöckigen Häuschen in eine einstöckige Wohnung. Doch Zichron Ya’akov bleibt weiterhin unser Wohnsitz, darauf verzichten wir nicht. Also, wer unter meinen Lesern unter Entzugserscheinungen leidet verzeihe mir, helfen kann ich ihm nicht.

In einem Artikel mit dem Titel „Can you handle the truth? Poll shows the shocking reality of Arab Public Opinion” (Können sie mit der Wahrheit umgehen? Die schockierende Realität der arabischen öffentlichen Meinung) schreibt Barry Rubin, Professor am IDC Herzlia und Direktor des dortigen Gloria Centers, einem der zahlreichen „Think Tanks” zum Thema Mittlerer Osten. Ich schätze Rubin, auch wenn seine unglaubliche Produktivität manchmal den Gedanken aufkommen lässt, er könnte „Ghost Writer“ haben. Da dieser Aufsatz in englischer Sprache verfasst ist, denke ich es wäre vorteilhaft einige seiner Aussagen in Deutsch zu besprechen.

Im laufenden Jahre 2010 wurde von Zogbi International und der Universität von Maryland in Ägypten, Jordanien, Libanon, Marokko, Saudi Arabien und den Arabischen Emiraten Umfragen veranstaltet, deren Resultat Kenner nicht überrascht. Aber jene, die ihr Wissen ausschliesslich aus der Tagespresse beziehen oder gar jene, die aus ideologisch motivierten Gründen ihr Hirn allem verschliessen, das ihren Vorurteilen entgegensteht - ja die werden Probleme kriegen und wohl von „Lügen“ schwafeln.

Hier bitte einige Muster, die ich mit eigenen Feststellungen „verstärkt“ habe:

- arabische Hoffnungen in die amerikanische Regierung unter Obama sind von 2009 bis 2010 von 51 auf 16 Prozent gesunken. Warum? Die in Obama gesetzten Erwartungen wurden nicht erfüllt, seine Politik der vermehrten Distanz von Israel wird als weit unter den arabischen Erwartungen angesehen, obwohl er sich persönlich in diese Welt einzuschmeicheln versucht hatte. Weniger Israel scheint ihr Sorge zu sein, sondern das völlige Versagen Obamas im Kampf mit den Jihadisten dieser Welt. Dieser Realität scheint Obama sich nicht stellen zu wollen oder zu können. Er erhält ebenso wenig arabische Unterstützung wie sein Vorgänger George W. Bush.

- Die arabische Welt sieht Israel noch immer als riesige Bedrohung, von 95% in 2008 auf 88% heute, zeigt, dass die allgemeine Feindseeligkeit sich wenig geändert hat. Die Öffentlichkeit Jordaniens, Saudiarabiens und Ägyptens sieht weiterhin Israel als grösste Bedrohung, das sich über den gesamten Mittleren Osten breitmachen wolle. Das beweist einmal mehr, wie sehr sich die arabische Welt vom rationalen Denken entfernt hat.

- Gefragt welche ausländische Leader der arabischen Welt am meisten geachtet werden, nannten knapp 70% den türkischen Premierminister Recep Erdogan (20), den Präsidenten Venezuelas Hugo Chafez (13), den iranischen Ministerpräsidenten Mahoud Ahmedinejad (12), den Hisbollah Anführer Hassan Nasrallah (9), den Präsidenten Syriens Bahar Al-Assad (7), Osama Ben-Laden (6) und den so früh verstorbenen Saddam Hussein (2). Die Hegemonie des Radikalismus der Massen, der passionierte Hass auf Israel und den Westen und die völlig fehlende Sympathie für Demokratie und Liberalität kommen hier zum Ausdruck. Keine relativ moderate arabische Politiker sind in dieser Liste zu finden, sondern Extremisten und davon zwei Nichtaraber (Erdogan und Ahmedinejad).

Die westliche Vorstellung Beschwichtigung, Zugeständnisse und Schmeicheleien könnten die arabischen Massen beeinflussen hat sich als falsch erwiesen, wird aber trotz allen Erfahrungen und Beweisen des Gegenteils nicht korrigiert. Islamisten der religiösen und der säkularen Art outen sich mit dem hier gezeigten und immer abgebildeten Hitlergruss (Beispiel: Hamas) als Erben Hitlers.

Zum Dessert ein umfangreicher Bericht von Tom Gross über das hungernde Gaza, der sich darauf spezialisiert zu haben scheint, die Not der Gazaner brutal blosszustellen. Neben Fotos und Filmen, ist der von Tom Gross präsentierte Vergleich zwischen der Not Gazas und Afrikas bemerkenswert.

Sonntag, 1. August 2010

Zwei Lügen und dann doch etwas nettes

Der muslimische Laden in Houston/Texas

Auf der Türe klebt ein Plakat. Darauf steht in Englisch und Spanisch: „Wir werden am Freitag, 11. September 2009 zum Andenken an das Märtyrertum des Imam Ali geschlossen sein“. Dieses Bild eines Geschäftes schwirrt im Internet herum, versehen mit dem Vermerk: “Imam Ali flog eines der Flugzeuge in die Zwillingstürme“. Dazu noch weitere unsachliche Bemerkungen, die ich nicht wiedergebe. Der Inhaber dieses Ladens tat, was jeder andere religiöse Mensch auch tun würde: er schliesst sein Geschäft an einem Feiertag. So wie Juden an Yom Kippur oder Christen an Weihnachten lebt er seine eigene Identität friedlich aus. Zufällig fällt dieser schiitische Feiertag dieses Jahr auf den traurigen 9/11. Ich sah mich mit der selben gleichgültigen, nur vom Tunnelblick des Hass motivierten Manipulation öffentlicher Meinung konfrontiert, wie sie von unseren freundlichen und ignoranten GMs® und anderen Israelkritikern so gerne ausgeübt wird, unter Ablehnung aller Fakten und fern davon, etwas zu hinterfragen, solange Israel mit Scheisse beworfen und in Frage gestellt werden kann. Nur in diesem Fall, anders rum, der Urheber dieses Mails lässt sich auf das Niveau der Israelhasser herunter und erweist Israel einen Bärendienst, indem er mit gefährlichem Unsinn die Glaubwürdigkeit seriöser Berichterstattung gefährdet. Imam Ali, Märtyrer und unfreiwilliger Gründer des Schiismus, lebte vor etwa 1600 Jahren (siehe Link). Mehr möchte ich darüber nicht schreiben, ausser meinen Ärger kundzutun. Im Gegensatz zu unseren Gegnern, darf uns nicht jedes Mittel recht sein, um unseren Standpunkt durchzusetzen. Mit der hier besprochenen Lüge – sei sie bewusst oder basierend auf schierem Mangel an Wissen veröffentlicht worden - schiessen wir uns in den eigenen Fuss.

In’s Bett gelogen

In einem israelischen Gericht wurde vor kurzem ein Urteil gefällt, das von sehr vielen Israelis als rassistischer Skandal gesehen wird. Ein Mann mit Namen Dudu, eine israelische Abkürzung für David (es gibt auch Dudi) bandelte auf der Strasse mit einer Frau an und die Beiden endeten im Bett. Er behauptet zwar, sie habe ihn angesprochen, doch das ist unwichtig. Es schien alles bestens zu sein bis die jüdische Beischläferin herausfand, dass Dudu nicht Jude sondern Araber war. Beschnitten sind ja beide. Er hatte sie nicht getäuscht, sie nahm einfach an, ein Dudu könne nur Jude sein (es gibt viele Minderheitenangehörige – ich kennen einen Drusen, der heisst Ra’afat, aber nennt sich Rafi – die sich jüdische Spitznamen zugelegt haben). Sie klagte ihn an, sie getäuscht zu haben, denn mit einem Araber wäre sie nie ins Bett gestiegen – er habe sie betrogen. Soweit so gut, aber – und hier beginnt der Skandal - sie bekam vor Gericht recht, Dudu muss für einige Wochen ins Gefängnis. Als hätte sich noch nie ein Mann einer Frau ins Bett gemogelt – oder auch umgekehrt. Dass Dudu eine Familie mit zwei Kindern besitzt und seine Frau betrog, hat mit dem dieser Affäre zugrundeliegendem Rassismus nichts zu tun.

Die Klägerin ist eine Rassistin. Die Richterin auch. Würde ein Mann behaupten er sei Ministerpräsident, Filmschauspieler, Multimillionär oder sonst „beeindruckendes“, wäre es nie zu einer Anklage gekommen. Dudu log nicht, er nennt sich Dudu. Ich nehme an, dass dieses Urteil einer Revision unterzogen werden wird.

Die erste arabische kombattante Soldatin der IDF

Dieser letzte Beitrag hat mit Lügen rein gar nichts zu tun, doch nur über Verlogenheiten zu berichten deprimiert. Hier bitte Erfreuliches:

Beide tragen dasselbe hellgrüne Beret der Nahal-Brigade: Korporal Elinor Joseph und unser Enkel Yonathan Russak. Ein hübsches Pärchen. Sie ist kombattante Sanitäterin (siehe Abzeichen am Hemd) und Yonathan besitzt die Nadel des Zugführers am Kragen (den Rang eines Leutnants wird er in einigen Wochen erhalten). Auch ich gehörte vor fünfzig Jahren dieser Einheit an, nur gab es noch keine grüne Berets, sondern braune. Die Nahal-Brigade, eine traditionelle Elite-Infanterieeinheit war früher die Einheit zionistischer Jugendbünde und gehörte zu den Fallschirmspringern – deshalb tragen sie noch immer rote Stiefel, wie in beigefügtem Artikel über Elinor Joseph erwähnt. Wie auch ich trat Yonathan als Mitglied eines Garins (einer „Kerngruppe“) bei, ich seinerzeit als Mitglied eines Haschomer Hazair Kibbuzes (damals noch streng stalinistisch, eine Tatsache über die man heute verlegen lacht), er als Mitglied der Noar Oved VeLomed, einer sozialistischen Jugendorganisation. Elinor kam auf einem eher individuellen Weg zum Nahal. Von Elinor lese ich, dass sie glücklich ist, von Yonathan weiss ich es direkt von ihm selbst. Ich empfehle den Artikel über Elinor zu lesen.

Dem Namen zu entnehmen ist Elinor Joseph Christin. Schon ihr Vater war, so steht im Artikel, Fallschirmspringer. Sie will Aerztin werden – ich hoffe sehr, dass ihr das Studium an einer israelischen Universität möglich wird. Ich wünsche ihr und auch unserem Yonathan weiterhin viel Glück. Oh, übrigens, die Zwei kennen sich nicht.

Dienstag, 6. Juli 2010

Der Satz von Eike Geisel

Ich gebe offen zu bisher noch nie von Eike Geisel gehört zu haben. Nun fand ich zufällig einen Aufsatz über ihn in Lisa Blog aus 2007 (Geisel starb 1997), der es wert ist gelesen zu werden.

Eike Geisel schrieb [zur Zeit des Golfkrieges 1991]: "Im Namen des Friedens gegen Israel zu sein, ist etwas Neues. Denn dieses Ressentiment hat alle praktischen und politischen Beweggründe abgestreift. [...] Dieser neue Antisemitismus erwächst weder aus niedrigen Instinkten noch ist er Ausfluss ehrbarer politischer Absichten. Er ist die Moralität von Debilen."

Allein schon für diesen Satz darf Eike Geisel nicht vergessen werden. Er muss als Leitsatz eines jeden dienen, der sich dem Kampf gegen jene verschrieben hat, die eben „Im Namen des Friedens gegen Israel sind“, ob Juden oder Nichtjuden. Wobei ich, als Jude, die Ersteren weit schlimmer finde, da sie sich, wie Holocaustleugner, bewusst geschichtlichen und aktuellen Tatsachen verschliessen und nur zur Kenntnis nehmen, was in ihr “debiles“ (Geisel) Wahrnehmungsvermögen passt; und/oder noch schlimmer, glauben wie seinerzeit die jüdischen Kapos in den KZs der Nazis, durch Kriecherei dem Gas entgehen zu können. Wer wie ein guter Freund von mir, durchaus legitim und akzeptabel denkt, dass jüdische Vertreter eines Friedens um jeden Preis, selbst israelischer Selbstaufgabe als etwas schönes, als Ausdruck jüdischer Vielfältigkeit und innerer Demokratie sieht hat recht, doch die Grenze wird von jenen überschritten, die den Verzicht auf jüdische Selbstbestimmung fordern, den Zufluchtsort für verfolgte Juden, Israel, aufgeben wollen, Israel die Selbstverteidigung zu verwehren – all das ohne von den Folgen davon selbst direkt betroffen zu sein, denn man sitzt doch im vorläufig sicheren Ausland. Dafür werden die armen Palästinenser umarmt und sämtliche ihre, wie auch die damit verwandten jihadistischen, Gewalttaten „verstanden“ und als kulturelle Eigenheit akzeptiert. Dazu kommt, dass von antiisraelischen jüdischen Organisationen Palästinenser, die sich für einen echten Frieden einsetzen und sich dafür selbst in ihrer eigenen Gesellschaft gefährden, in Frage gestellt und ihnen Unterstützung verweigert wird – wie von mir vor einigen Monaten selbst erlebt (Uris Tagebuch 22.2.2010).

Sonntag, 4. Juli 2010

Vergnügliche und doch solide Informationen von Uli Sahm

Henry M. Broder schreibt in seiner Einführung „Sahm, der Saurier“ zum vor kurzem erschienenen Buch von Ulrich W. Sahm „Alltag im gelobten Land“ folgendes (von mir leicht aktualisiert): „Sie [die Korrespondenten in Israel] teilten sich in zwei Gruppen auf. Die Einheimischen, wie Sahm, und die Entsandten … Die Einheimischen wussten alles, die Entsandten wussten alles besser.“ Daran hat sich bis heute nichts geändert, der Unterschied hat sich sogar noch weiter profiliert.

Uli Sahm schreibt Persönliches, Erlebnisse und Ereignisse über Familie, über Arafat, König der Korruption, dem Sahm jedoch bescheinigt, das bis anhin nicht existente Volk der Palästinenser erfunden und weltweit etabliert zu haben. Er schreibt über die Israel vor Terror schützende Mauer der grünen Linie, über Latrinengeschichten der Essener vor zweitausend Jahren, über die Rettung äthiopischer Juden, über das Leben mit der Gasmaske und viele andere Themen, ernsthafte und weniger ernsthafte. Sahm widmet auch ein Kapitel den Gourmets unter seinen Lesern (zu denen auch ich gehöre) – sogar für Gefillten Fisch ist ein Rezept zu finden – ob gerade das eine Speise für Gourmets ist, stelle ich zur Diskussion.

Ulrich Sahms Wissensschatz und Expertise beruhen auf hohem professionellen Standard, persönlichen Erfahrungen, grundsätzlichem Wissen und, das ist mein Eindruck, dem Grundsatz sich weder von der israelischen noch der palästinensischen Seite vereinnahmen zu lassen. Seine Berichte lässt er sich nicht, wie zahlreiche „Entsandte“ der Zunft im American Colony Hotel Jerusalems von palästinensischen Machern pfannenfertig „organisieren“. Er lässt sich nicht zum Sprecher der grossen palästinensischen Lüge und israelischen „Auslassungen“ degradieren. Gerade dadurch unterscheidet er sich von „entsandten“ Korrespondenten, die sich ihre Berichte am Telefon und Internet zusammenstiefeln – unter Profis nennt das auch „mit der Schere schreiben“ – und in der Welt dafür gelobt und zitiert werden. Bei Arafat in der Mukata war er viele Male zu Gast, die beschriebenen Erlebnisse beim Raïs gehören zum allerbesten dieses Genres. Sie stehen im Gegensatz zu vielen Berichten die mir auch schon aus erster Hand erzählt worden sind und, wie die von Uri Avnery, Arafats ehemaligem Türvorleger vom Dienst, vor Ehrfurcht auf der einen und Querulantentum gegenüber Israel auf der anderen Seite nur so strotzen.

Das Buch, von Uli Sahms Ehefrau, der Fotografin Varda Polak-Sahm, illustriert, ist eine hervorragende Lektüre für jene, die sich nicht nur ihre eigenen Vorurteile bestätigen, sondern sich von einem wirklichen Kenner der Materie ideologiefrei und aus erster Hand informiert sein wollen.

Ulrich W. Sahm: „Alltag im gelobten Land“ (Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2010)

Montag, 28. Juni 2010

Die Unvollendete



Zweimal durfte ich in den vergangenen Tagen beobachten, welches intensive Interesse die Medien Anlässen widmen, die zur Unterstützung Israels und seiner Anliegen durchgeführt werden. Erstmal das Lichterlöschen vom 23. April des Grossmünsters und Fraumünsters – in der Schweizer Presse war darüber anscheinend nichts zu hören noch zu lesen, mit Ausnahme in der Gratiszeitung „24 Stunden“, in der dazu gleich auch noch einige Judenhasser ihren Dreck zum besten gaben und/oder bewiesen von nichts eine Ahnung zu haben und trotzdem oder gerade deshalb ihre Meinung glauben, ihre Meinung abgeben zu müssen – ein Phänomen, das täglich in fast allen Medien anzutreffen ist.

In Finnland fand eine Demonstration und Marsch von 3000 Leuten statt, die für die Freilassung Gil’ad Shalits marschierten. In einer Zeitung, versteckt in den hinteren Seiten, wurde darauf hingewiesen. Der Autor oder die Autorin, die diese Bilder versandte (siehe unten), schreibt unter anderem, dass jede pro-palästinensische Krawall- und Hassdemo in Finnland kaum je über zweihundert Teilnehmer hinaus komme, jedoch riesige Pressereaktionen auslösen. Die Pro-Israelis demonstrieren für etwas (die Freilassung eines Gefangenen, die Judenhasser demonstrieren gegen etwas – gegen alles Jüdische und Israelis und das mit Hass, Blutdurst und vorwiegend photogener Gewalttätigkeit.

In Rom wurden ebenfalls am 23. Juni nachts die Lichter des Kolosseum verdunkelt, auch als Demonstration für Gil’ad Shalits Freilassung. Nirgends war eine Reaktion zu finden, ausser in der Herald Tribune, in der allerdings nichts über die Motivation dazu stand und nur Verwunderung über die Verdunkelung herauszulesen war.

Gestern begann der Marsch nach Jerusalem von Gil’ad Shalits Eltern. Es wurden einige Dutzend Teilnehmer erwartet – dieser erste der zwölf Tage, brachte nach polizeilicher Schätzung, zehntausend auf die Beine. Ob das im Ausland berichtet wird.

Die Aktion in Zürich wurde durch Edi Rosenstein und einige Freunde der Augustin Keller-Loge ausgelöst, Hartmuth Attenhofer, Präsident der GSI-Zürich half mit sie durch die Behörden umzusetzen zu lassen. Ich selbst steckte diese News einigen israelischen Zeitungen, doch nur „Yedioth Ahronot“ (YNet), immerhin die grösste israelische Tageszeitung, interessierte sich dafür und brachte eine Vorschau, nachdem sie Edi Rosenstein interviewt hatte. Mehrheitlich haben sich die Medien, aus Gründen, auf die ich nicht eingehen will, dieser Aktion verweigert. Schade. Jüdischer Mut und Goodwill muss an die grosse Glocke gehängt werden, sonst überlassen wir das Feld den Palästinisten und den von diesen angehimmelten Jihadisten der Welt. Was auch immer, Edi Rosenstein und seinen Freunden gebührt Anerkennung.

Zur Problematik der Shalit Entführung aus Israel kann ich nur sagen, dass ich nicht in der Haut des Bibi Nethanyahu stecken möchte. Er muss entscheiden, ob er auf die wachsenden Forderungen der Hamas eingehen will, um den aus Israel entführten Soldaten frei zu bekommen. Tausend bestandene Massenmörder in die Freiheit zu entlassen um einen israelischen Soldaten freizubekommen wiedergibt bestimmt den realen Wert menschlichen Lebens in dieser Region, in der israelisches Leben alles und palästinensisches Leben – wie wiederholt demonstriert – nichts wert zu sein scheint. Doch um Shalit freizubekommen eine Unzahl Mörder freizusetzen und auf die israelische Zivilbevölkerung loszulassen kann weitere Todesopfer fordern und Jihadisten ermuntern ihre Anstrengungen zur Entführung israelischer Soldaten und Zivilisten zu verstärken. Zwar neige ich aus jüdischen Gründen eher dazu einem solchen Deal zuzustimmen, doch was auch entschieden werden wird – wohl wird’s dabei niemandem sein.

Sonntag, 13. Juni 2010

Israel, das Alibi

Gerne und hauptsächlich würde ich über Menschen schreiben, interessante und liebe Charakteren, von denen es in Israel doch so viele gibt und von denen ich viele kenne und zu Freunden zähle. Doch dazu komme ich leider weit zu wenig, denn Israels Existenz gefährdendes Geschehen gehört in unserer Region zum täglichen Brot. Mmit anderen Worten: man kann sich davor nicht einfach verschliessen, man regt sich auf, nimmt Stellung und muss die eigene Meinung loswerden. Man muss sich dem, wenn auch mit zusammengebissenen Zähnen, stellen. Gewalttätiges kommt in unserer Ecke der Welt oft, ja täglich vor und die weltweite Reaktion der Medien und Palästinisten ist reflexartig gegen Israel gerichtet, ob das faktisch berechtigt oder wie meist eben nicht. Oft genug möchte ich den ganzen Bettel hinwerfen, feinsinnig ausgedrückt: es kackt mich an. Warum das so ist, weiss ich eigentlich nicht, doch dauernd wird ausgerechnet mein Kommentar verlangt. „Uris Tagebuch aus Israel“ scheint für nicht wenige eine Art Sucht oder bescheidener, eine Denkhilfe geworden zu sein. Nicht, dass ich eitel bin – ich denke ich bin das nicht (oder dann nur ein ganz klitzekleines Bisschen), aber Mails, mit denen ich eingedeckt werde, lassen diesen Schluss zu.

Übrigens, für jene, die sich noch nicht an den Ausdruck „Palästinisten“ gewöhnt haben hier eine kleine Erklärung. Seit kurzem gibt es den Ausdruck Palästinismus. Dieser Ideologie frönende sind Palästinisten. Sie sind überzeugt, dass die Leiden der Palästinenser das Grundübel sämtliches Unrecht dieser Welt verursachen und das an diesem Leiden – eingebildet oder echt – nur Israel, der Zionismus und die Juden schuld sind. Dinge, wie islamischer Judenhass (populär seit etwas 1920), Völkermord in Sudan, Terrorkrieg gegen die Kurden durch die Türkei, Irak und Iran, Schlachtfeste in Ruanda und Kongo, werden ignoriert, ja die Kulturbarbarei der Taliban, die weltberühmte Buddhastatuen zerstörten, wurden nicht zur Kenntnis genommen. Es ist wohl besonders umständlich, diese Tat den Zionisten anzulasten. Nicht verwunderlich ist, dass unter den Palästinisten auch Juden zu finden sind. Bei den Nazis gab es jüdische Kapos, die dachten durch Kooperation mit ihren Peinigern würden sie vom Tod verschont. Aber auch sie wurden vergast, wenn auch meist als Letzte. Auch wenn dieser Vergleich einigen in den falschen Hals kommen könnte, grundsätzlich stimmt er leider schon. Heute werden besonders jüdische Palästinisten im internationalen Volksmund auch „nützliche Idioten“ genannt.

Heute kann mir keiner mehr einreden, Israel stehe ausschliesslich nur deshalb in der Sicht vieler schief da, weil wir Regierungen haben, heute Nethanyahu, gestern Olmert und vorgestern der Arik Scharon, die nationalistische Politik betreiben und der humanistischen Linken Israels die kalte Schulter zeigen. Aber: Scharon holte sämtliche Siedler aus Gaza heraus, es könnte ein blühender Landstrich mit einem wundervollen Strand sein, wären da nicht die Hamas Verfassung, der islamische Hass und die Raketen, die das nicht zulassen. Olmert schlug dem alten Mahmud Abbas eine Friedensregelung vor, die sogar jene von Barak und Clinton übertraf. Doch wenn es darauf ankommt, verweigern sich die Palästinenser, fromm oder nicht. All das ist aber nicht entscheidend. Entscheidend ist die durch geniale arabisch-islamische Manipulation der öffentlichen Meinung und zusammen mit dem sich heute wieder unter dem Stein hervorwagenden Judenhass eine grundsätzlich ablehnende Haltung zu Israel und gar seiner Existenz entwickelt hat. Die Spinner der extremen israelischen Rechten, zahlreich sind sie nicht, wenn auch mehr als noch vor fünf Jahren (das sind noch immer zu viele), wissen genau, dass sie nicht auf ewige Zeiten in den besetzten Gebieten siedeln können. Jene Phantasten, die den Tempel auf dem alten Tempelberg wieder aufbauen wollen, sind ein kleines Grüppchen, das ausser ihr Tempelmodell zu zeigen und viel Lärm zu produzieren, es zu nichts gebracht haben. Aber sie dienen Israelhassern als Alibi. Jene Siedler, die die Palästinenser in den besetzten Gebieten bedrängen, ihre Landwirtschaft zerstören, ja sie auch schon umgebracht haben, werden von einer riesigen Mehrheit israelischer Bürger abgelehnt, aber sie dienen Israelhassern ebenfalls als Alibi. All das ist im Vergleich zu palästinensischem und palästinistischem Terror, der nicht nur Tausende Israelis im Laufe der Jahre einen fürchterlichen Tod gebracht hat und den damit engstens verwandten Jihadismus, der in den letzten Jahrzehnten im Namen Allahs Millionen getötet hat (denken wir zurück an den irakisch-iranischen Krieg und dessen hunderttausende iranische Kinderopfer, an Darfur, diesem rassistisch-religiösen Massenmord, an Afghanistan, wo heute schon siebenjährige Kinder aufgehängt werden und Pakistan mit dem Massenmord an Frauen, Kindern, um nur einige wenige Fälle zu nennen, der 9/11 in New York, Terroranschläge in Israel, London, Madrid ……) – all das sind Kleinigkeiten, im Vergleich zu Jihadisten, die israelische Soldaten erstechen, erschiessen oder einfach totschlagen wollen und statt dessen von diesen neutralisiert werden. Es wird öffentlich für diese rassistischen Hasser getrauert, wie vor wenigen Tagen geschehen. Da wird wieder mal von „Unverhältnismässigkeit“ geschrieben, eine Beleidigung aller Opfer jihadistischer Morde.

Palästinisten, jüdische und nichtjüdische (die Mehrheit) geben der traditionellen politischen Linken einen schlechten Namen. Der sozialdemokratische Humanismus wird in den Dreck gezogen, Nazipropaganda wird zu neuem Leben erweckt – die bisherige Scham ist verflogen. Der von ihnen vertretene Irrsinn hat sich in sehr vielem der ebenso rassistischen braunen Suppe der extremistischen Rechten angeglichen – ich habe es soeben ausprobiert: rot + grün = braun – les extrêmes se touchent. Ein anständiger Linker – es gibt sie noch und ich bin dankbar unter ihnen Freunde zu besitzen - muss sich heute schämen, dass sich Rassisten diese Bezeichnung anmassen. Diese heute rassistische Linke, die dem Antiamerikanismus, Judenhass und Antizionismus (beides das Selbe) frönen, Liebe zum jihadistischen Terror, den sie nicht nur „verstehen“ sondern apologetisch reinwaschen – das sind Eigenschaften, mit denen sie uns delegitimisieren und als „Endlösung“ (ja, ich weiss man sollte dieses Wort nicht benützen, aber ein klareres gibt es nicht) vernichten wollen. Dazu kommt, und das verstehe ich ebenso wenig, die heutige auch im Westen eingeführte völlige Unterdrückung der Frau, von der die Burka nur die Spitze des Eisbergs ist.

Zusammengefasst: Wenn es Israel nicht gäbe, müsste es erfunden werden. Denn ohne diesen fortschrittlichen, florierenden und vielleicht fast zu demokratischen (gibt’s das?) Staat in der undemokratischsten Ecke der Welt müssten sich die arabischen Diktatoren und Islamisten für eine andere Ausrede umsehen, um ihre Tyrannei nicht weltweit ins Gespräch zu bringen und vom wahren islamischen Leben des Mittleren Ostens abzulenken. Vielleicht ist es zu nett zu denken, dass Palästinisten (denen es ja nur vordergründig um die Wohlfahrt der Palästinenser geht), sich der Wohlfahrt aller Menschen dieser Region widmen könnten. Doch heute verstecken auch sie sich hinter dem „bösen“ Israel und seinen bösen Politikern, die alles falsch machen (könnte stimmen, ist aber nur ein vordergründiger Grund, die Ausrede), damit sie das wahre Elend dieser Region nicht sehen müssen. Der heutige Zustand gehört den politisch Korrekten und wo es diese gibt wird gelogen, bewusst oder unbewusst.

Mein Freund Roger Guth, der Urzionist, hat etwas zum Thema geschrieben, von dem ich hier einen Ausschnitt bringe. Roger weiss, dass ich nicht mit all seinen Ideen einverstanden bin, aber hier hat er gar nicht so unrecht. Sein Thema ist die sogenannte „Auschwitzkeule“, eine unverschämte Unterstellung israelkritischer Kreise, die damit versuchen den Holocaust zu verniedlichen.

Keiner der den Blick auf die ganze Geschichte der Juden verweigert oder nur oberflächlich auf diese zurück schaut, kann seriöses Verständnis haben für das Handeln des Staates Israel und derjenigen die ihn schufen!!! Jawohl, wir Zeitzeugen können nicht anders als darauf hinzuweisen, dass wir uns heute in einer planmässig gesteuerten Periode der Aufhetzung gegen Israel befinden, geschaffen nach den genau gleichen Regeln, wie wir Zeitzeugen sie in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts erleben mussten. Sie wurden nachweisbar angelernt von erfahrenen früheren Funktionären des Propaganda-Ministeriums von Dr. Josef Goebbels und haben in negativer Hinsicht eine Wirkung auf die Juden der ganzen Welt.

Nein, es darf nicht anders sein: Wehret den Anfängen, sagten sich manche! Sie und somit auch ich wissen ganz genau warum. Wir sehen jene Freunde, Bekannten und Verwandten vor unseren Augen, die von den Nazis umgebracht wurden. Wir sitzen auch in diesen Tage zusammen mit jenen, die im Arm die eintätowierte KZ-Nummer für immer tragen. Wir aber sollen schweigen, wenn man Israel und den Juden heute Belehrungen erteilen will über Kollektiv-Strafen, Legalität, über illegale Besetzung, illoyales Handeln, Diskriminierung und mangelndes Vertrauen gegenüber jenen, deren politischen Führer den Willen zur Ausradierung und völlige Vernichtung Israels laut, pausenlos und weltweit verkünden? Wir, die wir erlebt haben wie das Rote Kreuz, der Papst und manche mehr geschwiegen haben über das Erschreckende, das wir damals schon wussten? Nur wer die Geschichte der Juden kennt, der 2000 Jahren Verfolgung, Vertreibung, Zwangstaufe, Mord und Genozid kann verstehen, dass Juden sich heute gegen ein erneutes Abschlachten mit den ihnen selbst als richtig erscheinenden Mitteln wehren. Wie weit wir heute schon sind, besagt das unten beigefügte Beispiel.